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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
BAO §21Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und den Senatspräsidenten Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak und die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der I GmbH in S, vertreten durch die Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH in 1010 Wien, Renngasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 16. Mai 2016, Zl. RV/7101129/2012, betreffend Körperschaftsteuer 2005 bis 2007, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Im Rahmen einer bei der Revisionswerberin erfolgten abgabenbehördlichen Prüfung der Streitjahre 2005 bis 2007 wurden die von ihr für ihre beiden Gesellschafter-Geschäftsführer gebildeten Pensionsrückstellungen als verdeckte Ausschüttungen behandelt. Im Abschlussbericht vom 3. November 2010 führte die Prüferin u.a. aus, die Revisionswerberin habe mit ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern mit Wirkung vom 1. Jänner 2004 (undatierte) schriftliche Pensionszusagen vereinbart. Im November 2004 seien für die Pensionsansprüche der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer Rückdeckungsversicherungen abgeschlossen worden. Ab Mai 2005 seien die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr wesentlich beteiligt gewesen, sodass die direkte Leistungszusage der Revisionswerberin unter das Betriebspensionsgesetz (im Folgenden: BPG) falle. Eine Rückstellungsbildung sei nur bei einer, die gesetzliche Pensionsversicherung ergänzenden, Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung anzuerkennen. Den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern sei vertraglich das Recht eingeräumt worden, ihre Dienstverhältnisse über den Pensionsstichtag hinaus zu verlängern. Dabei bestehe für sie die Wahlmöglichkeit, den durch die Rückdeckungsversicherung angesparten Betrag ab dem Pensionsstichtag ausbezahlt zu erhalten oder die Anwartschaft zu verlängern. Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer könnten somit ohne Zustimmung der Revisionswerberin die Versicherungsleistung während ihrer aktiven Arbeitszeit in Anspruch nehmen oder zum vertraglich vereinbarten Pensionsstichtag das Beschäftigungsverhältnis beenden. Es sei somit nicht eine die gesetzliche Altersversorgung ergänzende Leistung vereinbart worden, die den mit der Pensionierung verbundenen Einkommensausfall ausgleichen solle, sondern es sei lediglich eine Versicherung für die Gesellschafter-Geschäftsführer abgeschlossen worden, die zu einem bestimmten Stichtag, unabhängig von der Beendigung des Dienstverhältnisses, zur Auszahlung gelange. Weiters betrage die Ansparzeit lediglich sechs Jahre und einen Monat bzw. zehn Jahre und einen Monat. Die Pensionszusagen seien daher dem Grunde nach unangemessen und die geltend gemachten Betriebsausgaben steuerlich nicht anzuerkennen.
2 Gegen die nach Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Körperschaftsteuer der Jahre 2005 bis 2007 ergangenen Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2007 erhob die Revisionswerberin Berufung. Die Nichtanerkennung der Pensionsrückstellungen verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die erstmals in der Bilanz zum 30. April 2004 gebildete Pensionsrückstellung sei bereits im Rahmen der Vorbetriebsprüfung ausdrücklich als rechtmäßig anerkannt worden, was nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Hindernis für eine abweichende Beurteilung in den Folgejahren darstelle. Die im Rahmen des Auslegungsspielraums liegende Beurteilung der Finanzbehörde für das Jahr 2004 sei auch für die Folgejahre bindend. Die Revisionswerberin ermittle ihren Gewinn nach § 5 EStG 1988. Sie könne daher gemäß § 14 Abs. 6 EStG 1988 für schriftliche, rechtsverbindliche und unwiderrufliche Pensionszusagen Pensionsrückstellungen bilden. Dass die Beendigung des Dienstverhältnisses für die Entstehung des Pensionsanspruchs zu dem im Pensionsvertrag angegebenen Pensionsstichtag keine unbedingte Voraussetzung sei, sei unschädlich. Das Deckungskapital für die Pensionsrückstellungen der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer sei über einen Zeitraum von elf bzw. sieben Jahren angesammelt worden. Maßgeblich sei, über welchen Zeitraum der Aufwand verteilt werde. Das "7-Jahre-Erfordernis" der Verwaltungspraxis sei daher deutlich überschritten bzw. zumindest erfüllt. Die Schlussfolgerung der Betriebsprüfung, wonach der undatierte Pensionsvertrag erst am selben Tag abgeschlossen worden sei wie die Rückdeckungsversicherung, sei falsch. Im Pensionsvertrag finde sich noch kein Verweis auf die Rückdeckungsversicherung und die Pensionsrückstellung sei bereits in der Bilanz zum 30. April 2004 enthalten. Eine Abweichung von der für das Jahr 2004 vertretenen Rechtsansicht lasse sich auch mit dem Verweis auf das BPG nicht rechtfertigen, würde es doch dem Zweck des § 14 EStG 1988 widersprechen, wenn Zusagen an (selbständige) Gesellschafter-Geschäftsführer günstiger behandelt würden als Zusagen an echte Dienstnehmer.
