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19/05 Menschenrechte;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1959 geborenen FA in Wien, vertreten durch Mag. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Jänner 1997, Zl. 120.986/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 11. September 1996 die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter anderem zum Zwecke der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehegattin, die er am 13. Juni 1995 geheiratet hatte. Die gemeinsame Tochter sei am 2. Juli 1995 geboren worden. Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer während der Dauer eines von ihm angestrebten Asylverfahrens vorläufig zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war. Weiters ist ersichtlich, dass eine Beschwerde des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen die Versagung des beantragten Asyls mit einem am 22. August 1996 zugestellten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1996 abgewiesen wurde.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Oktober 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. September 1996 im Hinblick auf ein gegen den Beschwerdeführer erlassenes rechtskräftiges Aufenthaltsverbot gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 1 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, dass der Verwaltungsgerichtshof seiner Beschwerde gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Jänner 1997 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 5 Abs. 1 AufG sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu versagen, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliege. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei dies dann der Fall, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Der Beschwerdeführer sei am 30. Jänner 1995 wegen des Vergehens gemäß § 16 Abs. 1 und 2 Z. 2 SGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt worden, welche unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei.
Das dieser Verurteilung zugrunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers lasse erkennen, dass dieser nicht gewillt sei, sich den österreichischen Rechtsvorschriften anzupassen, bzw. die österreichische Rechtsordnung zu achten und zu respektieren. Der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG liege vor.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 MRK sei die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung, sofern damit in das Privat- und Familienleben des Antragstellers eingegriffen würde, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele notwendig sei. Bei dieser Abwägung sei auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Antragstellers und seiner Familienangehörigen Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführer sei am 20. August 1991 unrechtmäßig über Jugoslawien in das Bundesgebiet eingereist. Er habe am 21. August 1991 bei der Bezirkshauptmannschaft Baden einen Asylantrag gestellt. Am 5. September 1991 sei er in die Bundesbetreuung aufgenommen worden. Sein Asylantrag sei mit einem Bescheid der belangten Behörde vom 12. März 1996 abgewiesen worden.
Am 13. Juni 1995 habe er eine österreichische Staatsangehörige geehelicht. In Ansehung des über den Beschwerdeführer verhängten Aufenthaltsverbotes sei ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig. Ungeachtet der durch die Anwesenheit seiner österreichischen Ehegattin im Bundesgebiet begründeten familiären Interessen in Österreich überwögen vorliegendenfalls die öffentlichen Interessen an der Versagung einer Bewilligung, zumal der Beschwerdeführer noch nie über eine Berechtigung zur Niederlassung im Bundesgebiet verfügt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
Der Beschwerdeführer verfügte weder über eine Aufenthaltsbewilligung noch über einen am 1. Juli 1993 gültigen gewöhnlichen Sichtvermerk. Sein Antrag war daher als Erstantrag zu werten. Ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 liegt nicht vor. Der angefochtene Bescheid blieb vom Inkrafttreten des FrG 1997 unberührt.
Der belangten Behörde kann vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 96/19/0102) nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, das in Richtung des § 16 Abs. 1 und 2 Z. 2 SGG tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG getroffene Gefährdungsprognose. Dieser Auffassung tritt der Beschwerdeführer auch nicht entgegen.
Er beruft sich jedoch auf seine nach Art. 8 MRK geschützten Interessen in Österreich und verweist auf die Anwesenheit seiner österreichischen Ehegattin und des gemeinsamen Kindes in Österreich. Weiters bringt er vor, in Österreich zu arbeiten und Einkommen zu erzielen.
Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1999, Zl. 96/19/3206) unter Bezugnahme auf die Judikatur des EGMR ausgesprochen hat, genießt das Familienleben eines Fremden mit österreichischen Staatsangehörigen einen erhöhten Schutz. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die familiären Beziehungen zu einem Zeitpunkt begründet wurden, als der Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war und mit der Erteilung weiterer Bewilligungen rechnen durfte. Diese Voraussetzung ist beim Beschwerdeführer nicht gegeben. Selbst wenn er sich - wie dies aus einer Beurkundung des Bundesasylamtes hervorgeht - während der Dauer seines Asylverfahrens aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben mag, durfte er doch bei Begründung seiner familiären Interessen in Österreich nicht davon ausgehen, dass ihm unabhängig vom Ausgang des Asylverfahrens eine dauernde Niederlassung in Österreich gestattet werde.
Ein allfälliger Eingriff in ein durch Art. 8 MRK geschütztes Recht des Beschwerdeführers auf Familiennachzug zu seiner österreichischen Ehegattin und zu seinem Kind sowie ein Eingriff in die durch seine Berufstätigkeit behauptetermaßen begründeten privaten Interessen wäre vorliegendenfalls im Interesse der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer ein derartiges Recht zukommt.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 9. April 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997190365.X00Im RIS seit
02.05.2001