TE Vwgh Beschluss 2019/3/26 Ro 2019/17/0003

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Veröffentlicht am 26.03.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
34 Monopole

Norm

BAO §201
B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §1 Abs1
GSpG 1989 §1 Abs2
GSpG 1989 §2
GSpG 1989 §22
GSpG 1989 §57 Abs1
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Dr. G H als Masseverwalter der C GmbH in W, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 19. Oktober 2017, RV/7103493/2014, betreffend Glücksspielabgaben für den Zeitraum Jänner 2013 bis Juni 2015 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Aufgrund von Abgabenmeldungen der C GmbH setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel gegenüber dieser Gesellschaft mit Bescheiden jeweils vom 10. Jänner 2014 für den Zeitraum Jänner bis April 2013, weiters mit Bescheiden jeweils vom 2. Juli 2015 für die Monate Mai bis Dezember 2013, Jänner bis Dezember 2014 und Jänner bis Februar 2015 sowie gegenüber dem revisionswerbenden Masseverwalter der Masse der C GmbH weiters mit Bescheiden vom 10. März 2016 für die Monate März bis Juni 2015 gemäß § 57 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) iVm § 201 BAO Glücksspielabgaben in jeweils näher bezeichneter Höhe fest. Die C GmbH bzw. die revisionswerbende Partei erhob gegen sämtliche Bescheide jeweils Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG).

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die Beschwerden (jeweils nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung und der von der C GmbH bzw. der revisionswerbenden Partei beantragten Vorlage) als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung mit Beschluss vom 24. September 2018, E 4361/2017-5, mit folgender Begründung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat:

"...

Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbstätigkeit. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob das Bundesfinanzgericht zu Recht die Glücksspielabgabe gemäß § 57 GSpG für die in den Pokerspielsalons der bf. Gesellschaft abgehaltenen Pokerspiele vorgeschrieben hat, insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der Bestimmungen über Glücksspielabgaben in den §§ 57 bis 59 GSpG behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft (vgl. VfSlg. 19.767/2013). Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. VfSlg. 10.001/1984, 10.365/1985, 11.143/1986, 11.615/1988 uva.; vgl. auch VfSlg. 15.432/1999, 16.585/2002, 16.740/2002, 16.923/2003).

..."

4 In der nunmehr an den Verwaltungsgerichthof gerichteten ordentlichen Revision beantragt die revisionswerbende Partei, das angefochtene Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze kostenpflichtig aufzuheben.

5 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Abweisung der Revision unter Kostenzuspruch beantragt.

Die Revision erweist sich als unzulässig:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

9 Die Zulässigkeit der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision -

bereits geklärt, liegt daher keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. z.B. VwGH 18.7.2018, Ra 2017/17/0821).

10 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird eingangs eingeräumt, dass zur Glücksspielabgabe bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen sei (Hinweis auf VwGH 19.10.2017, Ro 2015/16/0024), dennoch lägen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung vor.

11 Zunächst bringt die revisionswerbende Partei vor, das BFG habe die Zulässigkeit der Revision unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2013, G 26/2013 (VfSlg. 19.767/2013) bejaht. Mit diesem Erkenntnis habe der Verfassungsgerichtshof mit Kundmachung am 2. August 2013, BGBl. I Nr. 167/2013, das Wort "Poker" in § 1 Abs. 2 GSpG aufgehoben. Die Änderung des § 1 Abs. 2 GSpG durch den Gesetzgeber sei erst mit dem auf die Kundmachung des Abgabenänderungsgesetzes 2 014, BGBl. I Nr. 13/2014, folgendem Tag, dem 1. März 2014, in Kraft getreten. Im Zeitraum 3. August 2013 bis 28. Februar 2014 sei Poker daher nicht als Glücksspiel im Gesetz definiert gewesen. Alle Rechtsanwendungsorgane seien ab dem Entscheidungstag des Verfassungsgerichtshofes, dem 27. Juni 2013, an das aufhebende Erkenntnis gebunden. In diesem Zeitraum dürfe daher keine Glücksspielabgabe für Poker erhoben werden, mit dem angefochtenen Erkenntnis werde aber auch für diesen Zeitraum eine Glücksspielabgabe vorgeschrieben. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich nur mit einem Teilaspekt der Anlassfallwirkung auseinandergesetzt und im Erkenntnis vom 19. Oktober 2017, Ro 2015/16/0024, ausgeführt, dass sich der Revisionswerber nicht auf die Anlassfallwirkung berufen könne; in diesem Verfahren sei es aber um die Glücksspielabgabe für Jänner bis April 2011 gegangen. Der vorliegende Zeitraum falle jedoch in jene Monate, in denen Poker nicht in der Legaldefinition des Glücksspiels in § 1 Abs. 2 GSpG enthalten gewesen sei. In seinem Beschluss vom 18. Oktober 2016, Ro 2014/16/0041, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, der Gesetzgeber habe durch die Aufnahme des Wortes "Poker" dieses zum Glücksspiel erklärt; solange dies nicht der Fall gewesen sei, habe der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass die Frage, ob Poker ein Glücksspiel sei, eine Sachverhaltsfrage sei, die durch ein Sachverständigengutachten zu lösen sei. Ein solches Gutachten sei im vorliegenden Fall jedoch nicht eingeholt worden. Es gebe keine Feststellung auf Sachverhaltsebene, ob Poker ein Glücksspiel sei. Weiters liege der Glücksspielabgabe nach Auffassung des BFG nicht der "monopolmäßige

