TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/18 W102 2180120-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.02.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §52

Spruch

W102 2180120-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX) geb. am XXXX (alias XXXX), StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Robert BITSCHE, 1050 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 30.10.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.11.2018 zu Recht:

A)

I.

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

II.

Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 52 FPG 2005 und Art. 8 EMRK eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

III.

XXXX wird gemäß § 55 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer vor 12 Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer, afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, reiste gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 26.06.2016 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 27.06.2016 gab der Beschwerdeführer zum Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, dass er im Iran seine Lebensgefährtin habe heiraten wollen, beide Familien seien jedoch dagegen gewesen. Daher hätten sie das Land verlassen, um in einem anderen Land zu heiraten. Er sei auch von den Angehörigen seiner Lebensgefährtin bedroht worden.

I.2. In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 04.10.2017 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass er seine nunmehrige Lebensgefährtin im Iran auf einer Hochzeit kennen gelernt habe und diese ihm nach etwa acht Monaten mitgeteilt habe, ihre Familie wolle sie mit ihrem Cousin zwangsverheiraten. Daraufhin habe der Beschwerdeführer gegen den Willen seines Vaters bei der Familie der Lebensgefährtin um deren Hand angehalten, sei aber geschlagen worden. Schließlich seien sie gemeinsam geflüchtet. Sein Vater würde ihn suchen. Als unverheiratetes Paar würden sie im Herkunftsstaat auch nicht leben können.

I.3. Am 12.10.2017 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein, in der ausgeführt wird, dem Beschwerdeführer drohe wegen seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Schiiten und der Hazara sowie wegen seiner Erkennbarkeit als Rückkehrer aus dem Iran Verfolgung. Die Sicherheitslage sei schlecht.

I.4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30.10.2017, zugestellt am 08.11.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Begründend führte die belangte Behörde aus, das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers sei nicht glaubwürdig.

I.5. Mit Verfahrensanordnung vom 06.11.2017 wurde dem Beschwerdeführer für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Rechtsberatungsorganisation zur Seite gestellt.

I.6. Gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2017 richtet sich die am 05.12.2017 zur Post gegebene und am 07.12.2017 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde. Die Beschwerde führt aus, der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin hätten sich eine weltoffene Lebenseinstellung zu eigen gemacht, indem sie bewusst wie europäische Paare unverheiratet zusammenleben würden. Der Beschwerdeführer sei wegen der gemeinsamen Flucht von einem Ehrenmord bedroht.

I.7. Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 19.11.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine Lebensgefährtin als Beschwerdeführerin in eigene Sache, beider bevollmächtigte Rechtsvertreterin und eine Dolmetscherin für die Sprache Dari teilnahmen. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin zu ihren Fluchtgründen befragt und gaben an, im Iran von einem Mullah getraut worden zu sein. Sie seien daher als Familie zu behandeln und ihnen derselbe Status zu gewähren. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis wurde der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers in der Verhandlung am 19.11.2018 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

I.8. Am 18.12.2018 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, in der ausgeführt wird, der Beschwerdeführer sei mit seiner Lebensgefährtin verheiratet und ihm daher als Familienangehöriger der Asylstatus zuzuerkennen. Außerdem drohe ihm im Fall der Rückkehr Verfolgung wegen Blutrache durch die Familie seiner Lebensgefährtin und durch die afghanische Polizei wegen der Anzeige. Eine Rückkehr in die Herkunftsprovinz sei wegen der Sicherheitslage nicht möglich. Eine Neuansiedelung in einem anderen Gebiet sei nicht zumutbar. Der Beschwerdeführer sei umfassend integriert. Mit der Stellungnahme vorgelegt wurde diverse Unterlagen.

I.8. Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

* Teilnahmebestätigung für einen Werte- und Orientierungskurs am 15.11.2017

* Kursbestätigungen für Deutschkurse auf dem Niveau A1 und A2

* Eidesstattliche Erklärung über die erfolgte traditionelle Eheschließung vom 19.11.2018

* Diverse medizinische Unterlagen betreffend den Beschwerdeführer

* Einige den Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin betreffende Empfehlungsschreiben

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, geboren am XXXX und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari.

Die Identität des Beschwerdeführers steht, mit Ausnahme der Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit, mangels Vorlage identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus dem Distrikt Behsud, Provinz Nangahar, Afghanistan und reiste im Alter von etwa sechs Jahre mit seiner Familie in den Iran aus. Dort lebte der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise nach Europa. Er hat im Iran fünf Jahre die Schule besucht und sieben Jahre als Schneider und dann in einem Teppichlager gearbeitet.

Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus seinen Eltern und seiner Schwester lebt im Iran. Im Iran leben außerdem noch weitere Verwandte des Beschwerdeführers.

Bis auf einen Cousin der Mutter des Beschwerdeführers, über dessen genauen Aufenthalt der Beschwerdeführer nichts weiß und zu dem auch kein Kontakt besteht, leben keine Angehörigen des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat.

Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin ins Bundesgebiet einreiste und am 26.06.2016 seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat durchgehend im Bundesgebiet auf. Er lebt in Österreich von der Grundversorgung, ist nicht erwerbstätig und hat im Bundesgebiet einen Werte- und Orientierungskurs sowie Deutschkurse besucht. Er hat im Bundesgebiet einige Kontakte geknüpft und etwa an Sportveranstaltungen teilgenommen. In seiner Freizeit spielt er zum Beispiel Fußball oder fährt mit seiner Lebensgefährtin Rad.

Der Beschwerdeführer lebt und lebte im Bundesgebiet auch durchgehend mit seiner Lebensgefährtin im gemeinsamen Haushalt. Die beiden haben keine Ehe geschlossen und leben eine Lebensgemeinschaft nach "europäischem Modell".

