TE OGH 2019/1/17 5Ob147/18f

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Veröffentlicht am 17.01.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. M***** GmbH, *****, 2. V***** S*****, 3. A***** S*****, 4. Marktgemeinde A*****, alle vertreten durch Mag. Berthold Hauser, öffentlicher Notar in Obernberg am Inn, wegen Grundbuchshandlungen in EZ ***** und EZ *****, jeweils KG *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Erstantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 20. Juni 2018, AZ 6 R 82/18m, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Ried im Innkreis vom 17. April 2018, TZ 1840/2018, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden betreffend den Antrag auf Ab- und Zuschreibung des Grundstücks ***** (Antragsbegehren 7. und 8.) dahin abgeändert, dass aufgrund des Tausch- und Schenkungsvertrags vom 6. 12. 2016, des Ergänzungs-Bescheids vom 5. 3. 2018, des Bescheids vom 13. 2. 2017 und des Rangordnungsbeschlusses vom 12. 2. 2018 (TZ 779/2018) in EZ ***** KG ***** im Rang TZ 779/2018 die Abschreibung des Gst ***** und Zuschreibung zur EZ ***** KG ***** und in EZ ***** KG ***** die Mitübertragung der Eintragung C-LNR 1 (TZ 2492/1985 5704/1992 Dienstbarkeit der Duldung der 30 KV-Doppelleitung R*****-Umspannwerk U***** gem Pkt II–IV Dienstbarkeitsvertrag 1984-12-27 hins Gst ***** für Stadtgemeinde R*****) zur Eintragung gemäß Pkt 7 in der EZ ***** KG ***** bewilligt wird.

In seinem gesamten übrigen Umfang bleibt der Beschluss des Erstgerichts, als in Rechtskraft erwachsen, unberührt.

         Hievon verständigt werden

               Mag. Bertold Hauser, GZ 72/2016, Marktplatz 10,           4982 Obernberg am Inn

               M***** GmbH, *****                    *****

               V***** S*****                   *****

               A***** S*****                             *****

               Marktgemeinde A*****           *****

               Marktgemeindeamt A*****                   *****

               Finanzamt *****           *****

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Neben anderen – antragsgemäß bewilligten – Grundbuchshandlungen begehrten die Antragsteller aufgrund eines in Notariatsaktsform errichteten Tausch- und Schenkungsvertrags vom 6. 12. 2016 in der EZ ***** KG ***** (Alleineigentum der Erstantrag-stellerin) die Abschreibung eines Grundstücks und dessen Zuschreibung zur EZ ***** KG ***** (Miteigentum der Zweitantragstellerin und des Drittantragstellers), sowie die Mitübertragung einer in der EZ ***** KG ***** eingetragenen Dienstbarkeit (Antragsbegehren 7. und 8.).

Das Erstgericht wies diese Begehren ab. Das Grundbuchsgericht dürfe eine Eintragung nur dann bewilligen, wenn die Urkunden in der Form vorlägen, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich sei. Für die Erstantragstellerin habe deren Geschäftsführer den Notariatsakt unterschrieben, in dessen „Unterschrift“ fehle jedoch der Firmenwortlaut und damit eine dem § 18 Abs 2 GmbHG und der Musterzeichnungserklärung entsprechende Firmenzeichnung. Da die auf Basis des Notariatsakts beantragte Abschreibung der Erstantragstellerin zum Nachteil gereiche, könne über diesen Mangel nicht hinweggesehen werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstantragstellerin nicht Folge. Die Voraussetzungen für die Wertung eines Notariatsakts als öffentliche Urkunde regle zwar § 68 NO. Aber auch wenn der Notariatsakt vom 6. 12. 2016, der einleitend auf die selbstständige Vertretungsbefugnis des Zeichnenden für die GmbH verweise, die Voraussetzungen des § 68 NO erfülle und ihm grundsätzlich die Kraft einer öffentlichen Urkunde zukomme, so folge daraus noch nicht zwingend, dass damit alle sonstigen Voraussetzungen für eine konkret begehrte grundbücherliche Eintragung erfüllt seien. Im Fall einer zu Gunsten einer juristischen Person begehrten grundbücherlichen Eintragung sei ein urkundlicher Nachweis der Zeichnungsberechtigung der als Organ der juristischen Person einschreitenden Personen nur bei begründeten Bedenken zu fordern. Da hier aufgrund des Tausch- und Schenkungsvertrags ein Grundstück aus dem Gutsbestand der Erstantragstellerin abgeschrieben werden solle, komme der strenge Prüfungsmaßstab bei Grundstückshandlungen zum Nachteil eines Antragstellers zum Tragen. Die Zeichnungsberechtigung könne entweder durch Vorlage eines Firmenbuchauszugs oder durch eine Registerbescheinigung des Notars nach § 89a NO urkundlich nachgewiesen werden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Tausch- und Schenkungsvertrag selbst als Notariatsakt errichtet worden sei. In einem insoweit durchaus vergleichbaren Fall (5 Ob 235/01x) habe der Oberste Gerichtshof judiziert, dass die bloße Aufnahme der Bezeichnung „Sohn“ in einen über das Rechtsgeschäft aufgenommenen Notariatsakt den geforderten urkundlichen Nachweis des für die Verbücherung eines Belastungs- und Veräußerunsgverbots nach § 364c ABGB erforderlichen Angehörigenverhältnisses nicht ersetzen könne. Ein solcher Nachweis könne entweder durch entsprechende Standesurkunden oder aber durch eine dem § 89b NO entsprechende notarielle Beurkundung erbracht werden, welche voraussetze, dass der beurkundende Notar unter Angabe des Datums die Einsichtnahme in die Standesurkunde bestätige und diese unter Wiedergabe der für die Bewilligung des Grundbuchsgesuchs relevanten Punkte genau bezeichne; dies aus der – auch für die Frage des Bestehens einer Vertretungsbefugnis des für die Gesellschaft auftretenden Organs durchaus vergleichbaren – Überlegung, dass der Notar bei der Vertragserrichtung das nahe Verwandtschaftsverhältnis gar nicht aus eigenem Wissen beurkunden könne, sondern nur die Tatsache, dass ein solcher Sachverhalt in den Personenstandsbüchern – bzw bezogen auf den konkreten Fall: im Firmenbuch – beurkundet sei.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil sich die von ihm zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Unterschied zum vorliegenden Fall auf den Mangel einer materiell-rechtlichen Voraussetzung für das dort zu verbüchernde Verbot nach § 364c ABGB beziehe.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Erstantragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und auch die begehrte Ab- und Zuschreibung zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

1. Die Abschreibung des Bestandteils eines Grundbuchskörpers und seine Zuschreibung zu einem anderen Grundbuchskörper ist nur dann zulässig, wenn die das Begehren begründenden Urkunden den zu einer Einverleibung des Eigentumsrechts vorgeschriebenen Erfordernissen entsprechen (§ 74 Abs 1 GBG). Für die Abschreibung von Grundstücken und deren Zuschreibung zu einer anderen Liegenschaft gelten daher die gleichen Eintragungsvoraussetzungen wie für die Einverleibung (5 Ob 107/00x).

2. Die Einverleibung kann nur auf Grund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt sind und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthält (§ 31 Abs 1 GBG). Öffentliche Urkunden sind unter anderem die über Rechtsgeschäfte von einem Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse aufgenommenen Urkunden, wenn sie mit den im § 32 GBG vorgeschriebenen Erfordernissen versehen sind (§ 33 Abs 1 lit a GBG). Daneben müssen öffentliche Urkunden auch den Erfordernissen der §§ 26, 27 GBG entsprechen (RIS-Justiz RS0117704). Weder aus den §§ 26, 27 GBG noch aus § 32 GBG ergibt sich für öffentliche Urkunden das Erfordernis der Unterschrift; § 31 Abs 1 GBG fordert die Unterschrift der Parteien und deren Beglaubigung (gerade nur) für Privaturkunden.

3. Den Inhalt, den ein Notariatsakt enthalten muss, anderenfalls er nicht die Kraft einer öffentlichen Urkunde besitzt, regelt § 68 NO. Dazu zählt auch die Unterschrift der Parteien (§ 68 Abs 1 lit g NO). Aus der Zusammenschau mit dem Parteienbegriff der §§ 52, 53 und 55 NO und der Bestimmung des § 68 Abs 1 lit c NO, die den Vor- und Familiennamen der Parteien verlangt, ergibt sich, dass (auch) im Sinn des § 68 Abs 1 lit g NO Parteien die vor dem Notar erschienenen natürlichen Personen sind, die im eigenen oder im fremden Namen das Rechtsgeschäft abschließen oder die Rechtserklärung abgeben (1 Ob 849/36 NZ 1936, 172; Wagner/Knechtel, Notariatsordnung6 § 68 NO Rz 13). Organmitglieder einer Kapitalgesellschaft zeichnen daher zwar im Namen der Gesellschaft aber mit ihren persönlichen Unterschriften. Das gilt insbesondere auch für den Geschäftsführer einer GmbH; das der Ordnungsvorschrift des § 18 Abs 2 GmbHG (vgl RIS-Justiz RS0014561; RS0059724) entsprechende Hinzufügen der Firma der Gesellschaft ist nicht erforderlich (Wagner/Knechtel aaO Rz 13).

4. Im Fall der Unterfertigung der Urkunde im Namen einer juristischen Person muss freilich ersichtlich sein, dass die handelnden natürlichen Personen als Organe der juristischen Person tätig wurden (RIS-Justiz RS0060770). Dass der Geschäftsführer der Erstantragstellerin den Tausch- und Schenkungsvertrag vom 6. 12. 2016 in deren Namen unterfertigte, ist den notariellen Feststellungen am Beginn der Urkunde zu entnehmen und auch gar nicht strittig. Der vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund trägt die Entscheidung der Vorinstanzen daher nicht.

