TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/18 W173 2205868-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2019
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Entscheidungsdatum

18.02.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W173 2205868-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 7.8.2018 zur Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Bescheid vom 7.8.2018 zur Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wird behoben. Frau XXXX erfüllt die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Im Rahmen der amtswegig durchgeführten Nachuntersuchung wurde der Grad der Behinderung von Frau XXXX , geb. am XXXX , (in der Folge BF) in der Höhe von 50% bestätigt. Im Gutachten vom 28.9.2012 von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, wurden nachfolgende Leiden berücksichtigt: 1. Morbus Chron (Pos.Nr. gz 356 - GdB 40%), 2. Depression (Pos.Nr. 585 - GdB 30%), 3. Carpaltunnelsyndrom rechts - Gebrauchsarm (Pos.Nr. 476 - GdB 20%), 4. Carpaltunnelsyndrom links - Gegenhand (Pos.Nr. 476 - GdB 10%), 5. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Pos.Nr. 190 - GdB 20%) und 6. Incipiente Varusgonarthrose beidseits (Pos.Nr. 417 - GdB 10%). Es handelte sich um einen Dauerzustand. Der BF wurde ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50% ausgestellt.

2. Am 30.5.2018 beantragte die BF die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung iVm der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in ihren Behindertenpass. Dazu legte die BF medizinische Unterlagen vor. Im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 19.7.2018 von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, wurde auszugsweise Nachfolgendes ausgeführt:

"...........................

Anamnese:

Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung

Siehe auch VGA vom 28.09.2012: Morbus Crohn 40%, Depressio 30%,

Carpaltunnelsyndrom rechts 20%, Carpaltunnelsyndrom links 10%, degenerative

Veränderungen der Wirbelsäule 20%, Incipiente Varusgonarthrose bds 10%, Gesamt-GdB

50%

Derzeitige Beschwerden:

Ich leide an einem Morbus Crohn, wo die Diagnosestellung im Jahr 2005 gestellt worden sind. 2005 hatte ich bereits eine Operation, weil ich einen Abszess im terminalen Ileum hatte und da eine Ileumresektion durchgeführt worden ist. Jetzt im März 2018 hatte ich eine Ileozökalresektion, wo mir 30 cm vom Dünndarm und 8 cm vom Dickdarm entfernt wurde, weil ich eine stark entzündete Schleimhaut hatte und auch wieder eine Abszessbildung. Ich habe oft Durchfall, kann auch oft den Stuhl nicht halten. Durchfälle

habe ich im Schnitt 5-6-mal am Tag. Teilweise auch in der Nacht. Die Stühle sind breiig bis flüssig, auch ist immer wieder Blut dabei. Ich kann überhaupt nicht einschätzen, wann meine Durchfälle kommen. Morgen bin ich wieder im Krankenhaus, wo mir ein Coloskopietermin gegeben wird, wo man sich einmal den Zustand nach der Operation ansieht. Dann soll die weitere Medikation besprochen werden. Seit der Operation geht es mir besser, vorher war es so, dass ich ungefähr alle 2 Minuten auf die Toilette laufen musste, bzw. sobald ich etwas gegessen habe. Ich bin 4-mal im Jahr bei meiner Neurologin Dr. XXXX , mache auch zusätzlich eine Gesprächstherapie 4-mal im Jahr, weil ich im Jahr 2009 eine Erschöpfungsdepression hatte. Auf der rechten Hand habe ich mir mein Karpaltunnelsyndrom operieren lassen, auf der linken bis jetzt noch nicht.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

CONCOR COR FTBL 2,5MG 1-0-0-0

AMLODIPIN GEN TBL 5MG

IRBEPRESS-HCT FTBL300/25MG

CAL-D-VITA KTBL 1-0-1-0

DIAMICRON MR TBL 30MG

THYREX TBL 75MCG 1-0-0-0

APREDNISLON TBL 25MG 1/2-0-0-0

PENTASA RET GRAN 2G

HALCION TBL 0.25MG

CORTIMENT

SAROTEN 10mg

Sozialanamnese: verheiratet, keine Kinder, Buchhalterin

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe): FRANZISKUS SPITAL vom 03.05.2018 M. Crohn, lleocoecalresektion am 28.03.2018,

Histologie: lleozokalresektat mit erosiver ulzeröser Entzündung, narbiger Verdickung und Adhaäsionen. Bild vereinbar mit floridem M.

Crohn. Keine Malignität Nebendiaqnosen:

Morbus Crohn, ED 2005, initial Mesalazintherapie, seit 2009 Purinethol

arterielle Hypertonie

DM TYP II

Struma multinodosa, Euthyreose unter Substitutionstherapie

Bekannte Cholecystolithiasis

Antrumgastrits

Marisken

Axiale Hiatushernie

Chron. Anämie

St.p. Abzess terminates Ileum, lleumresektion, Adnexektomie li., AE, Tube PE re, 2005 St.p. Pneumonie re. UL-Spitze und ML 2/2018, St.p. pleuritische Schmerzen re.

Coloskopie vom 12.02.2018

M. Crohn mit florider entzündl. Aktivitat im leocoecalbereich, im Sigma und im Rectum.

Stenose des term. Ileum.

V.a. Fistelbildung im lleocoecal-Bereich.

Untersuchungsbefund: Allgemeinzustand: gut; Ernährungszustand: gut

Größe: 164,00 cm; Gewicht: 74,00 kg; Blutdruck: 130/80

Klinischer Status - Fachstatus: 52 Jahre; Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet; Caput: Visus: unauffällig Hörvermögen nicht eingeschränkt

keine Lippenzyanose, Sensorium: altersentsprechend, HNA frei

Collum: SD: schluckverschieblich, keine Einflussstauung,

Lymphknoten: nicht palpabel

Thorax. Symmetrisch, elastisch

Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent

Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar,

Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei., med. Bauchnarbe, trägt Pull ons Pulse: Allseits tastbar

Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. uneingeschränkt durchführbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluss und

Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben,

Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben keine

Varikositas, keine Ödeme bds., Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz,

Finger-Bodenabstand im Stehen: 0 cm,

Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen frei beweglich

Gesamtmobilität-Gangbild: unauffällig

Status Psychicus: bewußtseinsklar, orientiert, kein kognitives-mnestisches Defizit,

Gedankenstuktur: geordnet, kohärent, keine Denkstörung, Konzentration ungestört, Antrieb unauffällig, Stimmungslage Weindurchbrüche

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

1. Morbus Crohn

2. Depressio

3. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

4. Carpaltunnelsyndrom links

5. Incipiente Varusgonarthrose bds

6. Diabetes mellitus

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Wegfall von Leiden 3, da operativ saniert. Hinzukommen von Leiden 6

X Dauerzustand.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

Gutachterliche Stellungnahme:

Bezüglich der Morbus Crohn besteht keine ausgeprägte Schwäche. Es liegt ein guter Ernährungs- und Allgemeinzustand vor. Eine nachgewiesene Inkontinenz ist nicht vorliegend und kann daher für die Beurteilung nicht herangezogen werden. Somit ist davon auszugehen, dass die öffentlichen Verkehrsmittel benützt werden können.

..................................."

3. Das Gutachten vom 19.7.2018 wurde dem Parteiengehör unterzogen. Die BF brachte im Schreiben vom 31.7.2018 unter Vorlage von weiteren Befunden vor, auf Grund der Darmerkrankung bis zu 10x täglich Stuhlgänge mit imperativem Stuhldrang zu haben, welche nicht beherrschbar seien, da sie nicht vorhersehbar aber unabwendbar seien. Es sei eine Schutzhose erforderlich. Die handelsüblichen Hilfsmittel würden keine Abhilfe gegen Verunreinigung und Geruchsbelästigungen schaffen, um für den Zeitraum bis zur nächsten Möglichkeit ein öffentliches Verkehrsmittel verlassen zu können. Es sei ein internistisches Sachverständigengutachten einzuholen. Es wurde ein ergänzendes Gutachten eingeholt, in dem die Sachverständige im Gutachten vom 6.8.2018 ihre Einschätzung beibehielt. Mit Bescheid vom 7.8.2018 wurde der Antrag des BF vom 30.5.2018 zur Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung seien nicht erfüllt.

4. Mit Schreiben vom 17.9.2018 erhob die BF Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid vom 7.8.2018. Es ihr auf Grund ihrer Darmerkrankung nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. In den letzten Monaten habe sie 30kg abgenommen, sodass eine Ileocoecalresektion erforderlich gewesen sei. Die 10x täglichen Stühle seien mit Dranginkontinenz verbunden. Stühle seien unvorhersehbar und unbeeinflussbar. Handelsübliche Hilfsmittel könnten keine Abhilfe schaffen. Es bestünden Verunreinigungen und Geruchsbelästigungen. Dies sei von der Sachverständigen außer Acht gelassen worden. Es sei ein internistischer Sachverständiger beizuziehen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Weitere Befunde wurden angeschlossen.

5. Am 4.10.2018 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Auf Grund des Beschwerdevorbringens wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes medizinisches Gutachten eingeholt. Im Gutachten vom 13.11.2018 wurde von Dr. XXXX , FA für Innere Medizin, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF, Nachfolgendes ausgeführt:

"............................................

Laut Abl. 31 wurde die Beschwerdeführerin am 18.07.2018 im Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, untersucht, Gutachten vidiert von Frau Dr. XXXX, darin wurde festgestellt:

1. Morbus Crohn

2. Depressio

3. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

4. Karpaltunnel-Syndrom links

5. Inzipiente Varusgonarthrose beidseits

6. Diabetes mellitus

Hinsichtlich der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde festgestellt:

Bezüglich des Morbus Crohn besteht keine ausgeprägte Schwäche. Es liegt ein guter Ernährungs- und Allgemeinzustand vor. Eine nachgewiesene Inkontinenz ist nicht vorliegend und kann daher für die Beurteilung nicht herangezogen werden. Somit ist davon auszugehen, dass die öffentlichen Verkehrsmittel benützt werden können.

Ergänzende Anamnese mit der Beschwerdeführerin und vorgelegte Befunde.

2005 heftige Bauchkrämpfe und drastische Gewichtsabnahme, als Ursache wurde damals zunächst eine Endometriose angenommen und daher eine Hysterektomie vorgenommen. Erst intraoperativ hat sich herausgestellt, dass auch Veränderungen des Darmes - im Sinne eines Morbus Crohn vorgelegen haben.

Betreuung im SMZ-Ost, an weiteren Eingriffen war heuer im März 2013 im Franziskus-Spital eine Ileozökalresektion erforderlich.

Der Befund wird vorgelegt, daraus geht hervor:

Verdacht auf Fistelbildung im Ileozökalbereich bei Morbus Crohn, Morbus Crohn seit 2005, initial Mesalazin-Therapie, seit 2009 Purinetol, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ Il (ohne Insulinbehandlung), Struma multinodosa, Substitutionstherapie, Cholezystolithiasis, Antrumgastritis, Marisken, axiale Hiatushernie, chronische Anämie, Status post Abszess des terminalen Ileums, Ileumresektion, Adnexektomie links, Appendektomie, Tube-PE rechts 2005, Status post Pneumonie der rechten Unterlappenspitze und Mittellappenspitze 2/2018, Status post pleuritische Schmerzen rechts.

Die Antragswerberin gibt an, täglich 10x Stuhlgang zu haben, oder sogar öfter, überwiegend flüssig teils breiig. Sie trägt Einlagen, da der Stuhldrang unkontrollierbar ist.

Letzter Spitalsaufenthalt vom 14. - 21.09.2018 im Franziskus-Spital (früher St. Elisabeth-Krankenhaus), dieser Befund wird in Kopie zum Akt genommen.

In diesem Befundbericht ist in der Diagnosenliste auch eine Stuhlinkontinenz angegeben.

Aktuelle Medikation, physikalische Behandlung und andere Maßnahmen:

Concor, Amlodipin, Irbepress HCT, CalDeVita, Mexalen, Metformin, Thyrex, Pentasa, Enterobene, Xylocain, Mirfulan-Salbe und Scheriproct,Dexpantenol-Salbe Humira 40 mg alle 2 Wochen (die Injektionen führt sie selbst durch)

Ergänzung der Anamnese durch sonstige Spitalsberichte, Röntgen- und Laborbefunde.

Ein nervenärztlicher Befund der Fachärztin für Neurologie, Dr. XXXX , vom 22.10.2018 wird ebenfalls in Kopie zum Akt genommen.

Untersuchungsbefund (klinisch-physikalischer Status):

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand ausreichend, 163 cm, 68 kg, im Sommer 2017 hatte sie allerdings noch über 100 kg

Knochenbau: normal, Haut und Schleimhäute: unauffällig

Lymphknoten nicht tastbar

Augen: isokor, prompte Lichtreaktion

Zunge: normal, Zähne: eigene, 1 Krone

Hals: unauffällig, Schilddrüse nicht tastbar, Pulse vorhanden, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut

Thorax: symmetrisch, elastisch

Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch bei guter Basenverschieblichkeit

Herz: reine rhythmische Herztöne

RR 120/80, Frequenz 80/Min. rhythmisch

Abdomen: mäßig aidpös, blande OP-Narben, Windelhose wegen Inkontinenz

Leber am Rippenbogen, Milz nicht abgrenzbar

Rektal nicht untersucht, Nierenlager frei

Extremitäten und Wirbelsäule: mäßige Rundrückenbildung der Wirbelsäule, Arme normal, angegebene Arthralgien, jedoch keine sonstig fassbaren Gelenksver-änderungen, Pulse tastbar, keine Varizen, keine Ödeme, Gangbild normal

Beurteilung und Beantwortung der im nicht nummerierten Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.10.2018 gestellten Fragen

Frage 1:

Diagnosen:

1. Morbus Crohn - Stuhlinkontinenz laut Befundbericht aus dem Franziskusspital vom 15.10 9018

2. Angst und Depression gemischt

3. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

4. Karpaltunnel-Syndrom links

5. Inzipiente Varusgonarthrose beidseits

6. Diabetes mellitus II

7. Struma multinodosa, Euthyreose unter Substitutionstherapie

8. Cholezystolithiasis

9. Antrumgastritis

10. axiale Hiatushernie

11. hronische Anämie

12. Steatosis Hepatitis

Frage 2: keine

Frage 3: keine

Frage 4: keine, insbesondere auch keine der in der Frage beispielshaft aufgezählten Leiden

Frage 5: Zur Beantwortung dieser Fragestellung ist ein neurologisch/psychiatrisches Gutachten erforderlich, da im Bericht der Fachärztin für Neurologie, Dr. XXXX , die Diagnosen Angst und Depression gemischt gestellt werden

Frage 6: keine

Frage 7: Dafür liegt kein Hinweis vor.

Frage 8:

Die Antragswerberin ist durch Durchfälle und dringlichen Stuhldrang beeinträchtigt. Darüber hinaus wird im letzten Spitalsbefund Stuhlinkontinenz attestiert, allerdings ohne Angabe, seit wann diese vorliegt, und ob Besserungsmöglichkeiten bestehen.

Diese Angaben können im Zuge der aktuellen Untersuchung weder bewiesen noch widerlegt werden. Eine Einschränkung der Gehstrecke besteht nicht.

Die Beschwerdeführerin ist durch ihre Darmerkrankung beeinträchtigt.

Durch Anwendung moderner Inkontinenzprodukte kann eine Verunreinigung und

Geruchsbelästigung in hohem Maße vermieden werden, absolute Sicherheit ist jedoch nicht gegeben. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es unter besonders ungünstigen Umständen zu Verunreinigungen und Geruchsbelästigung kommt.

Frage 9:

Stellungnahme zu den Beschwerdevorbringen, Abl. 44 - 55: gleiche Beantwortung wie zu Frage 8. Stellungnahme zu den genannten

Befunden: diese wurden vollinhaltlich berücksichtigt, ein neuer Befund vom September 2018, welcher der Beschwerdeführerin auch Stuhlinkontinenz attestiert, wurde in Kopie zum Akt genommen.

Frage 10:

Die Diagnosenliste wurde vervollständigt, die Abweichung ergibt sich dahingehend, dass nun in einem Spitalsbefund Stuhlinkontinenz attestiert worden ist.

Frage 11:

Eine Nachuntersuchung wird angeregt, da unter Umständen eine Besserung durch veränderte oder neue Behandlungsmethoden möglich ist, Zeitraum 2 Jahre ab dem jetzigen Untersuchungsdatum.

.........................."

6. Das Gutachten vom 13.11.2018 wurde mit Schreiben vom 28.11.2018 dem Parteiengehör unterzogen. Es wurde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu nehmen. Die BF bestätigte im Schreiben vom 21.12.2018 die Ausführungen des Sachverständigen Dr. XXXX .

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die BF hat ihren Wohnsitz im Inland. Die BF verfügt über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.

1.2. Mit Antrag vom 30.5.2018 beantragte die BF die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Dazu wurde das oben wiedergegebene Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 19.7.2018 von der belangten Behörde eingeholt. Gestützt auf das eingeholte medizinische Gutachten samt Ergänzung auf Grund der Einwendungen der BF wies die belangte Behörde die beantragte Zusatzeintragung der BF zur "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" mit Bescheid vom 7.8.2018 ab.

1.3. Mit Beschwerde vom 17.9.2018 bekämpfte die BF die Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Bescheid vom 7.8.2018. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen der BF das oben wiedergegebene medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , FA für Innere Medizin, vom 13.11.2018, das auf einer persönlichen Untersuchung der BF beruhte, eingeholt. Darin stellte Dr. XXXX im Hinblick auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel fest, dass die BF auf Grund ihrer Erkrankung an erheblichen Einschränkungen im Hinblick auf ihre Darmerkrankung leidet. Die BF konnte durchfallbedingt mit einem dringlichen Stuhldrang mit Stuhlinkontinenz selbst unter Verwendung von modernen Inkontinenzprodukten Verunreinigungen und Geruchsbelästigungen in hohem Maße nicht vermeiden. Eine absolute Sicherheit bestand bei ihr diesbezüglich nicht, sodass unter besonders ungünstigen Umständen bei der BF zu Verunreinigungen und Geruchsbelästigungen bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt.

1.4. Der BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem vorliegenden Gerichtsakt.

Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen der BF im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurde in dem oben wiedergegebenen, schlüssigen Sachverständigengutachten vom 13.11.2018, von Dr. XXXX , FA für Innere Medizin, das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholt wurde, ausführlich und nachvollziehbar Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF mit erhobenen klinischen Befunden und den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Äußerungen, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die medizinische Sachverständige, Dr. XXXX , FA für Innere Medizin, hat in diesem Gutachten vom 13.11.2018 nachvollziehbar dargelegt, dass bei der BF erhebliche Einschränkungen auf Grund ihrer Darmerkrankung vorliegen. Diese Feststellungen der Sachverständigen spiegeln sich auch in den vorgelegten medizinischen Unterlagen der BF und in den Ergebnissen der persönlichen Untersuchung der BF durch Dr. XXXX , FA für Innere Medizin, wieder.

Gegen die schlüssigen und ausführlichen Erörterungen des Gutachters Dr. XXXX , FA für Innere Medizin, vom 13.11.2018 wurden auch im Rahmen des Parteiengehörs keine Einwendungen mehr erhoben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).

3.1.Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 2 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, wurde mit BGBl II Nr. 263/2016 novelliert. Gemäß § 5 Abs. 3 der Novelle ist § 1 dieser Verordnung mit Ablauf des 21.09.2016 in Kraft getreten.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist der Behindertenpass mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:

1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;

2. die Versicherungsnummer;

3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

4. eine allfällige Befristung.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in

§ 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):

Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

? arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

? Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

? hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

? Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

? COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

? Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

? mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, 2007/11/0080).

Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258).

Zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wird auf die obigen Erörterungen verwiesen.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen der BF ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung des Zusatzes "Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2.Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Hinsichtlich der bekämpften Abweisung der Zusatzeintragung ist im gegenständlichen Fall für die Entscheidung maßgebend, ob die dauernden Gesundheitsschädigungen der BF ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" rechtfertigt. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde ein ergänzendes ärztliches Sachverständigengutachten vom Bundesverwaltungsgericht eingeholt. Gegen dieses Gutachten vom 13.11.2018 wurden im Rahmen des Parteiengehörs keine Einwendungen erhoben. Wie bereits oben ausgeführt wurde, wurde dieses als nachvollziehbar und schlüssig erachtet. Der Sachverhalt ist geklärt und daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

3.3.Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W173.2205868.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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