Der Beschwerdeführer unterstützt seine Lebensgefährtin in ihrem Wunsch nach Bildung und Selbstbestimmung und beteiligt sich etwa an der Arbeit im Haushalt. Für die Zukunft wollen der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin ihre Beziehung fortsetzen und auch ein Kind bekommen.

Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ist afghanische Staatsangehörige. Ihr wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.11.2018 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen oder schweren Krankheit, deren Behandelbarkeit im Herkunftsstaat nicht gewährleistet wäre.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

II.1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer reiste im Alter von etwa sechs Jahren wegen der Sicherheitslage mit seiner Familie aus dem Herkunftsstaat in den Iran aus. Seither hat er sich bis zu seiner Flucht durchgehend im Iran aufgehalten.

Im Iran lernte er seine nunmehrige Lebensgefährtin etwa im September 2015 auf einer Hochzeit kennen. Nachdem etwa acht Monate Kontakt bestanden hatte, erfuhr die Familie der Lebensgefährtin vom Kontakt und wollte die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers mit ihrem Cousin verheiraten. Der Beschwerdeführer hielt, als seine Lebensgefährtin ihn darüber informierte, gegen den Willen seiner Eltern bei der Familie seiner Lebensgefährtin um deren Hand an. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer vom Onkel der Lebensgefährtin und dessen Söhnen geschlagen. Die beiden flüchteten schließlich gemeinsam.

Dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit, seiner Eigenschaft als "Rückkehrer" oder wegen seiner weltoffenen Lebenseinstellung Übergriffe durch staatliche oder private Akteure drohen, ist nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Im Herkunftsstaat in Kabul sind ein Onkel väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers aufhältig. Der Vater der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und ihre beiden Brüder sind seit langem verstorben, ihre Mutter lebt bei der Tante väterlicherseits im Iran und wird von deren Mann und Söhnen (einen von ihnen hätte die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers heiraten sollen) versorgt.

Eine Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat aus Gründen der Blutrache Übergriffen durch die Familie seiner Lebensgefährtin ausgesetzt wäre, ist nicht gegeben. Dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr einem Ehrenmord durch seine eigene Familie ausgesetzt wäre, ist nicht wahrscheinlich.

Dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat strafrechtlicher Verfolgung durch die afghanischen Behörden ausgesetzt wäre, ist nicht zu erwarten.

II.1.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Nangarhar zählt zu den stark vom Konflikt betroffenen Provinzen Afghanistans. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Taliban und IS haben starke Präsenzen in der Provinz. In der Provinz werden regelmäßig militärische Operationen und auch Luftangriffe ausgeführt. Es kommt häufig zu Zusammenstößen zwischen Regierungstruppen, Taliban und IS. Taliban und IS greifen regelmäßig lokale Sicherheitsbeamte und Sicherheitskräfte an.

Im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz droht ihm die Gefahr, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Übergriffe durch Aufständische zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Provinz Balkh gehört zu den stabilsten und friedlichsten Provinzen Afghanistans und ist vom Konflikt wenig betroffen. Im Vergleich zu anderen Provinzen sind die Aktivitäten von Aufständischen gering. Die Provinz entwickelt sich wirtschaftlich gut, neue Arbeitsplätze entstehen. Die Stadt Mazar-e Sharif steht unter Regierungskontrolle und verfügt über einen internationalen Flughafen, über den die Stadt sicher erreicht werden kann.

Die Provinz Balkh ist von einer Dürre betroffen.

Zugang zu medizinischer Versorgung ist im Herkunftsstaat gegeben. Die medizinische Behandlung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat ist gewährleistet.

Dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Mazar-e-Sharif die Gefahr droht, aufgrund der angespannten Sicherheitslage verletzt, misshandelt oder getötet zu werden, kann nicht festgestellt werden. Im Fall einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Mazar-e Sharif ist davon auszugehen, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft wird decken können.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder Bekannten in Mazar-e Sharif und hat keine Unterstützung durch Familienangehörige zu erwarten.

Es gibt in Afghanistan unterschiedliche Unterstützungsprogramme für Rückkehrer von Seiten der Regierung, von NGOs und durch internationalen Organisationen. IOM bietet in Afghanistan Unterstützung bei der Reintegration an.

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Die Feststellung zu Identität, Staatsangehörigkeit, Religionszugehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit sowie Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen gleichbleibenden Angaben vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Zum festgestellten Geburtsdatum des Beschwerdeführers ist insbesondere auszuführen, dass der Beschwerdeführer dieses Geburtsdatum bereits bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 27.06.2016 angegeben hat. In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 04.10.2017 gab der Beschwerdeführer das Geburtsdatum nach dem iranischen Kalender mit XXXX, transkribiert in den in Europa gebräuchlichen gregorianischen Kalender damit abermals mit XXXX an. Das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid mit XXXX festgestellte Geburtsdatum dürfte sich damit aus einem Transkriptionsirrtum, in dessen Zuge nur das Jahr, nicht aber Tag und Monat transkribiert wurden, ergeben haben.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstiger Bescheinigungsmittel steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

Die Feststellung zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers und seiner Ausreise in den Iran ergibt sich aus dessen plausiblen gleichbleibenden Angaben, die vor dem Hintergrund dessen, dass der Aufenthalt zahlreicher Afghanen im Iran amtsbekannt ist, auch plausibel. Die Feststellung zu Schulbesuch und Berufstätigkeit des Beschwerdeführers im Iran basiert ebenso auf dessen diesbezüglichen Angaben.

Die Feststellung zum Aufenthalt der Familie des Beschwerdeführers im Iran ergeben sich aus dessen gleichbleibenden und plausiblen Angaben, so wie auch die Feststellung zum im Herkunftsstaat aufhältigen Cousin der Mutter, über den allerdings näheres nicht bekannt ist.

