TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/20 W108 2214725-1

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Veröffentlicht am 20.02.2019
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Entscheidungsdatum

20.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W108 2214725-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX,

Staatsangehörigkeit: Iran, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard KOLLER, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2019, Zl. IFA:

1171252907/VZ:180563930, wegen Aberkennung der aufschiebenden

Wirkung der Beschwerde zu Recht:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird Folge gegeben, der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt und der Bescheid im genannten Spruchpunkt ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang, Sachverhalt und Vorbringen:

1. Mit Eingabe vom 14.10.2018 stellte der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, einen "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK" gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 (AsylG).

Dazu gab er in einer Stellungnahme vom selben Tag an, er halte sich seit 16.10.2017 aufgrund eines Schengen-Visums C in Österreich auf. Vor der Ausreise aus dem Bundesgebiet habe sich sein Gesundheitszustand rapide verschlechtert. Im Jänner sei bei ihm eine myeloische Leukämie diagnostiziert worden, weshalb er sich bisher in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus befunden habe. Derzeit sei eine Knochenmarkstransplantation als weitere Behandlung geplant, während welcher er für die Dauer von sechs Wochen in Quarantäne bleiben müsse. In weiterer Folge sei eine mindestens zweijährige intensive Nachsorge vorgesehen, bei welcher zusätzlich schwere Immunnsuppresiva notwendig seien. Längere Reisen sowie der Aufenthalt unter großen Menschenmengen seien ihm derzeit nicht zumutbar. Ihm sei es bisher möglich gewesen, die anfallenden Behandlungskosten in voller Höhe zu übernehmen und werde er diese Kosten auch in Zukunft tragen können.

In der Folge wurden medizinische Unterlagen und Zahlungsbelege vorgelegt und der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen, in welcher der Beschwerdeführer u.a. aussagte, er habe nicht die Absicht gehabt, in Österreich zu bleiben. Er sei wegen seiner Krankheit nach Österreich eingereist, wegen einiger medizinischer Untersuchungen, die im Iran nicht möglich gewesen seien. Er habe in Österreich auf seine Befunde gewartet, damit er wieder in den Iran zurückkehren könne. Er habe dann erfahren, dass seine Krankheit wieder aktiv sei. Er habe Krebs. Er sei im Krankenhaus aufgenommen worden und habe eine Chemotherapie erhalten. Es sei ihm sehr schlecht gegangen, die Ärzte hätten ihm kaum Überlebenschancen gegeben. Er habe für 2 Monate im Krankenhaus bleiben müssen. Er sei jetzt unter ärztlicher Kontrolle. Er habe seinen Aufenthalt und seine Behandlungen in Österreich privat finanziert und habe bislang rund EUR 400.000,00 nach Österreich wegen seiner Behandlung überwiesen, was auch weitere Behandlungen beinhalte. Er werde sich auch in Zukunft privat finanzieren. Es lebten keine Familienangehörigen in Österreich. Sein Sohn und seine Frau lebten im Iran und würden von seinem Schwiegervater finanziert. In Österreich lebe er bei einer iranischen Familie. Sie unterstützten ihn psychisch sehr. Sein Immunsystem sei sehr geschwächt, er dürfe sich nicht in der Öffentlichkeit aufhalten, da die Keime für ihn gefährlich sein könnten. Er müsse sehr zurückgezogen leben. Im Iran sei er ein Jahr in Behandlung gewesen und habe insgesamt sieben Chemotherapien und zwei Transplantationen erhalten. Im Iran werde eine alte Behandlungsmethode angewendet, die überall anders nicht mehr angewendet werde. Die Behandlung im Iran sei erfolglos gewesen. In Österreich werde eine neuere effizientere Methode zur Behandlung seiner Leukämie angewendet und laut den Befunden bringe sie auch den gewünschten Erfolg. Er strebe einen weiteren Aufenthalt in Österreich an, um wieder gesund zu werden. Im Fall der Rückkehr in den Iran könnte er sterben.

2. Mit dem vor dem Bundesverwaltungsgericht bekämpften Bescheid wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) diesen Antrag gemäß § 55 AsylG ab (Spruchpunkt I.).

Gemäß § 10 Absatz 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen (Spruchpunkt II.).

Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Unter Spruchpunkt IV. wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.).

Aus der Begründung der angefochtenen Bescheide geht unter anderem Folgendes hervor: Der Beschwerdeführer leide an AML, akute myeloische Leukämie, und er bestreite derzeit seinen Lebensunterhalt und seine medizinischen Behandlungen in Österreich durch Ersparnisse. In Iran seien Infektologen, Onkologen und Hämatologen sowohl ambulant als auch stationär verfügbar. Auch seien diverse Laboruntersuchungen und Knochenmarktransplantationen einschließlich Vor- und Nachuntersuchungen verfügbar. Hämatologen, Onkologen und Infektologen im Iran könnten Patienten, die an akuter myeloischer Leukämie leiden, behandeln. Der Wirkstoff von Sandimmun Cyclosporin und Alternativen sei verfügbar, weiters Antimykotika, wie z.B der Wirkstoff von Noxafil Posaconazol (und Alternativen), antivirale Mittel, wie z.B. der Wirkstoff von Viropel Valaciclovir (und Alternativen) und Vitamine (Orthomol immune). Der Beschwerdeführer verfüge über kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK in Österreich, seine Gattin und sein Sohn sowie seine gesamte Familie lebten im Iran. Einziger sozialer Kontakt in Österreich bestehe zu einer iranischen Familie, bei der er wohne. Er sei mit Visum C gültig bis 27.11.2017 eingereist und nach Ablauf der Gültigkeit bewusst unrechtmäßig im Bundesgebiet geblieben. Der Beschwerdeführer halte sich unrechtmäßig in Österreich auf. Als Begründung für seinen Verbleib im Bundesgebiet habe er angegeben, dass er sich wegen seiner Erkrankung Behandlungen unterziehen wolle, da die Behandlungsmöglichkeiten in Österreich moderner und besser seien. Da seine Familie im Iran lebe, bestehe in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK, auch das Argument der besseren medizinischen Versorgung in Österreich rechtfertigte seien Verbleib im Bundesgebiet nicht. Im Falle einer Rückkehr in den Iran würde er nicht in eine existenzgefährdende Notlage geraten und ihm wäre nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen, zumal er über die landesüblichen Sprachkenntnisse verfüge und seine gesamte Familie im Iran lebe. Es stehe ihm frei, nach Rückkehr allenfalls legal im Rahmen der niederlassungs- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen nach Österreich wieder für etwaige Behandlungszwecke einzureisen. Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer auf eine bessere medizinische Behandlung/Versorgung als im Heimatland bzw. auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, welche die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachteten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet durch Nichteinhaltung der Normen erzwängen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde. Seine persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich wögen daher nicht schwerer als die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen, zumal eine Behandlung seiner Erkrankung laut Recherchen in seinem Heimatland medizinisch möglich sei und er laut eigenen Angaben bereits in seinem Heimatland ein Jahr lang wegen seiner Erkrankung schon behandelt worden sei. Der Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK sei gem. § 55 Abs. 1 AsylG von Amts wegen oder auf begründeten Antrag zu erteilen, wenn dies gem. § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iS des Art. 8 EMRK geboten sei. Dies sei aber aufgrund des obgenannten Sachverhaltes nicht der Fall. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG sowie gem. § 52 Abs. 3 FPG sei die Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55-57 mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Weder aus den Feststellungen zur Lage im Iran noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergebe sich die Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 der EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) wurde wie folgt begründet:

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG sei die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich sei. Der Beschwerdeführer habe nach Ablauf seines Visums C mit 28.11.2017 das Bundesgebiet nicht verlassen und sei somit der daraus resultierenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und sei seit diesem Zeitpunkt nicht rechtmäßig in Österreich aufhältig. Er sei sich seines unrechtmäßigen Status bewusst und habe als Begründung für seinen unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet angegeben, dass er in Österreich bessere Behandlungsmöglichkeiten für seine Erkrankung vorfinde. Er habe deshalb das Bundesgebiet bewusst nicht verlassen, um sich behandeln zu lassen. Er lebe derzeit laut eigenen Angaben von seinen Ersparnissen. Er sei weder kranken- noch sozialversichert und gehe im Bundesgebiet keiner Beschäftigung nach. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes könnte er somit zu einer Belastung einer Gebietskörperschaft werden. Um seine gesicherte Ausreise zu gewähren, sei sein iranischer Reisepass im Zuge der Antragsstellung sichergestellt worden, um mit Abweisung seines Antrages seine bestehende Ausreiseverpflichtung aufgrund des vorliegenden nicht rechtmäßigen Aufenthaltes nach Ablauf des Visums C seit 29.11.2017 durchzusetzen zu können. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes und zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, sowie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sei seine sofortige Ausreise daher erforderlich. Das bedeute, dass er mit dem Zeitpunkt der Durchführbarkeit dieser Rückkehrentscheidung zur unverzüglichen freiwilligen Ausreise verpflichtet sei. Komme er dieser Verpflichtung nicht zeitgerecht nach, so könne er auch unter den in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG sonst genannten Voraussetzungen zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung).

3. Gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, in welcher die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt und im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wird:

Der Grund für die Beantragung der Erteilung einer humanitären Aufenthaltsbewilligung sei die Erkrankung des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer sei ins Bundesgebiet eingereist, um sich hier einer Behandlung zu unterziehen, da im Iran jegliche Therapie erfolglos wäre. Die Krankheit würde unbehandelt bzw. würde eine weitere Behandlung im Iran unweigerlich den Tod des Beschwerdeführers herbeiführen. Es komme nicht auf eine bessere medizinische Behandlung in Österreich an, sondern darauf, dass nur in Österreich eine medizinisch erfolgreiche Behandlung möglich sei. Der bisherige Therapieverlauf sei vielversprechen, die nächsten Untersuchungen seien für den Behandlungserfolg unabdingbar und für März, April und Mai vorgesehen. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würde zu keiner finanziellen Belastung führen, da er bereits sämtliche Untersuchungen und Behandlungen bezahlt habe und ein Guthaben für weitere Behandlungen beim Krankenhaus aufliege. Im Hinblick auf diesen Sachverhalt sei eine sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nicht erforderlich und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gewährleistet.

4. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo sie am 19.02.2019 einlangte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt werden festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Gegenstand der vorliegenden Entscheidung bildet ausschließlich die - fristwahrend erhobene und auch sonst zulässige - Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides, womit einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung von der belangten Behörde abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 BFA-VG).

Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:

Der Beschwerdeführer stellte in seiner Beschwerde unter anderem den Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Der Beschwerde ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer damit gegen die unter Spruchpunkt IV. von der belangten Behörde verfügte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wendet, zumal nach den Beschwerdeausführungen die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers in den Iran nicht erforderlich sei und unweigerlich zum Tod des Beschwerdeführers führe, da im Iran - im Gegensatz zu der in aktuell Österreich durchgeführten Therapie - keine medizinisch erfolgreiche Behandlung möglich sei.

Damit hat der Beschwerdeführer einen Sachverhalt dargetan, die eine ihm im Iran drohende Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) und Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, das ebenfalls die körperliche Unversehrtheit sichert, s. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 2003, Rz 7 zu § 22. Rechte der Person) im Falle der Effektuierung der Rückkehrentscheidung annehmen lassen. Im Hinblick auf die potentiell lebensbedrohende schwere Erkrankung des Beschwerdeführers und deren laufende Behandlung in Österreich erscheint es keinesfalls als von vornherein ausgeschlossen, dass hier außergewöhnliche Umstände vorliegen, bei denen die - sofortige - Rückverbringung des Beschwerdeführers in den Iran zu einer Verletzung insbesondere von Art. 3 EMRK führen würde, und zwar wegen des realen Risikos, - etwa auch wegen der Unterbrechung der laufenden medizinischen Behandlung in Österreich - unter qualvollen Umständen zu sterben, woran grundsätzliche medizinische Behandlungsmöglichkeiten, auch hinsichtlich der Erkrankung des Beschwerdeführers, im Iran nichts zu ändern vermögen.

Ob die behauptete Rechtsverletzung tatsächlich vorliegt, kann erst nach eingehender Auseinandersetzung mit den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid und dem Vorbringen des Beschwerdeführers (hinsichtlich der Erkrankung des Beschwerdeführers und ihrer Behandelbarkeit in Österreich und im Iran) beurteilt werden. Eine solche Beurteilung kann angesichts der im Beschwerdefall gegebenen besonderen Umstände nicht innerhalb der kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG erfolgen.

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG setzt nach dem Wortlaut der Bestimmung voraus, dass die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Eine solche Erforderlichkeit bzw. ein Überwiegen der öffentlichen Interessen bei der vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl. dazu auch VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, wonach die Entscheidung über die Zuerkennung bzw. die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung ist) hinsichtlich des vorzeitigen Vollzuges des Bescheides (der Rückkehrentscheidung) aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit wird von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid allerdings nicht dargelegt, wenn sie feststellt, dass sich der Beschwerdeführer seit Ablauf seines rechtmäßigen Aufenthaltes zur Erlangung besserer Behandlungsmöglichkeiten bewusst unrechtmäßig in Österreich aufhalte und er (in Zukunft) zu einer Belastung einer Gebietskörperschaft werden könnte, zumal auch unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt und seine Behandlung in Österreich nicht durch Inanspruchnahme von sozialen Leistungen (sondern durch eigene finanzielle Mittel) finanziert, der Beschwerdeführer nicht straffällig geworden ist und die Antragstellung sichtlich (lediglich) dem Abschluss seiner medizinischen Behandlung, zu deren Zweck er überdies legal nach Österreich eingereist war, dienen soll, und nicht etwa der dauerhaften Legalisierung eines unrechtmäßigen Aufenthaltes über den "Umweg" der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz. Vor diesem Hintergrund ist kein Grund ersichtlich, warum es erforderlich ist, dass der Beschwerdeführer den Ausgang seines Beschwerdeverfahrens im Ausland abwarten muss.

Der Beschwerde war daher mit Teilerkenntnis (vgl. dazu VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284) die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuzuerkennen und der dem entgegenstehende Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben.

Die Entscheidung über die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides ergeht gesondert, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die getroffene Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens (die Sachentscheidung) vorwegzunehmen.

3.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig ist.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung der
Entscheidung, ersatzlose Behebung, Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W108.2214725.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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