TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/18 W186 2123595-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.03.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs3
VwGVG §35
VwGVG §40

Spruch

W186 2123595-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2016, Zl. 1106174305 - 160271535, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 21.02.2016 - 24.03.2016, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird insofern, als sie sich gegen den Bescheid vom 21.02.2016 und die Anhaltung in Schubhaft bis 28.02.2016 richtet, gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 und § 76 Abs. 3 FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird insofern, als sie sich gegen die Anhaltung in Schubhaft von 01.03.2016 bis zum 24.03.2016 richtet, gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 und § 76 Abs. 3 FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 als unbegründet abgewiesen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

V. Der Antrag auf Befreiung von der Eingabengebühr wird zurückgewiesen.

VI. Der Antrag, dem Beschwerdeführer unentgeltlich einen Verfahrenshelfer beizugeben, wird gemäß § 40 Abs. 5 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist nigerianischer Staatsangehöriger.

Er wurde am 21.02.2016 im Bundesgebiet am Wiener Hauptbahnhof einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen, wobei er sich mit einer italienischen ID-Karte auswies. Eine Anfrage beim PKZ Thörl-Maglern ergab, dass sein Aufenthaltstitel in Italien abgelaufen war und ein Verlängerungsantrag bereits abgelehnt wurde. Hierbei stellte sich zudem heraus, dass gegen den BF ein von der Schweiz bis 05.09.2016 ausgestelltes Aufenthalts-/Einreiseverbot in den Schengenraum besteht. Der BF war nicht im Besitz eines Reisepasses und wurde daher festgenommen und in das PAZ HG eingeliefert.

Er wurde noch am selben Tag vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) zur Aufenthaltsgrundlage, Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot, sowie zur Schubhaftverhängung niederschriftlich einvernommen.

Auf Vorhalt, dass gegen ihn ein von den schweizerischen Behörden erlassenes Einreiseverbot vorliege und seinem Aufenthaltsverlängerungsansuchen in Italien nicht stattgegeben worden sei, weshalb sein Aufenthalt in Österreich illegal sei, entgegnete der BF, dass sein Reisepass in Italien sei und er einen humanitären Aufenthaltstitel gehabt hätte. Er sei heute Morgen in Österreich eingereist, da er nach Prag gewollt habe. Nach seiner Adresse in Italien befragt, führte er eine konkrete Adresse an. Befragt, wie er seinen Lebensunterhalt finanziere, erklärte der BF, dass er € 30,- bei sich habe. Er habe in Italien gesungen und sei dort sozial- bzw. krankenversichert. Zu seinem Familienstand legte der BF dar, dass er ledig sei und keine Kinder habe. Er habe weder in Österreich noch in Italien Angehörige. Nach Verfolgungsgründen in Nigeria befragt, führte er an, dass ihr Haus abgebrannt worden sei und seine Eltern verstorben seien. Er sei das letzte Mal vor ca. elf Jahren in Nigeria gewesen.

Mit Bescheid vom selben Tag wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 idgF erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung aberkannt.

Das Bundesverwaltungsgericht wies eine dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 24.06.2016 als unbegründet ab.