Die Feststellung zur gemeinsamen Einreise und Antragstellung des Beschwerdeführers mit seiner Lebensgefährtin sowie das Antragsdatum sind aktenkundig. Zur Aufenthaltsdauer in Österreich ist auszuführen, und Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet zwischenzeitig verlassen hätte, nicht hervorgekommen sind. Die Feststellung zum vom Beschwerdeführer im Bundesgebiet wahrgenommenen Bildungsangebot beruht auf den Kursbestätigungen, die der Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.11.2018 vorweisen konnte. Dass der Beschwerdeführer von der Grundversorgung lebt und nicht erwerbstätig ist, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer anderes nicht vorgebracht hat und der Beschwerdeführer laut dem im Akt einliegenden Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem Leistungen aus der Grundversorgung bezieht und durchgehend bezogen hat.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet soziale Kontakte geknüpft hat und an Sportveranstaltungen teilgenommen hat, ergibt sich aus den vorgelegten im Akt der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers einliegenden diesbezüglichen Bestätigungen und Empfehlungsschreiben. Außerdem ergibt sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung, dass aus dem Kontakt zu Mitmenschen, wie ihn auch der Beschwerdeführer zweifellos hat, beinahe zwangsläufig soziale Beziehungen irgendeiner Art entstehen. Die Feststellung zur Freizeitgestaltung des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen plausiblen Angaben.

Die Feststellung zum gemeinsamen Haushalt des Beschwerdeführers mit seiner Lebensgefährtin ergibt sich aus deren übereinstimmenden diesbezüglichen Angaben sowie aus deren übereinstimmenden Meldeadressen im Zentralen Melderegister, in das das Bundesverwaltungsgericht Einsicht genommen hat. Hier weisen der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet durchgehend einen gemeinsamen Wohnsitz auf. Auch aus den vorgelegten den Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin betreffenden Empfehlungsschreiben ergibt sich teilweise, dass der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin in der Asylunterkunft gemeinsam wohnen und auch für ein Ehepaar gehalten werden.

Zur behaupteten Eheschließung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin ist auszuführen, dass diese Behauptung erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.11.2018 durch den Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin aufgestellt wurde. Die Lebensgefährtin gibt dazu an, die Eheschließung habe durch einen Mullah im Iran im Haus des Freundes des Beschwerdeführers, bei dem die beiden nach ihrer Flucht vorrübergehend aufhältig waren, stattgefunden (Verhandlungsprotokoll S. 5). Damit übereinstimmend gibt auch der Beschwerdeführer kurz später an, die Eheschließung habe im Iran durch einen Mullah stattgefunden (Verhandlungsprotokoll S. 7).

Die nunmehr behauptete (traditionelle) Eheschließung steht jedoch in eklatantem Widerspruch zu den bisherigen Angaben des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin im Verfahren. Dieser hatte explizit nach dem Grund für die bisher unterlassene Heirat in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 04.10.2017 befragt angegeben, sie hätten die erforderlichen Dokumente für die Heirat nicht und ergänzt auch, er glaube nicht an das, was die Mullahs unterschreiben und ausmachen. Er habe festgestellt, dass es Europäer gibt, die miteinander leben ohne verheiratet zu sein. Daher hätten sie beschlossen, nicht zu heiraten (Einvernahmeprotokoll S. 6). Aus diesen Angaben des Beschwerdeführers ergibt sich klar, dass auch eine Eheschließung vor einem Mullah nicht erfolgt ist. Ein Missverständnis darüber, dass der Beschwerdeführer hier glauben könnte, nur nach einer standesamtlichen Hochzeit gefragt worden zu sein, erscheint durch seine Bezugnahme auf die Mullahs als ausgeschlossen. Auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers erwähnt in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 04.10.2017 mit keinem Wort, dass im Iran eine Eheschließung durch einen Mullah stattgefunden hätte. In den Protokollen der Erstbefragungen des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin vom 27.06.2016 werden diese im Protokoll des jeweils anderen als zukünftiger Mann bzw. zukünftiger Ehepartner und zukünftige bezeichnet. Zu seinen Fluchtgründen gibt der Beschwerdeführer hier auch an, er habe mit seiner zukünftigen das Land verlassen, um in einem anderen Land tatsächlich zu heiraten.

Auf Nachfrage, warum die Eheschließung im bisherigen Verfahren und auch in der Beschwerde keine Erwähnung findet, gibt der Beschwerdeführer in der mündlichen lediglich an, er hätte seinem Vertreter nichts gesagt und der Mullah habe keine Bestätigung ausgestellt. In Österreich hätten sie auch festgestellt, dass man nicht verheiratet sein müsse, um zusammen leben zu können. Das hätten ihnen auch ihrer österreichischen Freunde erklärt (Verhandlungsprotokoll S. 8). Angesichts der oben erwähnten Verneinung einer Eheschließung durch einen Mullah in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 04.10.2017 erscheint diese Erklärung als völlig unplausibel und vermag auch nicht zu erklären, warum der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin kurz nach ihrer Einreise in der Erstbefragung - als sie noch keine österreichischen Freunde hatten und auch über die in Österreich üblichen und möglichen Beziehungsmodelle eigenen Angaben zufolge noch nicht informiert waren - einander als zukünftige Ehepartner etc. bezeichnen.

Das plötzliche Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, eine Eheschließung durch einen Mullah habe doch stattgefunden, erscheint damit völlig unglaubwürdig und aus dem verständlichen Wunsch geboren, auch der Beschwerdeführer möge von seiner Lebensgefährtin abgeleitet den Status des Asylberechtigten erhalten.

