Entscheidungsdatum
12.02.2019Norm
AsylG 2005 §55 Abs2Spruch
W169 2152118-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2017, Zl. 1049082507-140323549, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
II. In Erledigung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und dem Beschwerdeführer gemäß § 58 Abs. 2 iVm 55 Abs. 2 AsylG idgF ein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" erteilt wird.
III. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt IV. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.12.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.12.2014 führte der Beschwerdeführer aus, dass er aus Kandahar stamme, in Quetta (Pakistan) 10 Jahre die Grundschule besucht und Goldschmied gelernt habe sowie zuletzt als Rikschafahrer gearbeitet habe. Zum Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass er mit seinen Eltern als Kleinkind Afghanistan aufgrund des Krieges und der Unsicherheit verlassen habe. In Pakistan hätten sie ein Hotel besessen. Sie hätten einen Drohbrief bekommen und wären deswegen zur Polizei gegangen. Da die Polizei ihnen nicht habe helfen können, hätten sie das Hotel schließen müssen. Danach sei er von einer "kriegerischen Gruppierung" bedroht worden, zumal er nach Anschlägen Verletzte mit der Rikscha zu Ärzten oder in Spitäler gebracht habe. Aus Angst um sein Leben habe er Pakistan verlassen. Die Sicherheitssituation in Afghanistan sei sehr schlecht, außerdem habe er dort niemanden mehr.
2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.05.2016 führe der Beschwerdeführer aus, dass er seit dem Jahr 2000 14 Jahre lang mit seinen Eltern, seinen Brüdern und seinen beiden Schwestern in Pakistan gelebt habe. In Quetta habe er im Hotel seines Vaters gearbeitet. Nachdem sein Vater das Hotel geschlossen habe, habe er als Fahrer gearbeitet. In Afghanistan würden eine Tante mütterlicherseits in Kandahar sowie ein Onkel väterlicherseits (in Kabul) mit ihren Familien leben. Afghanistan hätten sie verlassen, zumal der Stützpunkt der Taliban damals in Kandahar, seiner Heimatstadt, gewesen sei. Zum damaligen Zeitpunkt hätten die Taliban immer wieder Menschen gezwungen, auf der Straße niederzuknieen und zu beten. Einmal habe sein Vater "einen Hindi" verteidigen wollen, deswegen sei sein Vater geschlagen und es sei auf ihn geschossen worden. Aus Angst um sein Leben hätten sie Afghanistan verlassen und seien nach Pakistan geflüchtet. Er sei "wegen der Sicherheit" nach Österreich gekommen und um sich hier ein Leben aufzubauen. Auf die Frage, was gegen eine Rückkehr des Beschwerdeführers in die Stadt Kabul spreche, gab der Beschwerdeführer an, dass Kabul nicht sicher sei. Zudem sei er Hazara; Hazara würden überall angegriffen werden.
Zu seinen Lebensumständen in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er keine familiären Beziehungen in Österreich habe. Er gehe täglich zur Schule und spiele Fußball. Auch spreche er ein wenig Deutsch. Er habe Freunde in Österreich. Er wolle hier ein Leben aufbauen, seine schulische Ausbildung fortsetzen und in Zukunft arbeiten.
Am Ende der Einvernahme wurde der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation ausgehändigt und ihr eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
Im Rahmen der Einvernahme legte der Beschwerdeführer eine Teilnahmebestätigung an einem A1-Deutschkurs und eine Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 2015/2016 vor.
3. Am 24.05.2016 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Stellungnahme der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers ein.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
4. Lediglich gegen die Spruchpunkte II., III. und IV. des angefochtenen Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und auf die schlechte Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers (Kandahar) hingewiesen. Zudem sei die dortige Sicherheitslage nicht ermittelt bzw. geprüft worden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative würde dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände und des Fehlens eines hinreichenden, unterstützenden, sozialen oder familiären Netzwerks in Afghanistan sowie auch in Hinblick auf die allgemein schlechte Versorgungslage dort derzeit nicht zur Verfügung stehen. Folglich werde ersucht, dem Beschwerdeführer den Status eines subsidiär Schutzberechtigen in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuzuerkennen. Schlussendlich wurde der Antrag gestellt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.