3 In einer Berufungsergänzung brachte die Revisionswerberin vor, bei den im Rahmen der Außenprüfung hinzugerechneten Beträgen handle es sich um jene aus der Unternehmensbilanz. Der Ansatz der Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz sei wesentlich niedriger.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Berufung teilweise Folge und reduzierte die nicht anerkannten Dotierungsbeträge für die Pensionsrückstellungen um die in der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung bereits steuererhöhend angesetzten Beträge.
5 Im konkreten Fall sei strittig, ob die Dotierungen von Pensionsrückstellungen für die beiden Geschäftsführer steuerlich anerkannt werden könnten, zumal die kurze Ansammlungsdauer sowie der Umstand, dass Pensionsleistungen unabhängig von einer allfällig nach dem Pensionsstichtag weiterhin ausgeübten Berufstätigkeit ungekürzt erbracht werden könnten, gegen eine fremdübliche Vorgehensweise sprächen.
6 Unter der Überschrift: "Angenommener Sachverhalt" führte das Bundesfinanzgericht aus:
"Den beiden Geschäftsführern wurde jeweils eine (undatierte) schriftliche Pensionszusage in der Form einer direkten Leistungszusage im Sinne des BPG 1990 von der Bf. erteilt.
Vertragsbeginn
Pensionsstichtag
Geburtsdatum
Beteiligung 1.1.04
1.1.2004
1.1.2011
17.12.44 VS
60 %
1.1.2004
1.1.2015
23.5.54 SS
40 %
Vertraglich wurden die Geschäftsführer ab 1.8.2003 als künftig als Angestellte tätig werdende Geschäftsführer von der Bf. beschäftigt.
Die Beendigung des Dienstverhältnisses ist für den Pensionsanspruch nicht Voraussetzung (3.1 der Pensionszusage). Bei Verlängerung des Dienstverhältnisses über den Pensionsstichtag kann der Dienstnehmer die Alterspension in Anspruch nehmen.
Zu Vertragsbeginn der Zusagen, dem 1.1.2004, waren die Geschäftsführer wesentlich beteiligt, daher das BPG nicht anwendbar und wurde die Zusage ohne Unwiderruflichkeitsklausel erteilt. Ab 2005 wird mit den vorstehenden Regelungen ein im Fall der Fortsetzung der Geschäftsführertätigkeit über den Pensionsstichtag hinaus ein den letzten Aktivbezug übersteigender Übergenuss erreicht.
Da die Zusagen undatiert sind, und auch ein vom Kalenderjahr abweichender Bilanzstichtag zum 30.4. keinen vor diesem Zeitpunkt gelegenen Vertragsabschluss darzutun vermag, weil auch nach dem 30.4. hervorgekommene Umstände bei der Bilanzerstellung noch zu berücksichtigen sind, ist jedenfalls von einem weniger als 7 J bzw von einem 10 Jahre und einem Monat umfassenden Zeitraum zwischen Pensionsstichtag und Erteilung der Pensionszusagen auszugehen."
7 Unter der Überschrift: "Rechtliches" führte das Bundesfinanzgericht aus:
"‚Rückstellungen einer Kapitalgesellschaft für Pensionsansprüche eines gesellschaftsnahen Geschäftsführers sind verdeckte Ausschüttungen, wenn die Pensionszusage auf der der Pensionsanspruch beruht, in der gegebenen Form einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer nicht gemacht worden wäre und diese Pensionszusage daher für den Bereich des Steuerrechtes keine Anwendung finden kann. An die demnach zu prüfenden Voraussetzungen ist in jeder Hinsicht ein strenger Maßstab anzulegen. In diesem Sinn muss einer Pensionszusage die steuerliche Anerkennung schon dann versagt werden, wenn auch nur eine ihrer wesentlichen Bestimmungen so beschaffen ist, dass die gewährte Pension als Ganzes bei vernünftiger wirtschaftlicher Vorgangsweise einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer nicht gemacht worden wäre' VwGH Zl 94/15/0185.