Auch die mit Stellungnahme am 18.12.2018 vorgelegte "Eheschließungsbestätigung" und die eidesstattliche Erklärung des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin vom 19.11.2018 vermögen diesen Eindruck der Unglaubwürdigkeit einer Eheschließung nicht zu zerstreuen und geht das Bundesverwaltungsgericht daher davon aus, dass die vorgelegte Bestätigung entweder nicht echt oder inhaltlich unrichtig ist. Angesichts der bereits oben herausgearbeiteten deutlich zu Tage tretenden Unglaubwürdigkeit des Vorbringens einer Eheschließung erscheint eine weitere Auseinandersetzung mit der Urkunde - die auch nur eine traditionelle Eheschließung belegen will - als entbehrlich.

Dem ursprünglichen glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin folgend wurde daher festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin eine Lebensgemeinschaft nach "europäischem Modell" lebt.

Die afghanische Staatsangehörigkeit der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und ihre Asylberechtigung sind aktenkundig.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seine Lebensgefährtin in ihrem Wunsch nach Bildung und Selbstbestimmung unterstützt, ergibt sich insbesondere aus der Selbstverständlichkeit, mit der der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung das gemeinsame Leben mit seiner Lebensgefährtin, in dem er ein europäisches Beziehungsmodell lebt, geschildert hat. Dieses Selbstverständnis findet sich auch in den Schilderungen der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers über die Beziehung und gemeinsame Aktivitäten wieder und zeigt sich etwa auch im zur Schau gestellten Bewusstsein des Beschwerdeführers für die Wichtigkeit der Ausbildung seiner Lebensgefährtin, wenn er die Familiengründung mit Kind erst für möglich hält, wenn seine Lebensgefährtin "mit Lernen fertig" ist (Verhandlungsprotokoll S. 8). Auch der vertraute Umgang des Beschwerdeführers mit seiner Lebensgefährtin und die Selbstverständlichkeit, mit der er ihrem selbstbewussten Auftreten begegnete, erlauben den Schluss, dass der Beschwerdeführer die selbstbestimmte Lebensweise seiner Frau befürwortet und unterstützt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer sich etwa auch an der Arbeit im Haushalt beteiligt, ergibt sich aus den Angaben seiner Lebensgefährtin. Die Feststellung, dass eine künftige Fortsetzung der Beziehung geplant ist und der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin auch ein Kind bekommen wollen, ergibt sich aus insbesondere aus dem Eindruck den der erkennende Richter im Zuge der mündlichen Verhandlung vom Verhältnis des Beschwerdeführers zu seiner Lebensgefährtin gewinnen konnte, wo der Beschwerdeführer glaubhaft versicherte, es sein geplant, ein Kind zu bekommen.

Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen oder schweren Krankheit, deren Behandelbarkeit im Herkunftsstaat nicht gewährleistet wäre, leidet, ist zunächst auszuführen, dass ein dahingehendes Vorbringen nicht erstattet wurde. Zur medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 23.11.2018 (in der Folge Länderinformationsblatt) ergibt, dass die primäre Gesundheitsversorgung prinzipiell wenn auch nicht flächendeckend und von variierender Qualität kostenfrei verfügbar ist. Zudem besteht die Möglichkeit privater Behandlung. Auch von einer Verbesserung der Flächendeckung und Fortschritten der Versorgung wird berichtet (Kapitel 22. Medizinische Versorgung). Die öffentlichen Krankenhäuser der größeren Städte können den vorliegenden Informationen zufolge leichte und saisonbedingte Krankheiten und medizinische Notfälle behandeln. Behandlungsmöglichkeiten für psychisch erkrankte Personen sind dem Länderinformationsblatt zufolge ebenfalls verfügbar. Insbesondere in den Städten existieren psychiatrische Kliniken und in Provinzkrankenhäusern wird psychologische Beratung angeboten (Länderinformationsblatt, Kapitel

22. Medizinische Versorgung, Abschnitt Beispiele für Behandlung psychisch[er] erkrankter Personen in Afghanistan). Die medizinische Versorgung des Beschwerdeführers erscheint damit gesichert.

Der Beschwerdeführer hat zwar psychiatrische Befunde zu einer Sozialphobie bei Traumafolgestörung vorgelegt, aber kein Vorbringen erstattet, dass Zweifel an der Behandelbarkeit dieser Erkrankung im Herkunftsstaat auslösen würde.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

II.2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Die Feststellung zur Ausreise des Beschwerdeführers im Alter von etwa sechs Jahren wegen der Sicherheitslage ergibt sich aus dessen plausiblen und gleichbleibenden Angaben. Dass er zwischenzeitig wenn auch nur vorrübergehend in den Herkunftsstaat zurückgekehrt wäre, hat der Beschwerdeführer nicht angegeben, weswegen sein durchgehender Aufenthalt im Iran festgestellt wurde.

Die Feststellung zu den Gründen des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin für die Ausreise aus dem Iran ergibt sich aus deren gleichbleibenden, im Wesentlichen übereistimmenden und detailreichen Angaben zu den Umständen ihres Kennenlernens und ihrer gemeinsamen Ausreise aufgrund ihres Wunsches, zu heiraten bzw. ihre Beziehung entgegen dem erklärten Willen ihrer Familien fortzusetzen.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, ihm drohe aufgrund seiner Zugehörigkeit zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam bzw. seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara Verfolgung, ist zunächst auszuführen, dass die schiitische Religionszugehörigkeit dem Länderinformationsblatt zufolge wesentlich zum ethnischen Selbstverständnis der Hazara zählt (Länderinformationsblatt, Kapitel 16. Ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 16.1. Hazara) und bedingt durch diese untrennbare Verbundenheit oftmals nicht eindeutig zwischen einer Diskriminierung und Misshandlung aufgrund der Religion einerseits oder aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit andererseits unterschieden werden kann (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 [in der Folge UNHCR-Richtlinien], S. 69-70). Daher scheint in diesem Fall eine gemeinsame beweiswürdigende Betrachtung der Merkmale der Religions- und der Volksgruppenzugehörigkeit geboten.

