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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des K H in E, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 1. Februar 2019, Zl. LVwG- 2018/21/2043-3, betreffend die Versagung eines Waffenpasses (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 25. Juli 2018 wies die Bezirkshauptmannschaft Kufstein den Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Waffenpasses zum Führen einer Schusswaffe der Kategorie B gemäß § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 22 Abs. 2 WaffG ab und schloss die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG aus.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
3 Zur Begründung führte das LVwG zusammengefasst aus, der Revisionswerber sei alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer eines näher bezeichneten Unternehmens und habe als solcher im Jahr 2010 in K ein Casino gegründet. In der Kassa des Casinos befänden sich zum Teil hohe Geldbeträge, welche vom Revisionswerber zweimal wöchentlich zur Bank transportiert bzw. manchmal auch vorübergehend mit nach Hause genommen und in einem Safe gelagert würden. Der Revisionswerber sei bisher von niemandem bedroht worden, er habe aber zweimal den Eindruck gehabt, verfolgt worden zu sein. Er fühle sich gefährdet, weil er aus Medienberichten von Überfällen in vergleichbare Wett- und Spielcasinos gehört habe.
4 Rechtlich folgerte das LVwG, der Revisionswerber habe im Verfahren keine konkreten Angaben dahingehend machen können, weshalb er glaube, besonderen Gefahren ausgesetzt zu sein, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Die allgemeine Berufung auf Medienberichte reiche zur Glaubhaftmachung einer Gefährdung nicht aus. Der Revisionswerber könne sich für Geldtransporte eines gewerblichen Dienstleisters bedienen, um seinen Sicherheitsbefürchtungen zu begegnen.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit geltend macht, die angefochtene Entscheidung basiere nur auf der Rechtsansicht, dass sich der Revisionswerber für Geldtransporte eines gewerblichen Dienstleisters bedienen könne. Das WaffG gehe aber einen anderen Weg: Bei Vorliegen der entsprechenden Gefährdung habe der Betroffene einen Rechtsanspruch auf Ausstellung des Waffenpasses und könne nicht auf den Schutz durch einen gewerblichen Dienstleister verwiesen werden.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
7 Gemäß § 21 Abs. 2 WaffG hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde. Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 WaffG ist nach § 22 Abs. 2 Z 1 WaffG jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.
8 Wenn die Revision geltend macht, dass der Revisionswerber bei entsprechend qualifizierter Gefährdung einen Anspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses hätte, trifft das zwar zu. Eine solche Gefährdung hat das LVwG aber im vorliegenden Fall nicht festgestellt.
9 In diesem Zusammenhang ist zum einen darauf zu verweisen, dass es allein Sache des Waffenpasswerbers ist, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanziierter Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hierbei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl. VwGH 23.2.2018, Ra 2018/03/0002, mit weiteren Nachweisen).
10 Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof bezüglich der vom Revisionswerber relevierten Möglichkeit eines räuberischen Überfalls in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass selbst die Durchführung von Geldtransporten (auch in den Abendstunden) und selbst das Mitführen sehr hoher Geldbeträge nicht schon an sich eine Gefahr darstellen, die einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen begründet. Klargestellt wurde dabei, dass die Notwendigkeit des Transports von Geldbeträgen im Allgemeinen kein deutlich erhöhtes Sicherheitsrisiko bedeutet; liegt mit Rücksicht auf die maßgebenden örtlichen und zeitlichen Umstände (unbeschadet der für jedermann bestehenden Gefahr, auch zur Tageszeit und in Gebieten mit günstigen Sicherheitsverhältnissen allenfalls das Opfer eines räuberischen Überfalls zu werden) kein erhöhtes Sicherheitsrisiko vor, fehlt es an einem Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen (vgl. zuletzt VwGH 19.12.2018, Ra 2018/03/0132, mit weiteren Nachweisen).
11 Auf dieser rechtlichen Grundlage vermag die Revision nicht darzulegen, dass die Einschätzung des LVwG, der Revisionswerber habe eine besondere Gefahrenlage, der er am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnen könne, nicht glaubhaft gemacht, fehlerhaft gewesen wäre. Der Revisionswerber stützt sich nämlich nur darauf, mehrmals in der Woche hohe Geldbeträge zu transportieren; allein dieser Umstand begründet aber nach der zitierten Rechtsprechung für sich betrachtet noch keine Gefahrenlage, die einen Waffenpass rechtfertigen könnte.
12 Auf die weitere - in der Revision kritisierte - Überlegung des LVwG, der Revisionswerber könne befürchteten Überfällen durch Beiziehung professioneller Geldtransporteure begegnen, braucht hier nicht näher eingegangen zu werden. Es reicht vielmehr der Hinweis, dass das LVwG mit diesen Erwägungen keine qualifizierte Gefährdung des Revisionswerbers, die Voraussetzung für einen Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 WaffG in Verbindung mit § 22 Abs. 2 Z 1 WaffG wäre, zugestanden hat, sondern lediglich zum Ausdruck bringen wollte, wie der Revisionswerber nach Auffassung des Verwaltungsgerichts seinen (subjektiven) Befürchtungen begegnen könnte.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 3. April 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030034.L00Im RIS seit
25.04.2019Zuletzt aktualisiert am
26.04.2019