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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der T GmbH in F, vertreten durch die Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner Anwaltssocietät in 4020 Linz, Harrachstraße 6, Atrium City Center, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 11. September 2017, Zl. LVwG-850686/2/MS, betreffend ein Genehmigungsverfahren nach dem Mineralrohstoffgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schärding; mitbeteiligte Partei: E GmbH in A, vertreten durch die Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in 4070 Eferding, Kirchenplatz 8), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Mit Eingabe vom 20. Februar 2014 beantragte die mitbeteiligte Partei die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplans für den Neuaufschluss einer Lockergesteinslagerstätte mit Trockenbaggerung sowie die Bewilligung zur Herstellung von näher bezeichneten Bergbauanlagen.
2 Mit Bescheid vom 14. Juni 2016 erteilte die belangte Behörde - jeweils unter Vorschreibung von Auflagen - gemäß §§ 116 in Verbindung mit 80 bis 83, 112, 113, 115 und 171 Abs. 1 Mineralrohstoffgesetz (MinroG) die beantragte Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplans sowie gemäß §§ 118, 119 und 171 Abs. 1 MinroG die Bewilligung von Bergbauanlagen.
3 2. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei als unzulässig zurück und erklärte die Revision für nicht zulässig.
4 In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass die revisionswerbende Partei in ihrer Beschwerde zwar auf ihren Beherbergungsbetrieb Bezug genommen habe, nicht jedoch darauf, dass jene Personen, die die Anlage der revisionswerbenden Partei nutzten, durch die geplante Abbauanlage gefährdet oder belästigt werden würden. Dieses Vorbringen sei folglich dahingehend zu verstehen, dass die Belästigung bzw. Gefährdung die revisionswerbende Partei selbst betreffe. Ein solcher Einwand einer juristischen Person sei unzulässig.
5 Die revisionswerbende Partei habe darüber hinaus im behördlichen Verfahren weder in ihrer schriftlichen Stellungnahme noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Einwendung dahingehend erhoben, dass ihre Gäste durch die vom Abbaubetrieb ausgehenden Emissionen gefährdet oder belästigt werden würden. Dieses den Nachbarn grundsätzlich zukommende subjektiv-öffentliche Recht sei daher nicht rechtzeitig geltend gemacht worden.
6 Mit näherer Begründung kam das Verwaltungsgericht ferner zum Ergebnis, dass in der Beschwerde auf keine sonstigen subjektivöffentlichen Nachbarrechte Bezug genommen worden sei.
7 3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, in eventu in der Sache selbst zu entscheiden.
8 Die mitbeteiligte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
9 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 4.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, dass sich das Verwaltungsgericht nicht mit der Einwendung der revisionswerbenden Partei auseinandergesetzt habe, dass mit Beeinträchtigungen von jenen Personen zu rechnen sei, welche sich regelmäßig vorübergehend auf den Anlagen der revisionswerbenden Partei befänden. Dadurch sei in der Folge der Sachverhalt unvollständig ermittelt worden. Bei richtiger Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei wäre hervorgekommen, dass eine Beeinträchtigung ihrer Gäste zu erwarten sei. Das Übergehen eines Parteienvorbringens stelle einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar.
13 4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt klargestellt, dass die in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung von Parteierklärungen nicht revisibel ist. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn die diesbezügliche rechtliche Beurteilung durch das Verwaltungsgericht unvertretbar erschiene (vgl. etwa VwGH 24.10.2018, Ra 2018/04/0165, und VwGH 7.6.2017, Ra 2017/17/0335, jeweils mwN).
14 In der im Verfahren vor der belangten Behörde erstatteten schriftlichen Einwendung vom 25. April 2016 (welche namens der Revisionswerberin und eines näher bezeichneten Golfclubs sowie weiterer Parteien erhoben wurde) wurde betreffend die "Immissionsbelastungen der Anrainer durch das geplante Projekt" explizit auf die Bestimmung des § 82 Abs. 2 MinroG Bezug genommen. Der Golfplatz sei von dieser Bestimmung umfasst und beherberge tagsüber zahlreiche Gäste, die den Emissionen der Anlage ausgesetzt seien. Außerdem befänden sich bewohnte Gebäude weiterer Parteien innerhalb eines 300 Meter-Radius um das Vorhaben. Bei Überschreitung bzw. mangelnder Einhaltung der gesetzlich geforderten Grenzwerte sei von einer erheblichen Beeinträchtigung bzw. einer Gesundheitsgefährdung auszugehen, weshalb sämtliche Parteien ein subjektives Recht auf Einhaltung der Grenzwerte sowie auf Immissionsneutralität geltend machen könnten.
15 Die in den §§ 82 und 83 MinroG genannten Interessen können lediglich von der Standortgemeinde im Rahmen ihrer Parteistellung nach § 81 Z 2 MinroG geltend gemacht werden. Den übrigen Nachbarn steht dies im Rahmen ihrer Parteistellung nach § 116 Abs. 3 Z 3 MinroG nicht zu (vgl. VwGH 29.6.2017, Ra 2016/04/0068, mwN).
16 Selbst wenn das oben wiedergegebene Vorbringen (auch) als Einwendung nach § 116 Abs. 1 MinroG zu verstehen sein sollte, ist nicht zu erkennen, dass die Revisionswerberin damit eigene subjektive Rechte geltend gemacht hätte (siehe etwa VwGH 25.1.1994, 93/04/0190; vgl. auch VwGH 24.10.2018, Ra 2018/04/0165, und VwGH 23.5.2018, Ra 2017/05/0033, jeweils mwN, wonach erkennbar sein muss, welche Rechtsverletzung behauptet wird). In den Einwendungen wird nämlich nicht näher dargelegt, in welchem Verhältnis die Revisionswerberin zum Golfplatz steht, zumal der Golfclub als Inhaber des Golfplatzes bezeichnet wird. Außerdem wird an anderer Stelle in den Einwendungen zwischen der Golfanlage und den Räumlichkeiten der Revisionswerberin unterschieden, ohne dabei auf konkrete Beherbergungsräumlichkeiten Bezug zu nehmen.
17 Die Ausführung des Verwaltungsgerichts, dass die Revisionswerberin im behördlichen Verfahren keine Einwendungen in Bezug auf die Gefährdung oder Belästigung der Gäste ihres Beherbergungsbetriebs erhoben habe, ist daher nicht zu beanstanden. In der Revision wird nicht konkret behauptet, dass die Revisionswerberin unter anderen Gesichtspunkten taugliche Einwendungen erhoben bzw. subjektiv-öffentliche Rechte in ihrer Beschwerde geltend gemacht hätte.
18 4.4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
19 4.5. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
20 4.6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 22. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017040137.L00Im RIS seit
10.07.2019Zuletzt aktualisiert am
10.07.2019