2. Mit dem angefochtenen Schubhaftbescheid vom 21.02.2016, dem BF zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag um 16:45 Uhr, verhängte das Bundesamt über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bis dato unbekannten Aufenthaltes gewesen sei. Er sei nicht behördlich gemeldet und habe keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Er sei für die Behörden nicht greifbar und halte sich illegal im Bundesgebiet auf. Es bestehe daher die Gefahr, dass er bei einer Entlassung wieder untertauchen werde, da er sich bis jetzt seit seiner illegalen Einreise im Verborgenen aufgehalten habe und weiterreisen habe wollen. Sein illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet sei nur durch eine zufällige Polizeikontrolle aufgedeckt worden. Der BF sei nicht willig auszureisen, womit eine begründete Fluchtgefahr vorliege. Die Entscheidung sei auch verhältnismäßig. Der BF sei illegal nach Österreich gekommen und habe nach Prag weiterreisen wollen, wozu er allerdings nicht berechtigt gewesen sei. Er habe keine gültigen Dokumente sei laut Auskunft der italienischen Behörden sein Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels bereits abgelehnt worden. Es liege daher der begründete Verdacht nahe, dass sich der Beschwerdeführer dem dortigen Verfahren entziehen wolle. Die Vorführung zur nigerianischen Delegation zur Erlassung von Dokumenten sei zeitnah am 26.02.2016 vorgesehen. Die Schubhaft sei das einzige Mittel um die Identifizierung und die Abschiebung des BF durchzuführen, da er sonst untertauchen und sich der Abschiebung entziehen würde. Er sei absolut Ausreiseunwillig und sei aufgrund der vergangenen Verhaltensweise, der Kenntnis des Aufenthalts-/Einreiseverbotes, der Kenntnis der Vorgehensweise der Behörde und ihrer nicht vorhandenen Greifbarkeit bei Entlassung, die Schubhaft das einzige Mittel zur Sicherung der Identifikation und der anschließenden Abschiebung. Mit der Anwendung gelinderer Mittel habe nicht das Auslangen gefunden werden können. Aufgrund der persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF bestehe ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Aufgrund des Umstandes, dass der BF in der Einvernahme angegeben habe, gesund zu sein liege auch die Haftfähigkeit vor.

Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe für ein etwaiges Beschwerdeverfahren amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Das Bundesamt beantragte am 25.02.2016 die Ausstellung eines HRZ für den BF bei der nigerianischen Botschaft und wurde der BF am 26.02.2016 einer Delegation der nigerianischen Botschaft vorgeführt. Die Botschaftsdelegation verwehrte die Ausstellung eines HRZ für den BF, weshalb die belangte Behörde am 01.03.2016 ein Rückübernahmeverfahren mit Italien einleitete.

Der BF trat von 03.03.2016 bis zum 08.03.2016 in den Hungerstreik.

Er wurde am 03.03.2016 abermals vor dem Bundesamt zur Aufrechterhaltung der Schubhaft und Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung niederschriftlich einvernommen.

3. Mit Schriftsatz vom 23.03.2016 erhob der BF durch seinen Rechtsberater fristgerecht Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und gegen die Anhaltung in Schubhaft.

Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt, den bekämpften Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgt sei, dem BF unentgeltlich einen Verfahrenshelfer beizugeben, den BF von der Eingabengebühr zu befreien, sowie dem BF von den Aufwendungen gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung zu befreien.

Begründend wurde ausgeführt, es sei im angefochtenen Bescheid keine ausreichende Begründung von Fluchtgefahr vorgenommen worden und es hätte dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise gegeben werden müssen respektive ein gelinderes Mittel zur Anwendung kommen müssen.

4. Mit Eingabe vom 24.03.2016 erstattete das Bundesamt eine Stellungnahme zum Schubhaftverfahren und beantragte die Abweisung der Beschwerde, sowie Kostenersatz für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Identität des BF steht fest. Er ist Staatsangehöriger von Nigeria.

Über den BF wurde von den schweizerischen Behörden ein bis zum 05.09.2016 gültiges Einreiseverbot erlassen.

Der BF verfügte über einen Aufenthaltstitel in Italien, über dessen Verlängerung am 19.02.2016 in der Berufungsinstanz rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Der BF wurde in Italien wegen des Verbrechens des Raubes und des Vergehens des Widerstandes (gegen die Staatsgewalt) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, aus der er im März 2015 entlassen wurde.

Der BF reiste am 21.02.2016 in Österreich ein, um über Wien nach Tschechien weiterzureisen, und wurde dabei aufgrund seines unrechtsmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet festgenommen.

Mit Bescheid des BFA vom selben Tag wurde über ihn die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet, aus der er am 24.03.2016 entlassen wurde.

Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandte des BF in Österreich und es wurde dies vom BF auch nicht behauptet. Der BF verfügt auch sonst über keine engeren sozialen Bindungen in Österreich. Der BF war bei seiner Einreise in Österreich im Besitz von € 30,-. Er verfügt über kein geregeltes Einkommen und finanzierte sich seinen Lebensunterhalt mit gelegentlichen Auftritten als Sänger sowie als Frisör.

Der BF war zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme und während seiner Anhaltung haftfähig.

Das Bundesamt beantragte am 25.02.2016 die Ausstellung eines HRZ für den BF bei der nigerianischen Botschaft und ês wurde der BF am 26.02.2016 einer Delegation der nigerianischen Botschaft vorgeführt.

Die Botschaftsdelegation verwehrte die Ausstellung eines HRZ für den BF, weshalb die belangte Behörde am 01.03.2016 ein Rückübernahmeverfahren mit Italien einleitete.

Der BF wurde am 24.03.2016 aus der Schubhaft entlassen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl I405 2122563-1.

Auskünfte aus dem Zentralen Fremdenregister (IZR) und der Grundversorgung (GVS) sowie dem Zentralen Melderegister (ZMR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Angabe zur Festnahme des BF im Bundesgebiet resultiert aus der Anzeige der LPD vom 21.02.2016 (AS 1).

Die Feststellung betreffend die rechtskräftig negative Abweisung des Antrages auf Verlängerung des italienischen Aufenthaltstitels und der Verurteilung des BF in Italien beruhen auf der Auskunft des Polizeikooperationszentrums Thörl-Maglern.

Die Angaben zum bestehenden Einreiseverbot im Schengenraum von der Schweiz beruhen auf dem Verwaltungsakt (AS 5).

Dass der BF von Österreich nach Tschechien reisen wollte ergibt sich aus seinen diesbezüglichen Ausführungen in der Einvernahme vor dem Bundesamt (AS 12).

Die Angaben zum Ansuchen um die Ausstellung eines HRZ bei der nigerianischen Botschaft, die Vorführung des BF, sowie die Ablehnung der Ausstellung eines HRZ resultieren aus dem Verwaltungsakt (vgl. insbesondere AS 51, 53 und 56).

Dass das Bundesamt am 01.03.2016 das Rückübernahmeverfahren mit Italien einleitet ergibt sich ebenfalls aus dem Verwaltungsakt (AS 66).

Die Angaben zu den persönlichen Umständen des BF im Bundesgebiet resultieren aus seinen Aussagen in der Einvernahme vor dem Bundesamt. Dass der BF über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügt ergibt sich aus einem Auszug aus dem ZMR.

Dass der Beschwerdeführer bei seiner Inschubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft haftfähig war, beruht einerseits auf dem Umstand, dass kein gegenteiliges Vorbringen in der Beschwerde erstattet wurde, sowie andererseits darauf, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt keine gegenteiligen Aussagen tätigte.

Die Angaben zur Verhängung der Schubhaft und der Anhaltedauer beruhen aus einem Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des BMI.

Dass der BF am 24.03.2016 aus der Schubhaft entlassen wurde ergibt sich aus dem diesbezüglichen Entlassungsschein.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.

2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A.I. und II.) Bescheid vom 21.02.2016 und Anhaltung in Schubhaft

1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 (Geltung zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung) können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2).

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 liegt gemäß Abs. 3. leg. cit. vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

2. Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Sohin ist er ein Fremder iSd § 76 Abs. 1 FPG. Er ist volljährig und verfügt über kein Aufenthaltsrecht Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat der EU. Sein Aufenthaltstitel von Italien ist abgehlaufen und wurde dem Verlängerungsantrag nicht stattgegeben. Zudem bestand gegen den BF ein bis 05.09.2016 gültiges Einreiseverbot in den Schengenraum, ausgestellt von der Schweiz.

Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung hielt sich der BF somit unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Am selben Tag der Schubhaftverhängung erließ das Bundesamt gegen den BF eine Rückkehrentscheidung nach Nigeria und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab.