5. Am 22.10.2018 übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht diverse Integrationsunterlagen.
6. Am 24.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer und sein bevollmächtigter Vertreter teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist entschuldigt nicht erschienen. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Rückkehrbefürchtungen und seinen Integrationsbemühungen in Österreich befragt (siehe Verhandlungsprotokoll OZ 9Z).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und Angehöriger der Volks-gruppe der Hazara. Er wurde in der Provinz Kandahar, in der gleichnamigen Provinzhauptstadt, geboren und lebte dort mit seinen Eltern, seinen beiden Brüdern und seinen beiden Schwestern. Im Alter von zwei Jahren verließ der Beschwerdeführer mit seiner Familie aufgrund der schlechten Sicherheitslage Afghanistan und ging nach Pakistan (Quetta), wo sie ab dem Jahr 2000 in einem eigenen Haus lebten. Von 2003 bis 2013 besuchte der Beschwerdeführer in Quetta die Schule, nebenbei arbeitete er als Goldschmied und später im Restaurant bzw. Hotel seines Vaters. In Quetta leben die Eltern des Beschwerdeführers und seine Geschwister. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie in Pakistan, dieser geht es gut. Der Vater des Beschwerdeführers verkaufte im Jahr 2014 sein Hotel. Ab dem Jahr 2014 geht der Vater des Beschwerdeführers in Pakistan keiner Arbeit nach, zumal er Probleme mit den Beinen hat. Die Familie in Pakistan lebt vom Erlös aus dem Verkauf der zwei Eigentumshäuser in Pakistan. Ein Bruder des Beschwerdeführers arbeitet in Pakistan als Schneidergehilfe.
In Afghanistan leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers mehr. Ein Onkel väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits leben seit zwei Jahren im Iran; zu diesen hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt. Eine Schwester des Beschwerdeführers lebt mit ihrer Familie seit neun oder zehn Jahren in Deutschland. Sie selbst ist nicht erwerbstätig, ihr Ehegatte arbeitet als Taxilenker.
Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan könnte sich der Beschwerdeführer, ein junger, arbeitsfähiger und gesunder Mann, der Dari spricht, über eine mehrjährige Schulbildung und Arbeitserfahrung verfügt, in der Stadt Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz aufbauen und sichern.
Mazar-e Sharif ist über den dortigen Flughafen sicher erreichbar. Die Sicherheitssituation in Mazar-e Sharif ist weniger angespannt als in Kabul. Es kommt in Mazar-e Sharif zu weit weniger sicherheitsrelevanten Vorfällen als in Kabul.
Hinsichtlich der Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung in Mazar e- Sharif ist festzustellen, dass dort allgemein der Zugang zu Unterkunft, grundlegender Versorgung wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung und zu Erwerbsmöglichkeiten gegeben ist, wenn auch die Gesamtsituation angespannt ist.
Vor dem Hintergrund der Sicherheits- und Versorgunglage in Mazar-e Sharif war auf Basis der persönlichen Merkmale des Beschwerdeführers in einer Gesamtschau festzustellen, dass in dieser Stadt weder ein solcher Grad willkürlicher Gewalt herrscht, dass der Beschwerdeführer allein durch seine Anwesenheit tatsächlich einer ernsthaften, individuellen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt ist und er zudem nicht Gefahr läuft, dort grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Zudem könnte der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen.
Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Arbeit nach. Er besuchte zwei bis drei Monate in Österreich eine polytechnische Schule, anschließend ein Jahr eine HTL. Zurzeit besucht er die Hauptschule und möchte nach Beendigung dieser eine Schweißerlehre beginnen. Er spielte bei einem Fußballverein, spricht Deutsch, hat österreichische Freunde und verfügt über eine schriftliche Einstellungszusage. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:
KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)
Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:
Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).
Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptstädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).
Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018).
Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).
Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018)
Zivile Opfer
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).
Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).
Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018)
Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und - prävention" und das Protokoll V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).
Wahlen
Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der "ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken". Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ist für den Zeitraum 11.11.2018 - 25.11.2018 vorgesehen; die vorläufige Kandidatenliste soll am 10.12.2018 bereitstehen, während die endgültige Aufstellung am 16.1.2019 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018). Ohne die Provinz Ghazni sank die Zahl der registrierten Wähler mit Stand Oktober 2018 auf ungefähr 8.8 Millionen (AAN 9.10.2018; vgl. IEC o. D.). Die Verkündung der ersten Wahlergebnisse für die Parlamentswahlen (ohne Provinz Ghazni) ist für den 10.11.2018 vorgesehen, während das Endergebnis voraussichtlich am 20.12.2018 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018).
Im April und Oktober 2018 erklärten die Taliban in zwei Stellungnahmen, dass sie die Wahl boykottieren würden (AAN 9.10.2018). Angriffe auf mit der Ausstellung von Tazkiras sowie mit der Wahlregistrierung betraute Behörden wurden berichtet. Sowohl am Wahlprozess beteiligtes Personal als auch Kandidaten und deren Unterstützer wurden von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen. Zwischen 1.1.2018 und 30.6.2018 wurden 341 zivile Opfer (117 Tote und 224 Verletzte) mit Bezug auf die Wahlen verzeichnet, wobei mehr als 250 dieser Opfer den Anschlägen Ende April und Anfang Mai in Kabul und Khost zuzuschreiben sind. Auch wurden während des Wahlregistrierungsprozesses vermehrt Schulen, in denen Zentren zur Wahlregistrierung eingerichtet worden waren, angegriffen (39 Angriffe zwischen April und Juni 2018), was negative Auswirkungen auf die Bildungsmöglichkeiten von Kindern hatte (UNAMA 15.7.2018). Seit dem Beginn der Wählerregistrierung Mitte April 2018 wurden neun Kandidaten ermordet (AAN 9.10.2018).