Weder aus dem Länderinformationsblatt (Kapitel 15.

Religionsfreiheit, insbesondere Unterkapitel 15.1. Schiiten sowie Kapitel 16. Ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 16.2. Hazara) noch aus den UNHCR-Richtlinien (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 5. Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen, Buchstabe a) religiöse Minderheiten [S. 66 ff.], insbesondere Abschnitt Schiiten [S. 69 f.] und Unterkapitel

13. Angehörige ethnischer (Minderheiten-)Gruppen, Buchstabe b) Hazara [S. 106 f.]), ergibt sich, dass es systematisch zu so intensiven Übergriffen gegen schiitische Hazara kommt, dass gleichsam jeder Angehörige dieser Volksgruppe aufgrund seiner Anwesenheit im afghanischen Staatsgebiet mit Übergriffen rechnen muss. Zwar berichtet das Länderinformationsblatt von sozialen Ausgrenzungen und Diskriminierung ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag, die nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert werden und auch, dass ethnische Spannungen weiterhin zu Konflikten und Tötungen führen, gleichzeitig ist aber auch von einer grundsätzlichen Verbesserung der Lage der Hazara seit dem Ende der Taliban-Herrschaft sowie von deren Etablierung in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft die Rede. Auch berichtet wird von sozialer Diskriminierung, illegaler Besteuerung, Zwangsrekrutierung, physischer Misshandlung und Festnahme. Eine konkrete Betroffenheit des Beschwerdeführers von derartigen Übergriffen wurde allerdings nicht substantiiert dargetan, während sich eine automatische Betroffenheit aller Hazara aus dem soeben zitierten Länderinformationsmaterial nicht ergibt. Daher wurde festgestellt, dass Übergriffe durch private oder staatliche Akteure gegen den Beschwerdeführer wegen seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

Zur Feststellung, dass nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aufgrund seiner Eigenschaft als "Rückkehrer" Übergriffe durch private oder staatliche Akteure drohen, ist auszuführen, dass das Länderinformationsblatt in seinem Kapitel 23. Rückkehr keine Anhaltspunkte dafür bietet, dass es im Herkunftsstaat zu systematischen Übergriffen gegen Rückkehrer kommt. Die vom Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 17.12.2018 ins Verfahren eingebrachten UNHCR-Richtlinien erwähnen zwar Fälle von Rückkehrern, die von Aufständischen bedroht, gefoltert und ermordet worden seien (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Riskioprofile, Unterkapitel 1. Personen die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Litera i) Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen [S. 52 f.]), belegen aber nicht, dass systematisch Übergriffe gegen Rückkehrer aus dem westlichen Ausland oder dem Iran stattfinden. Inwiefern eine konkrete Gefahr, dass sich eines der abstrakt geschilderten manche Rückkehrer treffenden Risiken gerade für den Beschwerdeführer aufgrund seiner spezifischen individuellen Umstände verwirklichen könnten, wurde allerdings nicht substantiiert dargetan und ist auch nicht ersichtlich.

Zum Vorbringen, dem Beschwerdeführer würden aufgrund seiner weltoffenen Lebenseinstellung Übergriffe drohen, ist auszuführen, dass zwar festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer etwa seine Lebensgefährtin in ihrem Bestreben nach einem selbstbestimmten Leben unterstützt und etwa ein europäisches Beziehungsmodell lebt. Ein nachhaltiger Bruch mit dem im Herkunftsstaat von einem Mann erwarteten Verhalten etwa durch die Inanspruchnahme oder die Ausübung von Grundrechten, die im Herkunftsstaat von einem Mann nicht beibehalten werden könnte, ist in dieser Einstellung des Beschwerdeführers jedoch nicht zu erkennen. Dabei gesteht das Bundesverwaltungsgericht durchaus zu, dass sich die Lebenseinstellung des Beschwerdeführers bedingt durch seine hauptsächliche Sozialisation im Iran sowie seinen nunmehr etwa zweieinhalbjährigen Aufenthalt in Europa von demjenigen eines im Herkunftsstaat aufgewachsenen jungen Mannes unterscheidet. Jedoch ist dem vorliegenden Länderberichtsmaterial nicht zu entnehmen, dass für Männer - im Unterschied zu Frauen, die einen am "westlichen Gesellschaftsbild" orientierten selbstbestimmten Lebensstil pflegen wollen - eine gelebte "weltoffene Lebenseinstellung" mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe gegen die betroffene Person auslösen. Den Länderinformationen lässt sich etwa entnehmen, dass Frauen in Afghanistan aufgrund bestehender Vorurteile und traditioneller Praktiken, durch die sie marginalisiert werden, mit allgegenwärtiger sozialer, politischer und ökonomischer Diskriminierung konfrontiert sind. Frauen, die vermeintliche soziale Normen und Sitten verletzen - dies sind zum Beispiel Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch die Forderung nach männlicher Begleitung in der Öffentlichkeit oder Beschränkungen der Erwerbsmöglichkeiten - werden stigmatisiert, diskriminiert und ihre Sicherheit ist gefährdet. Besonders gefährdet und kaum in der Lage, zu überleben, sind Frauen ohne männlichen Schutz. (siehe dazu UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 1. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe h) Frauen im öffentlichen Leben, S. 51 und Buchstabe i) Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen, S. 52 sowie Länderinformationsblatt, Kapitel 17. Frauen). Vergleichbare Einschränkungen in der Lebensführung für Männer ergeben sich aus den vorliegenden Länderinformationen nicht und hat der Beschwerdeführer eine damit vergleichbare Situation für Männer auch nicht behauptet. Er zeigt mit seinem Vorbringen, ihm drohe aufgrund seiner weltoffenen Lebenseinstellung im Herkunftsstaat Verfolgung, vielmehr, dass ihm das Bewusstsein für die geschlechtsspezifischen Einschränkungen und Gefahren für Frauen im Herkunftsstaat, die einen weltoffenen Lebensstil pflegen wollen, fehlt. Dem Beschwerdeführer können als Mann, selbst wenn er für Frauen eine selbstbestimmte Lebensweise befürwortet, mangels Möglichkeit, diese Befürwortung durch Führung eines selbstbestimmten Lebens in Form von etwa Berufstätigkeit, Teilnahme am öffentlichen Leben und Bewegungsfreiheit auszudrücken, auch keine Übergriffe aufgrund von Verstößen gegen Frauen betreffende soziale Normen und Sitten drohen. Die aufgezählten Lebensführungsaspekte mögen fester Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers sein, gehören für Männer im Herkunftsstaat aber auch selbstverständlich zum von ihnen erwarteten Verhalten, weswegen der Beschwerdeführer, wenn er diesen Lebensstil pflegt, nicht mit afghanischen Sitten und Gebräuchen bricht und eine Unmöglichkeit der Inanspruchnahme dieser Grundrechte für den Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nicht ersichtlich ist.

