TE Vwgh Beschluss 2019/4/4 Ra 2019/08/0045

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Veröffentlicht am 04.04.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
62 Arbeitsmarktverwaltung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

AlVG 1977 §36 Abs2
AVG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der E P in W, vertreten durch Dr. Gottfried Forsthuber und Mag. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwälte in 2500 Baden, Wiener Straße 80, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Jänner 2019, W218 2171293-1/12E, betreffend Notstandshilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht - in Bestätigung des Bescheides des AMS Hietzinger Kai vom 13. Juni 2017 - aus, der Antrag der Revisionswerberin auf Gewährung der Notstandshilfe vom 22. Mai 2017 werde abgewiesen. Diese Entscheidung gründete das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass die Revisionswerberin sich bei Anrechnung des Erwerbseinkommens ihres Lebensgefährten nicht in einer Notlage befinde. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

5 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen einer Lebensgemeinschaft abgewichen. Die Revisionswerberin habe keine Lebensgemeinschaft geführt. Es sei eine bloße Wohngemeinschaft vorgelegen.

6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Berücksichtigung des Einkommens eines Lebensgefährten nach der Rechtslage vor der AlVG-Novelle BGBl. I Nr. 157/2017 besteht das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des eheähnlichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann. Jenes Element, um dessentwillen die Lebensgemeinschaft im konkreten Regelungszusammenhang von Bedeutung ist, nämlich das gemeinsame Wirtschaften, ist jedoch unverzichtbar. Unter dem Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft ist zu verstehen, dass beide Partner einander Beistand und Dienste leisten und an den zur Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen lassen, etwa auch die Freizeit weitgehend gemeinsam verbringen (vgl. VwGH 17.5.2018, Ra 2018/08/0082, mwN).

7 Das BVwG hat - wenngleich teilweise disloziert im Rahmen der Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung bzw. zur Beweiswürdigung - alle Elemente, durch die im Sinn dieser Rechtsprechung eine Lebensgemeinschaft begründet wird (Geschlechts- , Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft), festgestellt.

8 Soweit die Revision diese Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes bestreitet, wendet sie sich der Sache nach gegen die Beweiswürdigung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 9.3.2016, Ra 2016/08/0045). Einen derartigen Mangel zeigt die Revision nicht auf.

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. Wien, am 4. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019080045.L00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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