TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/19 W228 2190419-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2018
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Entscheidungsdatum

19.12.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52

Spruch

W228 2190419-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX, geboren am XXXX1998, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Dr. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.02.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.11.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

IV. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkt IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 52 FPG in Verbindung mit § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt.

V. Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat am 27.10.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.10.2015 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass der Onkel seines Vaters ein Unterstützer des jetzigen Machthabers Dr. Abdullah Abdullah gewesen sei und aus diesem Grund von unbekannten Personen getötet worden sei. Der Vater des Beschwerdeführers habe in der Folge entschieden, den Beschwerdeführer nach Europa zu schicken.

Der Beschwerdeführer wurde am 05.01.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er in der Provinz Kapisa geboren sei. Im Alter von zwei Jahren sei er mit seiner ganzen Familie in den Iran gegangen und habe sich seitdem nicht mehr in Afghanistan aufgehalten. Seine Eltern und Geschwister sowie mehrere Onkel und eine Tante würden nach wie vor im Iran leben. Er habe keine Angehörigen in Afghanistan. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass sein Großvater eine Waffe gehabt habe, die er dem Onkel väterlicherseits des Beschwerdeführers gegeben habe. Eine Person namens XXXX habe dem Onkel die Waffe abkaufen wollen. Der Onkel habe abgelehnt und sei daraufhin von XXXX getötet worden. Der Vater des Beschwerdeführers habe in der Folge XXXX getötet. Bei der Familie des XXXX handle es sich um einen großen und mächtigen Stamm und habe der Großvater des Beschwerdeführers in der Folge entschieden, dass die ganze Familie in den Iran flüchte, damit niemand aufgrund dieser Feindschaft getötet werde. Befragt, warum der Beschwerdeführer den Iran verlassen habe, gab er an, dass er religiöse Probleme gehabt habe, weil er Sunnit sei, die Mehrheit im Iran jedoch Schiiten seien. Er habe nicht zur Schule gehen können. Außerdem sei er mehrmals attackiert und geschlagen worden. Befragt, warum der Beschwerdeführer nicht nach Afghanistan zurückkehren könnte, gab er an, dass die Feinde ihn überall aufspüren würden. Vor fünf Jahren sei einer seiner Onkel väterlicherseits nach Afghanistan gereist und sei nach einer Woche getötet worden. Die Personen, die den Onkel getötet hätten, hätten auch gedroht, die Cousins des Beschwerdeführers umzubringen und hätten die Cousins daher auch den Iran verlassen. Seine Eltern seien im Iran attackiert und geschlagen worden und sein Bruder sei für kurze Zeit verschwunden gewesen. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan würde der Beschwerdeführer getötet werden.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 13.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs.1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinem Fluchtgrund, zur Situation im Falle seiner Rückkehr und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Es habe keine glaubhafte Gefährdungslage festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung glaubhaft machen können. Dem Beschwerdeführer könne eine Rückkehr nach Afghanistan zugemutet werden. Auch wenn die Sicherheitslage in seiner Heimatprovinz Kapisa volatil sei, stehe dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Herat offen.

Gegen verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid wurde mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 14.03.2018 Beschwerde erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer in Österreich sehr intensiv um Integration bemühe und beantrage er zum Beweis seiner Integrationsbemühungen die zeugenschaftliche Einvernahme seiner Patin, Frau XXXX. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan im Alter von zwei Jahren verlassen und habe daher bereits jetzt mehr Zeit seines Lebens in Österreich verbracht als in Afghanistan. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan wäre er dem Blutfehdeproblem, aufgrund dessen seine Familie Afghanistan verlassen habe, erneut ausgesetzt. Er habe konkrete Angaben zu dem Blutfehdeproblem gemacht und hätte die belangte Behörde überprüfen müssen, ob seine Angaben der Wahrheit entsprechen. Er beantrage entsprechende Erhebungen im Heimatland, gegebenenfalls die Einholung eines länderkundigen Sachverständigengutachtens. Im Falle einer Rückkehr wäre der Beschwerdeführer akut bedroht und seien er und seine Familie auch im Iran angegriffen worden. Ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen wolle er darauf hinwiesen, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan als "westernized person" angesehen werden würde. Abschließend wurde ausgeführt, dass, soweit die belangte Behörde auf das Gutachten von Mag. Mahringer Bezug nehme, dessen Ausführungen als unrichtig angezweifelt werden.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 26.03.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 12.04.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein mit 12.04.2018 datierter Schriftsatz der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers ein. Darin wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Opfer eines Blutfehdeproblems sei und er im Falle einer Rückkehr in ganz Afghanistan aufgespürt werden würde. Der Stellungnahme wurde eine Anfragebeantwortung vom Amnesty International an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 05.02.2018 beigelegt und wurde ausgeführt, dass durch dieses Dokument die unrichtigen Ausführungen Mahringers eindeutig belegt seien.

Am 24.05.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein mit 23.05.2018 datiertes Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers ein, mit welchem eine ärztliche Bestätigung vom 06.04.2018 sowie das Gutachten von Dr. Stahlmann vom 28.03.2018 zum Beweis dafür, dass eine Rückkehr für den Beschwerdeführer nach Afghanistan völlig ausgeschlossen sei, vorgelegt wurde.

Am 14.06.2018 übermittelte die belangte Behörde einen Bescheid des AMS vom 08.06.2018 mit welchem dem Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Tischler (Lehrling/Auszubildender) für die Zeit vom 01.07.2018 bis 31.12.2021 erteilt wurde.

Am 03.08.2018 langte ein mit 02.08.2018 datiertes Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welchem ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer seit 02.07.2018 eine Tischler-Lehre absolviere und wurde eine Kopie des Lehrvertrags übermittelt.

Am 24.08.2018 übermittelte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine Bescheinigung über die Ableistung eines Erste Hilfe Grundkurses betreffend den Beschwerdeführer.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Rechtssache am 13.11.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung, sowie eines Dolmetschers für die Sprache Dari und zwei Zeuginnen durchgeführt. Die belangte Behörde entschuldigte ihr Fernbleiben.

Am 04.12.2018 langte ein, mit 03.12.2018 datiertes, Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welchem auf die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers verwiesen wurde. In einem wurde eine Bestätigung des Dorfvorstehers aus der Provinz Kapisa, der zu entnehmen sei, dass der Onkel des Beschwerdeführers in Afghanistan ermordet worden sei, ein ergänzendes Unterstützungsschreiben sowie eine Anfragebeantwortung von ACCORD übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger, geboren XXXX1998. Er wurde in der Provinz Kapisa geboren, verließ im Alter von zwei Jahren gemeinsam mit seiner Familie Afghanistan und hat fortan im Iran gelebt. Die Eltern, die Geschwister sowie mehrere Onkel und eine Tante des Beschwerdeführers leben nach wir vor im Iran. Der Beschwerdeführer hat keine Angehörigen in Afghanistan.

Der Beschwerdeführer konnte keine Tazkira vorlegen. Somit steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Der Beschwerdeführer ist volljährig und ledig. Er ist arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist Tadschike, ist sunnitischer Moslem und spricht Dari und Farsi. Der Beschwerdeführer hat keine Schule besucht. Er hat im Iran mehrere Jahre lang als Motorradmechaniker gearbeitet. Nebenbei hat er seinem Vater, welcher als Fliesenleger gearbeitet hat, bei der Arbeit geholfen.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit spätestens 27.10.2015 in Österreich. Er ist illegal in das Bundesgebiet eingereist. Es halten sich keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer hat die Pflichtschlussabschluss-Prüfung an der Neuen Mittelschule 5 Linz abgelegt und bestanden. Mit Bescheid des AMS vom 08.06.2018 wurde dem Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Tischler (Lehrling/Auszubildender) für die Zeit vom 01.07.2018 bis 31.12.2021 erteilt und ist er seit 07.02.2018 bei der XXXX GmbH als Tischlerlehrling in Ausbildung, wo er ein Bruttogehalt in Höhe von €

928,00 monatlich erhält.

Der Beschwerdeführer hat mehrere Deutschkurse besucht, hat die Prüfung auf dem Niveau A1 abgelegt und verfügt über gute Sprachkenntnisse. Er nimmt regelmäßig am Fußballtraining beim ASKÖ Blaue Elf Linz teil und besitzt einen Spielerpass des OÖ Fußballverbandes. Er ist als ehrenamtlicher Mitarbeiter beim Österreichischen Roten Kreuz tätig. Der Beschwerdeführer nahm während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet an zahlreichen integrativen Aktivitäten teil, knüpfte soziale Kontakte und ist bereits gut in die österreichische Gesellschaft integriert. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer trinkt Alkohol, jedoch nicht in der Öffentlichkeit.

Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan keine Verfolgungsgefahr durch die Feinde seiner Familie aufgrund von Blutfehde droht.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer als Rückkehrer mit westlicher Orientierung in Afghanistan einer Verfolgung nicht ausgesetzt wäre.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

Zur Situation im Herkunftsland Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

Kapisa

Kapisa war eine der relativ friedlichen Provinzen in Nordostafghanistan, jedoch hat sich die Sicherheitslage in einigen abgelegenen Gebieten der Provinz in den letzten Jahren verschlechtert. Im Rahmen eines von Taliban geführten Aufstandes in Schlüsselprovinzen im Norden und Süden des Landes, versuchen regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen die Provinz Kapisa zu destabilisieren. Talibanaufständische sind in abgelegenen und unruhigen Distrikten der Provinz aktiv; ihre Aktivitäten sind:

gezielte Tötungen, Straßenbomben und koordinierte Angriffe auf Sicherheitskräfte, Regierungsbeamte und deren private Anlagen. Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 83 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in Kapisa 101 zivile Opfer (34 getötete Zivilisten und 67 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 19% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. In Kapisa leben Binnenflüchtlinge, die aus dem Distrikt Tagab aus Sicherheitsgründen flüchten mussten. Mitte März 2018 wurde von ca. 1.300 Personen berichtet, die aus verschiedenen Teilen des Landes (Kapisa, Laghman, Nuristan und Parwan) aufgrund anhaltenden gewaltsamen Konflikts in die Distrikte Mahmud-e-Raqi, Hisa-e-Awal-e-Kohestan und Hisa-e-Duwum-e-Kohestan der Provinz Kapisa geflüchtet sind. In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien; dabei wurden unter anderem Anhänger der Taliban und des IS getötet und manchmal ihre Anführer. Luftangriffe wurden durchgeführt; dabei wurden Taliban-Kommandanten getötet. Es kommt zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften.

Talibanaufständische sind in abgelegenen und unruhigen Distrikten der Provinz aktiv. Regierungsfeindliche Gruppierungen - zu denen Taliban und IS zählen - sind in folgenden Distrikten aktiv: Tagab, Alasay und Najrab. In Tagab haben die Taliban 2016 ein Fernsehverbot ausgesprochen und 2017 Frauen aus dem Distrikt-Bazar verbannt. Afghanische Sicherheitskräfte betonten, dass sie im Distrikt-Bazaar von Tagab vor Ort wären und dass das Frauen-Verbot nicht implementiert werden würde bzw. weiterhin zurückgewiesen bleibe.

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst.

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften.

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt.

Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen:

Berichten zufolge werden Personen von regierungsfeindlichen Kräften angegriffen, die vermeintlich Werte und/oder ein Erscheinungsbild angenommen haben, die mit westlichen Ländern in Verbindung gebracht werden, und denen deshalb unterstellt wird, die Regierung und die internationale Gemeinschaft zu unterstützen. UNHCR ist der Ansicht, dass - je nach den Umständen des Einzelfalls - für solche Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind, oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz aufgrund ihrer (zugeschriebenen) politischen Überzeugung oder aufgrund anderer relevanter Gründe bestehen kann.

Dokumentierte Fälle eines gezielten Vorgehens gegen zurückkehrende Afghanen auf Grundlage einer "Verwestlichung", weil diese in Europa gereist wären oder dort gelebt hätten, westliche Ausweisdokumente in ihrem Besitz oder Ideen angenommen hätten, welche als "unafghanisch", "westlich" oder "europäisch" angesehen werden, sind spärlich. Uneinheitliche Beschreibungen aus Quellen nennen vereinzelte Berichte vermeintlicher Entführungen oder sonstige, auf Einzelne abzielende Verfolgungshandlungen, oder, dass nicht für jede Person ein Risiko besteht, aber, dass solche Handlungen vorkommen, wobei allerdings der Grad und die Verbreitung schwierig zu quantifizieren sind, oder aber, dass Verfolgung nicht spezifisch vorkomme wegen des Asylwerbens oder des Bereisens westlicher Länder.

2. Beweiswürdigung:

Da der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Daten keine Tazkira vorgelegt hat, steht seine Identität nicht fest.

Zum festgestellten Geburtsdatum ist auszuführen, dass aus dem Gutachten zur Volljährigkeitsbeurteilung vom 29.04.2016 hervorgeht, dass das behauptete Geburtsdatum (XXXX1998) mit dem festgestellten Mindestalter vereinbar ist und war daher das vom Beschwerdeführer angegebene Geburtsdatum XXXX1998 festzustellen.

Hinsichtlich der Herkunft, Volksgruppenzugehörigkeit, Sprache, Arbeitsfähigkeit stützt sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Angaben des Beschwerdeführers.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Verfolgung durch die Feinde seiner Familie aufgrund von Blutfehde ausgesetzt wäre, ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:

Der Beschwerdeführer führte übereinstimmend aus, dass er Afghanistan im Alter von zwei Jahren gemeinsam mit seiner Familie verlassen habe und seither nicht mehr nach Afghanistan zurückgekehrt sei. Wie es den Feinden der Familie des Beschwerdeführers dennoch möglich sein sollte, den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aufzuspüren und zu verfolgen, kann nicht nachvollzogen werden. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Ausreise aus Afghanistan ein kleines Kind; es erscheint daher völlig unplausibel, dass die Feinde den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr überhaupt erkennen würden. Wie die Feinde von einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan, beispielsweise in die Stadt Mazar-e Sharif, Kenntnis erlangen sollten, konnte nicht nachvollziehbar dargelegt werden. Der Beschwerdeführer gab lediglich unsubstantiiert an, dass man in Afghanistan, egal wo man sich aufhalte, überall gefunden werden könne.

Gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers spricht des Weiteren der Umstand, dass er unstimmige Angaben zu der angeblichen Ermordung seines Onkels, welcher vom Iran nach Afghanistan zurückgekehrt sei um die Grundstücke zu verkaufen, tätigte. So gab er in der Einvernahme vor der belangten Behörde am 05.01.2018 an, dass sein Onkel vor fünf Jahren nach Afghanistan gereist und dort von den Feinden getötet worden sei, während er in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.11.2018 angab, dass dies vor acht oder neun Jahren passiert sei. Abgesehen von dieser massiven zeitlichen Unstimmigkeit ist festzuhalten, dass es nicht nachvollziehbar erscheint, dass sein Onkel trotz der vorgebrachten massiven Gefahr, welche der ganzen Familie in Afghanistan drohe, dorthin zurückgekehrt sei. Zu den in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Fotos, welche den Angaben des Beschwerdeführers zufolge seinen getöteten Onkel zeigen würden, ist festzuhalten, dass diesen Fotos keinerlei Beweiskraft zukommt, weil daraus in keiner Weise ersichtlich ist, um wen es sich bei der auf den Fotos abgebildeten Person tatsächlich handelt. Diese Fotos stellen keinen Beweis für eine mögliche Bedrohungssituation des Beschwerdeführers dar. Zu der am 04.12.2018 vorgelegten Bestätigung des Dorfvorstehers aus der Provinz Kapisa ist auszuführen, dass diese Bestätigung nicht überprüfbar ist und kommt der Bestätigung daher keine Beweiskraft zu. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Bestätigung kann daher mangels Authentizität nicht bestätigen, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer Bedrohung ausgesetzt wäre.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er und seine Familie auch im Iran Probleme gehabt hätten und sie geschlagen worden seien, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen konnte, dass diese Probleme mit der Feindschaft in Afghanistan in Zusammenhang stünden. So gab er selbst an, dass es sich um unbekannte Personen gehandelt habe und handle es sich lediglich um eine Vermutung, dass diese Personen die Feinde der Familie seien.

In einer Gesamtschau erscheint eine konkrete Bedrohung des Beschwerdeführers aufgrund von Blutrache durch die Feinde seiner Familie nicht glaubhaft.

Zur beantragten Einholung eines länderkundigen Sachverständigengutachtens ist auszuführen, dass die Heimatprovinz des Beschwerdeführers eine volatile Provinz ist, eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kapisa daher auszuschließen ist und somit auch kein Sachverständiger dorthin geschickt werden kann. Wenn in der mündlichen Verhandlung dahingehend nunmehr ausgeführt wurde, dass der Sachverständige in den Iran reisen und die Familie befragen könne, so ist dazu auf eine Entscheidung des VwGH vom 15.12.2015, Ra 2015/18/0100 zu verweisen, in welcher ausgeführt wurde, dass ein Beweisantrag eines Asylwerbers, bestimmte Auskunftspersonen im Herkunftsstaat befragen zu lassen, nicht zulässig ist.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer als Rückkehrer mit westlicher Orientierung in Afghanistan keiner Verfolgung aus diesem Grund ausgesetzt wäre, ergibt sich aus seinem diesbezüglich lediglich völlig allgemein gehaltenen Vorbringen, mit dem er mögliche Gewalthandlungen gegen seine Person nicht hinreichend substantiiert aufzuzeigen vermochte. Abgesehen davon ist festzuhalten, dass eine Zeugin in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aussagte, dass der Beschwerdeführer zwar Alkohol trinkt, allerdings nur zuhause und nicht in der Öffentlichkeit und macht diese Aussage deutlich, dass beim Beschwerdeführer keine westliche Orientierung in einem solchen Ausmaß, dass er deshalb im Falle einer Rückkehr einer Verfolgung ausgesetzt wäre, vorliegt.

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aufgrund des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung am 29.06.2018) und EASO-Bericht "Afghanistan Security Situation - Update" vom Mai 2018.

Auch aufgrund des vom Beschwerdeführer in dessen Stellungnahme vom 12.04.2018 vorgelegten Gutachtens von F. Stahlmann an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 28.03.2018 sieht sich das Bundesverwaltungsgericht nicht veranlasst, andere oder zusätzliche Feststellungen zu treffen. So handelt es sich bei der an F. Stahlmann gestellten Frage (Nr. 3) in Anbetracht der gegenständlich im Lichte von § 8 AsylG 2005 (bzw. auch den dadurch umgesetzten Bestimmungen internationalen Rechts bzw. Unionsrechts) zu lösenden Fragen doch recht eindeutig um eine Rechtsfrage. Die Lösung einer solchen obliegt jedoch dem Gericht und nicht einem Sachverständigen (etwa VwGH 30.03.2016, Ra 2016/09/0027).

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in der Stadt Mazar-e Sharif, ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den o. a. Länderberichten zu Mazar-e Sharif.

Der Beschwerdeführer verfügt über mehrjährige Berufserfahrung als Motorradmechaniker. Er ist zudem im erwerbsfähigen Alter, volljährig, alleinstehend und arbeitsfähig. Das Gericht geht daher auf Grund dieser Umstände davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten, in Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen könnte.

Die Feststellungen zu den Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich, zur abgelegten Deutschprüfung sowie zu seiner Tischlerlehre ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers sowie aus den vorgelegten Bestätigungen. Die Feststellung zu der Pflichtschlussabschluss-Prüfung ergibt sich aus dem vorgelegten Zeugnis vom 12.12.2017. Die Feststellung betreffend die guten Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers ergibt sich insbesondere aus dem Eindruck, den sich der erkennende Richter im Zuge der mündlichen Verhandlung verschaffen konnte. So fand ein Großteil der Verhandlung in deutscher Sprache statt. Die Feststellung zu den sonstigen integrativen Aktivitäten ergeben sich aus den vor dem Bundesamt sowie im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Bestätigungen.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über zahlreiche soziale Kontakte verfügt und bereits gut in die österreichische Gesellschaft integriert ist, ergibt sich aus seinen Angaben, welche von zwei Zeuginnen in der mündlichen Verhandlung sowie durch vorgelegte Unterstützungsschreiben bestätigt werden.

In Zusammenschau mit den vorgelegten Beweismitteln und unter Berücksichtigung des dem erkennenden Richter vermittelten Eindrucks während der mündlichen Verhandlung, insbesondere zu seinen Zukunftsplänen in Österreich, ist aufgrund der diesbezüglichen glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers, dass er in Österreich seine (weitere) Ausbildung absolvieren und in Österreich Fuß fallen wolle - unter Berücksichtigung der Persönlichkeitskonstellation des Beschwerdeführers und des Lebensverlaufes seit seiner Einreise - insgesamt von einer positiven Prognose auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 1991 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, Zl. 95/01/0627). Im Asylverfahren stellt das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).

So erscheint es im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, Zl. 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, Zl. 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, Zl. 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, Zl. 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, Zl. 92/01/0181). Die gilt umso mehr für Widersprüche (vgl. zur Erstbefragung nach § 19 Abs. 1 AsylG 2005 auch VwGH 02.01.2017, Zl. Ra 2016/18/0323, Rz 8). Auch unbestrittene Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, Zl. 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH vom 23.01.1997, Zl. 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des BFs in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, Zl. 2001/20/0457). Auch oberflächlich und allgemein gehaltene Angaben, welche jeden konkreten, (insbesondere zeitlich) nachprüfbaren Anhaltspunkt vermeiden, und die trotz mehrfacher Aufforderungen, Details zu schildern, erfolgen, sind grundsätzlich geeignet, in einer schlüssigen Begründung zur Verneinung der Glaubwürdigkeit dieser Angaben betreffend eine drohende individuelle Verfolgung herangezogen zu werden (vgl. etwa VwGH 26.06.1996, Zl. 95/20/0205).

Die amtswegigen Ermittlungspflichten im Asylverfahren sind im § 18 Abs. 1 AsylG 2005 geregelt, der inhaltlich nahezu wortgleich der Vorgängerbestimmung des § 28 AsylG 1997 entspricht. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. AsylG 1997 folgend stellt diese Gesetzesstelle eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehende Verpflichtung der Verwaltungsbehörden dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht (vgl. VwGH 08.04.2003, Zl. 2002/01/0522). Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (Vgl. VwGH 31.05.2001, Zl. 2001/20/0041; VwGH 23.07.1999, Zl. 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (Vgl. VwGH 14.12.2000, Zl. 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, Zl. 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH vom 21.09.2000, Zl. 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0599)

Aufgrund der Beweiswürdigung ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen:

Wie bereits in der Beweiswürdigung hinlänglich ausgeführt wurde, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, sein behauptetes individuelles Fluchtvorbringen, im Herkunftsland von den Feinden seiner Familie aufgrund von Blutrache eine konkrete Verfolgung befürchten zu müssen, glaubhaft zu schildern.

Soweit der Beschwerdeführer behauptete, aufgrund seiner "westlichen" Lebenseinstellung asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt zu sein, so kommt seinem Vorbringen schon deshalb keine Glaubhaftigkeit zu, weil es ihm nicht gelungen ist, eine "westliche" Orientierung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Weise glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer vermochte nicht, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Im Übrigen ist aus den vorhandenen Länderberichten nicht ableitbar, dass alleine ein Aufenthalt in Europa und eine westliche Geisteshaltung bei Männern bei einer Rückkehr nach Afghanistan bereits mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung asylrelevanter Intensität auslösen würden (vgl. hierzu auch die hg. Ausführungen in BVwG 07.11.2016, W169 2007031-1, Pkt. I.8.); die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung, wie es der Beschwerdeführer angibt, genügt dafür nicht (vgl. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Aus dem Vorbringen zur "westlichen Einstellung" wurde somit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine die Intensität von Abschnitt A Z 2 der GFK erreichende Verfolgung bei Rückkehr an den angenommenen Zielort glaubhaft gemacht.

Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 AsylG 2005) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf interanationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zur seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Kapisa, welche - wie aus den Länderberichten ableitbar - eine der Provinzen mit volatiler Sicherheitslage in Afghanistan ist. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Heimatprovinz ist daher nicht möglich.

Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage scheint eine Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan, in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret in die Stadt Mazar-e Sharif, verwiesen werden:

Was die Sicherheitslage betrifft, wird seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die Länderfeststellungen zwar nicht verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Mazar-e Sharif nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über die Hauptstadt Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktszentren hat. Darüber hinaus ist Mazar-e Sharif über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens eine sicher erreichbare Stadt.

Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Hierzu ist auszuführen, dass die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet noch nicht die Schlussfolgerung zu tragen vermag, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre. Die verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Mazar-e Sharif nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in diesen Städten dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Laut den Richtlinien des UNHCR müssen die schlechten Lebensbedingungen sowie die prekäre Menschenrechtslage von intern vertriebenen afghanischen Staatsangehörigen bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative berücksichtigt werden, wobei angesichts des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft auf Grund jahrzehntelang währender Kriege, massiver Flüchtlingsströme und interner Vertreibung hierfür jeweils eine Einzelfallprüfung notwendig ist (zur Indizwirkung von UNHCR-Richtlinien vgl. u.a. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103).

Wie festgestellt wurde, ist der Beschwerdeführer arbeitsfähig sowie im erwerbsfähigen Alter. Er hat im Iran mehrere Jahre lang als Motorradmechaniker gearbeitet. Nebenbei hat er Erfahrung als Fliesenleger gesammelt. Der Beschwerdeführer gehört auch keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Der Beschwerdeführer hat zwar bislang noch nicht in der Stadt Mazar-e Sharif gelebt und verfügt dort über keine sozialen bzw. familiären Anknüpfungspunkte, er kann sich jedoch innerhalb kurzer Zeit Ortskenntnisse aneignen. Der Beschwerdeführer kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Es ist deshalb auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten würde.

In Zusammenschau ergibt sich, dass für den Beschwerdeführer die Möglichkeit für eine den durchschnittlichen afghanischen Verhältnissen entsprechende einfache Lebensführung realistisch ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Unter diesen Gesichtspunkten kann davon ausgegangen werden, dass er auch nach seiner Rückkehr in seine Heimat in der Lage sein wird, sich seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Dem Beschwerdeführer ist es daher aufgrund der dargelegten Umstände auch ohne in Mazar-e Sharif bestehende soziale bzw. familiäre Anknüpfungspunkte möglich, sich dort - etwa auch durch Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten, wobei ihm seine jahrelange Berufserfahrung zu Gute kommt - eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern sowie eine (einfache) Unterkunft zu finden. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Der Beschwerdeführer hat auch nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos dargelegt, dass gerade ihm im Falle einer Rückführungsmaßnahme eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 19.0.2017, Ra 2017/19/0095).

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Es liegen keine exzeptionellen Gründe vor, die einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif entgegenstehen würden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif möglich und auch zumutbar ist.

Tatsächlich ist den aktuellen UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 zu entnehmen, dass junge alleinstehende Männer, ohne besondere Vulnerabilität, sich auch ohne familiäre Unterstützung in urbanen oder semi-urbanen Gebieten mit ausreichender Infrastruktur und unter staatlicher Kontrolle niederlassen können. Eine solche Infrastruktur und staatliche Kontrolle ist in der Stadt Mazar-e Sharif vorhanden, sodass nach den aktuellen UNHCR-Richtlinien eine Ansiedlung des Beschwerdeführers in der Stadt Mazar-e Sharif möglich und auch zumutbar ist.

Die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht daher nicht im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005, weshalb dem Beschwerdeführer nach den genannten Bestimmungen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuzuerkennen ist.

Spruchpunkt III., IV., V. und VI. des Bescheides - Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem 7. Hauptstück des AsylG - Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige. Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Im vorliegenden Verfahren liegt auch kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vor.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, BGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit Oktober 2015 im Bundesgebiet und ist sein Aufenthalt nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor.

§ 9 BFA-VG normiert den Schutz des Privat- und Familienlebens betreffend:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Im Fall des Beschwerdeführers, der ledig ist und keine Kinder hat, sind weder Hinweise für das Bestehen eines Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich noch für eine sonstige ausreichend intensive Beziehung des Beschwerdeführers zu einer ihm in Österreich besonders nahestehender Personen hervorgekommen. Ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers liegt in Österreich somit nicht vor.

Weiters ist zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. vs. Lettland). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff, aber auch VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten, so im Ergebnis auch VfGH 12.06.2013, U485/2012). Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integ

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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