Von den insgesamt 7.366 Wahllokalen werden aus Sicherheitsgründen letztendlich am Tag der Wahl 5.100 geöffnet sein (AAN 9.10.2018; vgl. UNAMA 17.9.2018, Tolonews 29.9.2018). Diese sollen während der fünf Tage vor der Wahl von 54.776 Mitgliedern der Afghan National Security Forces (ANSF) bewacht werden; 9.540 weitere stehen als Reserven zur Verfügung (Tolonews 29.9.2018; vgl. AAN 9.10.2018)
Quellen:
AAN - Afghanistan Analysts Network (9.10.2018): Afghanistan Election Conundrum (16): Basic facts about the parliamentary elections, https://www.afghanistan-analysts.org/afghanistan-electionconundrum-16-basic-facts-about-the-parliamentary-elections/, Zugriff 19.10.2018
AAN - Afghanistan Analysts Network (26.9.2018): Afghanistan Election Conundrum (14): District council and Ghazni parliamentary elections quietly dropped, https://www.afghanistan-analysts.org/ afghanistan-election-conundrum-14district-council-and-ghazni-parliamentary-elections-quietlydropped/, Zugriff 2.10.2018
AAN - Afghanistan Analysts Network (4.8.2018): Qari Hekmat's Islan Overrun: Taleban defeat 'ISKP' in Jawzjan, https://www.afghanistan-analysts.org/qari-hekmats-island-overrun-talebandefeat-iskp-in-jawzjan/, Zugriff 31.8.2018
AJ - Al Jazeera (19.8.2018): Afghanistan's Ghani declares Eid ceasefire with Taliban,
https://www.aljazeera.com/news/2018/08/afghanistan-ghani-declares-eid-ceasefire-taliban- 180819143135061.html, Zugriff 31.8.2018
ANSA - Agenzia Nationale Stampa Associata (13.8.2018): Afghanistan:
a Ghazni 120 morti, http://
www.ansa.it/sito/notizie/mondo/asia/2018/08/13/afghanistan-a-ghazni-120-morti_695579f5-407b- 4e4f-8814-afcd60397435.html, Zugriff 31.8.2018
BFA Staatendokumentation (15.10.2018a): kartografische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Mai-September 2018, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor
BFA Staatendokumentation (15.10.2018b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q2 und Q3, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor CBS News (14.8.2018): Taliban overruns Afghan base, killing 17 soldiers, https://www.cbsnews.com/news/afghanistan-base-overrun-taliban-faryab-afghan-troops-killedghazni-fight/, Zugriff 31.8.2018
GT- Gulf Today (12.9.2018): Scores killed in Afghan suicide attack, http://gulftoday.ae/portal/efd26c1a-5e54-42e8-a810-7e18341d14e4.aspx, Zugriff 2.10.2018
IEC - Independent Election Commission of Afghanistan (o.D.), http://www.iec.org.af/pdf/vr-2018/vr- statistics.pdf, Zugriff 19.10.2018
NYT - The New York Times (21.9.2018): The Death Toll for Afghan Forces Is Secret. Here's Why,
https://www.nytimes.com/2018/09/21/world/asia/afghanistan-security-casualties-taliban.html, Zugriff 3.10.2018
SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2018): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2018-07-30qr.pdf, Zugriff 31.8.2018
TG - The Guardian (19.8.2018): Afghan president announces conditional ceasefire with Taliban, https://www.theguardian.com/world/2018/aug/19/afghan-ashraf-ghani-conditional-ceasefire-talibaneid-al-adha, Zugriff 31.8.2018
Tolonews (28.9.2018): Candidates Begin Campaign For Parliamentary Elections,
https://www.tolonews.com/elections-2018/candidates-begin-campaign-%C2%A0parliamentaryelections, Zugriff 19.10.2018
Tolonews (23.9.2018): Alarm Bells Ring Over High ANA Casualty Rate, https://www.tolonews.com/
afghanistan/alarm-bells-ring%C2%A0over%C2%A0high%C2%A0ana%C2%A0casualty-rate, Zugriff 3.10.2018
Tolonews (19.8.2018): Ghani Announces Conditional Ceasefire, https://www.tolonews.com/afghanistan/ghani-announces-conditional-ceasefire, Zugriff 31.8.2018
UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (25.9.2018a):
Preliminary findings indicate airstrike killed 12 civilians in Maidan Wardak province, https://unama.unmissions.org/preliminaryfindings-indicate-airstrike-killed-12-civilians-maidan-wardak-province, Zugriff 2.10.2018
UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (25.9.2018b): Concern about rising number of civilian casualties from airstrikes, https://unama.unmissions.org/concern-about-rising-numbercivilian-casualties-airstrikes, Zugriff 2.10.2018
UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (17.9.2018): Briefing to the United Nations Security Council by the Secretary-General's Special Representative for Afghanistan, Mr. Tadamich Yamamoto,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/17_september_2018_srsg_briefing_security_counc il_english.pdf, Zugriff 19.10.2018
UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (15.7.2018): Midyear Update on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 30 June 2018,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_poc_midyear_update_2018_15_july_englis
h. pdf, Zugriff 31.8.2018
UNGASC - General Assembly Security Council (10.9.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_12_sept.pdf
UNGASC - General Assembly Security Council (6.6.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_6_june.pdf, Zugriff 31.8.2018
KI vom 11.9.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)
Anschläge in Nangarhar 11.9.2018
Am 11.9.2018 kamen nach einem Selbstmordanschlag während einer Demonstration im Distrikt Mohamad Dara der Provinz Nangarhar mindestens acht Menschen ums Leben und weitere 35 wurden verletzt (Tolonews 11.9.2018; vgl. TWP 11.9.2018, RFE/RL 11.9.2018). Kurz zuvor wurde am Vormittag des 11.9.2018 ein Anschlag mit zwei Bomben vor der Mädchenschule "Malika Omaira" in Jalalabad verübt, bei dem ein Schüler einer nahegelegenen Jungenschule ums Leben kam und weitere vier Schüler verletzt wurden, statt (RFE/RL 11.9.2018; AFP 11.9.2018). Davor gab es vor der Mädchenschule "Biba Hawa" im naheliegenden Distrikt Behsud eine weitere Explosion, die keine Opfer forderte, weil die Schülerinnen noch nicht zum Unterricht erschienen waren (AFP 11.9.2018).
Weder die Taliban noch der IS/ISKP bekannten sich zu den Anschlägen, obwohl beide Gruppierungen in der Provinz Nangarhar aktiv sind (AFP 11.9.2018; vgl. RFE/RL 11.9.2018, TWP 11.9.2018).
Kämpfe in den Provinzen Sar-e Pul und Jawzjan 11.9.2018
Am Montag, dem 10.9.2018, eroberten die Taliban die Hauptstadt des Kham Aab Distrikts in der Provinz Jawzjan, nachdem es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften gekommen war (Tolonews 10.9.2018a; Tolonews 10.9.2018b). Sowohl die afghanischen Streitkräfte als auch die Taliban erlitten Verluste (Khaama Press 10.9.2018a).
Am Sonntag, dem 9.9.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt der Provinz Sar-i Pul, wo nach wie vor u.a. mit Einsatz der Luftwaffe gekämpft wird (Tolonews 10.9.2018b; vgl. FAZ 10.9.2018). Quellen zufolge haben die Taliban das Gebiet Balghali im Zentrum der Provinzhauptstadt eingenommen und unter ihre Kontrolle gebracht (FAZ 10.9.2018). Sar-i-Pul-Stadt gehört zu den zehn Provinzhauptstädten, die Quellen zufolge das höchste Risiko tragen, von den Taliban eingenommen zu werden. Dazu zählen auch Farah-Stadt, Faizabad in Badakhshan, Ghazni-Stadt, Tarinkot in Uruzgan, Kunduz-Stadt, Maimana in Faryab und Pul-i- Khumri in Baghlan (LWJ 10.9.2018; vgl. LWJ 30.8.2018). Weiteren Quellen zufolge sind auch die Städte Lashkar Gar in Helmand und Gardez in Paktia von einer Kontrollübernahme durch die Taliban bedroht (LWJ 10.9.2018).
IS-Angriff während Massoud-Festzug in Kabul 9.9.2018
Bei einem Selbstmordanschlag im Kabuler Stadtteil Taimani kamen am 9.9.2018 mindestens sieben Menschen ums Leben und ungefähr 24 weitere wurden verletzt. Der Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte, fand während eines Festzugs zu Ehren des verstorbenen Mudschahedin-Kämpfers Ahmad Shah Massoud statt (AJ 10.9.2018; vgl. Khaama Press 10.9.2018b).
IS-Angriff auf Sportverein in Kabul 5.9.2018
Am Mittwoch, dem 5.9.2018, kamen bei einem Doppelanschlag auf einen Wrestling-Klub im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi mindestens 20 Personen ums Leben und ungefähr 70 weitere wurden verletzt (AJ 6.9.2018; vgl. CNN 6.9.2018, TG 5.9.2018). Zuerst sprengte sich innerhalb des Sportvereins ein Attentäter in die Luft, kurz darauf explodierte eine Autobombe in der sich vor dem Klub versammelnden Menge (SO 5.9.2018) Der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte sich zum Anschlag (RFE/RL 5.9.2018).
