TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/11 W253 2143005-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W253 2143005-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Jörg C. BINDER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Dr. Christian SCHMAUS, Rechtsanwalt in 1060 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und stellte am 09.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Zuge seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei in der Provinz Logar geboren und gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an. Er sei sunnitischer Muslim und habe von 1990 bis 1998 die Grundschule besucht. Neben seinen Eltern habe der Beschwerdeführer drei Brüder und eine Schwester. Seine Familie bzw. er würden ein Einfamilienhaus und Grundstücke im Ausmaß von 2 Jirib (umgerechnet ungefähr 4.000 m2) besitzen. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er gemeinsam mit den Amerikanern drei Jahre bei der Firma XXXX gearbeitet habe. Seine Tätigkeit habe darin bestanden, die Lieferungen in Container zu laden bzw. die Container wieder abzuladen. Eines Tages seien acht Kollegen des Beschwerdeführers von den Taliban auf dem Weg zur Arbeit erschossen worden. Zuvor seien ebenfalls zwei Kollegen von den Taliban getötet worden. Anschließend habe sich der Beschwerdeführer nach Bagram versetzen lassen. Er sei von den Taliban telefonisch und schriftlich mit dem Tod bedroht worden.

3. Mit Schreiben vom 07.03.2016 langte eine Vollmachtsbekanntgabe für den Rechtsanwalt Dr. Christian SCHMAUS ein.

4. Am 13.09.2016 übermittelte der Beschwerdeführer diverse Urkunden zum Beweis seiner erfolgreichen Integration.

5. In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.09.2016 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ergänzend aus, er sei seit XXXX verheiratet und habe zwei Kinder. Seine Ehefrau habe mit den Kindern sowie den drei Brüdern und der Schwester des Beschwerdeführers in der Stadt Kabul gelebt. Der Vater des Beschwerdeführers sei eineinhalb Monate vor seiner Ausreise spurlos verschwunden; seine Mutter sei bereits verstorben. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe ihm erzählt, dass die Taliban in ihrem Haus gewesen wären und seinen Vater mitgenommen hätten.

Der Beschwerdeführer und seine Arbeitskollegen seien manchmal mit zwei oder auch drei Fahrzeugen gefahren und seien immer von einem Security-Fahrzeug begleitet worden. Am 18.07.2013 hätten die Taliban auf die Fahrzeuge geschossen; das hintere Fahrzeug sei von den Taliban angehalten worden und die Kollegen des Beschwerdeführers seien enthauptet worden. Zehn Tage später habe der Beschwerdeführer einen Anruf erhalten und ihm sei gesagt worden, dass er ein Ungläubiger wäre und wenn sie ihn erwischen würden, würden sie ihn enthaupten. In Bagram sei der Beschwerdeführer erneut telefonisch bedroht worden. Anschließend habe der Vater des Beschwerdeführers angerufen und mitgeteilt, dass er einen Drohbrief vor seinem Haus gefunden hätte.

6. In seiner Stellungnahme vom 04.10.2016 beantragte der Beschwerdeführer die Einholung eines länderkundigen Sachverständigengutachtens zum Beweis für die Tatsache, dass er in den angegebenen Zeiträumen bei der "Firma XXXX " zunächst in Logar und sodann in Bagram beschäftigt gewesen sei. Der Beschwerdeführer führte unter anderem aus, dass der Erhalt des Drohbriefes in Zusammenschau mit den bereits gegen ihn gerichteten gefährlichen Drohungen und den beobachteten Übergriffen gegen Leib und Leben von Kollegen eine dermaßen große Bedrohung für ihn gewesen sei, dass ihm keine andere Möglichkeit geblieben sei, als Afghanistan zu verlassen. In diesem Zusammenhang verwies der Beschwerdeführer auf die UNHCR-Richtlinien. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Hauptstadt sei für den Beschwerdeführer nicht zumutbar, da die Verfolger ihn auch bereits dort auffinden könnten. Zudem übermittelte der Beschwerdeführer eine aktuelle Anfragebeantwortung zur Sicherheitslage in der Provinz Logar.

7. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ihm wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Der Begründung des im Spruch bezeichneten Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass trotz aller vorhandenen Angaben und Beweismittel nicht festgestellt werden habe können, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer individuellen und konkreten Bedrohung ausgesetzt gewesen sei.

8. Mit Schreiben vom 15.12.2016 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen sämtliche Spruchpunkte des gegenständlichen Bescheides und machte die inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er monierte, dass die belangte Behörde sämtliche Angaben, welche nachteilig für den Beschwerdeführer seien, als glaubwürdig erachtet habe; sämtliche seine Angaben bestätigenden Ausführungen hingegen als (vermeintlich) unglaubwürdig. Gänzlich unbeachtet sei auch die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation geblieben. Es erscheine nicht schlüssig, weshalb eine solche Anfrage gestellt werde, wenn deren Ergebnis sodann nicht entsprechend Eingang in die Entscheidungsfindung finde. Im Gegensatz zur Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl handle es sich auch bei Drohanrufen und dem bereits erlebten, lebensbedrohlichen Angriff auf seinen Konvoi durch die Taliban um "Berührungspunkte" mit dieser Terrormiliz. Die gefährlichen Drohungen der Taliban gegen den Beschwerdeführer wie auch seine Familie hätten ihre traurige Bestätigung in der Entführung seines Vaters gefunden. In Hinblick auf eine innerstaatliche Fluchtalternative führte der Beschwerdeführer aus, es könne ihm nicht zugemutet werden, sich sein restliches Leben in Afghanistan versteckt zu halten. Weiters sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die belangte Behörde zu der Ansicht gelange, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr offen stünde. Der Beschwerdeführer beantragte die Einholung eines länderkundigen Sachverständigengutachtens zum Beweis für die Tatsache, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund von gefährlichen Drohungen durch die Taliban verlassen habe müssen.

9. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 23.12.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

10. Am 30.08.2017 wurde mitgeteilt, dass es sich bei dem afghanischen Führerschein des Beschwerdeführers, den er im Zuge seiner Antragstellung auf Umschreibung seiner afghanischen Lenkerberechtigung vorgelegt habe, um eine Totalfälschung handle.

In seiner Befragung durch die Polizeiinspektion XXXX gab der Beschwerdeführer an, dass er in Kabul eine Fahrschule besucht habe und für die Fahrschulausbildung umgerechnet 90 US-Dollar bezahlt habe.

11. Mit Schreiben vom 20.09.2018 teilte das Bezirksgericht XXXX mit, dass der Beschwerdeführer wegen §§ 223 Abs. 2, 15, 228 StGB rechtskräftig verurteilt worden sei.

12. Am 08.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seines Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu statt, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt und ihm Gelegenheit gegeben wurde, diese umfassend darzulegen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der ehemalige Vorgesetzte des Beschwerdeführers, Mark E. XXXX , telefonisch kontaktiert. Nachdem es unter den angeführten Handynummern aus der E-Mail vom November 2014 zu keiner Verbindung kam, konnte unter der Handynummer durch den Beschwerdeführervertreter schließlich eine Person erreicht werden, welche angab, XXXX zu sein. Der Name des Beschwerdeführers war dieser Person jedoch nicht ad hoc geläufig und das Telefonat wurde unterbrochen. Der Beschwerdeführer legte noch weitere Integrationsbestätigungen vor.

13. Mit Stellungnahme vom 23.10.2018 verwies der Beschwerdeführer unter anderem auf eine aktuelle E-Mail-Korrespondenz mit seinem ehemaligen Vorgesetzten, die den Vorfall bei der Militärbasis XXXX Shank und die Gefahr, welcher Personen, die mit den US-Streitkräften bzw. deren Verbündeten zusammenarbeiten, ausgesetzt seien, bestätige.

14. Am 15.01.2019 wurden dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde aktuelle Länderberichte übermittelt und ihnen freigestellt, binnen 14 Tagen dazu Stellung zu nehmen.

15. In der daraufhin eingelangten Stellungnahme zu den aktuellen UNHCR-Richtlinien zeigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die wesentlichen Gemeinsamkeiten/Unterschiede der UNHCR-Richtlinien und der EASO Country Guidance, auf die sich die belangte Behörde in ihrer derzeitigen Entscheidungspraxis stütze, auf. Nach Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sei eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul-Stadt grundsätzlich nach wie vor möglich, jedoch sehr stark abhängig von individuellen Faktoren.

