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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/07/0026Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision 1. der U F und 2. des D G, beide in S, beide vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 20. Dezember 2018, Zl. LVwG-2018/38/1994-11, betreffend Bewilligung der Abtrennung eines Bestandteiles eines geschlossenen Hofes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Imst; mitbeteiligte Partei: G K in S, vertreten durch Dr. Markus Skarics in 6460 Imst, Dr. Pfeiffenberger-Straße 14), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 20. Dezember 2018 genehmigte das Landesverwaltungsgericht Tirol - einer Beschwerde der Mitbeteiligten gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst (BH) vom 11. Juli 2018 Folge gebend - gemäß § 5 Tiroler Höfegesetz - THG einen Antrag der Mitbeteiligten vom 10. Juni 2015 auf Abschreibung eines bestimmten Grundstücks von einem geschlossenen Hof.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen - u.a. gestützt auf eingeholte Gutachten - aus, mit dem gegenständlichen Grundstück sei das Miteigentum (insgesamt ¾) an der Liegenschaft EZ 296 Grundbuch S. verbunden. Der weitere Viertelanteil an der Liegenschaft EZ 296 sei mit dem näher genannten geschlossenen Hof realrechtlich verbunden; dessen Eigentümer seien je zur Hälfte die Revisionswerber.
3 Die Liegenschaft EZ 296 umfasse 12 m2 und sei geschottert; sie habe an sich gar keinen Ertrag. Der geschlossene Hof sei mit einer Flächenausstattung von 1,9486 ha landwirtschaftliche Fläche, 3,9445 ha Alpfläche und 1,5 ha forstwirtschaftliche Fläche nicht mehr geeignet, mindestens zwei erwachsene Personen zu erhalten.
4 Nach § 5 Abs. 1 THG sei die Bewilligung zur Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes zu erteilen, wenn der Hof nach der Abtrennung zur Erhaltung von mindestens zwei erwachsenen Personen noch hinreiche und wenn der beantragten Abtrennung erhebliche wirtschaftliche oder landeskulturelle Bedenken nicht entgegenstünden.
5 Nach der hg. Rechtsprechung (Hinweis u.a. auf VwGH 7.12.2006, 2005/07/0171, sowie 18.11.2010, 2009/07/0054) dürfe eine Genehmigung nach § 5 THG auch dann, wenn der Hof nicht mehr zur Erhaltung von mindestens zwei erwachsenen Personen hinreiche, nur erteilt werden, wenn mit der Abtrennung keine weitere Schwächung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Hofes verbunden sei. Mit Blick auf die Eigenschaften der Liegenschaft EZ 296 stehe der beantragten Abschreibung wirtschaftlich nichts entgegen.
6 Die Revisionswerber als die Eigentümer des geschlossenen Hofes sähen allerdings wirtschaftliche Bedenken im Sinn des § 5 THG, welche der Bewilligung der Abtrennung entgegenstünden, darin, dass die Zufahrt zu ihrem Wirtschaftsgebäude mit sehr großen landwirtschaftlichen Geräten über die gegenständliche Parzelle erleichtert möglich sei.
7 Diese Auffassung teilte das Verwaltungsgericht nicht, weil - nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens und unter Zugrundelegung eines Gutachtens - das bisher mit größeren Maschinen gepflogene ein- bis zweimalige Reversieren auch ohne Benützung von Fremdgrund, nämlich auf der öffentlichen Straße, möglich sei. Da somit auch bei Abschreibung des betroffenen Grundstückes nach wie vor eine Zufahrt zum Wirtschaftsgebäude des geschlossenen Hofes gegeben sei, bestünden keine "ausreichenden wirtschaftlichen Bedenken" gegen die beantragte Abschreibung; beengte dörfliche Verhältnisse seien in Tirol oft zu finden.
8 Da auch landeskulturelle Bedenken gegen die beantragte Abschreibung - solche seien etwa öffentliche Anliegen der Bodenordnung - nicht bestünden, sei die beantragte Genehmigung - in Abänderung des Bescheides der BH - zu erteilen.
9 Die Revision gegen diese Entscheidung ließ das Verwaltungsgericht nicht zu.
10 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 3.1. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision behaupten zunächst eine Abweichung von der hg. Rechtsprechung, weil nach VwGH vom 18.11.2010, 2009/07/0054, die aktuelle Nutzung der in Rede stehenden Grundstücksteile bei der Beurteilung nach § 5 THG überhaupt nicht maßgebend sei; die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Liegenschaft EZ 296 derzeit geschottert sei und deshalb keinen Ertrag erbringe, sei daher unerheblich.
14 Damit missverstehen die Revisionswerber allerdings die in dem angeführten Erkenntnis getroffene Aussage, welche sich ausschließlich auf die Eigenschaft als "geschlossener Hof" als Voraussetzung für die Anwendung des THG und damit für ein Tätigwerden der Höfebehörde überhaupt bezieht; in diesem Zusammenhang kommt es nach § 1 THG lediglich auf die Grundbuchseintragung an, sodass insofern Änderungen der Benützungsart unerheblich sind.
15 Für die Beurteilung der aus § 5 Abs. 1 THG in der hg. Rechtsprechung abgeleiteten Voraussetzung, dass mit der beantragten Abtrennung keine weitere Schwächung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist, hat das Verwaltungsgericht ganz zu Recht auf die konkrete Bewirtschaftung des geschlossenen Hofes abgestellt.
16 3.2. Soweit die Zulässigkeitsausführungen im Folgenden hervorheben, auch ertragsmäßig unproduktive, aber zur Bewirtschaftung erforderliche Grundstücke, wie gerade Wegflächen, könnten im Falle ihrer Abtrennung zu einer weiteren Schwächung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führen, lassen die Revisionswerber die - oben wiedergegebenen (Rz 7) - Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses außer Acht, wonach das gegenständliche Grundstück auch nicht etwa zum Reversieren mit größeren Fahrzeugen erforderlich ist.
17 Im Weiteren üben die Revisionswerber Kritik an der Auffassung des Verwaltungsgerichts, angesichts der bestehenden alternativen Zufahrtsmöglichkeit bestünden keine wirtschaftlichen Bedenken gegen die beantragte Abtrennung. Die diesbezüglichen Ausführungen der Revisionswerber werfen allerdings ebenso wenig wie jene zu dem dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden Verständnis der "landeskulturellen Bedenken" eine grundsätzliche Rechtsfrage auf, zumal sich das Verwaltungsgericht zu Letzteren am Begriffsverständnis des hg. Erkenntnisses vom 26. April 1995, 94/07/0134, orientiert hat.
18 3.3. Mit den schließlich unterbreiteten Verfahrensrügen werfen die Revisionswerber eine grundsätzliche Rechtsfrage schon deshalb nicht auf, weil darin die konkrete Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht dargelegt wird (vgl. etwa VwGH 3.8.2016, Ra 2016/07/0040, oder 15.11.2017, Ra 2016/08/0184, 0185, jeweils mwN).
19 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019070025.L00Im RIS seit
08.07.2019Zuletzt aktualisiert am
08.07.2019