Quellen:
AFP - Agence France-Presse (11.9.2018): Student killed in twin bomb attack near Afghan girls' school, https://www.afp.com/en/news/23/student-killed-twin-bomb-attack-near-afghan-girls-schooldoc-1904hc1, Zugriff 11.9.2018
AJ - Al Jazeera (10.9.2018): Afghanistan: Bomb attack hits Ahmed Shah Massoud supporters,
https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-bomb-attack-hits-ahmed-shah-massoudsupporters-180909112746171.html, Zugriff 11.9.2018
AJ - Al Jazeera (6.9.2018): Afghanistan: Two journalists among 20 killed in Kabul blasts,
https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-deadly-suicide-attack-kabul-sports-club- 180905142909428.html, Zugriff 11.9.2018
CNN - Cable News Network (6.9.2018): Two journalists among 20 killed in wrestling club blasts in Kabul, https://edition.cnn.com/2018/09/06/asia/kabul-attack-wrestling-intl/index.html, Zugriff 11.9.2018
FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.8.2018): Totei bei Angriff auf Schiiten-Moschee,
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-tote-bei-angriff-auf-schiiten-moschee- 15721269.html, Zugriff 21.8.2018
Khaama Press (10.9.2018a): Taliban militants overrun Khamab district in Jawzjan proince, https://
www.khaama.com/taliban-militants-overrun-khamab-district-in-jawzjan-province-05929/, Zugriff 11.9.2018
Khaama Press (10.9.2018b): ISIS claims suicide attack on the supporters of Massoud in Kabul, https://www.khaama.com/isis-claims-suicide-attack-on-the-supporters-of-massoud-in-kabul-05926/, Zugriff 11.9.2018
LWJ - Long War Journal (10.9.2018): Taliban threatens Sar-i-Pul City, captures district in Jawzjan, https://www.longwarjournal.org/archives/2018/09/taliban-threatens-sar-i-pul-city-captures-districtin-jawzjan.php, Zugriff 11.9.2018
LWJ - Long War Journal (30.8.2018): Faryab capital under Taliban threats as Afghan troops desert bases, https://www.longwarjournal.org/archives/2018/08/faryab-capital-under-taliban-threatas-afghan-troops-desert-bases.php, Zugriff 11.9.2018
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (11.9.2018): Suicide Attack, Bombing Strike Eastern Afghanistan, https://www.rferl.org/a/suicide-attack-bombings-strike-eastern-afghanistan/ 29483707.html, Zugriff 11.9.2018
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (5.9.2018): At Least 20 People Reported Killed, Including Two Journalists, In Twin Kabul Blasts, https://www.rferl.org/a/at-least-four-killed-insuicide-attack-at-wrestling-club-in-kabul/29473678.html, Zugriff 11.9.2018
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (17.8.2018): 'Goodbye, Dad': Father Remembers Afghan Twins Killed In Kabul Bombing, https://www.rferl.org/a/goodbye-dad-father-remembersafghan-twins-killed-in-kabul-bombing/29439516.html, Zugriff 20.8.2018
SO - Spiegel Online (5.9.2018): Tote und Verletzte bei Doppelanschlag in Kabul,
http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-tote-und-verletzte-bei-doppelanschlag-in-kabul-a- 1226712.html, Zugriff 11.9.2018
TG - The Guardian (5.9.2018): At least 20 people killed in separate bombings at Kabul wrestling club, https://www.theguardian.com/world/2018/sep/05/at-least-20-people-killed-in-separatebombings-at-kabul-wrestling-club, Zugriff 11.9.2018
Tolonews (11.9.2018): Suicide Bomber Targets Protest in Nangarhar; Eight Killed,
https://www.tolonews.com/afghanistan/suicide-bomber-targets-protest-nangarhar Zugriff 11.9.2018
Tolonews (10.9.2018a): Center of Jawzjan's Kham Aab District falls to Taliban,
https://www.tolonews.com/index.php/afghanistan/center-jawzjan%E2%80%99s-kham-aab-districtfalls%C2%A0-taliban, Zugriff 11.9.2018
Tolonews (10.9.2018b): Dozens of Afghan Forces Killed in North, https://www.tolonews.com/index.php/afghanistan/afghan-forces-suffer-huge-casualty-toll-
%C2%A0north, Zugriff 11.9.2018
TWP - The Washington Post (11.9.2018): Afghan official: Suicide bomber kills 20 in Nangarhar,
https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghan-official-suicide-bomber-kills-20-innangarhar/2018/09/11/3ba8ec50-b5a8-11e8-ae4f-2c1439c96d79_story.html? noredirect=on&utm_term=.2748ace6475c, Zugriff 11.9.2018
KI vom 22.08.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul und Paktia und Aktivitäten der Taliban in Ghazni, Baghlan, Faryab und Kunduz zwischen 22.7.2018 und 20.8.2018; (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)
Entführung auf der Takhar-Kunduz-Autobahn 20.8.2018
Am 20.8.2018 entführten die Taliban 170 Passagiere dreier Busse, die über die Takhar-Kunduz- Autobahn auf der Reise nach Kabul waren (Tolonews 20.8.2018; vgl. IFQ 20.8.2018). Quellen zufolge wurden die Entführten in das Dorf Nikpe der Provinz Kunduz gebracht, wo es zu Kämpfen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen kam. Es wurden insgesamt 149 Personen freigelassen, während sich die restlichen 21 weiterhin in der Gewalt der Taliban befinden (IFQ 20.8.2018). Grund für die Entführung war die Suche nach Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte bzw. Beamten (IFQ 20.8.2018; vgl. BBC 20.8.2018). Die Entführung erfolgte nach dem von Präsident Ashraf Ghani angekündigten Waffenstillstand, der vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 gehen sollte und jedoch von den Taliban zurückgewiesen wurde (Reuters 20.8.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018).