5. Das Rekursgericht begründete die Abweisung damit, dass bei Einschreiten einer Person als Organ der juristischen Person ein urkundlicher Nachweis der Zeichnungsberechtigung des einschreitenden Organs zu fordern sei; dies in dem hier zu beurteilenden Fall von Grundbucheintragungen zum Nachteil der juristischen Person (anders als im Fall einer zu deren Gunsten) jedenfalls und nicht nur bei begründeten Bedenken.

6. Das Grundbuchsgericht darf eine Eintragung nur dann bewilligen, wenn kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist (§ 94 Abs 1 Z 2 GBG). Gleich einer natürlichen Person ist aber auch einer juristischen Person im Rechtsverkehr grundsätzlich die Handlungsfähigkeit zu unterstellen. Das Einschreiten eines Organs erweckt daher nicht per se gegründete Bedenken im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG (RIS-Justiz RS0035178 [T8]). Nur dann, wenn Zweifel darüber aufkommt, ob der als Vertreter Einschreitende tatsächlich nach dem Gesetz die Vertretungsbefugnis besitzt, ist deren urkundlicher Nachweis zu fordern. Die Beibringung eines Firmenbuchauszugs oder einer Registerbescheinigung des Notars nach § 89a NO zum Nachweis der Zeichnungsberechtigung der einschreitenden Organe ist also nur zu verlangen, wenn begründete Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG bestehen (RIS-Justiz RS0035178 [T6, T7]).

7. Die Rechtsprechung hat sich zu diesen Grundsätzen zwar vor allem dann bekannt, wenn es um Eintragungen zugunsten einer organschaftlich vertretenen juristischen Person ging (vgl RIS-Justiz RS0060770; RS0035178; Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 31 GBG Rz 26; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 94 GBG Rz 62; Rechberger/Bittner2 Rz 197), doch ist die Anordnung des § 94 Abs 1 Z 2 GBG, nur bei begründeten Bedenken gegen die Vertretungsmacht des Verfügenden die begehrte Grundbuchseintragung zu verweigern, nicht auf diese Fälle beschränkt. Ein urkundlicher Nachweis der Vertretungsbefugnis der als Organ einer juristischen Person handelnden natürlichen Person(en) ist daher selbst bei Eintragungen, die zu Lasten der juristischen Person erfolgen sollen, nicht grundsätzlich, sondern nur im Fall begründeter Bedenken zu fordern (5 Ob 105/06m; 5 Ob 10/03m; 5 Ob 11/03h; Rechberger, Anmerkung zu 5 Ob 4/84, RdW 1985, 109; vgl Rassi, Grundbuchsrecht2 Rz 443 [mit Hinweis auf die notwendige Differenzierung zwischen der verfahrensrechtlichen Einschreiterbefugnis und der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis]). Auch aus der Entscheidung 5 Ob 96/15a ist nichts Gegenteiliges abzuleiten. Die Aussage, dass ein urkundlicher Nachweis der Zeichnungsberechtigung des Organs der Gesellschaft, das eine Verfügungsvollmacht zum Abschluss des Kaufvertrags unterzeichnete, „jedenfalls“ notwendig sei, bezog sich explizit auf den in dieser Entscheidung konkret zu beurteilenden Antrag des Käufers auf Eintragung seines Eigentumsrechts zu Lasten einer ausländischen Gesellschaft. In diesem vor allem auch durch den Verdacht der Umgehung des § 1371 ABGB durch Bevollmächtigung der Pfandgläubigerin geprägten Fall waren gegründete Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG zu bejahen. Über den dort beurteilten besonderen Sachverhalt hinaus lässt sich diese Aussage daher nicht verallgemeinern.

8. Im hier zu beurteilenden Fall lassen sich Bedenken, dass dem Unterzeichneten die behauptete Vertretungsmacht fehlte, nicht schlüssig begründen; aus den Eintragungsgrundlagen und dem Akteninhalt sind solche nicht abzuleiten. Des vom Rekursgericht geforderten urkundlichen Nachweises der Vertretungsbefugnis des für die Erstantragstellerin zeichnenden Geschäftsführers bedarf es daher nicht. Damit stellt sich auch die Frage nicht, ob und inwieweit der Nachweis der Vertretungsmacht auch durch entsprechende Angaben in einem Notariatsakt erbracht werden könnte.

9. Die von den Vorinstanzen bejahten Eintragungshindernisse iSd § 94 Abs 1 Z 2 und Z 4 GBG liegen nicht vor; andere sind nicht zu erkennen. Die Beschlüsse der Vorinstanzen waren daher im Sinn der Bewilligung auch der Anträge auf Zu- und Abschreibung (Antragsbegehren 7. und 8.) abzuändern.

Textnummer

E124563

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00147.18F.0117.000

Im RIS seit

19.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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