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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Vorschreibung von Umlagen durch die Apothekerkammer; keine Bedenken gegen das Anknüpfen an die Umsätze bei Bemessung der Kammerumlage; Anlaßfallwirkung der Aufhebung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung eines Rekurses hinsichtlich des zweiten Teils des Spruchs des angefochtenen BescheidesSpruch
1. Der Beschwerdeführer ist durch den Pkt. 1 des angefochtenen Bescheides weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
In diesem Umfang wird die Beschwerde abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheidteil in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
2. Der Beschwerdeführer ist durch Pkt. 2 des angefochtenen Bescheides in seinen Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung verletzt worden.
Der Bescheid wird in diesem Umfang aufgehoben.
Die Österreichische Apothekerkammer ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit 18.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Die "Österreichische Apothekerkammer" schrieb mit Umlagenvorschreibung vom 26. Juni 1995 dem Beschwerdeführer (der Inhaber einer öffentlichen Apotheke ist) die Kammerumlage 1995 in bestimmter Höhe vor. Diese Entscheidung beruht auf §4 Abs2 der am 6. Dezember 1952 von der Delegiertenversammlung der Österreichischen Apothekerkammer beschlossenen, mit Erlaß des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 29. November 1954, Zl. V-110.831-18/4-1954, genehmigten, in der Österreichischen Apotheker-Zeitung vom 24. Dezember 1954 kundgemachten "Umlagenordnung der Österreichischen Apothekerkammer" (im folgenden kurz: Umlagenordnung).
b) Gegen die Vorschreibung erhob der Beschwerdeführer nach §7 Abs1 der Umlagenordnung Rekurs an die gemäß §7 der Umlagenordnung bei der Österreichischen Apothekerkammer eingerichtete Schiedskommission ("Umlagenschiedskommission") und begehrte unter anderem, dem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Schiedskommission entschied über dieses Rechtsmittel mit Bescheid vom 31. August 1995 wie folgt:
"1. Der Rekurs (die Berufung) wird gemäß §66 Abs4 AVG 1991 in Verbindung mit §3 Abs2 der Umlagenordnung der Österreichischen Apothekerkammer als unbegründet abgewiesen und die angefochtene Umlagenvorschreibung für 1995 vollinhaltlich bestätigt.
2. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß §7 Abs1 der Umlagenordnung der Österreichischen Apothekerkammer gleichfalls abgewiesen."
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.
3. Die Schiedskommission als jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, erstattete eine Gegenschrift, in der sie begehrt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat am 25. September 1996 beschlossen, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde, soweit sich diese gegen Punkt 2 des angefochtenen Bescheides wendet, gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des letzten Satzes im §7 Abs1 der Umlagenordnung einzuleiten.
Diese Verordnungsbestimmung hat folgenden Wortlaut (die in Prüfung gezogene Verordnungsstelle ist hervorgehoben):
"§7. (1) Gegen die Vorschreibung der Kammerumlage steht dem Umlagepflichtigen das Rechtsmittel des Rekurses an die bei der Österreichischen Apothekerkammer in Wien errichtete Schiedskommission zu. Der Rekurs ist zu begründen und binnen 2 Wochen nach Zustellung der Vorschreibungsverfügung schriftlich in dreifacher Ausfertigung einzubringen. Dem Rekurs kommt eine aufschiebende Wirkung nicht zu."
Mit Erkenntnis vom 26. Februar 1997, V116/96, hob der Verfassungsgerichtshof diese Verordnungsstelle als gesetzwidrig auf.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Zu Pkt. 1 des angefochtenen Bescheides:
a) Mit Pkt. 1 des bekämpften Bescheides wurde dem beschwerdeführenden Apotheker im Instanzenzug Kammerumlage für 1995 in der Höhe von ca. 360.000 S (= 0,43 % des Umsatzes 1994) vorgeschrieben.
Gemäß §17 Abs2 des Apothekerkammergesetzes, BGBl. 152/1947 idF des BG BGBl. 54/1989, (ApKG), erhebt die Apothekerkammer zur Bestreitung ihrer Auslagen von den Mitgliedern Umlagen. Die näheren Vorschriften über die Höhe und die Einhebung werden durch eine Umlagenordnung erlassen.
Gestützt auf diese gesetzliche Ermächtigung erließ die Delegiertenversammlung (§8 Abs2 ApKG) der Österreichischen Apothekerkammer die Umlagenordnung (s.o. I.1.a).
Gemäß §3 Abs1 lita dieser Verordnung beträgt die Umlage für Inhaber einer öffentlichen Apotheke höchstens 1 % vom Umsatz der Apotheke im abgelaufenen Jahr.