Die gegenständliche Schubhaft wurde sohin aufgrund des Vorliegens einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung zutreffend zur Sicherung der Abschiebung nach Nigeria angeordnet.

3. Das Bundesamt gründete das Vorliegen von Fluchtgefahr im angefochtenen Bescheid zutreffend auf § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 9 FPG:

Der Beschwerdeführer verfügte im Bundesgebiet über keine sozialen Anknüpfungspunkte, die gegen die Annahme von Fluchtgefahr gesprochen hätten. Ebenso vermochte er mit seinen 30,-- Euro an Barmitteln und des Nichtvorhandensein eines Reisedokuments einer freiwilligen Ausreise nicht nachzukommen. Auch verfügte der BF über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet (Z 9). Sein Verlängerungsantrag zum Aufenthalt in Italien wurde am 19.02.2016 von Seiten der italienischen Behörden abgelehnt und reiste der BF umgehend danach in das Bundesgebiet ein. Die belangte Behörde ging daher zurecht davon aus, dass der BF im Falle seiner Entlassung untertauchen und in anderer EU Mitgliedstaaten weiterreisen würde, zumal auch der abgelehnte Verlängerungsantrag in Italien darauf hindeute, dass der BF sich dem dortigen Verfahren entziehen werde. Ebenso vermochte die belangte Behörde aufgrund des im Zuge der Einvernahme vom BF gesetzten Verhaltens (Verweigerung der Unterschrift, aggressives und unkooperatives) zu Recht von einer mangelnden Mitwirkung am Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ausgehen (Z 1).

4. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid ebenfalls zutreffend davon aus, dass mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden konnte: Die belangte Behörde führte aus, der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt im Verborgenen verbracht habe und die bestehenden fremdenpolizeilichen Vorschriften missachtet habe. Er habe keine Barmittel und trachte danach, seinen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet oder anderen EU Staaten fortzusetzen. Es sei daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht bereit sei, behördlichen Auflagen Folge zu leisten und daher zu befürchten sei, dass er untertauchen und sich der Abschiebung entziehen werde.

5. Die Anhaltung war jedoch nur bis 28.02.2016 verhältnismäßig:

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Aufgrund des Umstandes, dass die nigerianische Botschaft im Zuge der Vorführung des BF nicht beabsichtigte, für den BF ein HRZ auszustellen, und dieser Umstand der belangten Behörde zumindest bereits am 01.03.2016 bekannt war, da sie an diesem Tag bereits ein Rückübernahmeverfahren mit Italien einleitete (die schriftliche Bestätigung über die Nichtausstellung eines HRZ für den BF langte bei der belangten Behörde am 03.03.2016 ein), war ab Kenntnisnahme der belangten Behörde von der Nichtausstellung eines HRZ der Schubhaftzweck - nämlich die Sicherung der Abschiebung nach Nigeria - nicht mehr erreichbar. Seit 01.03.2016, somit seit der Einleitung des Rückübernahmeverfahrens mit Italien wurde der BF sohin nicht mehr zur Sicherung der Abschiebung nach Nigeria, sondern zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, konkret der Außerlandesbringung nach Italien, angehalten. Diese Anhaltung war jedoch nicht mehr durch den ursprünglichen Schubhaftbescheid, der zur Abschiebung des BF nach Nigeria verhängt worden war gedeckt.

Die Schubhaft wäre daher, mangels Erlassung eines neuerlichen Bescheides zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme (konkret der Anordnung einer Außerlandesbringung nach Italien), umgehend aufzuheben gewesen.

Die Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 21.02.2016 und die darauf gestützte Anhaltung in Schubhaft von 21.02.2016 - 28.02.2016 ist als unbegründet abzuweisen. Jedoch erweist sich die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft von 01.03.2016 bis zur Entlassung am 24.03.2016 als rechtswidrig.

Zu A. III. und IV.) - Kostenersatz

1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

2. Sowohl der BF, als auch die belangte Behörde beantragten in ihrer Beschwerde respektive Stellungnahme den Ersatz der Kosten gemäß § 35 VwGVG.