Die Feststellungen zu den im Herkunftsstaat und im Iran aufhältigen Verwandten der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ergeben sich aus deren äußerst detailreichen Angaben in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 04.10.2017. Diese Angaben fügen sich insbesondere plausibel in die Fluchterzählung des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin ein und erscheinen damit glaubwürdig.

Zum Vorbringen der Gefahr, dass die Familie der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers diesen im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat finden und töten würde, ist auszuführen, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass die in Kabul aufhältigen Familienmitglieder der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers über die Einreise des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat informiert würde, wenn nicht der Beschwerdeführer selbst oder seine Lebensgefährtin den Informationsfluss in Gang setzen. Das Vorbringen einer möglichen Verfolgung durch die im Herkunftsstaat aufhältigen Angehörigen der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ist damit - selbst wenn man der Behauptung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers seien mit Fotos der beiden versorgt (Einvernahmeprotokoll der Lebensgefährtin, S. 8) Glauben schenkt - äußerst vage und dürfte sich eine etwaige Gefahr auch auf den Raum Kabul beschränken. Dafür, dass der Beschwerdeführer sich im Fall einer Rückkehr ausgerechnet in Kabul niederlassen müsste, obwohl er nicht aus Kabul stammt und auch sonst keinen ersichtlichen Bezug zu Kabul aufweist, ist kein Grund ersichtlich. Noch unwahrscheinlicher erscheint eine von den im Iran aufhältigen Angehörigen der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ausgehende Gefahr, dass der Beschwerdeführer Opfer eines Übergriffes im Herkunftsstaat zu werden. Dies resultiert zunächst aus deren physischer Abwesenheit aus dem Herkunftsstaat und weiter daraus, dass diese unmöglich über einen so umfassendes und zuverlässiges Informationsnetzwerk im Herkunftsstaat verfügen können, dass sie ohne vom Beschwerdeführer oder seiner Lebensgefährtin informiert zu werden, zur Information gelangen würden, dass der Beschwerdeführer irgendwo im Herkunftsstaat aufhältig ist. Anhaltspunkte für deren Rückkehr in den Herkunftsstaat haben sich nicht ergeben. Daher konnte eine Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat aus Gründen der Blutrache Übergriffen durch die Familie seiner Lebensgefährtin ausgesetzt wäre, als nicht gegeben festgestellt werden.

Selbiges gilt für die Gefahr eines Ehrendmordes am Beschwerdeführer durch seine eigene Familie, weil auch die Behauptung deren möglichen Aufenthaltes im Herkunftsstaat im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers dorthin im Wesentlichen auf vagen Mutmaßungen basiert. Der Beschwerdeführer führt zwar aus, sein Vater würde ihn in Afghanistan suchen und finden können (siehe etwa Einvernahmeprotokoll, S. 5). Wie allerdings der Vater wissen bzw. zu der Vermutung kommen sollte, dass der Beschwerdeführer wieder im Herkunftsstaat aufhältig ist, bleibt unerklärt. Insbesondere gibt der Beschwerdeführer gleichzeitig an, keine Verwandten mehr im Herkunftsstaat zu haben (Einvernahmeprotokoll S. 3). Bis auf einen Cousin seiner Mutter, zu dem kein Kontakt bestehe, würden sich alle Verwandten im Iran aufhalten. Unter Berücksichtigung dessen und auch der langen Abwesenheit der Eltern des Beschwerdeführers aus dem Herkunftsstaat erscheint es höchst unplausibel, dass es einen Informationskanal der im Iran aufhältigen Eltern und anderen Verwandten aus dem Herkunftsstaat gegeben sollte, der diese mit der Information des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat versorgen sollte. Dass von den im Iran aufhältigen Angehörigen des Beschwerdeführers eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat ausgeht, erscheint damit höchst unwahrscheinlich.

Zur fehlenden Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung des Beschwerdeführers durch die afghanischen Behörden ist auszuführen, dass eine Anzeige des Beschwerdeführers und/oder seiner Lebensgefährtin bei der afghanischen Polizei weder durch den Beschwerdeführer noch durch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers angegeben wird, sondern lediglich in der Stellungnahme des Beschwerdeführervertreters vom 19.12.2018 Erwähnung findet. Beide geben zwar an, eine Anzeige an die iranischen Behörden sei erfolgt. Der Beschwerdeführer etwa erwähnt die Gefahr einer Festnahme durch die iranische Polizei (Einvernahmeprotokoll S. 213) und seine Lebensgefährtin spricht von einer Weitergabe von Fotos auch an die Polizei, wobei sich aus dem Kontext ergibt, dass die iranische Polizei gemeint ist (Einvernahmeprotokoll der Lebensgefährtin, S. 8-9). Dass diese Anzeige allerdings Strafverfolgungshandlungen durch die afghanischen Behörden auslösen sollte, ist nicht ersichtlich. Ein Vorbringen dazu, dass die Beziehung des Beschwerdeführers mit seiner Lebensgefährtin über den Angehörigenkreis der beiden hinaus bekannt geworden sein sollte, wurde damit nicht substantiiert erstattet und ist eine dahingehende Gefahr auch sonst nicht ersichtlich. Folglich ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr von den afghanischen Behörden strafrechtlich verfolgt würde.

II.2.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat

Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan basiert auf der UNHCR-Richtlinie (siehe insbesondere Kapitel II. Überblick, Unterkapitel A. Die wichtigsten Entwicklungen in Afghanistan, S. 13 f. und Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel B. Flüchtlingsstatus nach den weitergehenden Kriterien gemäß dem UNHCR-Mandat oder nach regionalen Instrumenten und Schutz nach ergänzenden Schutzformen, Unterkapitel

2. Subsidiärer Schutz nach der Qualifikationsrichtlinie der EU [Richtlinie 2011/95/EU], S. 117 f.) und findet Bestätigung im Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage. Insbesondere die UNHCR-Richtlinien betonen die uneinheitliche Betroffenheit der unterschiedlichen Gebiete vom innerstaatlichen Konflikt. Diese lässt sich auch aus den Erläuterungen des Länderinformationsblattes zu den einzelnen Provinzen gut nachvollziehen.

Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Nangarhar sowie zur relativ starken Betroffenheit der Provinz vom Konflikt sind dem Länderinformationsblatt (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.22. Nangahar) entnommen. Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Übergriffe durch Aufständische zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden ergibt sich im Wesentlichen aus der Feststellung zur starken Betroffenheit der Provinz vom Konflikt, die für den Fall der dortigen Anwesenheit des Beschwerdeführers auch seine Gefährdung nach sich zieht.

Die Feststellungen zur Sicherheitslage in der Provinz Balkh, zu deren relativ geringer Betroffenheit vom innerstaatlichen Konflikt und zur wirtschaftlichen Entwicklung der Provinz sind ebenfalls dem Länderinformationsblatt entnommen (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.5. Balkh). Dass Mazar-e Sharif unter Regierungskontrolle steht, ergibt sich daraus, dass in den oben zitierten Berichten von einer Einnahme der Stadt durch regierungsfeindliche Gruppierungen nicht berichtet wird. Die Feststellung zum Flughafen in Mazar-e Sharif fußt auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel

3.35. Erreichbarkeit.

Bedingt durch die relativ gute Sicherheitslage und die geringe Betroffenheit der Stadt Mazar-e Sharif vom Konflikt im Herkunftsstaat konnte nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung in die genannte Stadt die Gefahr droht, aufgrund der angespannten Sicherheitslage verletzt, misshandelt oder getötet zu werden. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht dabei nicht, dass die Stadt gelegentlich von Angriffen und Anschlägen durch Aufständische betroffen ist, wie sich etwa der Statistik sicherheitsrelevanter Vorfälle in der Provinz Balkh im Länderinformationsblatt (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.5. Balkh) entnehmen lässt. Allerdings ist die Vorfallshäufigkeit nicht so groß, dass gleichsam jede in der Stadt anwesende Person mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Vorfall betroffen wäre. Spezifische Gründe für ein erhöhtes auf seine Person bezogenes Risiko hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.

Die Feststellung zur Dürre ist zunächst den UNHCR-Richtlinien entnommen (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 3. Interne Flucht- oder Neuansiedlungsalternative in afghanischen Städten, S. 126). Dass diese Dürre eine Hungersnot ausgelöst hat, lässt sich dem vorliegenden aktuellen Berichtsmaterial nicht entnehmen (siehe dazu die vom Beschwerdeführer mit Stellungnahme am 18.12.2018 in das Verfahren eingebrachte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Afghanistan, Versorgungslage Mazar-e Sharif im Zeitverlauf 2010-2018 vom 19.11.2018 [in der Folge Anfragenbeantwortung der Staatendokumentation]). Die Ernährungssituation in der Provinz Balkh wird zwar als angespannt beschrieben, von einer Hungersnot wird allerdings insbesondere auch für Mazar-e Sharif nicht berichtet (siehe Anfragenbeantwortung der Staatendokumentation, S. 42 f.).

Zur Feststellung zum Zugang zu medizinischer Versorgung wird auf die beweiswürdigenden Ausführungen zum Gesundheitszustand und zur Behandelbarkeit von Erkrankungen im Herkunftsstaat unter II.2.1. verwiesen.

Die maßgeblichen Kriterien für die Frage, ob der Beschwerdeführer sich im Fall einer Niederlassung in Mazar-e Sharif eine Lebensgrundlage wird aufbauen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122).

Beim Beschwerdeführer handelt es sich zweifellos um einen jungen Mann im arbeitsfähigen Alter ohne nennenswerte Erkrankungen, bei dem die Teilnahme am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer verfügt über im Iran erworbene Berufserfahrung und Schulbildung und konnte dadurch, dass er in Österreich Bildungsangebote wahrgenommen hat, sein Ausbildungsniveau und damit seine Chancen auf Erwerbstätigkeit zweifellos noch verbessern. Es ist daher davon auszugehen, dass er zumindest durch Gelegenheitsjobs und seine Teilnahme am informellen Arbeitsmarkt allenfalls nach einer anfänglichen Orientierungsphase sein Auskommen wird erwirtschaften können, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nur sich selbst würde versorgen müssen. Bedingt durch seine Sozialisation in einem islamischen Land und dadurch, dass er im Iran in seinem afghanischen Familienverband aufgewachsen ist, konnten seine Eltern ihm das notwendige Wissen über die afghanische Kultur und Tradition vermitteln. Daher hat er den Bezug zum Herkunftsstaat nicht gänzlich verloren, weswegen davon ausgegangen werden kann, dass er sein Überleben nach eventuellen anfänglichen Startschwierigkeiten wird sichern können. Er spricht mit Farsi bzw. Dari eine Sprache, die ihm im Herkunftsstaat zweifellos die Verständigung mit seinen Landsleuten ermöglichen wird. Insbesondere kann der Beschwerdeführer für den Anfang die angebotenen Reintegrationsmaßnahmen in Anspruch nehmen, wobei anzumerken ist, dass es dem Beschwerdeführer auch freistünde, seine Rückkehr und Reintegration bereits von Österreich aus vorzubereiten, wodurch er besser an der angebotenen Rückkehrhilfe partizipieren könnte.

Zum vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fehlen eines Unterstützungsnetzwerkes, das dieser mithilfe der UNHCR-Richtlinien untermauert, ist auszuführen, dass nach eben jenen UNHCR-Richtlinien alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf die einzige Ausnahme von dieser Anforderung der externen Unterstützung darstellen (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedelungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 124). Nachdem ein besonderer Schutzbedarf des Beschwerdeführers im Verfahren nicht hervorgekommen ist (zu Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie "Rückkehrer"-Eigenschaft siehe die beweiswürdigenden Ausführungen zu den Fluchtgründen), geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer als leistungsfähiger Mann, der im Rückkehrfall nur sich selbst versorgen müsste, im Sinne der Einschätzung des UNHCR seine Existenzgrundlage auch ohne externe Unterstützung wird aufbauen können.

Insbesondere ist dem vorliegenden Berichtsmaterial (etwa dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel

3.5. Balkh oder der Anfragenbeantwortung der Staatendokumentation nicht zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser, Lebensmitteln und Unterkunft grundsätzlich nicht gewährleistet und zusammengebrochen wäre, auch wenn sich aus den Informationen eine schwierige Situation insbesondere für Rückkehrer wie den Beschwerdeführer ergibt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Mazar-e Sharif keine Verwandten oder Bekannten hat, ergibt sich daraus, dass gegenteiliges im Verfahren nicht hervorgekommen ist und der Beschwerdeführer zum Verbleib seiner Angehörigen die bereits gewürdigten plausiblen Angaben gemacht hat. Dass der Beschwerdeführer Unterstützung durch Familienangehörige nicht zu erwarten hat, ergibt sich im Wesentlichen aus dem als glaubwürdig bewerteten die Ausreise aus dem Iran auslösenden Ereignis. Nachdem seine Familie dem Beschwerdeführer deshalb nicht wohlgesonnen ist, ist Unterstützung durch sie kaum zu erwarten.

Die Feststellung zur Rückkehrhilfe ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr.

Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Quellen ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren, womit die länderkundlichen Informationen, die sie zur Verfügung stellt, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat durchlaufen. Den vom Beschwerdeführer in das Verfahren eingebrachten UNHCR-Richtlinien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"; VwGH 22.09.2017, Ra 2017/18/0166 mwN). Zur Aktualität der herangezogenen Quellen ist auszuführen, dass neuere Berichte und Informationen, denen zufolge es zu einer verfahrensrelevanten Änderung der Lage im Herkunftsstaat gekommen ist, nicht amtsbekannte sind. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat und seine Beweiswürdigung zu den Fluchtgründen daher auf die angeführten Quellen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

II.3.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN).

II.3.1.1. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeine Gefahr eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", so hat jedes einzelne Mitglied schon aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten. Diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0089 mwN).

Der Beschwerdeführer konnte wie festgestellt seine Zugehörigkeit zur Gruppe der schiitischen Hazara glaubhaft machen.

Der Verwaltungsgerichthof nahm in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara irgendwo in Afghanistan an (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048; VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0377; VwGH 20.04.2018, Ra 2018/18/0194 sowie jüngst VwGH 28.06.2018, Ra 2018/19/0164).

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).

Da eine Gruppenverfolgung - in Hinblick auf die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit - von Hazara und Schiiten in Afghanistan wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt nicht gegeben ist und der Beschwerdeführer auch keine individuelle Bedrohung dargetan hat, lässt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen eine asylrelevante Verfolgung nicht ableiten.

II.3.1.2. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der "Rückkehrer"-Eigenschaft des Beschwerdeführers

Da es wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt im Herkunftsstaat nicht gleichsam systematisch zu Übergriffen gegen Personen kommt, die - wie es auch beim Beschwerdeführer der Fall wäre - aus dem westlichen Ausland bzw. dem Iran nach Afghanistan zurückkehren, konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass ihm Aufgrund seiner Eigenschaft als "Rückkehrer" automatisch Verfolgung droht. Eine konkrete und individuelle Betroffenheit des Beschwerdeführers von Übergriffen, wie sie gegen manche "Rückkehrer" vorkommen können, konnte dieser - wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt - nicht glaubhaft machen. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, unter welchen GFK-Gesichtspunkt die behauptete Verfolgungsgefahr allenfalls zu subsumieren wäre, erübrigt sich damit.

II.3.1.3. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der "weltoffenen" Lebenseinstellung des Beschwerdeführers

Nach der Rechtsprechung des VwGH können Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden (vgl. etwa VwGH vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017-0018, mwN). Gemeint ist damit eine von ihnen angenommene Lebensweise, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt. Voraussetzung ist, dass diese Lebensführung zu einem solch wesentlichen Bestandteil der Identität der Frauen geworden ist, dass von ihnen nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken, um einer drohenden Verfolgung wegen Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen zu entgehen (zuletzt VwGH 06.09.2018, Ra 2017/18/0357).

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer sich mit seinem Vorbringen einer Verfolgungsgefahr wegen seiner "weltoffenen" Lebenseinstellung, das im Übrigen in einem Zug mit dem Vorbringen z

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten