Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Mag.Redtenbacher (Vorsitz), Maga.Haas und Dr.Sutter in der Strafsache gegen Dr.M***** L***** wegen des Vergehens der grob fahrlässigen Tötung nach § 81 Abs 1 StGB über die Berufung der Privatbeteiligten B***** S***** gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 18.Dezember 2018, GZ 10 Hv 21/18m-98, bei nichtöffentlicher Beratung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.
Der Privatbeteiligten wird der Ersatz der durch ihr Rechtsmittel verursachten Kosten auferlegt.
Text
begründung:
Zum AZ 10 Hv 21/18m des Landesgerichts Leoben wurde ein Strafverfahren gegen Dr.M***** L***** wegen des Vergehens der grob fahrlässigen Tötung nach § 81 Abs 1 StGB geführt. Diesem schloss sich B***** S***** als Privatbeteiligte an, wobei sie nach verschiedenen Anerkenntnissen des hier in Verfolgung Gezogenen im Zivilverfahren ihren Schadenersatzteilanspruch auf EUR 100,00 einschränkte (vgl im Einzelnen ON 94 f).
Mit dem Urteil des angeführten Gerichts vom 18.Dezember 2018, GZ 10 Hv 21/18m-98, wurde der Angeklagte des Vergehens der fahrlässigen Tötung des Ehemanns der Privatbeteiligten gemäß § 80 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Die Privatbeteiligte B***** S***** wurde gemäß § 366 Abs 2 StPO mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Dazu verwies das Erstgericht aktenkonform darauf, dass ihr dem Anerkenntnis entsprechend bereits ein Betrag von (über) EUR 33.000,00 geleistet wurde und führte weiters nach der Aktenlage inhaltlich zutreffend aus: „Eine Beweisaufnahme dahingehend, ob ein weiterer Schadenersatzanspruch in der Höhe von verbleibend EUR 100,00 (ON 95) zu Recht besteht, würde die Entscheidung in der Schuld- und Straffrage erheblich verzögern [...]“ (US 15 unten, 16 oben).
Gegen das Urteil meldete die Privatbeteiligte das Rechtsmittel der „vollen Berufung und der Berufung gegen die Entscheidung über die Privatbeteiligtenansprüche“ an (ON 99), welche nicht ausgeführt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß §§ 489 Abs 1, (teilweise iVm) 464 StPO kann die Berufung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe, wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe und wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche ergriffen werden.
Zum Nachteil des Angeklagten kann die Berufung vom Privatbeteiligten nur wegen Nichtigkeit unter den in § 282 Abs 2 StPO geregelten Voraussetzungen und wegen seiner privatrechtlichen Ansprüche ergriffen werden (§ 465 Abs 3 StPO). § 282 Abs 2 StPO normiert, dass zum Nachteil des Angeklagten die Nichtigkeitsbeschwerde vom Privatbeteiligten nur im Fall des Freispruchs und aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO ergriffen werden kann.
Solcher Art steht nach dem Schuldspruch des Angeklagten der Privatbeteiligten fallbezogen weder eine Berufung wegen Nichtigkeit, noch eine solche wegen des Ausspruchs über die Schuld oder die Strafe zu.
Gemäß § 366 Abs 2 StPO ist, wenn der Angeklagte verurteilt wird, im Urteil über die privatrechtlichen Ansprüche des Privatbeteiligten zu entscheiden (§§ 395, 407 und 409 ZPO). Bieten die Ergebnisse des Strafverfahrens keine ausreichende Grundlage für eine auch nur teilweise Beurteilung des geltend gemachten privatrechtlichen Anspruchs (§ 69 Abs 1 StPO), so ist der Privatbeteiligte auch in diesem Fall auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, es sei denn, dass die erforderlichen Entscheidungsgrundlagen durch eine die Entscheidung in der Schuld- und Straffrage nicht erheblich verzögernde Beweisaufnahme ermittelt werden können.
Gemäß Abs 3 leg.cit steht dem Privatbeteiligten, wenn er trotz Verurteilung auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird, die Berufung aus dem Grund zu, dass über den privatrechtlichen Anspruch bereits gemäß Abs 2 hätte entschieden werden können.
Im Fall eines Schuldspruchs ist grundsätzlich auch über die privatrechtlichen Ansprüche zu entscheiden. Eine Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg ist nur unter der Bedingung zulässig, dass die zur Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche erforderlichen Grundlagen nur durch eine Beweisaufnahme geklärt werden könnten, die eine bereits mögliche Entscheidung in der Schuld- und Straffrage verzögern würde (Fabrizy StPO13 § 366 Rz 2).
Die Verweisung auf den Zivilrechtsweg ist bei einem Schuldspruch nur mit dem Vorbringen bekämpfbar, die Ergebnisse [des Beweisverfahrens] hätten bereits eine ausreichende Grundlage für einen Zuspruch geboten. Es geht daher insoweit nur um die Verletzung einer (bereits möglichen) Entscheidungspflicht. Mängel der Sachverhaltsermittlung sind somit kein Berufungsgrund (Hinterhofer/Oshidari, System des österreichischen Strafverfahrens Rz 10.88). Dies gilt auch im einzelrichterlichen Verfahren, wie sich aus der Gesetzesgenese und der Überlegung zeigt, dass sachlich kein plausibler Grund auszumachen ist, weshalb über privatrechtliche Ansprüche im einzelrichterlichen Verfahren anders als im kollegialgerichtlichen Verfahren entschieden werden sollte. Zulässig ist demnach eine Berufung des Privatbeteiligten, soweit er eine Verletzung der Entscheidungspflicht geltend macht. Wird eine Sachentscheidung begehrt, obwohl eine solche nicht zu treffen war, kann die Berufung bei nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückgewiesen werden (aaO Rz 10.89 und 10.90; aM Spenling in WK StPO § 366 Rz 22, 26).
Fallbezogen begründete das Erstgericht die Verweisung der Privatbeteiligten aktenkonform. Von der in Rede stehenden Berufungswerberin wurden keine Argumente vorgetragen, weshalb das Erstgericht seine Entscheidungspflicht verletzt haben soll. Folglich war die Berufung der Privatbeteiligten (in ihrer Gesamtheit) in Anwendung des § 489 Abs 1 StPO aus dem dritten Fall des § 470 Z 1 StPO in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
Oberlandesgericht Graz, Abteilung 10
Textnummer
EG00165European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0639:2019:0100BS00041.19H.0326.000Im RIS seit
25.04.2019Zuletzt aktualisiert am
25.04.2019