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L34004 Abgabenordnung Oberösterreich;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der Sophie G und Mitgesellschafter, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. Februar 1998, Zl. Wi (Ge) - 450013/26 - 1998/Pö/Ra, betreffend Fremdenverkehrsabgabe für den Zeitraum November 1988 bis Oktober 1989 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. Jänner 1990 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde Sophie G und mehreren namentlich genannten Mitgesellschaftern, darunter Christa G, für 20.862 Nächtigungen zu einem näher bezeichneten Fremdenbeherbergungsbetrieb im Fremdenverkehrsjahr 88/89 die Fremdenverkehrsabgabe in der Höhe von S 83.136,-- vor.
Gegen diesen Bescheid erhoben (am 8. Februar 1990) Sophie G und Mitgesellschafter unterfertigt von Sophie G Berufung.
Auf Grund der Berufung erging der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. April 1990, mit dem 1.) der Berufung Folge gegeben und der Bescheid des Bürgermeisters hinsichtlich aller Gesellschafter mit Ausnahme der Christa G aufgehoben und 2.) gegenüber Christa G "der Bescheid des Bürgermeisters ... in vollem Umfang aufrechterhalten", die genannte Abgabe also dieser allein vorgeschrieben wurde. Dieser Bescheid wurde allen bisher als Gesellschafter bezeichneten Personen zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob nur Christa G Vorstellung. Auf Grund dieser Vorstellung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 1990 nur die Vorschreibung an Christa G (nicht aber die Aufhebung der Abgabenvorschreibung an die übrigen Gesellschafter) mit der Begründung behoben, dass zur Prüfung von verschiedenen Befreiungstatbeständen ergänzende Ermittlungen der Gemeinde notwendig seien. Daraufhin schrieb der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde nach Ergänzung des Verfahrens mit Bescheid vom 4. Juli 1991 die Abgabe wiederum nur Christa G vor. Dagegen erhob Christa G Vorstellung, welcher mit Bescheid vom 24. Jänner 1992 keine Folge gegeben wurde. Gegen diese abweisende Vorstellungsentscheidung erhob Christa G Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, Zl. 93/17/0167, den abweisenden Vorstellungsbescheid auf und führte unter anderem aus, es werde im fortgesetzten Verfahren zu untersuchen sein, wer überhaupt (Quartiergeber und damit) Abgabepflichtiger im Sinne des § 4 O.ö. Fremdenverkehrsabgabegesetz 1969 sei.
Im weiteren Verfahren gab die belangte Behörde dieser Vorstellung Folge, behob den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Juli 1991 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Dies mit der die Aufhebung des Bescheides tragenden Begründung, es sei davon auszugehen, dass als "Quartiergeber" jener Zusammenschluss natürlicher Personen anzusehen sei, der auch als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1972 aufgetreten sei. Dies sei aber nicht die Inhaberin der Gewerbeberechtigung Christa G, sondern eine GesBR, nämlich die Vereinigung "Hotel S" G Sophie und Mitgesellschafter. Da Christa G nicht die Eigenschaft des Quartiergebers zukomme, erweise sich die Festsetzung der Fremdenverkehrsabgabe als unrichtig. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde habe daher über die Berufung der Sophie G und Mitgesellschafter vom 8. Februar 1990 neuerlich zu entscheiden.
Dieser nur an Christa G adressierte und zugestellte Vorstellungsbescheid blieb unbekämpft.
Mit Vorhalt vom 28. Juli 1997 wurde die GesBR zu Handen Sophie G um Aufklärung im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Vollmachtsverhältnisse bzw. Unterfertigung der Eingaben im bisherigen Verfahren ersucht.
In der Beantwortung teilte Sophie G mit, mit Bescheid vom 23. April 1990 sei der Berufung stattgegeben worden. Von einer Vorstellung, einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, einer Verwaltungsgerichtshofentscheidung und einer Entscheidung der belangten Behörde sei ihr nichts bekannt.
In der Folge gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung vom 8. Februar 1990 mit dem im Sinne des zuletzt genannten Vorstellungsbescheides an die GesBR "G Sophie und Mitgesellschafter" z.H. Sophie G gerichteten Bescheid vom 22. August 1997 teilweise statt und setzte die Fremdenverkehrsabgabe dem genannten Adressaten gegenüber mit S 78.222,-- fest. In der Begründung dieses Bescheides wurde festgestellt, nach den Ermittlungen der Aufsichtsbehörde sei die GesBR Quartiergeber im Sinne des § 4 Abs. 2 des
O.ö. Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1969 und damit Abgabenschuldner.
Gegen diesen Bescheid wurde durch Sophie G namens der GesBR Vorstellung erhoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. August 1997 keine Folge.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der GesBR. Mit ihr werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die GesBR erachtet sich in dem Recht auf Beachtung der Rechtswirksamkeit und Verbindlichkeit des seinerzeit ergangenen Berufungsbescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. April 1990 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Vorschreibung durch den Bürgermeister erfolgte gegenüber allen Gesellschaftern als Abgabenschuldner. Diese erhoben Berufung. Mit dem ersten Bescheid des Gemeinderates wurde diesen Berufungen hinsichtlich aller Gesellschafter, ausgenommen Christa G, Folge gegeben und die Abgabenvorschreibung des Bürgermeisters insoweit ersatzlos aufgehoben. Lediglich gegen Christa G erfolgte in diesem Bescheid eine Abgabenvorschreibung im Sinne der durch den Bürgermeister erfolgten Vorschreibung. Die anschließenden Vorstellungsverfahren sowie das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof betrafen nur die Abgabenvorschreibung gegenüber Christa G. Die Bescheide waren auch nur an diese adressiert und wurden auch nur Christa G zugestellt.
Die ersatzlose Aufhebung der Abgabenvorschreibung an die übrigen Gesellschafter durch den ersten Berufungsbescheid erwuchs daher in Rechtskraft und wurde bisher auch nicht beseitigt.
Die Vorschreibung der Abgabe an eine GesBR mit dem Namen "G Sophie und Mitgesellschafter" als Abgabenschuldner zu Handen Sophie G erfolgte erstmals durch den Gemeinderat in seinem als Berufungsentscheidung bezeichneten Bescheid vom 22. August 1997. Dieser Bescheid ist rechtswidrig, weil Sache im Sinne des § 212 O.ö. LAO 1996 (ebenso wie im Sinne des § 289 Abs. 1 BAO oder des § 66 Abs. 4 AVG) nur die Angelegenheit ist, die den Spruch der Behörde erster Instanz gebildet hat. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz darf sohin in einer Angelegenheit, die überhaupt noch nicht oder in der von der Rechtsmittelentscheidung in Aussicht genommenen rechtlichen Art nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen war, nicht einen Sachbescheid erstmals erlassen. Ein Verstoß dagegen belastet den Berufungsbescheid mangels funktioneller Zuständigkeit der Berufungsbehörde in diesbezüglichem Umfang mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1991, Zl. 89/17/0089). An die oben genannte GesBR war ein erstinstanzlicher Abgabenbescheid nie ergangen, eine Berufung gegen einen solchen Bescheid lag nie vor. Die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters war von den Gesellschaftern erhoben worden, denen gegenüber der Bürgermeister die Abgabe vorgeschrieben hatte. Diese Berufung war hinsichtlich aller Berufungswerber, ausgenommen Christa G, bereits durch den ersten Berufungsbescheid des Gemeinderates rechtskräftig erledigt worden. Offen war nach dem folgenden Verfahrenslauf nur mehr die Berufung der Christa G. Im Rahmen dieses Berufungsverfahrens war eine erstmalige Vorschreibung der Abgabe an die GesBR nicht Sache des Berufungsverfahrens. Zur Befolgung des vorletzten Bescheides der Vorstellungsbehörde wäre die Berufungsbehörde daher nur in Stattgebung der Berufung der Christa G zur ersatzlosen Behebung der Abgabenvorschreibung an diese befugt gewesen.
Soweit der Berufungsbehörde im vorletzten Vorstellungsbescheid aufgegeben wurde, über die Berufung der Sophie G und Mitgesellschafter neuerlich zu entscheiden, durfte dieser Auftrag daher - gesetzeskonform ausgelegt - nur als Auftrag zur neuerlichen Entscheidung über die erwähnte Berufung im noch nicht rechtskräftig erledigten Umfang, nämlich in Ansehung der Vorschreibung der Abgabe an Christa G, verstanden werden. Im Übrigen hätte ein weiter gehender Auftrag mangels Adressierung des Bescheides an andere Personen (Gebilde) als Christa G diesen gegenüber keine Rechtswirkungen äußern können.
Dies hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid verkannt und diesen solcherart mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 7. April 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998170098.X00Im RIS seit
20.11.2000