TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/6 W209 2004593-1

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Veröffentlicht am 06.03.2019
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Entscheidungsdatum

06.03.2019

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W209 2004593-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , vertreten durch Mag. Marius GARO, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Feldgasse 6, gegen den Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 03.09.2013, GZ: GS5-A-1620/184-2013, betreffend Einbeziehung der XXXX , VSNR XXXX , in die Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und in die Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) nach am 04.03.2019 durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und festgestellt, dass XXXX im Zeitraum von 01.02.2010 bis 30.09.2011 aufgrund ihrer Tätigkeit für den XXXX weder der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 oder § 4 Abs. 4 ASVG noch der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a oder Abs. 8 AlVG unterliegt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 23.01.2013, GZ: VA/ED-V-0053/2012, bezog die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (im Folgenden die belangte Kasse) XXXX (im Folgenden die Mitbeteiligte) für den Zeitraum von 01.02.2010 bis 30.09.2011 rückwirkend als Dienstnehmerin des beschwerdeführenden Vereins in die Pflichtversicherung nach dem ASVG und in die Arbeitslosenversicherung dem AlVG mit ein. Begründend führte die belangte Kasse zusammengefasst aus, dass die Mitbeteiligte in der Zeit von 01.02.2010 bis 30.09.2011 als Hilfskraft für den Verein tätig geworden sei. Das Tätigkeitsausmaß habe zwischen 64 Stunden (im August 2011) und 208 Stunden (im Juli 2011) betragen. Sämtliche Arbeiten seien auf der Reiterfarm des Vereins durchgeführt worden. Für die Tätigkeit sei eine umfangreiche Einschulung erforderlich gewesen. Der Tätigkeitsbereich der Mitbeteiligten habe unter anderem Boxen ausmisten, Pferde füttern, Pferde auf die Koppel bringen, Ziegen füttern, Hufpflege machen, im Winter einheizen usw. umfasst. Sie habe dabei zeitliche Vorgaben einzuhalten gehabt. Im Sommer sei der Arbeitsbeginn um 6:00 Uhr gewesen, im Winter um 7:30 Uhr. Es habe keine generelle Vertretungsmöglichkeit bestanden. Eine Vertretung sei nur im Einzelfall (z.B. bei Krankheit) möglich gewesen. Hierbei habe sich die Mitbeteiligte nicht von beliebigen, ihrer Ansicht nach geeigneten Personen, sondern nur von Personen, für die der Auftraggeber die Zustimmung erteilt habe, vertreten lassen können, weswegen persönliche Arbeitspflicht bestanden habe. Die zur Tätigkeitserbringung erforderlichen Betriebsmittel (Scheibtruhe, Stroh, Futter, Mistgabel, Schaufel etc.) seien vom Verein kostenlos zu Verfügung gestellt worden. Das Tätigwerden habe mit anderen Mitarbeitern koordiniert werden müssen. Die Mitbeteiligte sei der "stillen Autorität" der Vertreterinnen des Vereins unterlegen. Als Bezahlung sei ein Stundensatz zwischen fünf Euro und sieben Euro vereinbart worden, wobei das Entgelt mit der Einstellgebühr für die Pferde der Mitbeteiligten gegengerechnet worden sei. Die Feststellungen würden auf den Angaben der Mitbeteiligten gründen, die sich mit den Angaben einer zur gleichen Zeit auf der Reiterfarm beschäftigten Praktikantin, welche die Kasse schriftlich befragt habe, decken würden. Dem Vorbringen des Vereins, wonach die Erstmitbeteiligte lediglich freiwillig und unentgeltlich ihre Mithilfe im Verein angeboten habe, könne nicht gefolgt werden. Der Tätigkeitszeitraum ergebe sich aus den von der Mitbeteiligten vorgelegten Zeitaufzeichnungen, die sich im Großen und Ganzen auch mit den Angaben des Vereins decken würden. Unter Bedachtnahme auf die geleistete Stundenanzahl ergebe sich ein Entgelt über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze.