§ 35 VwGVG ordnet nur die analoge Anwendung der §§ 52 bis 54 VwGG, nicht aber auch des § 50 VwGG an, der vorsieht, dass in Fällen, in denen ein Erkenntnis oder ein Beschluss teilweise aufgehoben wurde, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen ist, wie wenn das Erkenntnis bzw. der Beschluss zur Gänze aufgehoben worden wäre. Die Kostenentscheidung nach § 35 VwGVG geht daher wie die Kostenentscheidung gemäß § 79a AVG - ausweislich der Erläuterungen zur RV 2009 BlgNR 24. GP 8 entspricht die Bestimmung über die Kosten bei Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt § 79a AVG (VwGH 04.05.2015, Ra 2015/02/0070) - von einem bloß teilweisen Obsiegen des Beschwerdeführers hinsichtlich der als Einheit zu wertenden Amtshandlungen aus, wenn die Beschwerde gegen eine Maßnahme zum Teil abgewiesen und nur zum Teil für rechtswidrig erklärt wird, weshalb ein Kostenersatz in diesem Fall mangels analoger Anwendung des § 50 VwGG nicht stattfindet (VwGH 31.01.2013, 2008/04/0216; vgl. auch VwGH 28.02.1997, 96/02/0481; 05.09.2002, 2001/02/0209).

Da der Beschwerdeführer nur mit einem Teil der Beschwerde - betreffend die Anhaltung von 01.03.2016 - 24.03.201 durchdringt, liegt ein Fall des teilweisen Obsiegens vor.

Im Hinblick auf die Ausführungen betreffend das teilweise Obsiegen findet somit kein Kostenersatz statt.

Zu A.V.) Antrag auf Befreiung von der Eingabengebühr

Der BF stellte in seiner Beschwerde den Antrag, ihn von der Eingabengebühr zu befreien. Diese widerstreite den Garantien auf ein effektives und zugängliches Rechtsmittel.

Eine sachliche Gebührenbefreiung iSd § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV für Verfahren nach dem Fremdenpolizeigesetz besteht nicht. Ebensowenig besteht eine Kompetenz des Bundesverwaltungsgerichts zur Befreiung von der Eingabengebühr iHv € 30,- nach § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV.

Der Antrag auf Befreiung von der Eingabengebühr war daher zurückzuweisen.

Im Übrigen treffen auch die vom Beschwerdeführer relevierten Bedenken nicht zu:

Der EGMR geht davon aus, dass das Erfordernis, bei der Einbringung einer Beschwerde Gerichtsgebühren zu bezahlen, per se nicht als Einschränkung des Rechts auf Zugang zu Gericht iSd Art. 6 EMRK darstellt, wenn das Wesensgehalt des Rechts auf Zugang zu Gericht nicht beschnitten wird und die angewandten Maßnahmen verhältnismäßig in Bezug auf das angestrebte Ziel sind (EGMR 26.10.2010, Fall Marina, Appl. 46.040/07, Rz 50; 20.12.2007, Fall Paykar Yev Haghtanak ltd, Appl. 21.638/03, Rz 44ff.; 26.7.2005, Fall Podbielski und PPU Polpure, Appl. 39.199/98, 61 ff.; 19.6.2001, Fall Kreuz, Appl. 28249/95, Rz 53 ff.).

Die Gebühr für Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht beträgt gemäß § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV € 30,-. Sie entsteht gem. § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe und wird mit diesem Zeitpunkt fällig. Ihre Bezahlung ist allerdings kein Zulässigkeitserfordernis im Beschwerdeverfahren. Dieser Gebührensatz kann nicht als prohibitiv hoch angesehen werden (vgl. Fister, Gebühren und Ersatz der Aufwendungen, in Holoubek/Lang [Hrsg.]; ders., Kosten und Gebühren im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, ÖJZ 2013, 1049 f.).

