TE Vwgh Erkenntnis 2019/3/22 Ra 2017/04/0135

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Veröffentlicht am 22.03.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58
AVG §58 Abs2
AVG §60
B-VG Art130
VwGG §42 Abs2 Z3 litb
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGG §43 Abs2
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §29

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der Gemeinde F, vertreten durch die Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner Anwaltssocietät in 4020 Linz, Harrachstraße 6, Atrium City Center, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 11. September 2017, Zl. LVwG-850684/54/MS, betreffend ein Genehmigungsverfahren nach dem Mineralrohstoffgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schärding; mitbeteiligte Partei: E GmbH in A, vertreten durch die Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in 4070 Eferding, Kirchenplatz 8), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1. Mit Eingabe vom 20. Februar 2014 beantragte die mitbeteiligte Partei die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplans für den Neuaufschluss einer Lockergesteinslagerstätte mit Trockenbaggerung sowie die Bewilligung zur Herstellung von näher bezeichneten Bergbauanlagen.

2 Mit Bescheid vom 14. Juni 2016 erteilte die belangte Behörde - jeweils unter Vorschreibung von Auflagen - gemäß §§ 116 in Verbindung mit 80 bis 83, 112, 113, 115 und 171 Abs. 1 Mineralrohstoffgesetz (MinroG) die beantragte Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes sowie gemäß §§ 118, 119 und 171 Abs. 1 MinroG die Bewilligung von Bergbauanlagen.

3 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

4 Soweit hier relevant, verwies das Verwaltungsgericht zur Frage der von der Revisionswerberin thematisierten UVP-Pflicht des Vorhabens auf ein näher bezeichnetes anderes Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich. Dort sei "festgestellt" worden, dass hinsichtlich des vorliegenden Projekts keine UVP-Pflicht gegeben sei. Die belangte Behörde sei daher zur Entscheidung über den bei ihr eingebrachten Antrag zuständig gewesen. Eine weitere Begründung zu dieser Frage findet sich im angefochtenen Erkenntnis nicht.

5 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, in eventu in der Sache selbst zu entscheiden.

6 Die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen, in eventu abzuweisen. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 4.1. In der Revision wird zur Begründung der Zulässigkeit unter dem Punkt "Unzuständigkeit" zusammengefasst vorgebracht, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Frage der UVP-Pflicht auseinanderzusetzen gehabt hätte. Das Verwaltungsgericht habe in Verkennung der Rechtslage sowie aufgrund eines unvollständig ermittelten Sachverhalts angenommen, dass die belangte Behörde zuständig gewesen sei. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht diese Frage nicht selbst beurteilt, sondern vielmehr lediglich auf eine andere Entscheidung desselben Verwaltungsgerichts verwiesen. Dies sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zulässig.

8 Die Revision ist zulässig und auch berechtigt. 9 4.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Begründung einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts auf dem Boden des § 29 VwGVG mit Blick auf § 17 leg. cit. den Anforderungen zu entsprechen, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Nach dieser Rechtsprechung bestehen die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, in der Beweiswürdigung und in der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund. Bei der Anwendung der in Rede stehenden Rechtsvorschriften ist die besondere Stellung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen. Angesichts ihrer sich aus Art. 130 B-VG ergebenden Zuständigkeit werden die Verwaltungsgerichte ihrer Begründungspflicht nach § 29 VwGVG dann nicht gerecht, wenn sich die ihre Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung in den wesentlichen Punkten nicht aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst ergeben (vgl. VwGH 5.12.2018, Ra 2018/20/0371, und VwGH 17.9.2018, Ra 2018/03/0049, jeweils mwN).

10 Wie oben dargestellt, verwies das Verwaltungsgericht zum Vorbringen der Revisionswerberin betreffend die UVP-Pflicht des verfahrensgegenständlichen Vorhabens pauschal auf ein anderes Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich. Dieses verwiesene Erkenntnis ist weder Bestandteil des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Akts noch gibt es einen Hinweis dafür, dass es der Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses beigeschlossen worden wäre.

11 Für einen derartigen Verweis, der an die Stelle einer eigenständigen Begründung des angefochtenen Erkenntnisses tritt, fehlt in den vom Verwaltungsgericht anzuwendenden Verfahrensbestimmungen des VwGVG jegliche Rechtsgrundlage (vgl. VwGH 2.9.2015, Ra 2015/02/0115, mit dem Hinweis, dass es bloß nach § 43 Abs. 2 VwGG, der die Begründung von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs zum Gegenstand hat, unter bestimmten Voraussetzungen genügt, die bisherige Rechtsprechung anzuführen).

12 4.3. Da der Verwaltungsgerichtshof mangels ordnungsgemäßer Begründung des angefochtenen Erkenntnisses gehindert ist, seine Rechtskontrollaufgabe im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG wahrzunehmen, war das angefochtene Erkenntnis bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

13 4.4. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

14 4.5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. März 2019

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017040135.L00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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