TE Vwgh Beschluss 2019/4/10 Ra 2019/20/0153

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Veröffentlicht am 10.04.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §11
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des J R in L, vertreten durch Mag. Taner Önal, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Kärntner Straße 7B, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Februar 2019, Zl. W265 2183954- 1/18E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 25. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte er zusammengefasst aus, er werde von Feinden seines Vaters sowie von der Familie seiner Schwägerin verfolgt.

2 Mit Bescheid vom 27. Dezember 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das BVwG habe sich in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mit den aktuellen Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 auseinandergesetzt (Verweis auf VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533). Der UNHCR problematisiere die Verfügbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative in anderen Städten als Kabul und mache die Annahme einer solchen von einer sorgfältigen Prüfung für den jeweiligen Antragsteller abhängig.

8 Entgegen dem Revisionsvorbringen setzte sich das BVwG mit den in den Richtlinien des UNHCR vom 30. August 2018 thematisierten Problematiken betreffend die als zumutbare innerstaatliche Fluchtalternativen ins Auge gefassten Gebiete - insbesondere Mazar-e Sharif - auseinander und traf konkrete, sowohl die persönliche Situation des Revisionswerbers als auch die allgemeine Lage (Sicherheits- und Versorgungslage) im Herkunftsstaat betreffende Feststellungen.

9 Darüber hinaus verwies das BVwG auf die Ausführungen der UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 zur Annahme einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative, wonach alleinstehende, leistungsfähige Männer im erwerbsfähigen Alter ohne besondere Vulnerabilitäten auch ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben könnten, die die notwendige Infrastruktur sowie Lebensgrundlagen zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter der tatsächlichen Kontrolle des Staates stehen würden.

10 Vor dem Hintergrund der fallbezogenen Feststellungen des BVwG, welchen nicht substantiiert entgegengetreten wird, vermag die Revision keine besonderen Umstände aufzuzeigen, weshalb ein Leben insbesondere in Mazar-e Sharif als innerstaatliche Fluchtalternative nicht zumutbar sein sollte (vgl. VwGH 6.11.2018, Ra 2018/01/0106). Auch mit dem Vorbringen, der Revisionswerber habe weder in Mazar-e Sharif noch in Herat jemals gelebt, wird ein Abweichen von den hg. aufgestellten Leitlinien zur Prüfung einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative nicht dargelegt (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001).

11 Sofern sich der Revisionswerber gegen die Rückkehrentscheidung des BVwG wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung erfolgt. Er ist weder verpflichtet, Zulassungsgründe anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0336, mwN).

12 Zudem ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0256, 0257, mwN).

13 Mit der bloßen Wiedergabe von Rechtssätzen in der Zulässigkeitsbegründung gelingt es dem Revisionswerber nicht aufzuzeigen, dass das BVwG im Rahmen seiner Rückkehrentscheidung von der hg. Judikatur zu Art. 8 EMRK abgewichen oder die im Einzelfall vorgenommene Interessenabwägung unvertretbar erfolgt wäre.

14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 10. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200153.L00

Im RIS seit

18.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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