2. Im gegen den oben angeführten Bescheid binnen offener Frist erhobenen Einspruch führte der bevollmächtigte Rechtsvertreter des Vereins aus, dass die belangte Kasse Verfahrensvorschriften verletzt habe, indem sie zur Untermauerung ihrer Feststellungen die Angaben einer Praktikantin herangezogen habe, mit der es während des Praktikums diverse Schwierigkeit und Unstimmigkeiten gegeben habe, und offensichtlich sei, dass diese mit ihrer Aussage dem Verein und deren Obfrau nur schaden habe wollen. Entgegen den Feststellungen der belangten Kasse sei für die Tätigkeit keine umfangreiche Einschulung erforderlich gewesen, es seien keine Arbeitszeiten einzuhalten gewesen und es habe keine Verpflichtung zum Tätigwerden gegeben. Offenbar sei die Mitbeteiligte nur deswegen so oft auf der Reiterfarm tätig geworden, weil sie ihren Pferden nahe seien habe wollen. Eine Vertretung sei nicht erforderlich gewesen, da die Tätigkeiten von jedem anderen Vereinsmitglied erbracht werden hätten können. Dass die Mitbeteiligte nicht dem Weisungsrecht der Obfrau des Vereins unterlegen sei, ergebe sich auch daraus, dass sie immer ihre Kinder auf die Reiterfarm mitgebracht habe und diese den Großteil der Zeit betreut habe, womit die Obfrau wohl niemals einverstanden gewesen wäre, wenn es sich um ein Dienstverhältnis gehandelt hätte. Umso unverständlicher erscheine es, dass die Behörde einfach die von der Mitbeteiligten vorgelegten Stundenaufzeichnungen zur Ermittlung des Beschäftigungsausmaßes herangezogen habe. Im Übrigen lege der Bescheid nicht dar, von welcher Stundenanzahl die Kasse ausgehe und wie sie darauf komme, dass die monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten worden sei. Des Weiteren habe die Einschulung der Praktikantin die Obfrau des Vereins übernommen und es haben auch keinen sonstigen Koordinationsbedarf mit anderen Mitarbeitern gegeben. Darüber hinaus habe sich die Mitbeteiligte beliebig vertreten lassen können, weswegen keine persönliche Arbeitspflicht bestanden habe. Aus dem Umstand, dass die Pferde in der Früh gefüttert werden hätten müssen, könne nicht auf eine generelle Vorgabe der Arbeitszeit geschlossen werden. Auch sei unverständlich, was der bekämpfte Bescheid unter "stiller Autorität" verstehe. Dass der Obfrau eines Vereins dessen Leitung obliege und sie als solche Regelungen vorzugeben habe, ergebe sich zwingend aus ihrer Funktion. Es habe sich lediglich um eine freiwillige Mitarbeit in einem Reitverein gehandelt, mit welcher sich die Mitbeteiligte Einstellgebühren erspart habe. Dies begründe noch kein Dienstverhältnis. Zumindest hätte die Kasse aber darzulegen gehabt, weshalb hier die für die Versicherungspflicht wesentliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten worden sei.

3. In einem an die Einspruchsbehörde (Landeshauptmann von Niederösterreich) gerichteten Vorlagebericht vom 27.03.2013 brachte die belangte Kasse vor, dass das Vorbringen des beschwerdeführenden Vereins zur Unglaubwürdigkeit der als Zeugin befragten Praktikantin lediglich als Schutzbehauptung zu werten sei. Darüber hinaus sei sehr wohl eine Einschulung notwendig gewesen, da die Mitbeteiligte nicht nur ihre eigenen, sondern auch die übrigen Pferde auf der Reiterfarm zu betreuen gehabt habe, für die es unterschiedliche Vorgaben (z.B. Futtermenge, Futterart, Koppelzeiten, Einstreu usw.) gegeben habe, wofür jedenfalls eine Einschulung notwendig gewesen sei. Die Rechtfertigung für die lange Anwesenheit der Mitbeteiligten auf der Reiterfarm, wonach sie nur ihren Pferden nahe sein habe wollen, erscheine realitätsfremd, da sie insgesamt 20 Pferde zu betreuen gehabt habe. Der Umstand, dass die Mitbeteiligte ihre Kinder auf die Reiterfarm mitgenommen habe, sei für die versicherungsrechtliche Beurteilung nicht relevant. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Rechtsvertreter des beschwerdeführenden Vereins in einem Schreiben an die Mitbeteiligte eingeräumt habe, dass die erbrachten Leistungen mit fünf Euro pro Stunde (mit der Einstellgebühr) gegenzurechnen gewesen seien. Schließlich würden die Angaben des Vereins auch bestätigen, dass die Mitbeteiligte für die morgendliche Fütterung der Pferde zuständig gewesen sei. Die Stundenanzahl ergebe sich aus den der Kasse vorgelegten Stundenaufzeichnungen der Mitbeteiligten. Eigene, anderslautende Aufzeichnungen des Vereins seien nicht vorgelegt worden. Unter Zugrundelegung eines Stundenlohns von fünf Euro ergebe sich jedenfalls, dass die monatliche Geringfügigkeitsgrenze eindeutig überschritten worden sei.

4. Mit Parteiengehör vom 22.07.2013 wurde dem Verein die Möglichkeit geboten, Akteneinsicht zu nehmen und sich zum Vorlagebericht vom 27.03.2013 schriftlich zu äußern. Von dieser Möglichkeit wurde kein Gebrauch gemacht.

5. Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 03.09.2013 wurde sodann dem Einspruch keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der von der Behörde erster Instanz festgestellte Sachverhalt aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Mitbeteiligten sowie der von der Kasse befragten Praktikantin als erwiesen anzusehen sei. Auch das Ausmaß der Tätigkeit und die Zeiten des Arbeitsantritts würden sich aus den schlüssigen Aufzeichnungen der Mitbeteiligten ergeben. Aufgrund des Umstandes, dass der Rechtsvertreter des Vereins eingeräumt habe, dass die Tätigkeit mit einem Stundenlohn von fünf Euro vergütet worden sei, die Tätigkeit an den Arbeitsort und bestimmte Arbeitszeiten gebunden gewesen sei, die Mitbeteiligte der stillen Autorität der Vertreterinnen des Vereins unterlegen sei, was sich durch ihre Eingliederung in den Betrieb äußere, eine Vertretung nur in Einzelfällen und nur mit Zustimmung des Vereins möglich gewesen sei und sämtliche Betriebsmittel vom Verein zur Verfügung gestellt worden seien, würden im vorliegenden Fall die Bestimmungselemente der persönlichen Abhängigkeit überwiegen, weswegen in rechtlicher Hinsicht von einem der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-)versicherung und der Arbeitslosenversicherung unterliegenden Dienstverhältnis auszugehen sei. Die Behörde sei berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen unter solchen Umständen arbeitend angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei Hilfsarbeiten in einem Reitstall der Fall sei), sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Solche atypischen Umstände seien im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich.

6. In der rechtzeitig gegen den zweitinstanzlich ergangenen Bescheid des Landeshauptmanns an das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz erhobenen Berufung führte der bevollmächtigte Rechtsvertreter des Vereins erneut aus, dass die Tätigkeiten keine Einschulung bedurft hätten. Auch der Umstand, dass der Rechtsvertreter des Vereins eingeräumt habe, dass die erbrachten Leistungen mit fünf Euro pro Stunde vergütet worden seien, entbinde die Behörde nicht, sich davon zu überzeugen, welche Arbeitsleistungen die Mitbeteiligte tatsächlich erbracht habe. Schließlich gebe der bekämpfte Bescheid auch keine Auskunft darüber, weshalb ausschließlich den Angaben der Mitbeteiligten gefolgt worden sei. Schließlich seien die Angaben der Mitbeteiligten und der von der Kasse befragten Praktikanten im Hinblick auf die bereits im Einspruch ausgiebig dargelegte Historie der beiden Personen in Zweifel zu ziehen und zu erwarten gewesen, dass diese zu Lasten der Beschwerdeführerin getätigt worden seien. Dass die Arbeitszeit und der Arbeitsort nicht frei gewählt werden hätten können, ergebe sich aus der Natur der Sache. Es sei jedoch im freien Ermessen der Mitbeteiligten gelegen, wann die Pferde in der Früh gefüttert worden seien. Dass dies im Sommer früher gewesen sei als im Winter, ergebe sich aus den Witterungsverhältnissen und ändere nichts daran, dass die Tätigkeit jedenfalls nicht fremdbestimmt gewesen, sondern auf eigenen Wunsch der Mitbeteiligten erfolgt sei. Den Ausführungen der Behörde zur bestehenden "stillen Autorität" sei entgegenzuhalten, dass in einem Stall jede Person ihren Aufgabenkreis habe, dies natürlich völlig unabhängig davon, ob ein Beschäftigungsverhältnis bestehe oder nicht. Würde man hier der Behörde folgen, wäre streng genommen jeder, der sein Pferd einstelle, den Weisungen des Reitstallbesitzers unterworfen, was jedoch nicht dazu führen könne, dass jeder Reitstallbesitzer automatisch Arbeitgeber diese Personen sei. Aus diesem Grund könne keinesfalls von einer Weisungsunterworfenheit der Mitbeteiligten gesprochen werden. Auch eine Kontrollunterworfenheit liege nicht vor, zumal nicht einmal die Mitbeteiligte angegeben habe, dass es irgendwelche Kontrollen gegeben habe. Aufgrund des Umstandes, dass in jedem Reitstall Scheibtruhen, Stallhalfer etc. herumliegen, könne ebenfalls nicht automatisch auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses geschlossen werden. Auch von einer Eingliederung in eine fremde Betriebsorganisation könne im gegenständigen Fall nicht die Rede sein. Dass die Mitbeteiligte keiner anderen Beschäftigung nachgegangen sei und im Verein mitgeholfen habe, führe nicht dazu, dass eine Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin anzunehmen sei. Die Behörde übersehe zudem, dass das Dienstverhältnis keinesfalls im freundschaftlichen Einvernehmen beendet worden sei und die Angaben der Mitbeteiligten offenbar als "Revancheakt" zu werten seien. Schließlich seien erneut keine Feststellungen zur geleisteten Stundenanzahl getroffen worden. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Kriterien der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit im vorliegenden Fall nicht überwiegen würden und daher "keine Vollbeschäftigung" vorliege.

7. Mit Schreiben vom 30.10.2013 wurde der Mitbeteiligten die Berufung zur schriftlichen Stellungnahme übermittelt. Von dieser wurde kein ergänzendes Vorbringen erstattet.

8. Am 13.03.2014 einlangend legte das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz die nunmehr als Beschwerde zu wertende Berufung unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo die gegenständliche Rechtssache aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses mit Wirkung vom 03.09.2018 der Gerichtsabteilung W209 neu zugewiesen wurde.

9. Am 14.03.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher die Proponentinnen des beschwerdeführenden Vereins, ihr Rechtsvertreter, die Mitbeteiligte sowie ein Vertreter der belangten Kasse teilnahmen. Die als Zeugin geladene Praktikantin konnte wegen Betreuungspflichten nicht an der Verhandlung teilnehmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Die mitbeteiligte XXXX wurde im beschwerdegegenständlichem Zeitraum auf der Reiterfarm des beschwerdeführenden Vereins tätig.

Sie war gleichzeitig Mitglied des Vereins, übte im Verein eine Funktion aus und hatte selbst drei Pferde auf der Reiterfarm des Vereins eingestellt.

Ihr Aufgabengebiet umfasste Boxen ausmisten, Pferde füttern, Pferde auf die Koppel bringen, Ziegen füttern, Hufpflege machen und im Winter einheizen. Fallweise wurde von ihr auch das Heu gemäht bzw. die Koppel repariert. Vereinzelt fielen noch andere Arbeiten an. Die Arbeiten dauerten durchschnittlich drei Stunden pro Tag, wobei die Mitbeteiligte mindestens dreimal, höchstens jedoch fünfmal pro Woche tätig wurde.

Als Gegenleistung für ihre Tätigkeit musste sie für ihre Pferde teilweise keine Einstellgebühr leisten, wobei vom beschwerdeführenden Verein pro Arbeitsstunde fünf Euro mit der Einstellgebühr gegengerechnet wurden.

Eine Vereinbarung über die Höhe des Stundenlohns wurde nicht getroffen.

Die Pferdeeinstellhaltung wurde im Rahmen eines gewerblichen Betriebes durchgeführt. Die Obfrau des Vereins war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Einstellen und Vermieten von Pferden.

2. Beweiswürdigung:

Die Art der Tätigkeit der Mitbeteiligten im beschwerdegegenständlichen Zeitraum steht auf Grund Aktenlage als unstrittig fest.

Auch dass sie für ihre Tätigkeit eine Gegenleistung erhielt, nämlich den teilweisen Erlass der Einstellgebühr für ihre Pferde, wurde von den Verfahrensparteien nicht bestritten. Schließlich räumte der Rechtsvertreter des beschwerdeführenden Vereins in seinem Schreiben vom 17.01.2012 an die Mitbeteiligte ein, dass für die zu verrichtenden Tätigkeiten ein Stundenlohn von fünf Euro mit der Einstellgebühren gegengerechnet wurde. Dass nur ein teilweiser Entfall der Einstellgebühr vorgesehen war, ergeht aus den Angaben der Mitbeteiligten in der am 04.03.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung, wonach bei Beendigung ihrer Tätigkeit vom Verein ausständige Einstellgebühren in Höhe von mehreren tausend Euro eingefordert wurden, welche sie schließlich auch beglich.

Das Fehlen einer Vereinbarung über die Höhe des Stundenlohns wurde seitens der Mitbeteiligten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Schließlich räumten auch die Vertreterinnen des beschwerdeführenden Vereins ein, dass sie sich bei den mit der Einstellgebühr gegenverrechneten fünf Euro pro Stunde am kollektivvertraglichen Entgelt orientiert hätten, was ebenfalls das Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung nahelegt.

Die Feststellungen zum Beschäftigungsausmaß gründen auf den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben der XXXX und XXXX im Rahmen der mündlichen Verhandlung, die von der Mitbeteiligten im Wesentlichen bestätigt wurden.

Wie die Mitbeteiligte in der mündlichen Verhandlung einräumte, konnten die regelmäßig zu verrichtenden Tätigkeiten, wie Boxen ausmisten, Pferde füttern, Pferde auf die Koppel bringen, Ziegen füttern in zwei bis drei Stunden erledigt werden. Auch das Einheizen im Winter beanspruchte nur ein paar Minuten. Zusammen mit den übrigen, fallweise zu verrichtenden Tätigkeiten erscheint daher das von XXXX und XXXX angegebene Beschäftigungsausmaß von durchschnittlich drei Stunden pro Tag als nachvollziehbar und plausibel.

Das Tätigwerden an drei bis fünf Wochentagen wird durch die Angaben der Mitbeteiligten in ihrer schriftlichen Anfragenbeantwortung vom einen 20.03.2012 an die belangte Kasse bestätigt (Antwort auf Frage 14).

Dem stehen auch die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Aufzeichnungen der Mitbeteiligten nicht entgegen, auf die sich die belangte Behörde stützte. Diese betrafen, wie die Mitbeteiligte in der Verhandlung einräumte, lediglich ihre Anwesenheitszeiten, die auf Grund des Umstandes, dass sie nicht nur Vereinsmitglied war, sondern auch eine Funktion im Verein innehatte und auf der Reiterfarm gemeinsam mit ihrer neugeborenen Tochter sowie mit ihrer eineinhalbjährigen Nichte auch ihre Freizeit verbrachte, entsprechend länger waren und somit keinen Aufschluss über die tatsächlich geleistete Stundenanzahl geben. Schließlich räumte die Mitbeteiligte in der Verhandlung auch ein, keine genauen Arbeitsaufzeichnungen geführt zu haben.

Auch der Umstand, dass die Mitbeteiligte vor dem beschwerdegegenständlichen Zeitraum in einem vollversicherungspflichtigen - und nicht wie vom Rechtsvertreter des Vereins angenommen in einem geringfügigen - Dienstverhältnis (zu XXXX ) gestanden ist und die Mitbeteiligte in der Verhandlung angegeben hat, dass sich die beschwerdegegenständliche von der früheren Tätigkeit nicht unterschieden hat, erfordert keine andere Beurteilung, zumal das vollversicherungspflichtige Dienstverhältnis mit einem monatlichen Bruttoentgelt von € 371,00 für 16 Wochenstunden nur knapp über der Geringfügigkeitsgrenze lag (2009: 357,74) und der Umstand, dass die Mitbeteiligte nunmehr bei ihrer Tätigkeit immer ihre neugeborene Tochter sowie des Öfteren auch ihre eineinhalbjährige Nichte dabeihatte, eine Reduktion der Arbeitszeit auf durchschnittlich 12 Wochenstunden plausibel erscheinen lässt.

Die Durchführung der Pferdeeinstellung im Rahmen eines gewerblichen Betriebes sowie der Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Einstellen und Vermieten von Pferden ergehen aus einer von Amts wegen eingeholten Information aus dem Gewerberegister.

Auf die Einvernahme der Zeugin XXXX wurde von den Verfahrensparteien einvernehmlich verzichtet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde mit 01.01.2014 (Art. 151 Abs. 51 Z 6 B-VG) das Bundesverwaltungsgericht (Art. 129 B-VG) eingerichtet.

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde, auf die Verwaltungsgerichte über. Im konkreten Fall ist somit die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, bei welchem das gegenständliche Verfahren mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängig war, mit 1. Jänner 2014 auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht die Hauptfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichter zu erfolgen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Im vorliegenden Fall kommen folgende maßgebenden Rechtsvorschriften zur Anwendung:

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG sind Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs. 1 Z 6 genannten Personen, unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung von der Vollversicherung nach § 4 ausgenommen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen).

Gemäß § 5 Abs. 2 leg.cit. gilt ein Beschäftigungsverhältnis u.a. als geringfügig, wenn es für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 366,33 € (2010) bzw. 374,02 € (2011) gebührt.

Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält (§ 49 ASVG).

Der kollektivvertragliche Entgeltanspruch von gewöhnlichen Landarbeitern für Haus, Hof, Feld und Stall (Kategorie 4) beträgt laut Lohntafel des Kollektivvertrages für Dienstnehmer in den bäuerlichen Betrieben des Bundeslandes Niederösterreich im Jahr 2010 € 1.017,50 und im Jahr 2011 € 1.044,00 brutto monatlich.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Die Beschwerde bestreitet zunächst das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Behörde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, wenn jemand Dienstleistungen unter solchen Umständen erbringt, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei Hilfsarbeiten in einem Reitstall der Fall ist), sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 27.04.2011, 2010/08/0091).

Derartige atypische Umstände sind im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich. Dem Vorbringen, dass es sich bei der Tätigkeit der Mitbeteiligten um eine unentgeltliche freiwillige Mitarbeit im Verein gehandelt habe, ist nicht zu folgen, weil den Feststellungen zufolge als Gegenleistung für die verrichteten Tätigkeiten ein teilweiser Entfall der Einstellgebühr vereinbart wurde und dementsprechend gemäß § 49 Abs. 1 ASVG eine entgeltliche Tätigkeit anzunehmen ist.

Zur behaupteten fehlenden persönlichen Abhängigkeit der Mitbeteiligten ist festzuhalten, dass bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten, die - wie im vorliegenden Fall - in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte auch das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitere Untersuchungen vorausgesetzt werden kann (vgl. VwGH 20.09.2006, 2003/08/0274).

Mit dem Vorbringen, dass die beschwerdegegenständliche Tätigkeit nicht der Vollversicherung nach § 4 ASVG unterliegt, ist die Beschwerde jedoch im Recht.

Den Feststellungen nach wurde die Mitbeteiligte an drei bis fünf Tagen pro Woche durchschnittlich drei Stunden pro Tag für den beschwerdeführenden Verein tätig. Demensprechend ist von einer durchschnittlichen Wochenstundenanzahl von 12 Stunden auszugehen.

Die Arbeitsstunde wurde vom Verein mit fünf Euro brutto abgegolten. Ob und welcher Anspruch auf Geld- oder Sachbezüge iSd § 49 Abs. 1 ASVG über das tatsächlich geleistete Entgelt hinaus besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Danach richtet sich der Entgeltanspruch eines Dienstnehmers, dessen Bedingungen und Voraussetzungen sowie dessen Umfang und Fälligkeit, sofern nicht eine gesetzliche Grundlage besteht, nach Vereinbarung (Einzel- oder Kollektivvertrag), mangels einer solchen nach dem Ortsgebrauch (VwGH 26.01.1984, Zl. 81/08/0211 mwH auf die Rsp. des OGH).

Gegenständlich wurde die Pferdeeinstellung im Rahmen eines gewerblichen Betriebes durchgeführt. Für gewerbliche Pferdeeinsteller wurde bisher kein Kollektivvertrag mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund abgeschlossen. Es existiert in diesem Bereich daher auch kein kollektivvertraglicher Mindestlohn. Auch ein gesetzlicher Mindestlohn wurde nicht festgelegt. Somit wäre vorliegend vom vereinbarten Stundenlohn auszugehen. Eine derartige Vereinbarung wurde jedoch, wie den Feststellungen zu entnehmen ist, nicht getroffen.

Fehlt eine vertragliche Vereinbarung mit dem Dienstnehmer und ist der Entgeltanspruch nicht in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt, sieht § 1152 ABGB einen Anspruch auf angemessenes Entgelt für die Dienstleistungen vor. In diesem Zusammenhang können die bäuerlichen Kollektivverträge in den einzelnen Bundesländern, die bei der Pferdeeinstellung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes zur Anwendung gelangen, zur Bestimmung der Ortsüblichkeit des Entgelts herangezogen werden. Ausgehend von dem laut Lohntafel des Kollektivvertrages für Dienstnehmer in den bäuerlichen Betrieben des Bundeslandes Niederösterreich den Landarbeitern für Haus, Hof, Feld und Stall (Kategorie 4) gebührenden Anspruchslohn in Höhe von € 5,87 (2010: € 1.017,50/173,333) bzw. 6,02 (2011: € 1.044,00/173,333) pro Stunde betrug der monatliche Entgeltanspruch bei durchschnittlich zwölf

Wochenstunden im Jahr 2010 € 305,22 (12*5,87=70,44*4,333) und 2011 €

313,02 (12*6,02=72,24*4,333), wobei gemäß § 49 Abs. 2 ASVG

Sonderzahlungen nicht zu berücksichtigen sind, und wurde damit die jeweilige Geringfügigkeitsgrenze (2010: € 366,33 und 2011: 374,02) nicht überschritten.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die belangte Kasse zwar zu Recht von einem Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG ausgegangen ist, dieses jedoch entgegen ihrer Ansicht gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 ASVG von der Vollversicherung nach § 4 ASVG ausgenommen war.

Dementsprechend ist das Vorliegen eines der Vollversicherung nach § 4 ASVG unterliegenden Dienstverhältnisses im beschwerdegegenständlichen Zeitraum zu verneinen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Dienstverhältnis, Entgelt, Geringfügigkeitsgrenze, Kollektivvertrag,
Pflichtversicherung, Verein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W209.2004593.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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