Dem §3 Abs2 zufolge ist der Prozentsatz jährlich zugleich mit dem Voranschlag zu bestimmen. Der Prozentsatz beträgt aufgrund des Beschlusses der Delegiertenversammlung vom 29. November 1994 für 1995 0,43 %.
b) Den vom Beschwerdeführer im Administrativverfahren gemachten Angaben zufolge (welche von der Behörde im angefochtenen Bescheid übernommen wurden) verkauft der Einschreiter Arzneimittel zum größeren Teil an hausapothekenführende Ärzte (§31 Abs3 ApothekenG) (und zwar aufgrund seiner Apothekerkonzession und nicht etwa aufgrund einer Großhandelskonzession gemäß §222 Gewerbeordnung), und nur zum geringeren Teil an Privatkunden (Letztverbraucher). Im Jahre 1994 entfielen von rund 83 Millionen S Umsatz insgesamt
ca. 54,5 Millionen S auf Verkäufe an hausapothekenführende Ärzte. Die Gewinnspanne (der Rohaufschlag) betrug - den unbestritten gebliebenen Beschwerdebehauptungen zufolge - bei den Umsätzen mit hausapothekenführenden Ärzten ca. 3,43 %, bei den "klassischen Apothekenumsätzen" (Privatumsätze, Krankenkassenumsätze) rund 60 %.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er erziele einen für österreichische Apotheken atypisch hohen Umsatz, von welchem ein großer Teil (s.o.) auf die Belieferung ärztlicher Hausapotheken entfalle; diese Umsätze brächten geringere Verdienstmöglichkeiten als solche mit Letztverbrauchern. Bei den Umsätzen mit ärztlichen Hausapotheken mache die Kammerumlage 15 % des Rohaufschlages aus. Aus dem Rohaufschlag seien sämtliche Unkosten zu decken. Nach deren Abdeckung müsse fast der gesamte Gewinn zur Zahlung der Umlage verwendet werden. Es sei deshalb sachlich nicht rechtfertigbar, daß die Umlagenordnung für die Berechnung der Kammerumlage einen einheitlichen Prozentsatz vom Umsatz vorsehe, gleichgültig, in welchem der beiden zuvor erwähnten Bereiche dieser erzielt wurde. Der undifferenzierte Umlagensatz führe zu einer ungerechtfertigten Belastung jenes Apothekers, welcher Hausapotheken beliefere.
c) Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Bedenken nicht:
Die Schiedskommission weist in ihrer Gegenschrift - glaubwürdig - darauf hin, daß der vorliegende Fall (außergewöhnlich hohe Umsätze im Bereich der hausapothekenführenden Ärzte) ein untypischer sei; die Umlagenordnung gehe von typischen Umsätzen aus. Auch der Beschwerdeführer selbst gesteht in seiner Eingabe (unter Bezugnahme auf seine Ausführungen im Rechtsmittelverfahren) zu, daß er "einen für österreichische Apotheken atypisch hohen Umsatz" erreiche, "welcher ein Mehrfaches des Umsatzes von Ablichen Apotheken beträgt".
Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 7996/1977, 8457/1978 (S 453), 10165/1984, 10276/1984 (S 625), 10455/1985, 11025/1986, 11301/1987, 12419/1990, 13743/1994, 13890/1994; VfGH 27.9.1996, V156,157/95) steht es dem Gesetzgeber und auch dem Verordnungsgeber grundsätzlich frei, von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen.
Die Verordnung knüpft bei Bemessung der Kammerumlage an die Umsätze an. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Soweit der Beschwerdeführer meint, die Verordnung hätte danach differenzieren müssen, welche unterschiedlichen Gewinne (je nach dem Kreis der Geschäftspartner) erzielt werden, teilt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß infolgedessen eine unsachliche Regelung bestehe, nicht, weil der Apotheker im Rahmen des marktwirtschaftlichen Wettbewerbes - wenn überhaupt, so nur beschränkt durch allfällige Höchstpreisregelungen - frei darüber disponieren kann, welche Geschäftsbeziehungen (insbesondere mit welchem Personenkreis und zu welchen Konditionen) er pflegt.
d) Der Verfassungsgerichtshof hegt auch sonst keine Bedenken ob der Rechtmäßigkeit der den Pkt. 1 des angefochtenen Bescheides tragenden generellen Rechtsnormen.
e) Damit ist dargetan, daß der Beschwerdeführer durch Pkt. 1 des bekämpften Bescheides nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
In die Verfassungssphäre reichende Vollzugsfehler werden weder in der Beschwerde gerügt, noch sind solche sonst hervorgekommen.
f) Die Beschwerde war sohin abzuweisen, soweit sie sich gegen Pkt. 1 des angefochtenen Bescheides richtet. Der - in diesem Umfang obsiegenden - belangten Behörde (die nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war) waren keine Kosten zuzusprechen, weil ihr solche, die nach §88 VerfGG ersatzfähig wären, nicht erwachsen sind.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
2. Zu Pkt. 2 des angefochtenen Bescheides:
a) Die belangte Behörde hat nach dem oben (Pkt. I.4) Gesagten eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß dies für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheidteil wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).
Dieser Bescheidteil war daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
b) Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-
enthalten.
Schlagworte
Apotheken Kammer, Beiträge (Apothekerkammer), Bescheid Trennbarkeit, VfGH / Kosten, VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B3503.1995Dokumentnummer
JFT_10029773_95B03503_00