Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag.a Haas und Mag. Redtenbacher in der Strafvollzugssache des V***** B***** wegen vorläufigen Absehens vom weiteren Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 20. Februar 2019, GZ 4 BE 30/19w-3, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und vom weiteren Vollzug der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 25. Mai 2018, AZ 230 Hv 29/18p, verhängten Freiheitsstrafe vorläufig abgesehen.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).
Text
BEGRÜNDUNG:
Der am ***** geborene rumänische Staatsangehörige V***** B***** verbüßt zurzeit in der Justizanstalt Graz-Jakomini die mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 25. Mai 2018, AZ 230 Hv 29/18p, wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 StGB verhängte zweijährige Freiheitsstrafe. Nach dem Schuldspruch dieses Urteils hat der Strafgefangene am 28. September 2017 in Graz fremde bewegliche Sachen in einem 5.000,00 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch in eine Wohnstätte mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er das Kellerfenster zum Wohnhaus der Familie T***** gewaltsam aufdrückte, über das Kellerfenster in das Wohnhaus einstieg und dabei Schmuck, Markenanzüge, Taschen, eine Fotoausrüstung sowie einen Laptop im Gesamtwert von zumindest 15.000,00 Euro erbeutete.
Unter Berücksichtigung des Haftantritts am 25. Mai 2018 und der auf die Freiheitsstrafe angerechneten Vorhaft von drei Monaten und rund 19 Tagen wird die errechnete Strafzeit am 6. Februar 2020 enden.
Am 6. Februar 2019 hatte der Strafgefangene die Hälfte der Strafzeit verbüßt. Seine bedingte Entlassung zu diesem Stichtag lehnte das Vollzugsgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 13. November 2018, GZ 4 BE 248/18b-4, aus spezialpräventiven Gründen ab.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Vollzugsgericht in Übereinstimmung mit den Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft Graz (ON 2, S 1) und des Leiters der Justizanstalt Graz-Jakomini (ON 1, S 1) den Antrag des Verurteilten nach § 133a StVG aus generalpräventiven Gründen ab (ON 3).
Dagegen richtet sich die am 4. März 2019 bei Gericht eingelangte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 5).
Dem rechtzeitigen und zulässigen Rechtsmittel kommt Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 133a Abs 1 StVG ist vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate, verbüßt hat, gegen ihn ein Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot besteht (Z 1), er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat (§ 2 Abs 1 Z 17 Asylgesetz) unverzüglich nachzukommen, und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird (Z 2) und der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen (Z 3).
Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, ist nach Abs 2 leg cit trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 so lange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Wie bereits zuvor ausgeführt sind die zeitlichen Voraussetzungen nach § 133a Abs 1 StVG seit dem 6. Februar 2019 erfüllt.
Auch liegen mit dem gegen den Strafgefangenen mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 10. Jänner 2019, GZ 1183944802/180225716 RD ST, rechtskräftig für die Dauer von zehn Jahren befristet erlassenen Aufenthaltsverbot (ON 1, S 11ff), seiner Erklärung, der Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat unverzüglich nachzukommen (ON 2, S 3), der begründeten Erwartung, dass er dieser Verpflichtung auch tatsächlich nachkommen wird, und dem Fehlen von der Ausreise entgegenstehenden rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen (vgl insbesondere ON 1, S 1) die weiteren Voraussetzungen des Abs 1 des § 133a StVG vor.
In Ansehung der Tatschwere erweist sich lediglich der Erfolgsunwert der Tat angesichts des dem Dreifachen der Wertqualifikation des § 128 Abs 1 Z 5 StGB entsprechenden Werts der Diebesbeute als im Vergleich zu dem in §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 StGB normierten Unrechtsgehalt erhöht. Jedoch wird aufgrund des weit unter der nächsten Wertqualifikation (§ 128 Abs 2 StGB) liegenden Ausmaßes des kriminellen Ertrags nicht jener Schweregrad erreicht, der ausnahmsweise den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe zur Abschreckung tatbereiter Personen und zur Festigung der Normentreue erfordert (Pieber in Höpfel/Ratz, WK2 StVG § 133a Rz 19; Jerabek aaO StGB § 46 Rz 16). Der Einbruch in eine (einzige) Wohnstätte allein vermag ohne das Hinzutreten weiterer Erschwerungsumstände die Tatschwere im Sinn des § 133a Abs 2 StVG nicht zu begründen.
Demgemäß ist der angefochtene Beschluss in Stattgebung der Beschwerde aufzuheben und vom weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe gemäß § 133a StVG vorläufig abzusehen.
Oberlandesgericht Graz, Abteilung 10
Textnummer
EG00164European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0639:2019:0100BS00066.19K.0314.000Im RIS seit
25.04.2019Zuletzt aktualisiert am
25.04.2019