IS-Angriff auf die Mawoud Akademie in Kabul 15.8.2018
Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am Nachmittag des 15.8.2018 in einem privaten Bildungszentrum im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi, dessen Bewohner mehrheitlich Schiiten sind, in die Luft (NZZ 16.8.2018; vgl. BBC 15.8.2018, Repubblica 15.8.2018). Die Detonation hatte 34 Tote und 56 Verletzte zur Folge (Reuters 16.8.2018a; vgl. NZZ 16.8.2018, Repubblica 15.8.2018). Die Mehrheit der Opfer waren Studentinnen und Studenten, die sich an der Mawoud Akademie für die Universitätsaufnahmeprüfungen vorbereiteten (Reuters 16.8.2018b; vgl. RFE/RL 17.8.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Vorfall (RFE/RL 17.8.2018; vgl. Reuters 16.8.2018b).
Kämpfe in den Provinzen Ghazni, Baghlan und Faryab
Am Donnerstag, dem 9.8.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt Ghaznis, einer strategisch bedeutenden Provinz, die sich auf der Achse Kabul-Kandahar befindet (Repubblica 13.8.2018; vgl. ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Nach fünftägigen Zusammenstößen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen konnten letztere zurückgedrängt werden (AB 15.8.2018; vgl. Xinhua 15.8.2018). Während der Kämpfe kamen ca. 100 Mitglieder der Sicherheitskräfte ums Leben und eine unbekannte Anzahl Zivilisten und Taliban (DS 13.8.2018; vgl. ANSA 13.8.2018).
Am 15.8.2018 verübten die Taliban einen Angriff auf einen Militärposten in der nördlichen Provinz Baghlan, wobei ca. 40 Sicherheitskräfte getötet wurden (AJ 15.8.2018; vgl. Repubblica 15.8.2018, BZ 15.8.2018).
Auch im Distrikt Ghormach der Provinz Faryab wurde gekämpft: Die Taliban griffen zwischen 12.8.2018 und 13.8.2018 einen Stützpunkt des afghanischen Militärs, bekannt als Camp Chinaya, an und töteten ca. 17 Mitglieder der Sicherheitskräfte (ANSA 14.8.2018; vgl. CBS 14.8.2018, Tolonews 12.8.2018). Quellen zufolge kapitulierten die Sicherheitskräfte nach dreitägigen Kämpfen und ergaben sich den Aufständischen (CBS 14.8.2018; vgl. ANSA 14.8.2018).
IS-Angriff auf schiitische Moschee in Gardez-Stadt in Paktia 3.8.2018
Am Freitag, dem 3.8.2018, kamen bei einem Selbstmordanschlag innerhalb der schiitischen Moschee Khawaja Hassan in Gardez-Stadt in der Provinz Paktia, 39 Personen ums Leben und weitere 80 wurden verletzt (SI 4.8.2018; vgl. Reuters 3.8.2018, FAZ 3.8.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Anschlag (SI 4.8.2018).
IS-Angriff vor dem Flughafen in Kabul 22.7.2018
Am Sonntag, dem 22.7.2018, fand ein Selbstmordanschlag vor dem Haupteingangstor des Kabuler Flughafens statt. Der Attentäter sprengte sich in die Luft, kurz nachdem der afghanische Vizepräsident Rashid Dostum von einem einjährigen Aufenthalt in der Türkei nach Afghanistan zurückgekehrt und mit seinem Konvoi vom Flughafen abgefahren war (AJ 23.7.2018; vgl. Reuters 23.7.2018). Es kamen ca. 23 Personen ums Leben und 107 wurden verletzt (ZO 15.8.2018; vgl. France24). Der Islamische Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (AJ 23.7.2018; vgl. Reuters 23.7.2018).