Zu VI.) Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshelfers:

Ist ein Beschuldigter außerstande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und Personen, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts die Kosten der Verteidigung zu tragen, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist. Der Antrag auf Beigebung eines Verteidigers kann gemäß Abs. 2 schriftlich oder mündlich gestellt werden. Er ist ab Erlassung des Bescheides bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag innerhalb der Beschwerdefrist beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt er als rechtzeitig gestellt. In dem Antrag ist die Strafsache bestimmt zu bezeichnen, für die die Beigebung eines Verteidigers begehrt wird. Die Behörde hat gemäß Abs. 3 dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Beigebung eines Verteidigers und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Beigebung eines Verteidigers beschlossen, so hat es den Ausschuss der nach dem Sitz des Verwaltungsgerichtes zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Verteidiger bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen des Beschuldigten zur Auswahl der Person des Verteidigers im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen. Hat der Beschuldigte innerhalb der Beschwerdefrist die Beigebung eines Verteidigers beantragt, so beginnt gemäß Abs. 4 für ihn die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Verteidiger und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigebung eines Verteidigers abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an den Beschuldigten zu laufen. Die Bestellung eines Verteidigers erlischt gemäß Abs. 5 mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten. In Privatanklagesachen sind gemäß Abs. 6 die Abs. 1 bis 5 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Antrag auf Beigebung eines Verteidigers auch gestellt werden kann, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen worden ist. Er kann frühestens gleichzeitig mit der Erhebung einer Säumnisbeschwerde gestellt werden und ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. In Verfahrenshilfesachen ist gemäß Abs. 7 die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof hob § 40 VwGVG mit Erkenntnis vom 25.06.2015, G 7/2015, unter Fristsetzung bis 31.12.2016 auf. Die Bestimmung ist somit anwendbar.

3. Insbesondere durch die Zuordnung der Bestimmung betreffend Verfahrenshilfeverteidiger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zum

3. Hauptstück - Besondere Bestimmungen, 2. Abschnitt - Verfahren in Verwaltungsstrafen des VwGVG, und die Verwendung der Begriffe "Beschuldigter" und "Strafsache" in § 40 VwGVG, bringt der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe nur für das verwaltungsgerichtliche Verwaltungsstrafverfahren vorgesehen ist (idS auch VfGH 09.12.2014,

E 599/2014; 25.06.2015, G 7/2015).

Die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers gemäß § 40 VwGVG zur Vertretung von Interessen im Beschwerdeverfahren betreffend einen Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft kam mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht (s. VfGH 17.09.2015, E 1343-1345/2015).

4. Selbst bei Anwendbarkeit des § 40 VwGVG auf das vorliegende Schubhaftverfahren wäre dem Antrag nicht zu entsprechen gewesen:

Gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist. Aus § 40 Abs. 5 VwGVG, wonach die Bestellung eines Verteidigers mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten erlischt, ergibt sich jedoch, dass die Bestellung eines Verteidigers jedenfalls dann nicht erforderlich sein kann, wenn der Beschwerdeführer bereits einen Vertreter hat. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Bevollmächtigte kein berufsmäßiger Parteienvertreter ist (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, VwGVG § 40 K 7).

Der BF stellte die Anträge auf Beigebung eines Verfahrenshelfers durch seinen Rechtsberater als gewillkürten Vertreter. Den Anträgen wäre sohin auch bei Anwendung des § 40 VwGVG nicht Folge zu geben gewesen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Da im gegenständlichen Fall der maßgebliche und der hg. Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung sohin unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B. - Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Rechtslage zu den übrigen Spruchpunkten (Kostenersatz, Eingabengebühr, Verfahrenshilfe,) ist ebenfalls hinreichend geklärt.

Die Revision war daher in Bezug auf alle Spruchpunkte nicht zuzulassen

Schlagworte

Fluchtgefahr, Kostenersatz, Mittellosigkeit, Rechtswidrigkeit,
Schubhaft, Sicherungsbedarf, Untertauchen, Verfahrenshilfe,
Verhältnismäßigkeit, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W186.2123595.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten