Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §3 Abs1 idF 1995/351;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1995 geborenen M G in Wien, vertreten durch die Mutter E G, diese vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juli 1996, Zl. 118.372/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 13. Oktober 1995 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zum Zwecke der Familiengemeinschaft mit ihrer namentlich angeführten Mutter. Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 15. Dezember 1995 gemäß § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes ab. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 3 und § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Mutter der Beschwerdeführerin, der deren Pflege und Erziehung zukomme und zu der die engste familiäre Beziehung bestehe, über keine gültige Aufenthaltsbewilligung verfüge und auch deren Berufung gegen die Abweisung ihres Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung mit Bescheid der belangten Behörde abgewiesen worden sei, woraus zu schließen sei, dass der Unterhalt der Beschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 1 AufG in keiner Weise gesichert sei.
Darüber hinaus sei gemäß § 4 Abs. 3 AufG eine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 4 jeweils mit der gleichen Befristung zu erteilen wie die der Bewilligung des Ehegatten bzw. Elternteiles oder Kindes. Da die Mutter der Beschwerdeführerin über keine Aufenthaltsbewilligung verfüge, sei der Antrag gemäß § 4 Abs. 3 AufG abzuweisen gewesen.
Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die belangte Behörde festgestellt, dass unter Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen überwögen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 16. August 1996) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 201/1996 maßgeblich.
Die §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 3 und § 5 Abs. 1 AufG lauteten:
"§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten
1.
...
2.
von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerkes oder sonst gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.
...
§ 4. (1) Eine Bewilligung kann Fremden unter Berücksichtigung der gemäß § 2 erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. ...
(3) Eine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 4 ist jeweils mit der gleichen Befristung zu erteilen wie die der Bewilligung des Ehegatten bzw. Elternteiles oder Kindes, bei der ersten Bewilligung aber höchstens für die Dauer von fünf Jahren.
§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
Die Beschwerdeführerin verfügte nach der Aktenlage noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung. Die belangte Behörde wertete ihren Antrag daher zu Recht als Erstantrag.
Ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 liegt nicht vor. Der angefochtene Bescheid blieb vom Inkrafttreten des FrG 1997 unberührt.
Die Beschwerdeführerin tritt der maßgeblichen Feststellung der belangten Behörde, der Antrag ihrer Mutter auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde abgewiesen worden, nicht entgegen. Die Mutter der Beschwerdeführerin war daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Daran vermag auch der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand nichts zu ändern, dass ihre Mutter gegen den ihren Antrag abweisenden Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hat. Die belangte Behörde hatte lediglich zu prüfen, ob die Mutter der Beschwerdeführerin in dem für die Entscheidung der Behörde massgeblichen Zeitpunkt im Inland (im Sinne de § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG) aufenthaltsberechtigt war, nicht aber, ob ihr bei rechtsrichtiger Beurteilung aufgrund ihres Antrages eine Bewilligung zu erteilen gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1998, Zlen. 96/19/1802, 1999).
Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Mutter der Beschwerdeführerin, mit der allein Familienzusammenführung angestrebt wird, im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides keine Fremde war, auf die die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG zutrafen, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden. Demnach stand der Beschwerdeführerin ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung aus dem Grunde des § 3 Abs. 1 AufG nicht zu. Eine Anwendung des § 4 Abs. 3 AufG kam daher gar nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0710).
Der Beschwerdeführerin konnte auch im Wege einer Ermessensentscheidung über ihren Erstantrag keine Bewilligung zum - allein geltend gemachten - Zweck der Familiengemeinschaft mit ihrer Mutter erteilt werden, weil die erstmalige Erteilung einer Bewilligung zu diesem Zweck jedenfalls voraussetzt, dass sich der Angehörige, mit dem Familienzusammenführung angestrebt wird, rechtmässig im Inland befindet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0549).
Das weitere, erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, die Mutter der Beschwerdeführerin arbeite bereits seit vielen Jahren auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung in Österreich, und der damit verbundene Hinweis "auf das am 12. September 1963 abgeschlossene Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei und die daran anschließenden Rechtsakte" unterliegt dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot und ist daher vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beachten.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass auf die Frage einzugehen war, ob die belangte Behörde ihren abweisenden Bescheid zu Recht auch auf den Ausschließungsgrund des nicht gesicherten Unterhaltes für die Dauer der angestrebten Bewilligung gestützt hat.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 9. April 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996192815.X00Im RIS seit
02.05.2001