Nach hA tritt bei gleichzeitiger Anspruchsberechtigung auf Pensions- und Lohnzahlung der Versorgungscharakter der betrieblichen Alterspension in den Hintergrund (vgl FG München 19. Juli 2010 AZ 7 K 2384/07).
Ist keine Anrechnung der Aktivbezüge oder eine Ruhendstellung der Pensionsansprüche vorgesehen entspricht dies nicht mehr der im Geschäftsleben üblichen Vorgangsweise (vgl. FG München 16. Dezember 2008 AZ 13 K 3118/05 und BFH 5. März 2008 Az I R 12/07).
Unter § 1 Abs 1 BPG fallen zur die gesetzliche Pension ergänzende Leistungszusagen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer. Unabhängig vom Eintritt des Versicherungsfalles und der Beendigung der Tätigkeit gewährte Leistungszusagen sind damit unvereinbar.
Darüber hinaus ist ein Zeitraum von weniger als 7 Jahren zwischen Zusage und und Pensionsstichtag jedenfalls nicht fremdüblich (vgl. Doralt Einkommensteuergesetz12, § 14 Tz 48/1).
Eine Pensionszusage ist immer in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Sie kann entweder zur Gänze anerkannt oder zur Gänze nicht anerkannt werden.
Im Hinblick auf die einem Fremdvergleich nicht standhaltende Pensionszusage hat das Finanzamt zu Recht den begehrten Betriebsausgabenabzug im Sinne des § 9 Abs 1 iVm § 14 Abs 7 EStG 1988 versagt."
8 Zum Grundsatz von Treu und Glauben führte das Bundesfinanzgericht abschließend aus, der Vorbetriebsprüfung sei ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen, seien die Geschäftsführer zum damaligen Zeitpunkt doch wesentlich beteiligt gewesen. Auch das Fehlen der Unwiderruflichkeitsklausel sei einer steuerlichen Anerkennung zwingend entgegengestanden, sodass keine Bindungswirkung habe entstehen können. Im Übrigen seien die zu beurteilenden Vereinbarungen "ohne Einfluss" der Vorbetriebsprüfung getroffen worden.
9 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesfinanzgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig, da keine Rechtsfrage, sondern lediglich eine in freier Beweiswürdigung zu beantwortende Tatfrage zu beantworten sei, nämlich, ob die Pensionszusagen unter fremdüblichen Bedingungen abgeschlossen worden seien.
10 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof - das Finanzamt erstattete keine Revisionsbeantwortung - erwogen hat:
11 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit
u. a. vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis enthalte lediglich eine verkürzte Sachverhaltsdarstellung. Die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts lasse sich nicht nachvollziehen. Auch habe das Bundesfinanzgericht außer Acht gelassen, dass der Sachverhalt der beiden Pensionszusagen aufgrund der unterschiedlichen Anwartschaftszeiträume nicht ident sei.
12 Die Revision ist schon im Hinblick auf die gerügten Begründungsmängel zulässig und berechtigt.
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte so zu begründen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist. Dabei muss erkennbar sein, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Verwaltungsgericht zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen es die Subsumtion des Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. etwa VwGH 12.9.2018, Ra 2015/13/0055, mwN).
14 Diesem Erfordernis wird das angefochtene Erkenntnis mit den nur rudimentären Sachverhaltsfeststellungen und der knappen rechtlichen Würdigung nicht gerecht. So wird vor allem nicht - unter Darstellung der wesentlichen Bestimmungen der jeweiligen Pensionszusagen - nachvollziehbar dargestellt, aus welchen Überlegungen das Bundesfinanzgericht die Fremdüblichkeit der den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern gewährten Pensionszusagen im Einzelnen verneint hat (zur Frage einer allfälligen "Überversorgung" vgl. in diesem Zusammenhang etwa VwGH 22.5.2002, 99/15/0059, und 4.3.2009, 2004/15/0135). Die Revisionswerberin rügt weiters zu Recht das Fehlen einer näheren Auseinandersetzung mit den unterschiedlich langen Anwartschaftszeiträumen der gewährten Pensionszusagen.
15 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich schon aufgrund dieser Begründungsmängel als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, sodass es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.
16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 27. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2016130033.L00Im RIS seit
08.07.2019Zuletzt aktualisiert am
08.07.2019