Gbk 2018/5/8 GBK III/229/18

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Veröffentlicht am 08.05.2018
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

unmittelbare Diskriminierung durch geschlechtsspezifische Preisgestaltung

Text

Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundeskanzleramt gelangte am 15. November 2018 über den am 8. Mai 2018 eingelangten Antrag der Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen, betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch den Antragsgegner

Herr X

gemäß § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

durch den Antragsgegner eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen vorliegt.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag im Wesentlichen wie folgt dar:

Der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) sei im Rahmen ihrer Tätigkeit gemäß § 5 Abs. 2 GBK/GAW-Gesetz bekannt geworden, dass der Antragsgegner für seine Friseurdienstleistungen unterschiedliche Preise für Damen und Herren anführt.

Laut den dort aufscheinenden Preisen würden die gleichen Leistungen bezüglich Beratung – Wäsche – Schnitt – Styling für Damen teurer als für Herren angeboten:

Damen – Styling (€ 46,-):

Individuelle Beratung, Verwöhnhaarwäsche mit Massage, Typgerechter Haarschnitt, Individuelles Frisurenstyling

Herren – Herrenpaket Basic (€ 32,-):

Individuelle Beratung, Verwöhnhaarwäsche mit Massage, Typgerechter Haarschnitt, Finish

Weitere Leistungen wie Coloration, Kopfhautpflege und Augen würden laut Website nicht nach Geschlecht differenziert angeboten.

Vom Antragsgegner langte zu den Vorwürfen keine Stellungnahme an den Senat III ein. Auch erschien er trotz zweimaliger Ladung unentschuldigt nicht zur Befragung.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. zu prüfen, nämlich, ob die auf der Website des Antragsgegners angebotenen unterschiedlichen Preise für Frauen und Männer eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts darstellen oder diese aus anderen, vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktionierten Gründen gerechtfertigt sind und dem Antragsgegner der Beweis darüber im Verfahren gelungen ist. Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (1) Für das Merkmal des Geschlechts gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines Geschlechts oder Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.

§ 38.

(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Die Website des Antragsgegners (www…..at) differenziert laut den dort aufscheinenden Preisen bezüglich Beratung – Wäsche – Schnitt – Styling:

Damen – Styling (€ 46,-):

Individuelle Beratung, Verwöhnhaarwäsche mit Massage, Typgerechter Haarschnitt, Individuelles Frisurenstyling

Herren – Herrenpaket Basic (€ 32,-):

Individuelle Beratung, Verwöhnhaarwäsche mit Massage, Typgerechter Haarschnitt, Finish

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III bejahte in seiner Sitzung vom 15. November 2018 die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts durch den Antragsgegner iSd § 32 Abs. 1 leg.cit.

Das Gleichbehandlungsgebot verbietet eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Indem Frauen für einen „Damen-Styling“ (Individuelle Beratung, Verwöhnhaarwäsche mit Massage, Typgerechter Haarschnitt, Individuelles Frisurenstyling) einen Preis in der Höhe von € 46,- zu bezahlen haben, während Männer für ein „Herrenpaket Basic“ (Individuelle Beratung, Verwöhnhaarwäsche mit Massage, Typgerechter Haarschnitt, Finish) einen Preis von € 32,- zu bezahlen haben, werden Frauen gegenüber Männern gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. in einer vergleichbaren Situation weniger günstig behandelt.

Männer erhielten diese Leistung ausschließlich auf Grund ihres Geschlechts um € 14,- günstiger. Diese Differenzierung bezieht sich somit allein auf das Geschlecht, ohne dass für die Kundin/den Kunden sachliche Differenzierungen ersichtlich wären.

Auch wenn in der Preisliste bei den Herren von „Finish“ und bei den Damen von „Individuelles Frisurenstyling“ die Rede ist, geht der Senat davon aus, dass es sich dabei um vergleichbare Leistungen handelt.

Gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Antragsgegner/in glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war.

Da der Antragsgegner sich dem Senat III gegenüber hinsichtlich der Vorwürfe nicht äußerte und auch den Ladungen zur Befragungen nicht Folge leistete, ist es dem Antragsgegner nicht gelungen, den Vorwurf der Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 1 iVm 32 Abs. 1 leg.cit. zu entkräften.

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch den Antragsgegner eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz vorliegt.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hält es daher für notwendig, dass der Antragsgegner sich mit der geltenden Rechtslage vertraut macht, das Gleichbehandlungsgesetz respektiert und in Hinkunft alle Menschen, ungeachtet ihres Geschlechts, gleichbehandelt.

Der Senat III schlägt vor, dass der Antragsgegner die diskriminierende Preisgestaltung überarbeitet und seine Leistungen hinkünftig ohne Unterschied des Geschlechts offeriert.

Ferner soll auf der Homepage des Antragsgegners (www…..at) ab sofort ein gut erkennbarer und dauerhafter Hinweis auf die Existenz des Gleichbehandlungsgesetzes aufgenommen werden, sowie an derselben Stelle explizit darauf hingewiesen werden, dass niemand aufgrund des Geschlechts diskriminiert wird und dass sich Personen zur Beratung an die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden können.

Wien, November 2018

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

Hinweis: Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz sind die Vorschläge der Gleichbehandlungskommission binnen zwei Monaten umzusetzen. Wenn einem Auftrag gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz (siehe obige Vorschläge des Senates III) nicht binnen zwei Monaten entsprochen wird, kann jede im Senat III vertretene Interessenvertretung gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2019
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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