TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/8 W208 2170677-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2019
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Entscheidungsdatum

08.01.2019

Norm

BDG 1979 §117 Abs2
BDG 1979 §126 Abs2
BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §91
BDG 1979 §92 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W208 2170677-1/50E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 11.12.2018 VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES!

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Astrid HEBER und den fachkundigen Laienrichter Raimund TASCHNER als Beisitzern, über die Beschwerde des FOI XXXX , geb. XXXX vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas STOIBERER, Davisstraße 7, 5400 HALLEIN gegen den Bescheid/das Disziplinarerkenntnis der DISZIPLINARKOMMISSION BEIM BUNDESMINISTERIUM FÜR FINANZEN; SENAT VI, vom 07.06.2017, GZ S 1/42-DK-VI/16 betreffend Entlassung, nach Durchführung einer mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als

unbegründet abgewiesen, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"FOI XXXX ist schuldig.

Er hat am 16.07.2015, 13:15 Uhr und zu unbekannten Zeitpunkten nach dem 10.07.2015, im Rahmen seiner Dienstverrichtung in der Postfiliale XXXX

drei Stück Brieflose im Wert von je Euro 1,--,

vier Stück Rubbellose "Sunny Money" im Wert von je Euro 2,--,

drei Stück "Mega Brieflos" im Wert von je Euro 2,--,

drei Stück Rubbellose "Geburtstagsgeld" im Wert von je Euro 3,--,

drei Stück Rubbellose "Black Pearls" im Wert von je Euro 3,-,

drei Stück Rubbellose "Ein Leben lang neu" im Wert von je Euro 3,-- sowie

drei Stück Rubbellose "Money Maker neu" im Wert von je Euro 3,--

in einem Gesamtwert von Euro 53,-- an sich genommen, ohne sie zu verrechnen.

Er hat diese Lose am nächsten Tag den 17.07.2015 um 17:38 Uhr, nachdem er mit Unregelmäßigkeiten bei der Verrechnung konfrontiert wurde, in der Pause der Einvernahme heimlich in den leeren Dispenser beim Schalter 4 zurückgelegt und erst am 19.07.2015 in einer SMS an eine Vertrauensperson diesen Umstand offengelegt, sodass diese wieder aufgefunden wurden.

Er hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979 idgF (BDG), nämlich

seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1) sowie

in seinem gesamten Verhalten auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben Bedacht zu nehmen (§ 43 Abs. 2)

gemäß § 91 BDG vorsätzlich verletzt.

Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 3 BDG die Disziplinarstrafe der GELDSTRAFE VON EINEM MONATSBEZUG verhängt."

II. FOI XXXX wird gemäß § 17 VwGVG iVm mit § 117 Abs. 2 BDG zum Ersatz der zunächst aus Amtsgeldern berichtigten Gebühren für zwei Sachverständigengutachten (ON 19 und ON 29) in Höhe von insgesamt Euro 915,-- verpflichtet.

Es wird ihm aufgetragen, den festgesetzten Betrag auf das PSK-Konto des Bundesverwaltungsgerichtes, BIC: BUNDATWW, IBAN:

AT840100000005010167, binnen 14 Tagen ab Zustellung einzuzahlen oder zu überweisen. Im Zuge der Einzahlung oder Überweisung ist unbedingt die Geschäftszahl des Bundesverwaltungsgerichts sowie der vollständige Name anzugeben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zu Spruchpunkt A.I.

nicht zulässig, zu Spruchpunkt A.II zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis im Universalschalterdienst der Post AG. Er ist auch Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschuss Post.

2. Mit Disziplinaranzeige des Personalamtes (Dienstbehörde) vom 20.10.2015 wurde dem BF vorgeworfen, im Rahmen seiner Dienstverrichtung im Universalschalterdienst bei der Postfiliale wo er als Springer eingesetzt war, am Donnerstag, dem 16.07. 2015, um ca. 13:15 Uhr vom Arbeitsplatz Schalter 1 drei Stück Brieflose im Wert von je Euro 1,--, vier Stück Rubbellose "Sunny Money" im Wert von je Euro 2,--, drei Stück "Mega Brieflos" im Wert von je Euro 2,--, sechs Stück Rubbellose "Geburtstagsgeld" im Wert von je Euro 3,--, drei Stück Rubbellose "Black Pearls" im Wert von je Euro 3,-,

drei Stück Rubbellose "Ein Leben lang neu" im Wert von je Euro 3,--,

drei Stück Rubbellose "Money Maker neu" im Wert von je Euro 3,-

sowie fünf Stück Rubbellose "Casino Nights" im Wert von je Euro 5,--, (Gesamtwert Euro 87,--, entwendet und in weiterer Folge versucht zu haben, seine Tat zu vertuschen, indem er kurz nach Beendigung seiner Befragung durch den Erhebungsdienst um 17:38 Uhr die 31 Stück Brief- und Rubbellose im Dispenser von Schalter 4 deponierte.

3. Mit Bescheid des Personalamtes vom 20.10.2015 (zugestellt durch Hinterlegung am 27.10.2015), wurde der BF vorläufig vom Dienst suspendiert und gemäß § 112 Abs. 4 BDG der Monatsbezug für die Dauer der Suspendierung auf zwei Drittel gekürzt.

4. Mit Bescheid vom 27.10.2015 (zugestellt an den BF am 29.10.2015) wurde der BF gem. § 112 Abs. 3 BDG 1979 von der Disziplinarkommission (im Folgenden: DK) vom Dienst suspendiert.

5. Gegen die Suspendierung brachte der rechtsfreundlich vertretene BF mit Schriftsatz vom 24.11.2015 fristgerecht Beschwerde beim BVwG ein, die mit Erkenntnis des BVwG vom 16.12.2015, GZ W208 2118055-1/3E abgewiesen wurde.

6. Mit Nachtrags-Disziplinaranzeige vom 02.12.2015 wurde dem BF vorgeworfen, seinem Dienstgeber per E-Mail über den Vorsitzenden des lokalen Personalausschusses Post Herrn XXXX (F.)., am 21.07.2015, um 09:02 Uhr, eine gefälschte Buchungsbestätigung des Internetbuchungsreiseportals "booking.com" über einen für sich sowie seiner Frau und seiner Tochter für den Zeitraum vom Samstag den 18.07.2015 bis Samstag den 25.07.2015 gebuchten Urlaub, zu dem Zweck vorgelegt zu haben, dass die Dienstbehörde von einem beabsichtigten Widerruf seines für den Zeitraum vom 20.07.2015 bis 07.08.2015 genehmigten Erholungsurlaubes Abstand nimmt.

7. Mit Einleitungsbeschluss vom 11.01.2016 (zugestellt am 14.01.2016) leitete die DK ein Disziplinarverfahren betreffend der Vorwürfe in den genannten Anzeigen, wegen Verdacht der Verletzung der Dienstpflichten des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG ein.

In der Folge wird auf den Vorwurf in der Nachtragsanzeige nicht weiter eingegangen, weil diesbezüglich ein rechtskräftiger Freispruch des BF im beschwerdegegenständlichen Disziplinarverfahren erfolgte. Es hat sich herausgestellt, dass der BF die Buchungsbestätigung nicht gefälscht, sondern abgeschrieben hatte (weil er sie nicht ausdrucken konnte), dabei ist ihm ein Fehler unterlaufen und war er tatsächlich im angegeben Zeitraum in der angeführten Urlaubsdestination.

8. Mit Schreiben vom 12.01.2016 stellte die Staatsanwaltschaft (StA) das Verfahren bezüglich beider Vorwürfe ein. Wobei sie die Einstellung zum für die Beschwerde noch relevanten Vorwurf des Diebstahles (§ 127 StGB) mit tätiger Reue (§ 167 StGB) begründete und dies auch auf Nachfragen der Anwältin der Post (diese hatte sich als Privatbeteiligte dem Strafverfahren angeschlossen) bestätigte.

9. Mit dem beschwerdegegenständlichen Disziplinarerkenntnis vom 07.06.2017 wurde der BF nach Verhandlungen der DK am 14.06.2016, 14.07.2016, 31.08.2016 sowie 21.02.2017 schuldig gesprochen, gegen §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG verstoßen zu haben und wurde über ihn die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

Er habe sich im Rahmen seiner Dienstverrichtung im Universalschalterdienst bei der genannten Postfiliale, am 16.07.2015, um ca. 13:15 Uhr, unter anderem vom Arbeitsplatz Schalter 1 drei Stück Brieflose im Wert von je Euro 1,--, vier Stück Rubbellose "Sunny Money" im Wert von je Euro 2,--, drei Stück "Mega Brieflos" im Wert von je Euro 2,--, sechs Stück Rubbellose "Geburtstagsgeld" im Wert von je Euro 3,--, drei Stück Rubbellose "Black Pearls" im Wert von je Euro 3,--. drei Stück Rubbellose "Ein Leben lang neu" im Wert von je Euro 3,--, drei Stück Rubbellose "Money Maker neu" im Wert von je Euro 3.-- sowie fünf Stück Rubbellose "Casino Nights" im Wert von je Euro 5.--, In einem Gesamtwert von Euro 87,--. unter Missachtung der Pkte. 12.3 und 12.6 des Handbuches BLV Bargeldbewirtschaftung, Lagerhaltung und Verrechnung, angeeignet und in weiterer Folge versucht, seine Handlungen zu verschleiern, indem er kurz nach Beendigung seiner ersten Befragung durch den Erhebungsdienst am 17.07.2015, um 17:38 Uhr die oben beschriebenen Brief- und Rubbellose in den Dispenser von Schalter 4 legte.

An den beiden letztgenannten Verhandlungstagen nahm der BF nicht teil, sein Rechtsvertreter legte eine Bestätigung der ihn behandelnden Fachärztin für Psychiatrie Dr. XXXX (S.) vor, wonach er aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Verhandlung teilnehme könne (ON 28). Bei der Verhandlung am 31.08.2016 wurde vom Rechtsvertreter ein psychiatrisches Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Univ.-Doz. Dr. med. XXXX ([G.], ON 30, datiert mit 11.01.2016 [!]) vorgelegt. Dieser traf - nach einer von ihm am selben Tag vorgenommenen Untersuchung des BF - erstens die Aussage, dass mit der Diagnose einer koronaren Herzerkrankung und der Co-Morbidität einer Depression eine um ein Vielfaches erhöhte Mortalität im Vergleich zu Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung ohne Depression bestehe, es daher tunlichst zu vermeiden sei, den BF zusätzlichen Stressoren auszusetzen die eine vitale Bedrohung darstellen könnten und zweitens, hinsichtlich der Vorkommnisse vom 16.07.2015 sei aufgrund der damals stattgefundenen akuten Belastungsreaktion eine teilweise Amnesie und auch die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des BF, nach der Kenntnis der Krebsdiagnose der Ehefrau deutlich eingeschränkt, möglicherweise sogar für einen kurzen Zeitraum von einigen Stunden völlig aufgehoben, gewesen.

Die folgenden Versuche der DK den BF über die Dienstbehörde zu einem Amtsgutachter zu laden (Untersuchungstermine 11.10.2016, 09.01.2017) waren erfolglos, weil der BF zu keinem der Termine erschien, obwohl ihm die fachärztlichen Untersuchungen mit Weisung angeordnet worden waren.

Am 12.10.2016 sucht der BF seinen Privatgutachter Dr. G. erneut auf und dieser verfasste eine Ergänzung zu seinem Gutachten vom 11.01.2016 (ON 37) in der er zur Einschätzung kam, dass sich der psychische Zustand des BF nicht sehr viel geändert, schon gar nicht verbessert habe. Der Risikofaktor Herzerkrankung in Zusammenhang mit der Depression bestehe lebenslang. Vorgelegt wurde die Ergänzung durch den Rechtsvertreter in der vierten und letzten Verhandlung der DK am 21.02.2017.

Die DK hat ihren Schuldspruch nach ausführlicher Darlegung des Verfahrensganges, der Aussagen diverser Zeugen und der Feststellung des zumindest teilweise unbestrittenen Sachverhaltes wie folgt rechtlich begründet (Anonymisierung und Hervorhebungen durch BVwG):

"Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 BDG 1979) sowie in seinem gesamten Verhalten auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben Bedacht zu nehmen (§ 43 Abs. 2 BDG 1979).

Nachstehende Auszüge aus den Dienstvorschriften sind dem Beschuldigten mindestens einmal jährlich, so in den Jahren 2013, 2014 und 2015, nachweislich zur Kenntnis gebracht worden.

‚Handbuch BLV Bargeldbewirtschaftung, Lagerhaltung und Verrechnung:

11.1. Artikelgebarung:

Als Artikel werden im folgenden Wertzeichen, Ganzsachen, Sofortlotterieprodukte, Geschenkkarten sowie sonstige zum Verkauf bestimmte Produkte verstanden.

Der Artikelverantwortliche ist immer der Filialleiter. Er verwaltet die Postamtslager und ist verantwortlich für die Höhe des Artikelbestandes in der Postfiliale sowie für die Verfügbarkeit der Artikel. ...

Artikel von unterschiedlichen Lieferanten werden in der Regel auch in unterschiedlichen Postamtslagern verwaltet. Auf diese Lager haben alle Mitarbeiter einer Postfiliale Zugriff, verantwortlich ist dafür aber der Filialleiter. Bei nachweislicher grober Fahrlässigkeit bzw. Nichteinhaltung der Regelungen dieses Handbuchs haftet der einzelne Mitarbeiter. Artikelfehlbestände (Schwund, Inventurmanko) verringern das gesamte Filialergebnis und somit die Wirtschaftlichkeit des Standortes, der entstandene Schaden wird von der jeweiligen Postfiliale getragen.

12.3. Artikelverkauf: Der Mitarbeiter hat immer darauf zu achten, dass die aktuellen Listen "Vorlage für Barcodes" bei seinem Arbeitsplatz aufliegen. Jeder Artikelverkauf ist sofort in OPAL zu buchen.

12.6. Eigeneinkauf: Artikel aus den Postamtslagern dürfen nicht selbst kassiert werden„ sondern sind immer durch den Filialleiter oder einen anderen Mitarbeiter zu verrechnen und zu kassieren. ...

16.2. Sofortlotterie: ... Jeder Verkauf eines Loses muss sofort in

OPAL verrechnet werden (Einscannen des Produkt - Barcodes in OPAL).

Handbuch Sicherheit:

6.5. Richtlinien für Schlüsseldoppel

... Alle Schlüsseldoppel zu sonstigen Kassenbehältnissen der eigenen Filiale sind im Bargeldlager zu verwahren.

Jede Hinterlegung, Entnahme und Rückgabe ist im Original der Schlüsseldokumentation des betroffenen Schlüssels zu vermerken.