Begriff der Ausspielung ... sondern der Begriff der Ausspielung iS

des Abschlusses eines entgeltlichen Rechtsgeschäftes Glücksspiel" zugrunde. Es stelle eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar, ob der Begriff der Ausspielung im GSpG einheitlich sei und die Glücksspielabgabenpflicht vom Vorliegen einer Ausspielung im rechtlichen Sinn des § 2 GSpG abhänge. Auch stelle es eine grundsätzliche Rechtsfrage dar, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Spiel, das in § 1 Abs. 2 GSpG nicht genannt sei, zum Glücksspiel erklärt werden dürfe. Es müsse geklärt werden, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Glücksspielabgabepflicht für Poker auch dann bestehe, wenn dieses gesetzlich nicht als Glücksspiel definiert sei.

12 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 19. Oktober 2017, Ro 2015/16/0024, ausgeführt hat, nahm der Gesetzgeber mit der GSpG-Novelle 2008 eine beispielhafte Aufzählung von bestimmten Arten an Glücksspielen im § 1 Abs. 2 GSpG vor und nannte dabei ausdrücklich auch Poker. Damit wollte der Gesetzgeber erreichen, dass es für den Rechtsanwender ohne eingehendes Judikaturstudium für die gängigsten Spielvarianten eindeutig erkennbar sei, dass es sich bei den in diesem Absatz angeführten Spielen jedenfalls um Spiele im Sinn des § 1 Abs. 1 GSpG und somit - sofern kein Ausnahmetatbestand zur Anwendung komme - um dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegende Glücksspiele handle. Überdies solle durch die Aufnahme des demonstrativen Katalogs von klassischen Glücksspielen die Rechtssicherheit erhöht und gerichtliche Auseinandersetzungen um deren Glücksspieleigenschaft im Interesse der Verfahrensökonomie und einer effektiven Umsetzung des GSpG vermieden werden (ErläutRV 658, BlgNR 24. GP, 5). Der Verfassungsgerichtshof hegte dagegen insofern keine Bedenken, als er es grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gelegen sieht, wenn dieser das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft (vgl. VfSlg. 19.767/2013). Die Aufhebung des Wortes "Poker" in § 1 Abs. 2 GSpG idF BGBl. I Nr. 54/2010 erfolgte vielmehr wegen der sich in Zusammenhalt mit den Konzessionsregelungen (§ 22 GSpG) ergebenden Auswirkung des Gesetzes auf den Betrieb von gewerblichen Poker-Casinos.

13 Sofern der Gesetzgeber selbst ein Spiel als Glücksspiel qualifiziert, obliegt die Prüfung der Sachlichkeit einer solchen Regelung dem Verfassungsgerichtshof; ob ein in § 1 Abs. 2 GSpG nicht genanntes Spiel als Glücksspiel zu beurteilen ist, obliegt den Verwaltungsbehörden unter der nachprüfenden Kontrolle der Verwaltungsgerichte sowie des Verwaltungsgerichtshofes. Diesbezüglich liegt auch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor, anhand derer die Zuordnung zu treffen ist (vgl. jüngst VwGH 11.7.2018, Ro 2018/17/0001); eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich daher in diesem Zusammenhang nicht.

14 Auch vor der Aufnahme des Wortes "Poker" in den Glücksspiele bloß demonstrativ aufzählenden § 1 Abs. 2 GSpG mit der Novelle BGBl. I Nr. 54/2010 wurden bestimmte Arten des Pokerspiels als Glücksspiel qualifiziert (vgl. dazu VwGH 8.9.2005, 2000/17/0201); dass sich an dieser Beurteilung etwas geändert hätte bzw. wie Poker aufgrund welcher Umstände sonst zu qualifizieren wäre, wird von der revisionswerbenden Partei nicht einmal ansatzweise vorgebracht. Wenn die Revision den Gedanken im angefochtenen Erkenntnis aufgreift, dass der Begriff der Ausspielung in § 57 GSpG nicht der monopolrechtliche Ausspielungsbegriff sei, genügt es darauf hinzuweisen, dass sich diese Frage im Hinblick auf das Vorstehende nicht stellt. Auch insofern stellt sich daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

15 Mit dem übrigen Zulässigkeitsvorbringen der Revision hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits aufgrund insoweit gleichlautender Revisionen in seinen Beschlüssen jeweils vom 21. Jänner 2019, Ro 2018/17/0007, 0008, sowie Ra 2018/17/0150, auf deren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird, auseinandergesetzt und ausgesprochen, dass mit diesem Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird.

16 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird somit insgesamt keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

17 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren unter Absehen von einer Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

18 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 26. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019170003.J00

Im RIS seit

09.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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