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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, in der Beschwerdesache des 1970 geborenen JI in Wien, nunmehr vertreten durch Dr. R und Mag. W, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Juni 1997, Zl. 307.412/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, welcher sich nach seinen eigenen Angaben seit 1990 in Österreich aufhält, verfügte über Sichtvermerke, zuletzt über eine bis 10. Mai 1994 gültige Aufenthaltsbewilligung. Ein hinsichtlich dieser Aufenthaltsbewilligung rechtzeitig gestellter Verlängerungsantrag vom 12. April 1994 wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Jänner 1995 abgewiesen.
Der Beschwerdeführer beantragte am 22. Juli 1996 neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung; dieser Antrag wurde vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 18. Oktober 1996 gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit Bescheid vom 3. Juni 1997 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit den §§ 3 Abs. 1 Z 1, 5 Abs. 1, sowie 6 Abs. 2 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich darauf, dass der Beschwerdeführer zur Antragstellung vom Inland aus nicht berechtigt sei und sich zudem seit Mai 1994 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein. Mit Schreiben vom 9. Februar 1999 teilte der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgerichtshof mit, er habe am 4. Jänner 1999 eine bis 23. Juni 1999 gültige Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck "Familiengemeinschaft ausgenommen unselbständiger Erwerb" erteilt erhalten. Mit Schriftsatz vom 15. März 1999 gab der Beschwerdeführer schließlich bekannt, die Beschwerde sei als gegenstandslos geworden zu betrachten; der angefochtene Bescheid wäre jedoch aufzuheben gewesen.
Vorauszuschicken ist, dass der verfahrensgegenständliche Antrag gestellt wurde, nachdem ein rechtzeitig gestellter Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers mit einem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid abgewiesen worden war. Aus diesem Grund liegt ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 nicht vor und war daher - entgegen der Ansicht und der Anregung des Beschwerdeführers vom 9. Februar 1999 - schon aus diesem Grund ein Vorgehen gemäß § 115 Abs. 2 leg. cit. nicht möglich.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. dazu den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle des formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980, darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. unter vielen den hg. Beschluss vom 23. Februar 1996, Zl. 95/17/0026). Ob in letzterem Sinn das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden, dieser habe das rechtliche Interesse an seiner Beschwerde verloren. Andernfalls wäre es in die Hand einer beschwerdeführenden Partei gegeben, anstelle einer Zurückziehung der Beschwerde auf eine Gegenstandslosigkeitserklärung auszuweichen und damit die Kostenfolgen einer Zurückziehung zu vermeiden (vgl. hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061).
Im Hinblick auf das geschilderte Verwaltungsgeschehen besteht für den Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung seiner Erklärung, die Beschwerde sei gegenstandslos geworden - kein rechtliches Interesse mehr an einer Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache. Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997 ist bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Beschwerde nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Beschwerde abzuweisen gewesen wäre. Der Beschwerdeführer war zur Inlandsantragstellung deshalb nicht berechtigt, weil er angab, sich bereits seit dem Jahre 1990 in Österreich aufzuhalten; zu diesem Zeitpunkt lagen noch keine kriegerischen Auseinandersetzungen in Bosnien-Herzegowina vor, weshalb der Beschwerdeführer nicht in den Anwendungsbereich der Verordnungen der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina fällt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1998, Zl. 96/19/0891). Der Beschwerdeführer, dessen Vater österreichischer Staatsbürger ist, konnte aber auch § 4 Z 2 und 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, nicht für sich in Anspruch nehmen, weil er als volljähriger Sohn eines österreichischen Staatsbürgers nicht als Angehöriger im Sinne des § 3 Abs.1 Z 1 AufG anzusehen ist. Die zuletzt genannte Bestimmung bezieht sich (in dem hier interessierenden Zusammenhang) nur auf minderjährige Kinder von österreichischen Staatsbürgern; dass die Voraussetzungen des (auch) volljährige Kinder von österreichischen Staatsbürgern betreffenden § 3 Abs. 4 AufG im gegenständlichen Fall gegeben wären, hat der Beschwerdeführer während des Verfahrens nicht vorgebracht und ergeben sich darauf auch keine Hinweise in den Verwaltungsakten.
Bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse wäre die Beschwerde somit abzuweisen gewesen. Der Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. April 1999
Schlagworte
Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §56 erster SatzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997191311.X00Im RIS seit
20.11.2000