Jedes Schlüsseldoppel ist in ein festes Kuvert zu geben, auf dem der Vermerk "Schlüsseldoppel" und die Nummer der Schlüsseldokumentation anzubringen ist. Das Kuvert ist zu verschließen und mit den Unterschriften des Teamleiters und des Mitarbeiters, der die Originalschlüssel hat, zu versehen.

Vor der Öffnung eines Schlüsseldoppels, hat der Teamleiter das Kuvert zu prüfen. Ist kein Mangel festzustellen, kann der Teamleiter gemeinsam mit dem Mitarbeiter, der im Besitz der Originalschlüssel ist, das Kuvert öffnen. Ist dieser Mitarbeiter nicht anwesend, muss ein anderer Mitarbeiter als Zeuge fungieren. ...'

Faktum ist, dass das Ermittlungsverfahren gegen [den BF] wegen des Verdachtes des Diebstahls bzw. des Diebstahlversuchs von der Staatsanwaltschaft [...], aufgrund der tätigen Reue des Beschuldigten - die Schadensgutmachung erfolgte bevor eine Strafverfolgungsbehörde von seinem Verhalten erfahren hat - eingestellt wurde. Dieser in § 167 StGB normierte Strafaufhebungsgrund wurde explizit im Schreiben der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 12. Jänner 2016 angeführt. Im gegenständlichen Fall wurden die Sachen, die Gegenstand der inkriminierten Handlung waren, und sich bereits im Gewahrsam des Beschuldigten befanden, dem Geschädigten zurückgestellt.

Zur ‚Wegnahme' der Brieflose: Grundsätzlich ist aus der Wegnahme eines Verkaufsartikels aus einem Behältnis, das zum Verkauf dieser Gegenstände dient, eine Absicht zu erkennen, diese Artikel zu verkaufen, selbst vorschriftskonform käuflich zu erwerben oder sich diese ohne Bezahlung des Kaufpreises anzueignen. Aus der strafrechtlichen Literatur ist abzuleiten, dass unter Wegnahme der Bruch fremden Gewahrsams und die Begründung neuen Gewahrsams verstanden wird. Dieser unfreiwillige Übergang wird Gewahrsamsbruch genannt, z.B. wenn eine Person den Gegenstand körperlich an sich bringt. Nach der herrschenden ‚Enklaventheorie' kann man auch in fremder Herrschaftssphäre neuen Gewahrsam begründen, wenn man die Sache in seine Körpergewahrsamssphäre bringt oder, wie im gegenständlichen Fall, die Gegenstände in einen für den "Entwenden" exklusiv zugänglichen, versperrbaren Ort (Tresor) verbringt.

Der ‚Raumbeherrscher' (die Österreichische Post AG) hat die Persönlichkeitssphäre des ‚Eindringlings' grundsätzlich zu respektieren. Demnach hat der Beschuldigte den ‚Obergewahrsam' der Österreichischen Post AG durch Gewahrsamsverschiebung gebrochen.

So war die tatsächliche Sachherrschaft spätestens ab dem Einlegen in den Tresor dem Beschuldigten zuzuordnen, der dadurch die weggenommenen Gegenstände vor dem Zugriff Dritter, auch des Eigentümers, schützte. Die tatsächliche Einwirkungsmögiichkeit auf die weggenommenen Brief- und Rubbellose war für die Österreichische Post AG praktisch nicht mehr gegeben.

Aufgrund der Dienstvorschriften über "Schlüsseldoppel", die im Handbuch Sicherheit wiedergegeben sind, kann ein Zugriff Dritter auf einen, einem Schaltermitarbeiter ausschließlich zugeordneten, Tresor nur in Ausnahmefällen, unter strikter Einhaltung der in den Vorschriften beschriebenen Vorgangsweise stattfinden. ln der Regel hat der betroffene Schaltermitarbeiter anwesend zu sein, andernfalls muss ein anderer Mitarbeiter bei der Eröffnung des Schlüsseldoppels als Zeuge fungieren. Dadurch kann eine eigenmächtige Öffnung des, einem Schaltermitarbeiter zugeordneten, Tresors ausgeschlossen werden. Dieses Faktum ist für die Qualifizierung der Gewahrsamsverschiebung in der gegenständlichen Disziplinarangelegenheit von entscheidender Bedeutung.

Hinsichtlich der ‚Aneignungskomponente' ist zusätzlich auszuführen, dass es ausreichend ist, wenn die Aneignungsabsicht auf eine nur vorübergehende Einverleibung der Sache gerichtet ist. Auch dies ist in gegenständlicher Disziplinarangelegenheit ohne Zweifel anzunehmen.

Aufgrund der erfolgten Untersuchungsschritte der Mitarbeiter der Unternehmensrevision am 17. Juli 2015 entwickelte sich beim Beschuldigten ein ‚Rückführungswille'. Ein Entschluss, den Berechtigten in seine wirtschaftliche Position an der Sache zurückzusetzen und dadurch eine ‚Tätige Reue' zu ermöglichen.

Der Beschuldigte wäre nach den zwingend einzuhaltenden Dienstvorschriften verpflichtet gewesen, bei einem etwaigen Eigenankauf von Produkten die Mitwirkung eines Kollegen oder Vorgesetzten zu verlangen, da bei derartigen Verkaufsvorgängen das Kassieren und Verrechnen ausnahmslos durch den Filialleiter oder einen anderen Filialmitarbeiter zu erfolgen hat.

Aus der Handlungsweise des Beschuldigten, die Brief- und Rubbellose körperlich an sich zu nehmen und insbesondere in einem ausschließlich ihm zur Verfügung stehenden, versperrbaren Behältnis zu verwahren, kann sein Wille zur "Sachherrschaft" und die "tatsächliche Sachherrschaft" über die weggenommenen Gegenstände geschlossen werden. Eine Wegnahme von Verkaufsprodukten "zur Ansicht" ist weder in den - die Abläufe minutiös regelnden - Dienstvorschriften vorgesehen noch im Kontext der Sicherheitsvorschriften ableitbar.

So können die konkreten Handlungen des Beschuldigten hinsichtlich der Wegnahme der Artikel weder als normaler Kaufvorgang noch hinsichtlich der Rückgabe und Platzierung der Brieflose (vom Aspekt der Verkaufsförderung) als nachvollziehbarer und rationaler Akt beurteilt werden.

[Der BF] hat demnach durch die im Spruch dargestellten Handlungen in massiver Weise die Treuepflicht eines Beamten verletzt sowie die Verpflichtung, seine dienstlichen Aufgaben gewissenhaft und weisungskonform zu erledigen, in auffallender Weise missachtet.

Überdies handelt es sich bei der Entnahme von Brief- und Rubbellosen, ohne diese vorschriftenkonform abzurechnen und zu bezahlen, um eine massive Vertrauensschädigung gegenüber seinem Dienstgeber, aber auch gegenüberseinen Kolleginnen und Kollegen. Durch die Handlungen des Beschuldigten hat dieser in Kauf genommen, dass aufgrund von fehlenden Brieflosen andere Kolleginnen und Kollegen in Verdacht geraten, Lose nicht abgerechnet zu haben bzw. sich Lose angeeignet zu haben.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte als Personalvertretungsorgan in besonderer Weise verpflichtet ist, die wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Arbeitnehmer im Unternehmen wahrzunehmen und zum Wohl der Arbeitnehmer beizutragen. Aufgrund dieser Funktion genießt er eine besondere Vertrauensstellung unter den Kolleginnen und Kollegen. Das inkriminierte Verhalten des Beschuldigten ist schon aus diesem Grund konkret geeignet, den Betriebsfrieden innerhalb der Dienststelle in massiver Weise zu stören.

Der Beschuldigte war aufgrund der klaren und unmissverständlichen Vorschriften des Handbuches BLV Bargeldbewirtschaftung, Lagerhaltung und Verrechnung verpflichtet, die entnommenen Artikel sofort durch den Filialleiter oder einen anderen Mitarbeiter der Postfiliale verrechnen und kassieren zu lassen.

Der Senat ist überzeugt und hat keinerlei Zweifel, dass der Beschuldige die ihm zur Last gelegten Handlungen - die Entnahme von Brief- und Rubbellosen ohne diese vorschriftsgemäß zu verrechnen, die Aneignung dieser Lose sowie die Rückgabe, um die vorschriftswidrige Wegnahme zu verschleiern - begangen hat. Gerade die für eine korrekte Abwicklung von Schaltergeschäften normierten Vorschriften, die derartige Handlungen unterbinden sollten, wurden vom Beschuldigten in eklatanter Weise missachtet.

Der Beschuldigte hat als Postbeamter Rechtsgüter verletzt, zu deren Schutz er berufen ist. Er hat sich ohne Zweifel an Vermögenswerten seines Dienstgebers vergriffen. Er hat - obwohl diese Vermögenswerte in Summe nicht besonders hoch sind - 31 Brief- und Rubbellose, die zum Teil nicht seinem Schalter zugeordnet waren, zumindest vorrübergehend an sich genommen und in einem, in diesem Zeitraum ausschließlich ihm zugeordneten Tresor, verwahrt.

Demnach hat der Beschuldigte durch die Wegnahme der Brieflose, die einen Bruch des Gewahrsams voraussetzt, sowie durch die körperliche Aneignung und Aufbewahrung dieser Gegenstände im Tresor/Schalterpultkasse die Begründung neuen Gewahrsams, die tatsächliche Sachherrschaft, zu verantworten.

Bei dem mehrmaligen Gewahrsamsbruch, dem Griff in die Behältnisse für Brieflose und Wegnahme der Brieflose sowie der vorübergehende Entziehung der Gegenstände aus dem unmittelbaren Einflussbereich der Österreichischen Post AG durch den Beschuldigten, handelt es sich somit ohne Zweifel um schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen, die zu den grundlegendsten Pflichten jedes Schalterbediensteten in klarem Widerspruch stehen.

Der Schweregrad der in Rede stehenden Verletzungen der Dienstpflichten eines Schalterbeamten (der mehrfachen vorsätzlich begangenen Eingriffe in fremdes Vermögen) ist daher von besonderem Gewicht, unabhängig davon, ob das pflichtwidrige Vorgehen des Beschuldigten bei diesem letztlich zu einer rechtswidrigen Bereicherung geführt hat. Die vom Beschuldigten begangenen Dienstpflichtverletzungen sind demnach als äußerst schwer zu beurteilen.

Eine solche, den Kernbereich der Dienstpflichten jedes im Bereich der Österreichischen Post AG beschäftigten Schalterbediensteten betreffende Vorgangsweise ist zweifellos geeignet, das Funktionieren des Dienstbetriebes in der betroffenen Dienststelle ernsthaft in Frage zu stellen und das Betriebsklima empfindlich, zu stören. Gerade bei der Wegnahme von Verkaufsartikeln und der vergleichsweisen einfachen Möglichkeit der Begehung derartiger Handlungen ist auch auf die Gefahr von Nachahmungstaten hinzuweisen.

Die Begehung von Pflichtverletzungen der gegenständlichen Art durch einen im Bereich Filialnetz der Österreichischen Post AG beschäftigten Beamten steht zudem in krassem Widerspruch zur Erwartungshaltung, die die Öffentlichkeit diesen Mitarbeitern gegenüber einnimmt. Solche Verhaltensweisen im Dienst sind ohne Zweifel geeignet, in der Bevölkerung einen entsprechend negativen Eindruck hinsichtlich der dienstlichen Einstellung von Bediensteten des Unternehmens entstehen zu lassen.

Bei einem im Gesamtschalterdienst der Österreichischen Post AG verwendeten Beamten, der unter Ausnützung seiner dienstlichen Möglichkeiten und während seines Dienstes durch Gewahrsamsbruch zum Verkauf bestimmte Brief- und Rubbellose aus dem unmittelbaren Verfügungsbereich der Österreichischen Post AG entzieht und dieses Vorgehen gegenüber Kontrollorganen zu verschleiern versucht, kann nur die Disziplinarstrafe der Entlassung als angemessene Reaktion auf ein derartiges Verhalten in Betracht kommen. Auch dann, wenn der Beschuldigte sich durch diese Handlungen letztlich nicht bereichert hat und der Österreichischen Post AG kein finanzieller Schaden entstanden ist, weil durch derartige schwerwiegende dienstliche Pflichtverletzungen nicht nur das für die Erfüllung der Aufgaben des Unternehmens Österreichische Post AG unerlässliche Vertrauen seiner Vorgesetzten, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit, insbesondere der (auch potenziellen) Postkunden zerstört wird.

Der Beschuldigte hat damit im innersten Kernbereich seiner dienstlichen Aufgaben gegen die mit seiner Funktion als Filialmitarbeiter verbundenen elementaren Grundsätze und Pflichten verstoßen und Dienstpflichtverletzungen von besonders schwerem Gewicht und außerordentlicher Tragweite begangen.

Ein Schalterbeamter, der sich an fremdem Eigentum vergreift, setzt die für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben notwendige Vertrauensbasis in massiver Weise aufs Spiel, wobei sein Verhalten einen hohen Unrechtsgehalt aufweist.

Dem wiederholten Vorbringen, im vorliegenden Fall habe es am Willen des Beschuldigten gefehlt, die Brieflose zu entwenden, ist entgegenzuhalten, dass es hier um die spezielle Grundeinstellung eines Beamten geht, der nicht bereit ist, die für seinen Arbeitsplatz wesentlichsten Bestimmungen und Vorschriften einzuhalten, und im gegenständlichen Fall ein mehrfacher Gewahrsamsbruch vorliegt. Die Wegnahme von im Eigentum der Österreichischen Post AG befindlichen Gegenständen stellt per se ein schweres Delikt gegen wesentliche Dienstpflichten eines Schaltermitarbeiters dar.

Mit Dienstrechts-Novelle 2009 wurde in das BDG 1979 gegenüber der bisherigen Rechtslage ein zusätzliches Strafzumessungskriterium eingefügt, nämlich dass bei der Zumessung der Disziplinarstrafe nicht mehr nur Rücksicht darauf zu nehmen ist. inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, sondern auch darauf, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken (Generalprävention).

Gerade generalpräventiven Aspekte - die Stärkung der Rechtstreue der Mitarbeiter - einer disziplinären Bestrafung müssen im gegenständlichen Fall besonders hervorgehoben und betont werden.

Der Beschuldigte wurde über die Vorschriften des Handbuches BLV, Bargeldbewirtschaftung, Lagerhaltung und Verrechnung, regelmäßig geschult. Auf die Wichtigkeit derartiger Bestimmungen und die große Bedeutung dieser Vorschriften für einen ordnungsgemäßen und korrekten Ablauf von Verkaufsaktivitäten und sonstigen filialnetzspezifischen Arbeitsprozessen wurde bereits mehrfach hingewiesen. Sie dienen unter anderen dem Schutz der Vermögenswerte der Österreichischen Post AG und der Absicherung der Redlichkeit seiner Mitarbeiter.

Die Verantwortung des Beschuldigten, dass seine Vorgangsweise keineswegs den einschlägigen Dienstvorschriften widersprochen habe, konnte im Beweisverfahren eindrucksvoll widerlegt werden.

Auch wenn der Beschuldigte mehrmals in der mündlichen Verhandlung bekräftigte, hinsichtlich des Kaufvorganges korrekt gehandelt zu haben, demnach gegebenenfalls die gegenständlichen Bestimmungen des Handbuches BLV nicht gekannt habe, ist ihm ein derartiger Rechtsirrtum jedenfalls vorzuwerfen und er hat damit ein schuldhaftes Verhalten zu verantworten. Wenn sich ein langjähriger Schaltermitarbeiter mit derart elementaren Vorschriften nicht bekannt gemacht hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre, ist ihm dieses jedenfalls vorzuwerfen. Jeder Beamte hat sich mit den in seinem Bereich geltenden Vorschriften auseinanderzusetzen.

Aus den oben dargestellten Gründen ist hinsichtlich der subjektiven Tatseite beim Verhalten des Beschuldigten von einem bedingten Vorsatz auszugehen. Er hat in Kauf genommen, dass durch seine Handlungsweise seinem Dienstgeber ein Vermögensschaden zugefügt wird. Der Senat hat die psychischen Belastungen zum Tatzeitpunkt, insbesondere die Konfrontation des Beschuldigten mit der unklaren Krankheitssituation seiner Gattin - obwohl vom Beschuldigten dazu keine objektiven Beweise beigebracht wurden - angenommen und entsprechend bewertet. Diese reichen jedoch nicht aus, den Beschuldigten hinsichtlich der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu exkulpieren.

Obwohl der Beschuldigte in keiner Phase des Disziplinarverfahrens Einsicht oder ein gewisses Maß an Unrechtsbewusstsein gezeigt hat, kann immerhin aus seiner Aussage, dass er es heute "so nicht" machen würde, erschlossen werden, dass er zumindest in Ansätzen davon ausgeht, dass er vorschriftwidrig gehandelt hat. Die "Gesamtbeurteilung" des Beschuldigten ergibt aus diesem Grund - der grundsätzlichen Uneinsichtigkeit hinsichtlich seines Verhaltens - und wegen des spezifischen Unrechtsgehaltes seiner Handlungen in Summe eine negative Zukunftsprognose für den Beschuldigten.

Die Vorschriftenlage hinsichtlich des Artikelverkaufs und Eigenankaufs war zum Zeitpunkt der Tathandlungen eindeutig und unmissverständlich. Da bei Brief- und Rubbellosen keine Zuteilung zu bestimmten Schaltern bzw. Mitarbeitern erfolgt und keine "persönliche Verwahrung" vorgesehen ist, sind zum Verkauf aufliegende Brief- und Rubbellose Teil des "Postamtslagers", wobei auf dieses "Lager" alle Mitarbeiter einer Postfiliale Zugriff haben. Bei "nachweislicher grober Fahrlässigkeit bzw. Nichteinhaltung der Regelungen" des Handbuchs BLV haftet der einzelne Mitarbeiter. Allfällige Artikelfehlbestände (Schwund, Inventurmanko) verringern das gesamte Filialergebnis und somit die Wirtschaftlichkeit des Standortes, wobei der entstandene Schaden von der jeweiligen Postfiliale getragen wird.

Ein Zugriff auf Artikel - wie im gegenständlichen Fall auf zum Verkauf aufliegende Lose - und die Verbringung dieser Gegenstände in die persönliche Sphäre - wie die Verwahrung im persönlich zugeordneten Tresor - vermindert objektiv die Höhe des Artikelbestandes einer Postfiliale und führt letztlich zu einer Schädigung des Arbeitgebers.

Gerade die vom Beschuldigten mehrfach vorgebrachte Vorgangsweise bei "Weihnachtssäckchen", die Lose enthalten und als verkaufsfördernde Maßnahme frei im Schalterbereich aufliegen, demnach weiterhin Teil des Postamtslagers darstellen, ist eine Bestätigung, dass die Handlungsweise des Beschuldigten - die Wegnahme und Aneignung von Verkaufsartikeln - als eindeutig vorschriftwidriges Verhalten zu bewerten ist.

Auch wenn in der Postfiliale [...] ein generelles Versperren der Brief- und Rubbellose außerhalb der Dienstzeiten nicht praktiziert wurde, ist eine derartige gegebenenfalls vorschriftswidrige Vorgangsweise in Hinblick auf die Verfolgung der verfahrensgegenständlichen Vorwürfe gegen den Beschuldigten nicht maßgeblich.

Der Beschuldigte hätte sowohl am 16. als auch am 17. Juli 2015 mehrmals die Möglichkeit gehabt, die Verrechnung der entnommenen Brief- und Rubbellose vorzunehmen zu lassen und den Kaufpreis zu bezahlen. Auch zum Zeitpunkt des Verbringens der Lose in den Tresor/Schalterpultkasse hätte ihm in besonderem Maße auffallen müssen, dies entsprechend den Vorschriften durchzuführen. So muss die Verantwortung des Beschuldigten, das korrekte Bezahlen und Verrechnen der entnommenen Lose am Abend des 16. Juli 2015 schlichtweg ‚vergessen' zu haben, als bloße Schutzbehauptung gewertet werden.

Aufgrund der übereinstimmenden und glaubwürdigen Aussagen der Zeugen [E.] und [W.], in der mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2016 hinsichtlich des unauffälligen Verhaltens des Beschuldigten und seiner gegebenen Arbeitsleistung im Tatzeitraum, sind die Ausführungen des vom Vertreter des Beschuldigten am 31. August 2016 vorgelegten und mit 11. Jänner 2016 datierten fachärztlichen Gutachtens hinsichtlich einer deutlichen Einschränkung, möglicherweise sogar völlig aufgehobenen Diskretions- und Dispositionsfähigkeit weder nachvollziehbar noch schlüssig,.

In diesen Zusammenhang muss auf die beharrliche Weigerung des Beschuldigten - trotz rechtskonform zustande gekommener Weisungen der Dienstbehörde - sich einer fachärztlichen Untersuchung eines unabhängigen Sachverständigen auf dem Gebiet der Neurologie und Psychiatrie zu unterziehen, hingewiesen werden. Einerseits wurde vom Beschuldigten - auf Grundlage der fachärztlichen Meinung des vom Beschuldigten beigezogenen Facharztes - vorgebracht, dass eine derartige Untersuchung für ihn lebensbedrohlich sei, andererseits wurde von ihm ausdrücklich auf seine dauernde Dienstfähigkeit verwiesen.

Zur Tauglichkeit des Gutachtens vom 11. Jänner 2016 als Entscheidungsgrundlage im gegenständlichen Disziplinarverfahren ist hervorzuheben, dass dieses ohne Kenntnis des begutachtenden Facharztes über den Akteninhalt. der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Verhandlungsinhalte und damit praktisch ohne Kenntnis der zu beurteilenden und relevanten Vorwürfe und Sachverhalte, durchgeführt wurde.

Dass der Beschuldigte, die von der erkennenden Behörde als notwendig erachtete, fachärztliche Untersuchung eines unabhängigen Gutachters letztlich verhindert hat, wurde vom erkennenden Senat in freier Beweiswürdigung dahingehend bewertet, dass dieser um jeden Preis vereiteln wollte, seine psychische Situation bzw. eine psychische Erkrankung zum Tatzeitpunkt von einer unabhängigen Instanz in objektiver Weise beurteilen zu lassen. Das Argument des Beschuldigten, die Mitwirkung an einer fachärztlichen Untersuchung würde eine nicht rechtskonforme ‚aktive Mitwirkung zur Schaffung belastender Beweismittel' darstellen, richtet sich von selbst.

Zu den Strafmilderungs- und Straferschwerungsgründen:

Mildernd wurden in gegenständlicher Disziplinarangelegenheit die disziplinäre Unbescholtenheit, die psychischen Belastungen im Tatzeitraum und die langjährigen tadellosen Leistungen des Beschuldigten im Schalterdienst gewertet. Wobei bei der Gewichtung des Milderungsgrundes der positiven Dienstleistung zu berücksichtigen ist, dass entsprechende dienstliche Leistungen die ureigensten dienstlichen Pflichten eines Beamten darstellen und dementsprechend weniger schwer wiegen.

Als Erschwerungsgrund ist die mehrfache Wegnahme von Briefiosen zu werten. Auch der Umstand, dass durch die Handlungen vom Beschuldigten ein möglicher Verdacht auf Kolleginnen und Kolleginnen hinsichtlich Pflichtverletzungen in Kauf genommen wurde, muss in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden. Es muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass das inkriminierte Verhalten ohne Zweifel geeignet war. den für den störungsfreien Betriebsablauf dringend erforderliche Betriebsfrieden ernsthaft in Gefahr zu bringen.

Die beschriebenen Verschleierungshandlungen des Beschuldigten - das Zurücklegen der entnommenen Brief- und Rubbellose am 17. Juli 2017 - sind vom Verhaltensunwert der im Spruch beschriebenen Handlungen erfasst, und werden daher nicht als zusätzlicher Erschwerungsgrund gewertet, da die Subsumtion dieser Begleittaten unter die Tatbestände des § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 bereits deren Unrechtsgehalt abdeckt.

Aufgrund der objektiven Schwere der zweifellos unternehmensschädigenden Dienstpflichtverletzungen und angesichts der mehrfachen Tatbegehung, unter Berücksichtigung spezial- und generalpräventiver Erfordernisse sowie unter Abwägung der vorliegenden Milderungs- und Erschwernisgründe kam der erkennende Senat zur Ansicht, dass aufgrund dieser Schwere und des hohen Unrechtsgehaltes der Pflichtverletzungen des Beschuldigten das Vertrauen in seine Dienstverrichtung in nicht wiederherstellbarer Weise zerstört wurde und die Disziplinarstrafe der Entlassung erforderlich ist. Eine Geldstrafe, die bei der Sachlage im obersten Bereich anzusiedeln wäre, würde der Schwere der Taten nicht Rechnung tragen. Eine Bestrafung mit einer Geldstrafe bringt zudem auch keine Gewissheit, dass der Beschuldigte künftig in Ausnahmesituationen nicht wiederum zum Nachteil seines Dienstgebers reagieren wird.

Es bedarf im gegenständlichen Fall der Disziplinarstrafe der Entlassung, um dem Beschuldigten klar vor Augen zu führen, dass bei derartigen schweren Dienstpflichtverletzungen letztlich die Verantwortung für das Verhalten einzig und allein beim Bediensteten verbleibt, selbst wenn eine Mehrzahl an Milderungsgründen vorliegen.

Aufgrund dieser Überlegungen ist eine weitere Belassung des Beschuldigten im Dienst nicht zu vertreten."

10. Mit Schriftsatz vom 08.09.2017 (Postaufgabedatum vom selben Tag) brachte der BF gegen das am 14.08.2017 zugestellte Disziplinarerkenntnis Beschwerde an das BVwG ein. Beantragt wurde eine Verhandlung vor dem BVwG und ein Freispruch des BF, in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung.

11. Mit Schriftsatz vom 14.09.2017 wurde die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsakten (u.a. auch der DVD mit den Videosequenzen der Überwachungskamera sowie die Verfahrensakten zum Disziplinarverfahren GZ S2/45-DK-VI/14) dem BVwG vorgelegt.

12. Mit Schreiben vom 22.09.2017 wurde der BF aufgefordert, Beweismittel für seine Behauptungen vorzulegen, aus denen sich ergibt,

1) wann seine Ehegattin vom Knoten in der Schilddrüse, von der Notwendigkeit der operativen Entfernung und vom Operationstermin erfahren hat, sowie wann sie diese Umstände dem BF jeweils mitgeteilt hat (Arztbriefe, Behandlungsnachweise, Ladungsadressen von Zeugen etc.).

2) dass er am 17.07.2015 einen Batteriewechsel beim ÖAMTC durchführen lies und wann er an diesem Tag den Dienst angetreten hat (Rechnung, Ladungsadressen von Zeugen etc.).

Ferner wurde eine Erklärung zur "Verhandlungsfähigkeit" des BF eingefordert.

13. Mit Schreiben vom selben Tag wurde das Personalamt der Post AG zur Vorbereitung der Verhandlung aufgefordert zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen bzw. geeignete auskunftsfähige Zeugen zu benennen.

"Wie lange werden die Videoaufzeichnungen aufbewahrt bzw. in welchen Zeitabständen werden sie überschrieben?

Waren die Mitarbeiter der Filiale (insbesondere der BF) im Jahr 2015 über diese Umstände (Aufzeichnungs- und Aufbewahrungszeiten, Modalitäten der Einsicht in die Aufzeichnungen) informiert?

Wird auch in dem Raum, wo sich die Tresore der Mitarbeiter befinden eine Videoaufzeichnung durchgeführt?

Lt. den Unterlagen (Niederschrift mit dem Filialleiter XXXX (W.) vom 17.07.2015 mit dem Erhebungsdienst) gab es bereits am 10.07.2015 einen Schwund von Losen im Wert von € 66,--, der bei einer angeordneten Inventur festgestellt wurde.

War der BF davor und an diesem Tag im Dienst?

Wusste er von dieser konkreten Inventur?

Wo ist festgelegt in welchen Abständen Inventuren der Losbestände durchzuführen sind bzw. in welchen Abständen werden diese in der Praxis durchgeführt?

Musste der BF von diesen Inventurterminen wissen und wenn ja warum?

Gab es zum am 10.07.2015 festgelegten Schwund weiterführende Ermittlungen, um die Ursachen festzustellen?

Gibt es Informationen über den Fund (Ausbuchen) von Losen in dieser Filiale oder anderen Postfilialen in denen der BF als Springer dienstzugeteilt war bzw. in seiner Stammfiliale?

Was bedeutet die Aussage im Handbuch BLV 12.1. (Seite 45):

‚Artikelfehlbestände (Schwund, Inventurmanko) verringern das gesamte Filialergebnis und somit die Wirtschaftlichkeit des Standorts, der entstandene Schaden wird von der jeweiligen Postfiliale getragen.'

Für den einzelnen dort beschäftigten Mitarbeiter und insbesondere den Filialleiter?"

14. Mit Schriftsatz vom 11.10.2017 legte der BF über seinen Anwalt, den Arztbrief über den Schilddrüsenbefund seiner Frau (datiert mit 14.07.2015), eine eidesstattliche Erklärung seiner Frau, dass diese am 16.07.2015 im Laufe des Vormittags den BF informiert habe, eine Aufenthaltsbestätigung für ihren Klinikaufenthalt vom 25.08. bis 29.08.2015 sowie einen Servicebeleg des ÖAMTC vor, wonach der BF am 17.07.2015 seine Autobatterie hat tauschen lassen. Er teilte weiters mit, dass ein § 14 BDG-Verfahren (Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit) eingeleitet worden sei und er am 20.11.2017 (nach seinem Kuraufenthalt von 25.10.-15.11.2017) zu einem Besuch bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) "gezwungen" werde.

15. Mit Schreiben des BVwG vom 23.10.2017 wurde der Disziplinaranwältin (DA) und der belangten Behörde diese Stellungnahme des BF übermittelt und darüber informiert, dass bis dato keine Stellungnahme vom Personalamt eingelangt sei. Weiters wurde ersucht bei den bei der PVA von Fachärzten durchzuführenden Untersuchungen am 20.11.2017 durch Gutachten zu klären,

1.) ob aus medizinischer Sicht (Facharzt für Innere Medizin) aufgrund der koronalen Herzkrankheit des BF tatsächlich eine objektiv nachvollziehbare "erhöhte Mortalität" bei der Durchführung einer fachgerechten psychiatrischen Untersuchung im Jänner 2017 entstanden wäre bzw. ob diese bei Durchführung einer Verhandlung des BVwG in WIEN bestehe. Weder das Gutachten des Psychiaters/Neurologen Dr. G. vom 11.01.2016 noch das Schreiben der Fachärztin für Psychiatrie Dr. S. vom 30.08.2016 sei dazu ausreichend begründet und verfügten diese beiden Fachärzte wohl auch nicht über die notwendige Fachkompetenz die Schwere der Herzkrankheit beurteilen zu können;

2.) ob zum Tatzeitpunkt 16.07.2015, aufgrund der Mitteilung der Frau des BF, dass eine Schilddrüsenoperation bevorstünde, objektiv nachvollziehbar eine derart akute Belastungsreaktion ausgelöst worden sei, die zu einer teilweisen Amnesie sowie einer Einschränkung oder sogar Aufhebung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit geführt und der BF daher nicht gewusst habe was er tat, als er die Lose an sich genommen, nicht verrechnet und in seinem Tresor versperrte.

16. Mit Schreiben vom 05.12.2017 teilte das Personalamt mit, dass im Tresorraum der Postfiliale keine Videoüberwachung installiert sei. Hinsichtlich der Aufzeichnungsdauer gelte, dass die Aufzeichnungen für mindestens 14 Tage und maximal 6 Monate aufbewahrt würden. Der gesamte Prozess sei im "Sicherheitshandbuch" dargestellt, welches in jeder Filiale aufliege und daher auch dem BF zur Verfügung gestanden sei. Der BF sei aufgrund seiner Funktion als Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschusses am 09. und 10.07.2015 nicht in der Postfiliale anwesend gewesen. Von 20.03.2015 bis 28.06.2015 sei er in XXXX , von 29.06.2015 bis 12.07.2015 an seiner Stammdienststelle

XXXX (davon von 29.06. bis 03.07.2015 auf Urlaub) und von 13.07.2015 bis zur Suspendierung wieder in XXXX eigesetzt gewesen. Die Inventuren der Brief- und Rubbellose würden von den Österreichischen Lotterien beauftragt und von der Post ausgeführt. Diese würden ca. drei- bis viermal im Jahr stattfinden und davor im OPAL (= filialspezifisches Netz) angekündigt, wo sie für alle Mitarbeiter ersichtlich seien. Ein Schwund könne nicht einzelnen Mitarbeitern zugeordnet werden.

17. Mit Schreiben vom 19.02.2018 leitete das Personalamt, die Gutachten der PVA zum Gesundheitszustand des BF (Untersuchungen vom 20.11.2017) an das BVwG weiter. Der Gesamtgutachter kam darin auf Basis der Fachgutachten internistisch im Wesentlichen zum Ergebnis, dass der BF für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten einsetzbar sei. Psychiatrisch würden sich beim BF keine höhergradigen Einschränkungen der kognitiven Parameter oder der Merkfähigkeit zeigen, der BF sei unter fallweisem Zeitdruck, überdurchschnittlicher psychischer Belastbarkeit und mäßig schwierigem Leistungsvermögen belastbar.

Ergänzend teilte die Chefärztin mit, dass die vom BVwG angeregte psychiatrische Begutachtung zur Diskretions- und Dispositionsfähigkeit zum Zeitpunkt 16.07.2015 nicht in den Aufgabenbereich der PVA falle und nicht umsetzbar sei.

18. Das BVwG beraumte für den 03.05.2018 eine mündliche Verhandlung an, bei der neben den Parteien, die Ehefrau des BF (Petra XXXX ) ein Kollege des BF ( XXXX [E.]), der Filialleiter der Filiale XXXX (

XXXX [W.]) als Zeugen geladen wurden, in einem wurde den Parteien mitgeteilt, dass das BVwG die Psychiaterin und Neurologin DDr. XXXX (im Folgenden: SV) mit der Beurteilung des Gutachtens von Univ.-Doz. Dr. G. zu beauftragen beabsichtige und eine Frist von 1 Woche für eine Stellungnahme dazu eingeräumt. Da keine Stellungnahmen einlangten, wurde sie vom BVwG zur Sachverständigen bestellt.

19. Am 03.05.2018 fand die 1. Verhandlung statt, bei der sich die Ehefrau des BF - bis auf die Aussage, dass die eidesstattliche Erklärung von ihr stamme und ihre Krankengeschichte stimme, der Aussage entschlug. Vorgelegt wurden Unterlagen zu den An-/Abwesenheiten sowie den Dienstreisen des BF, zu einer von W. durchgeführten Lagerprüfung am 20.07.2015 sowie ein Foto vom Losdispenser am Arbeitsplatz des BF, auf dem aus Kundensicht erkennbar im äußerst linken Dispenser (aus Sicht des Schalterbeamten) Lose eingespannt sind. Im Zuge der Verhandlung wurden die Videomitschnitte der Überwachungskameras gesichtet.

Da Beweisanträge für die Ladung weiterer Zeugen gestellt und auch das Gutachten der SV noch nicht vorlag wurde die Verhandlung vertagt.

20. Die SV kam in der Folge in ihrem 1. Gutachten vom 25.05.2018 (Kosten: € 393,--) zusammengefasst zum Schluss, dass das Gutachten des G. zur Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des BF (aufgrund ihm fehlender Informationen) nicht lege artis zustandegekommen und eine persönliche Untersuchung des BF zu dieser Frage durch sie selbst erforderlich sei. Sie wurde daher vom BVwG - entsprechend dem Antrag des Rechtsvertreters des BF in der Verhandlung vom 03.05.2018 - beauftragt, die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des BF zum Tatzeitpunkt in einem weiteren Gutachten zu klären.

Dieses 2. Gutachten vom 05.09.2018 (Kosten: € 522,--) langte am 07.09.2018 beim BVwG ein und kam die SV im Wesentlichen zum Schluss, dass soweit eine ex-post Beurteilung möglich sei, beim BF zum Tatzeitpunkt keine krankheitswertige psychiatrische Symptomatik vorgelegen sei, die einer Einschränkung oder Aufhebung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit iSd § 11 StGB gleichgekommen wäre. Ablenkungen und Unkonzentriertheiten wären nachvollziehbar.

21. Am 25.09.2018 fand eine 2. Verhandlung statt, in der die beiden Gutachten erläutert sowie, zwei weitere Zeugen XXXX (ST.) und XXXX (WA.) vom befragt wurden, die die Erhebungen der Post durchgeführt hatten.

An Unterlagen wurden von den Parteien bzw. Zeugen insbesondere Kopien der am 20.07.2015 im Dispenser (ganz links unter dem Bildschirm) sichergestellten Lose sowie weitere Bilder dieses Arbeitsplatzes und des Dispensers vorgelegt. Der Originaldispenser wurde vom Senat in Augenschein genommen, ebenso ein Lospaket, dass jenem entsprach, welches aufgefunden wurde. Die Originallose konnten von der Post nicht mehr vorgelegt werden. Ebenso wurde im Rahmen der Zeugenaussagen neuerlich Einsicht in die Videoaufzeichnungen genommen.

Der RV des BF stellte am Schluss der Verhandlung den Antrag den Zeugen F. (Personalvertreter der bei der Erstbefragung des BF anwesend war und zu dieser Verhandlung aufgrund von Personalvertreterwahlen nicht erscheinen konnte) neuerlich sowie die SV und DDr. G. für eine weitere Verhandlung zu laden. Die Verhandlung wurde daher nocheinmal vertagt.

22. Im Anschluss an die Verhandlung wurde(n):

-

Vom Zeugen ST. Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergab, wie die Differenzen zwischen der Lagerprüfung am 17.07.2015 und vom 20.07.2015 zustande gekommen waren. Es seien auch Lose im Dispenser des BF aufgefunden worden, die nicht aus der Filiale XXXX , sondern aus der Stammfiliale des BF XXXX stammten.

-

Vom RV des BF der Antrag gestellt ihm die DVD mit den Aufzeichnungen der Überwachungskamera sowie die Kopien der aufgefundenen Lose zur Akteneinsicht zu übermitteln. Weiters möge der Disziplinaranwaltschaft aufgetragen werden, den "Leitfaden der Rechtsabteilung der Post für Befragungen" vorzulegen.

-

Von der DK beantragt, den Zeugen ST. zu den oa. neuen Unterlagen als Zeugen zu laden sowie einen weiteren Zeugen ( XXXX , [T]), zur Frage von bestehenden Regelungen hinsichtlich der Verwahrung von Losen zu laden.

23. Am 11.12.2018 fand die 3. Verhandlung vor dem BVwG statt. Im Vorfeld teilte der als Zeuge geladene DDr. G. mit, er können an der Verhandlung nicht teilnehmen. In der Verhandlung wurde die SV zu ihren Gutachten befragt, der Zeuge F. sowie nocheinmal die Zeugen W. und ST. einvernommen. Der BF legte eine handschriftliche Aufstellung seiner Auswertung des Überwachungsvideos vor und führte dazu aus, dass die Videos zusammengeschnitten worden wären und mehrere Minuten fehlen würden. ST. erklärte ua. an Hand einer Loskopie, wie die Identifizierung der Lose aus der Stammfiliale anhand der Registrierungsnummern erfolgt und seine vorgelegte Excel-Tabelle zu den aufgefundenen Losten zustandegekommen sei.

Trotz offener bzw. weiterer Beweisanträge der Parteien (Vernehmung DDr. G. zur Frage der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit, des T. zu Verwahrungsvorschriften von Losen sowie eines Herrn XXXX von der Post zu den Videoaufzeichnungen), fasste der erkennende Senat - nach Abweisung der Beweisanträge - das vorliegende Erkenntnis, dass verkündet wurde.

24. Mit Anträgen vom 19.12.2018 (Disziplinaranwaltschaft [DA]) und 21.12.2018 (BF) wurde eine schriftliche Ausfertigung des am 11.12.2018 verkündeten Erkenntnisses beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschuldigten/Beschwerdeführers

Der BF ist seit 1981 im Postdienst und wurde 1986 zum Beamten ernannt. Er befindet sich in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis im Universalschalterdienst der Post AG und ist Vorsitzender eines Vertrauenspersonenausschusses der Post und Personalvertreter. Seine Stammfiliale ist XXXX ; zum Tatzeitpunkt war er als Springer in der Filiale XXXX eingesetzt.

Er ist verheiratet und bezieht ein Bruttomonatsgehalt iHv €

3.059,43.

Sein Gehalt ist seit November 2015 auf 2/3 gekürzt, da er aufgrund des hier verfahrensgegenständlichen Vorwurfs des Verdachts des (versuchten) Diebstahls von Rubbellosen suspendiert ist.

Aus der Dienstbeurteilung vom 13.05.2015 geht unter anderem hervor, dass er die angeordneten Abläufe und Prozesse bisher eingehalten hat. Im Umgang mit Vorgesetzten ist er "stets freundlich" gewesen und liegen seit 2012 keine Kundenbeschwerden vor.

Er hat keine disziplinären, verwaltungs- oder gerichtlichen Vorstrafen. Mit Erkenntnis des BVwG vom 27.05.2016 (zugestellt am 30.05.2017) wurde er rechtskräftig vom Vorwurf freigesprochen, er habe am 19.07.2013 anlässlich eines Dienststellenbesuches eine Kollegin gegen ihren Willen "umarmt und berührt" (§ 43a BDG). Das diesbezügliche erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis vom 09.07.2015, dass nur sieben Tage vor dem hier gegenständlichen Tatbestand ergangen ist, wurde vom BVwG behoben (GZ 45-DK-VI/14 bzw. BVwG W208 2118054-1/18E).

Mit seiner berufstätigen Frau bewohnt er eine Mietwohnung (Kosten ca. € 800,-- bis 900,--/Monat) und besitzt zusätzlich ein Haus, das aber dzt. von seiner Mutter bewohnt wird.

Er leidet ua. an einer koronaren Herzkrankheit und wurden ihm im August 2013 ein 3 DES (Stent) implantiert.

Am 05.08.2015 wurde erstmals eine mittelgradige depressive Episode (F32.1) diagnostiziert, die nach seinen eigenen Angaben auf die dauernden Veränderungen seiner Arbeitssituation (Einsatz als Springer) zurückzuführen war und nicht auf familiäre oder finanzielle Sorgen (Krankenhaus XXXX , Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Ambulanz 05.08.2015, wiedergegeben im Gutachten Dr. med. G. vom 11.01.2016).

Seine Frau hat im Sommer 2015 erfahren, dass sie einen Knoten in der Schilddrüse hat. Bei einer Kontrolluntersuchung am 13.07.2015 wurde ihr mitgeteilt, dass sich der Knoten stark vergrößert habe und ein operativer Eingriff binnen eines halben Jahres erforderlich sei (Seite 2 der Stellungnahme des BF vom 01.06.2016/ON 17 im Akt der DK/Seite 2 und Arztbrief vom 14.07.2018/ON 4 im Akt des BVwG). Sie gab in einer eidesstaatlichen Erklärung (vorgelegt durch den BF am 11.10.2017/ON 4) an, dass sie am 16.07.2015, im Laufe des Vormittags den BF von der bevorstehenden Operation telefonisch informiert habe. Ansonsten entschlug sie sich einer Aussage vor dem BVwG. Zwischen

25. und 28.08.2015 wurde ihr die Schilddrüse komplett entfernt.

Der BF hat Sorgepflichten für eine minderjährige Tochter (17) und unterstützt seine Mutter finanziell (Anschaffungen, Heizkosten, etc. mit ca. € 1.500,- pro Jahr).

1.2. Zum Sachverhalt

Der BF hat von 30.03.2015 bis 28.06.2015 in XXXX (als Springer) und von 29.06.2015 bis 12.07.2015 in XXXX (seine Stammfiliale) und danach wieder ab 13.07.2015 in XXXX Schalterdienst versehen. Dazwischen war er auch auf Kur, im Krankenstand, dienstfreigestellt nach § 66 PBVG und auf Urlaub.

Am 09.07.2015 wurde der BF in einem Disziplinarverfahren in erster Instanz nicht rechtskräftig sch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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