Quellen:
AB - Al Bawaba (15.8.2018): Dozens of Afghan Soldiers Killed in Ghazni Clashes With Taliban,
https://www.albawaba.com/news/dozens-afghan-soldiers-killed-ghazni-clashes-taliban-1174140, Zugriff 21.8.2018
AJ - Al Jazeera (15.8.2018): Afghanistan: Dozens of security forces killed in Taliban attack, https:// www.aljazeera.com/news/2018/08/afghanistan-dozens-security-forces-killed-taliban-attack- 180815065025633.html, Zugriff 21.8.2018
AJ - Al Jazeera (23.7.2018): Several dead in Kabul suicide blast as exiled VP Dostum returns,
https://www.aljazeera.com/news/2018/07/blast-heard-kabul-airport-exiled-vp-dostrum-returns- 180722123819595.html, Zugriff 20.8.2018
ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (14.8.2018): Afghanistan:
talebani conquistano base militare a nord, http://www.ansa.it/sito/notizie/mondo/2018/08/13/afghanistan-a-ghazni-120- morti_43fcec43-30d1-433b-abe3-4bb6abe7dd32.html, Zugriff 21.8.2018
ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (13.8.2018): Afghanistan:
a Ghazni 120 morti, http://
www.ansa.it/sito/notizie/mondo/asia/2018/08/13/afghanistan-a-ghazni-120-morti_695579f5-407b- 4e4f-8814-afcd60397435.html, Zugriff 21.8.2018
BBC - British Broadcasting Corporation (20.8.2018): Afghan Taliban kidnap dozens of bus passengers near Kunduz, https://www.bbc.com/news/world-asia-45244339, Zugriff 21.8.2018
BBC - British Broadcasting Corporation (15.8.2018): Kabul suicide bomber kills 48 in tuition centre attack, https://www.bbc.com/news/world-asia-45199904, Zugriff 20.8.2018
BZ - Berliner Zeitung (15.8.2018): Erneute Attacken Mindestens 40 Tote bei Taliban-Angriffen in Afghanistan, https://www.berliner-zeitung.de/politik/erneute-attacken-mindestens-40-tote-beitaliban-angriffen-in-afghanistan-31111842, Zugriff 21.8.2018
CBS - CBS News (14.8.2018): Taliban overruns Afghan base, killing 17 soldiers,
https://www.cbsnews.com/news/afghanistan-base-overrun-taliban-faryab-afghan-troops-killedghazni-fight/, Zugriff 21.8.2018
DS - Der Standard (13.8.2018): Taliban töten mindestens 100 Sicherheitskräfte in afghanischer Stadt Ghazni, https://derstandard.at/2000085221814/Dutzende-Tote-bei-Gefechten-umostafghanische-Stadt-Ghazni, Zugriff 21.8.2018
FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.8.2018): Totei bei Angriff auf Schiiten-Moschee,
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France 24 (24.7.2018): Multiple explosions rock Afghan capital Kabul, http://www.france24.com/en/ 20180724-afghanistan-kabul-multiple-blasts-rockets-residential-area-casualties, Zugriff 20.8.2018
IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.8.2018): Afghanistan, i Talebani rapiscono 170 persone in viaggio su tre autobus nel nord del paese, https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/08/20/afghanistan-i-talebanirapiscono-170-persone-in-viaggio-su-tre-autobus-nel-nord-del-paese/4569588/, Zugriff 21.8.2018
NZZ - Neue Zürcher Zeitung (16.8.2018): Bewaffnete greifen Geheimdienst-Einrichtung in Kabul an, https://www.nzz.ch/international/dutzende-tote-bei-selbstmordanschlag-in-kabul-ld.1411834, Zugriff 20.8.2018
Repubblica (15.8.2018): Caos Afghanistan: kamikaze a Kabul tra i giovani diplomati, 34 studenti uccisi, http://www.repubblica.it/esteri/2018/08/15/news/afghanista_i_talebani_attaccano_una_base_militar e_44_morti-204161975/, Zugriff 20.8.2018
Repubblica (13.8.2018): Afghanistan, Ghazni sotto assedio da quattro giorni,
http://www.repubblica.it/esteri/2018/08/13/news/afghanistan_ghazni_sotto_assedio_da_quattro_gi orni-204035288/, Zugriff 21.8.2018
Reuters (20.8.2018): Taliban reject Afghan ceasefire, kidnap nearly 200 bus passengers,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack/taliban-reject-afghan-ceasefire-kidnapnearly-200-bus-passengers-idUSKCN1L50GZ, Zugriff 22.8.2018
Reuters (16.8.2018a): Death toll in suicide attack on Afghan students revised down to 34,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack/death-toll-in-suicide-attack-on-afghanstudents-revised-down-to-34-idUSKBN1L10FD, Zugriff 20.8.2018
Reuters (16.8.2018b): Afghan school hit as militants seek soft targets,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack-schools/afghan-schools-hit-as-militantsseek-soft-targets-idUSKBN1L10XI, Zugriff 20.8.2018
Reuters (3.8.2018): Suicide bomb attack on Afghan Shi'ite mosque kills 39, 80 injured,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack/suicide-bomb-attack-on-afghan-shiitemosque-kills-39-80-injured-idUSKBN1KO1DF, Zugriff 21.8.2018
Reuters (23.7.2018): Afghanischer Vizepräsident entgeht knapp einem Anschlag,
https://de.reuters.com/article/afghanistan-dostum-idDEKBN1KD0GD, Zugriff 20.8.2018
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (17.8.2018): 'Goodbye, Dad': Father Remembers Afghan Twins Killed In Kabul Bombing, https://www.rferl.org/a/goodbye-dad-father-remembersafghan-twins-killed-in-kabul-bombing/29439516.html, Zugriff 20.8.2018
SI - Sicurezza Internazionale (4.8.2018): Afghanistan: attentato Isis moschea schiita, 39 morti e 80 feriti, http://sicurezzainternazionale.luiss.it/2018/08/04/afghanistan-attentato-moschea-sciita-39- morti-80-feriti/, Zugriff 21.8.2018
Tolonews (20.8.2018): 3 Passenger Buses Seized On Takhar-Kunduz Highway,
https://www.tolonews.com/afghanistan/3-passenger-buses-seized-takhar-kunduz-highway, Zugriff 21.8.2018
Tolonews (19.8.2018): Ghani Announces Conditional Ceasefire, https://www.tolonews.com/afghanistan/ghani-announces-conditional-ceasefire, Zugriff 22.8.2018
Tolonews (12.8.2018): 17 Soldiers Killed in Faryab Army Base Attack, https://www.tolonews.com/afghanistan/17-soldiers-killed-faryab%C2%A0army-base-attack, Zugriff 21.8.2018
Xinhua - Xinhuanet (15.8.2018): Life returns normal in Ghazni city as Afghan forces drive out militants, http://www.xinhuanet.com/english/2018-08/15/c_137392677_2.htm, Zugriff 21.8.2018
ZO - Zeit Online(15.8.2018): Viele Tote und Verletzte bei Anschlag in Kabul,
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-08/afghanistan-anschlag-kabul-tote, Zugriff 20.8.2018
Sicherheitslage
Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).
Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - (USBV) und anderen Arten von Vorfällen.
Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).
Es folgt ein Jahresvergleich der sicherheitsrelevanten Vorfälle, die von der UN und der NGO INSO in den Jahren 2015, 2016 und 2017 registriert wurden.
Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).
Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht.Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018)
Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).
Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).
Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele
Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).
Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).
Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).
Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018)
Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018), von denen zur Veranschaulichung hier auszugsweise einige Beispiele wiedergegeben werden sollen (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste enthält öffentlichkeitswirksame (high-profile) Vorfälle sowie Angriffe bzw. Anschläge auf hochrangige Ziele und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit).
* Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (Reuters 11.6.2018; Gandhara 11.6.2018).
* Angriff auf das afghanische Innenministerium (MoI) in Kabul: Am 30.5.2018 griffen bewaffnete Männer den Sitz des MoI in Kabul an, nachdem vor dem Eingangstor des Gebäudes ein mit Sprengstoff geladenes Fahrzeug explodiert war. Bei dem Vorfall kam ein Polizist ums Leben. Die Angreifer konnten nach einem zweistündigen Gefecht von den Sicherheitskräften getötet werden. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (CNN 30.5.2018; vgl. Gandhara 30.5.2018)
* Angriff auf Polizeistützpunkte in Ghazni: Bei Taliban-Anschlägen auf verschiedene Polizeistützpunkte in der afghanischen Provinz Ghazni am 21.5.2018 kamen mindestens 14 Polizisten ums Leben (AJ 22.5.2018).
* Angriff auf Regierungsbüro in Jalalabad: Nach einem Angriff auf die Finanzbehörde der Provinz Nangarhar in Jalalabad kamen am 13.5.2018 mindestens zehn Personen, darunter auch Zivilisten, ums Leben und 40 weitere wurden verletzt (Pajhwok 13.5.2018; vgl. Tolonews 13.5.2018). Die Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (AJ 13.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich der Islamische Staat (IS) zum Angriff (AJ 13.5.2018).
* Angriff auf Polizeireviere in Kabul: Am 9.5.2018 griffen bewaffnete Männer jeweils ein Polizeirevier in Dasht-e-Barchi und Shar-i-Naw an und verursachten den Tod von zwei Polizisten und verwundeten sechs Zivilisten. Auch wurden Quellen zufolge zwei Attentäter von den Sicherheitskräften getötet (Pajhwok 9.5.2018). Der IS bekannte sich zum Angriff (Pajhwok 9.5.2018; vgl. Tolonews 9.5.2018).
Selbstmordangriff in Kandahar: Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi der NATO-Truppen in Haji Abdullah Khan im Distrikt Daman der Provinz Kandahar sind am 30.4.2018 elf Kinder ums Leben gekommen und 16 weitere Menschen verletzt worden; unter den Verletzten befanden sich u.a. rumänische Soldaten (Tolonews 30.4.2018b; vgl. APN 30.4.2018b, Focus 30.4.2018, IM 30.4.2018). Weder der IS noch die Taliban reklamierten den Anschlag für sich (Spiegel 30.4.2018; vgl. Tolonews 30.4.2018b).