16. Am 23.01.2019 ersuchte der Beschwerdeführervertreter fernmündlich um die Erstreckung der eingeräumten Frist. Auf Ersuchen einer Begründung, warum eine Stellungnahme zu den übermittelten Länderinformationen nicht binnen der gesetzten Frist möglich sei, teilte der Beschwerdeführervertreter am 29.01.2019 mit, dass der Grund im gegenwärtig übergroßen Arbeitsanfall in Zusammenschau mit der Tatsache, dass eine an sich vollzeit für die Kanzlei tätige Mitarbeiterin unerwartet zur Gänze ausgefallen sei, gelegen sei.

In der daraufhin eingelangten Stellungnahme vom 31.01.2019 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Entschluss des Beschwerdeführers, aus Afghanistan zu fliehen, durch den Erhalt des Drohbriefes bekräftigt worden sei, jedoch nicht ausschließlich in dessen Erhalt begründet liege. Der Beschwerdeführer sei auch in einem öffentlich zugänglichen Video auf der Plattform youtube.com[l1] zu sehen. Die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 28.07.2016 stelle mangels Qualität der dort verwendeten Quellen und fehlender Aktualität wie angesichts des Umstandes, dass sie im Widerspruch zu anerkannten Länderberichten stehe, keine taugliche Entscheidungsgrundlage dar. Zur Sicherheits- und Versorgungslage in Herat-Stadt, Mazar-e Sharif und Kabul führte der Beschwerdeführer unter Verweis auf EASO und einem aktuellen Bericht von ACCORD vom 07.12.2018 aus, dass von einer enorm hohen Anzahl an Binnenvertriebenen berichtet werde, die aufgrund der prekären Lage "wenig Möglichkeit zur (Wieder-)Integration in den städtischen Kontext" erlangen würden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Stellungnahmen, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 09.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ihm wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.). Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.12.2016 fristgerecht Beschwerde, woraufhin am 08.10.2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seines Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu stattfand, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt und ihm Gelegenheit gegeben wurde, diese umfassend darzulegen.

1.2. Zum Beschwerdeführer:

Der volljährige Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , ist afghanischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in der Provinz Logar geboren. Er gehört der Volksgruppe der Paschtunen an, ist sunnitischer Muslim und seine Muttersprache ist Paschtu.

Seine Kernfamilie besteht aus seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern, welche in der Provinz Logar, im Dorf XXXX aufhältig sind. Der Vater des Beschwerdeführers ist aus unbekannten Gründen verschollen; seine Mutter ist bereits verstorben. Der Beschwerdeführer hat drei Brüder und eine Schwester, deren Aufenthaltsort nicht festgestellt werden kann. In seiner Heimatprovinz verfügt der Beschwerdeführer über eine Tante und einen Onkel.

In Afghanistan hat der Beschwerdeführer acht Jahre die Schule in seinem Heimatdistrikt XXXX besucht und anschließend ungefähr zehn Jahre lang in der Teppichknüpferei seines Vaters gearbeitet. Von 13.11.2011 bis 27.11.2014 war der Beschwerdeführer bei der Firma XXXX beschäftigt, die ihn an die Firma XXXX weitervermittelte. Der Beschwerdeführer war bis zum 18.11.2014 im Camp Shank (" XXXX Shank") und anschließend für kurze Zeit in der Bagram Air Base tätig. Seine berufliche Tätigkeit umfasste Lagerarbeiten und das Verbrennen der Bekleidung der Soldaten.

Der Beschwerdeführer ist im erwerbsfähigen Alter und gesund. Er ist mit der afghanischen Tradition und Lebensweise vertraut. Der Beschwerdeführer steht in regelmäßigem Kontakt zu seiner Ehefrau in Afghanistan.

Der Beschwerdeführer verfügt über durchschnittliche Deutschkenntnisse und besucht regelmäßig Deutschkurse, wobei er kein Deutsch-Zertifikat absolviert hat. Er besucht ein wöchentliches Sprachcafé und nimmt an vielen Angeboten des Vereins XXXX teil, wo er seit 2015 auch als ehrenamtlicher Mitarbeiter tätig ist. Zusätzlich unterstützt er ehrenamtlich die XXXX durch Mithilfe bei der Organisation von Festen und Freizeitgestaltung. Derzeit absolviert der Beschwerdeführer einen Ergänzungs- und Vorbereitungslehrgang[l2] der XXXX - Schule für Sozialberufe. Er ist weder erwerbstätig noch selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte. Er pflegt zwar Kontakte zu Österreichern; substantielle Anknüpfungspunkte im Bereich seines Privatlebens wie intensive Freundschaften, Beziehungen, Lebensgemeinschaften oder Kinder konnten allerdings keine festgestellt werden.

Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 13.12.2017, rechtskräftig am 12.07.2018, AZ XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 223 Abs. 2, 15, 228 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Wochen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

1.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Am 18.07.2013 kam es zu einem Angriff der Taliban auf einen Konvoi, dem der Beschwerdeführer jedoch nicht angehörte. Bei diesem Angriff handelte es sich um eine allgemeine Kampfhandlung der Taliban gegen ausländische Streitkräfte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bzw. seine Familie von den Taliban individuell bedroht wurde. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass der Vater des Beschwerdeführers von den Taliban entführt wurde.

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan gefährdet ist, physischer Gewalt oder Verfolgung ausgesetzt zu sein.

1.4. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan (Mazar-e Sharif oder Herat) Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Insgesamt kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Herat bzw. Mazar-e Sharif ausschließen, konnten ebenfalls nicht festgestellt werden. Er kann dort seine Existenz - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Es kann nicht festgestellt werden, dass er nicht in der Lage ist, in Herat oder Mazar-e Sharif eine einfache Unterkunft zu finden. Herat und Mazar-e Sharif sind über die dort vorhandenen Flughäfen sicher erreichbar.

1.5. Zur Situation im Herkunftsstaat:

Das Bundesverwaltungsgericht trifft aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingebrachten aktuellen Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen:

1.5.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2018, letzte Kurzinformation vom 23.11.2018 (in Folge kurz "LIB"):

1.5.1.1. Allgemeines (LIB Kapitel 3.):

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil.

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF; diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu.

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben.

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert; auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen. Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant. Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt.

Seit der Ankündigung des neuen Wahltermins durch den afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani im Jänner 2018 haben zahlreiche Angriffe auf Behörden, die mit der Wahlregistrierung betraut sind, stattgefunden.

Im Jahr 2017 registrierte die UNAMA 10.453 zivile Opfer (3.438 Tote und 7.015 Verletzte) - damit wurde ein Rückgang von 9 % gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres 2016 (11.434 zivile Opfer mit 3.510 Toten und 7.924 Verletzen) festgestellt. Seit 2012 wurde zum ersten Mal ein Rückgang verzeichnet: im Vergleich zum Jahr 2016 ist die Anzahl ziviler Toter um 2 % zurückgegangen, während die Anzahl der Verletzten um 11% gesunken ist. Seit 01.01.2009 - 31.12.2017 wurden insgesamt 28.291 Tote und 52.366 Verletzte von der UNAMA registriert. Regierungsfeindliche Gruppierungen waren für 65% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich; Hauptursache dabei waren IEDs, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken. Im Zeitraum 01.01.2018 - 31.03.2018 registriert die UNAMA 2.258 zivile Opfer (763 Tote und 1.495 Verletzte). Die Zahlen reflektieren ähnliche Werte wie in den Vergleichsquartalen für die Jahre 2016 und 2017. Für das Jahr 2018 wird ein neuer Trend beobachtet: Die häufigste Ursache für zivile Opfer waren IEDs und komplexe Angriffe. An zweiter Stelle waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen, Blindgängern (Engl. UXO, "Unexploded Ordnance") und Lufteinsätzen. Die Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kandahar waren am häufigsten vom Konflikt betroffen.

Regierungsfeindlichen Gruppierungen wurden landesweit für das Jahr 2017 6.768 zivile Opfer (2.303 Tote und 4.465 Verletzte) zugeschrieben - dies deutet auf einen Rückgang von 3 % im Vergleich zum Vorjahreswert von 7.003 zivilen Opfern (2.138 Tote und 4.865 Verletzte). Der Rückgang ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben werden, ist auf einen Rückgang ziviler Opfer, die durch Bodenkonfrontation, IED und ferngezündete Bomben zu Schaden gekommen sind, zurückzuführen. Im Gegenzug dazu hat sich die Anzahl ziviler Opfer aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken erhöht. Die Anzahl ziviler und nichtziviler Opfer, die aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente zu Schaden gekommen sind, ist ähnlich jener aus dem Jahr 2016.

Im Jänner 2018 waren 56,3 % der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14,5 % der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29,2 % der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung.

Zu den regierungsfreundlichen Kräften zählten: ANDSF, Internationale Truppen, regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen sowie nicht näher identifizierte regierungsfreundliche Kräfte. Für das Jahr 2017 wurden 2.108 zivile Opfer (745 Tote und 1.363 Verletzte) regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben, dies deutet einen Rückgang von 23% gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (2.731 zivile Opfer, 905 Tote und 1.826 Verletzte) an. Insgesamt waren regierungsfreundliche Kräfte für 20% aller zivilen Opfer verantwortlich. Hauptursache (53 %) waren Bodenkonfrontation zwischen ihnen und regierungsfeindlichen Elementen - diesen fielen

1.120 Zivilist/innen (274 Tote und 846 Verletzte) zum Opfer; ein Rückgang von 37 % gegenüber dem Vorjahreswert 2016. Luftangriffe wurden zahlenmäßig als zweite Ursache für zivile Opfer registriert; diese waren für 6 % ziviler Opfer verantwortlich - hierbei war im Gegensatz zum Vorjahreswert eine Zunahme von 7 % zu verzeichnen gewesen. Die restlichen Opferzahlen 125 (67 Tote und 58 Verletzte) waren auf Situationen zurückzuführen, in denen Zivilist/innen fälschlicherweise für regierungsfeindliche Elemente gehalten wurden. Suchaktionen forderten 123 zivile Opfer (79 Tote und 44 Verletzte), Gewalteskalationen 52 zivile Opfer (18 Tote und 34 Verletzte), und Bedrohungen und Einschüchterungen forderten 17 verletzte Zivilist/innen.

Ein besonderes Anliegen der ANDSF, der afghanischen Regierung und internationaler Kräfte ist das Verhindern ziviler Opfer. Internationale Berater/innen der US-amerikanischen und Koalitionskräfte arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Reduzierung der Anzahl von zivilen Opfern zu schaffen. Die afghanische Regierung hält auch weiterhin ihre vierteljährliche Vorstandssitzung zur Vermeidung ziviler Opfer (Civilian Casualty Avoidance and Mitigation Board) ab, um u. a. Präventivmethoden zu besprechen. Die UNAMA bemerkte den Einsatz und die positiven Schritte der afghanischen Regierung, zivile Opfer im Jahr 2017 zu reduzieren.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 3.484 zivile Opfer (823 Tote und 2.661 Verletzte) im Rahmen von 1.845 Bodenoffensiven registriert - ein Rückgang von 19% gegenüber dem Vorjahreswert aus 2016 (4.300 zivile Opfer, 1.072 Tote und 3.228 Verletzte in 2.008 Bodenoffensiven). Zivile Opfer, die aufgrund bewaffneter Zusammenstöße zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Kräften zu beklagen waren, sind zum ersten Mal seit 2012 zurückgegangen.

Im Jahr 2017 forderten explosive Kampfmittelrückstände (Engl. "explosive remnants of war", Anm.) 639 zivile Opfer (164 Tote und 475 Verletzte) - ein Rückgang von 12 % gegenüber dem Jahr 2016. 2017 war überhaupt das erste Jahr seit 2009, in welchem ein Rückgang verzeichnet werden konnte. Der Rückgang ziviler Opfer ist möglicherweise u.a. auf eine Verminderung des indirekten Beschusses durch Mörser, Raketen und Granaten in bevölkerten Gegenden von regierungsfreundlichen Kräfte zurückzuführen.

1.5.1.2. Neuste Ereignisse (LIB Kapitel 1.):

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca 94 weitere wurden verletzt. Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten. Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle. Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war. Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde.

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt. Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren. Der IS bekannte sich zum Anschlag.

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt. Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten. Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel. Der IS bekannte sich zum Anschlag.

1.5.1.3. Zur Sicherheitslage in der Heimatprovinz des BF, Logar (LIB Kapitel 3.21.):

Logar befindet sich 65 km südlich von Kabul. Die Provinz grenzt im Norden an Kabul, im Osten an Nangarhar, im Süden an Paktia, im Westen an Maidan Wardak und im Südwesten an Ghazni. Logar besteht aus folgenden Distrikten: Mohammad Agha/Mohammadagha, Sarkh/Charkh, Kharwar, Baraki Barak/Barakibarak, Khwaki/Khoshi, Azrah/Azra und Pole Alam/Pul-e-Alam. Die Provizhauptstadt ist Pole Alam und befindet sich im gleichnamigen Distrikt. In Barakibarak befindet sich ein Militärflughafen. Verschiedene Teilstämme der Paschtunen, Tadschiken, Hazara und Kuchi leben in der Provinz. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 405.109 geschätzt.

Im Distrikt Mohammadagha befindet sich die Ortschaft Mes Aynak, auf Dari "Kupferquelle", ein Ort, der für seine archäologischen Funde und Kupfervorkommen bekannt ist. Im Jahr 2007 unterzeichnete Afghanistan ein 30-jähriges Pachtverhältnis mit chinesischen Unternehmen zum Ausbau des Mes Aynak Kupferbergwerks; das Projekt musste jedoch aus verschiedenen Gründen (Probleme seitens der chinesischen Partner, Schwierigkeiten in der Wertschöpfungskette, Sicherheitsgründe usw.) derzeit eingestellt werden. Abgesehen von zwei Sicherheitsvorfällen in 2008 und 2012 wurde Mes Aynak von direkten Angriffen seitens Aufständischer verschont. Die Taliban versprachen Ende 2016, sich nicht mehr in die Bauarbeiten des Mes Aynak Kupferbauwerks einzumischen und die Regierung erhöhte das Polizeikontingent vor Ort.

Logar gehörte 2017 zu den Opium-freien Provinzen. Logar gehört zu den volatilen Provinzen Afghanistans. Einem hochrangigen Polizeibeamten zufolge hat sich die Sicherheitslage im Vergleich zur Vergangenheit verbessert. Außerdem plane man, Operationen gegen die Taliban zu verstärken. Aufgrund der Nähe zu den Außendistrikten der Stadt Kabul, fanden in Logar heftige Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften statt.

Im Jahr 2017 gehörte Logar zu den Provinzen mit der höchsten Anzahl registrierter Anschläge.

Im Zeitraum 01.01.2017 - 30.04.2018 wurden in der Provinz 156 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden in Logar 148 zivile Opfer (67 getötete Zivilisten und 81 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen und Luftangriffen. Dies bedeutet einen Rückgang von 35% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.

Obwohl die Gefechte u.a. in Logar stiegen, sank in der Provinz die Anzahl der zivilen Opfer in Folge von Bodenoffensiven.

ANA-Beamten zufolge verstärken afghanische Truppen ihre militärischen Operationen gegen die Taliban in der volatilen Provinz, um die Stellungen der Aufständischen zu zerstören. So werden in Logar regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien; dabei wurden Talibananführer und Mitglieder des Haqqani-Netwerkes getötet. Luftangriffe werden durchgeführt; dabei wurden Aufständische getötet. Zusammenstöße zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften finden statt.

Talibankämpfer sind in einigen Distrikten der Provinz aktiv. Auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, über eine Präsenz in Teilen der Provinz zu verfügen und verschiedene Angriffe in Logar auszuüben. In einigen abgelegenen Distrikten der Provinz versuchten Taliban, ihre religiösen Ansichten in den Schulen zu verbreiten. Im März 2017 versuchte der IS, junge Männer in der Provinz Logar zu rekrutieren, auch wurden tschetschenische Staatsbürger, möglicherweise Anhänger des IS, in der Provinz Logar verhaftet. Im Zeitraum 01.01.2017 - 31.01.2018 wurden in Logar IS-bezogene Vorfälle (Gefechte) registriert

1.5.1.4. Zur Sicherheitslage in der Stadt Herat, der Hauptstadt der Provinz Herat (LIB Kapitel 3.13.):

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat. In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt.

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken. Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz. Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion. Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden. Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet. Die Safran-Produktion garantierte zB auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz. Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen. Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten.

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat.

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen. Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen. Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden.

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv. Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat. Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern. Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge.

Im Zeitraum 01.01.2017 - 30.04.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien. Auch werden Luftangriffe verübt; dabei wurden Taliban getötet. Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt. In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen.

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv. Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren. Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an. Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen. Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen.

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden. ACLED registrierte für den Zeitraum 01.01.2017 - 15.07.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat.

1.5.1.5. Zur Sicherheitslage in der Stadt Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh (LIB Kapitel 3.5.):

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden. Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt.

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar. In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen.

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren.

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur. Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften, oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte.

In der Provinz befindet sich ua das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North), sowie auch das Camp Shaheen.

Im Zeitraum 01.01.2017 - 30.04.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68 % im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen. Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt. Dabei werden Taliban getötet und manchmal auch ihre Anführer. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt.

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen. Im Zeitraum 01.01.2017 - 15.07.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.07.2017 - 31.01.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert.

1.5.1.6. Zur Lage der Paschtunen (LIB Kapitel 16.1.):

Ethnische Paschtunen sind die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/Pashto; die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari. Die Pashtunen haben viele Sitze in beiden Häusern des Parlaments - jedoch nicht mehr als 50% der Gesamtsitze. Die Paschtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert.

Paschtunen siedeln in einem halbmondförmigen Gebiet, das sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten Pakistans erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden, und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben.

Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Pashtunwali zusammengefasst werden und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen,

1.5.1.7. Religionsfreiheit (LIB Kapitel 15.):

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten. Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan.

1.5.2. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge (LIB Kapitel 20.):

Wegen des Konflikts wurden im Jahr 2017 insgesamt 475.433 Menschen in Afghanistan neu zu Binnenvertriebenen (IDPs). Im Zeitraum 2012 bis 2017 wurden insgesamt 1.728.157 Menschen im Land zu Binnenvertriebenen. Zwischen 01.01.2018 und 15.05.2018 wurden 101.000 IDPs registriert. 23 % davon sind erwachsene Männer, 21 % erwachsene Frauen und 55 % minderjährige Kinder.

Vertriebene Bevölkerungsgruppen befinden sich häufig in schwer zugänglichen und unsicheren Gebieten, was die afghanischen Regierungsbehörden und Hilfsorganisationen bei der Beurteilung der Lage bzw bei Hilfeleistungen behindert. Ungefähr 30 % der 2018 vertriebenen Personen waren mit Stand 21.03.2018 in schwer zugänglichen Gebieten angesiedelt. Mit Stand Dezember 2017 lebten 54 % der Binnenvertriebenen in den afghanischen Provinzhauptstädten. Dies führte zu weiterem Druck auf die bereits überlasteten Dienstleistungen sowie die Infrastruktur sowie zu einem zunehmenden Kampf um die Ressourcen zwischen den Neuankömmlingen und der einheimischen Bevölkerung.

Die Mehrheit der Binnenflüchtlinge lebt, ähnlich wie Rückkehrer aus Pakistan und Iran, in Flüchtlingslagern, angemieteten Unterkünften oder bei Gastfamilien. Die Bedingungen sind prekär. Die Unterstützungsfähigkeit der afghanischen Regierung gegenüber vulnerablen Personen - inklusive Rückkehrern aus Pakistan und Iran - ist beschränkt und auf Hilfe durch die internationale Gemeinschaft angewiesen. Die Regierung hat einen Exekutivausschuss für Vertriebene und Rückkehrer sowie einen politischen Rahmen und einen Aktionsplan eingerichtet, um die erfolgreiche Integration von Rückkehrern und Binnenvertriebenen zu fördern. Im Rahmen der humanitären Hilfe wurden IDPs je nach Region und klimatischen Bedingungen unterschiedlich unterstützt, darunter Nahrungspakete, Non-Food-Items (NFI), grundlegende Gesundheitsdienstleistungen, Hygienekits usw.

1.5.3. Grundversorgung und Wirtschaft (LIB Kapitel 21.):

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan auf dem Human Development Index (HDI) Rang 169 von 188. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist. Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu. Die Verbraucherpreisinflation bleibt mäßig und wurde für 2018 mit durchschnittlich sechs Prozent prognostiziert. Der wirtschaftliche Aufschwung erfolgt langsam, da die andauernde Unsicherheit die privaten Investitionen und die Verbrauchernachfrage einschränkt. Während der Agrarsektor wegen der ungünstigen klimatischen Bedingungen im Jahr 2017 nur einen Anstieg von ungefähr 1,4 % aufwies, wuchsen der Dienstleistungs- und Industriesektor um 3,4 bzw 1,8 %. Das Handelsbilanzdefizit stieg im ersten Halbjahr 2017, da die Exporte um 3 % zurückgingen und die Importe um 8 % stiegen

1.5.4. Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit (LIB Kapitel 21.):

In den Jahren 2016 und 2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013 bis 2014 bei 22,6 % gelegen hatte, um 1 %. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Über 40 % der erwerbstätigen Bevölkerung gelten als arbeitslos oder unterbeschäftigt. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Seit 2001 wurden zwar viele neue Arbeitsplätze geschaffen, jedoch sind diese landesweit ungleich verteilt und 80 % davon sind unsichere Stellen (Tagelöhner).

1.5.5. Projekte der afghanischen Regierung (LIB Kapitel 21.):

Im Laufe des Jahres 2017 hat die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen unternommen, um die Rechenschaftspflicht bei der Umsetzung ihrer Entwicklungsprioritäten durch die hohen Entwicklungsräte zu fördern. Darunter fällt ua der fünfjährige (2017 bis 2020) Nationale Rahmen für Frieden und Entwicklung in Afghanistan (The Afghanistan National Peace and Development Framework, ANPDF) zur Erreichung der Selbständigkeit. Ziele dieses strategischen Plans sind ua der Aufbau von Institutionen, die Förderung von privaten Investitionen, Wirtschaftswachstum, die Korruptionsbekämpfung, Personalentwicklung usw. Im Rahmen der Umsetzung dieses Projekts hat die Regierung die zehn prioritären nationalen Programme mithilfe der Beratung durch die hohen Entwicklungsräte weiterentwickelt. Die Implementierung zweier dieser Projekte, des "Citizens' Charter National Priority Program" und des "Women's Economic Empowerment National Priority Program" ist vorangekommen. Die restlichen acht befinden sich in verschiedenen Entwicklungsstadien. Das "Citizens' Charter National Priority Program" zB hat die Armutsreduktion und die Erhöhung des Lebensstandards zum Ziel, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden sollen.

Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Die Ausstellung von Gewerbeberechtigungen soll gesteigert, steuerliche Sanktionen abgeschafft und öffentlich-private Partnerschaften entwickelt werden; weitere Initiativen sind geplant.

1.5.6. Medizinische Versorgung (LIB Kapitel 22.):

Gemäß Artikel 52 der afghanischen Verfassung muss der Staat allen Bürgern kostenfreie primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen gewährleisten; gleichzeitig sind im Grundgesetz die Förderung und der Schutz privater Gesundheitseinrichtungen vorgesehen. Allerdings ist die Verfügbarkeit und Qualität der Grundbehandlung durch Mangel an gut ausgebildeten Ärzten und Assistenzpersonal (va Hebammen), mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten, schlechtes Management sowie schlechte Infrastruktur begrenzt. Dazu kommt das starke Misstrauen der Bevölkerung in die staatlich finanzierte medizinische Versorgung. Die Qualität der Kliniken variiert stark. Es gibt praktisch keine Qualitätskontrollen. Berichten zufolge haben rund zehn Millionen Menschen in Afghanistan keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Viele Afghanen suchen, wenn möglich, privat geführte Krankenhäuser und Kliniken auf. Die Kosten von Diagnose und Behandlung dort variieren stark und müssen von den Patienten selbst getragen werden. Daher ist die Qualität der Behandlung stark einkommensabhängig. Auch die Sicherheitslage hat erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Versorgung.

In den letzten zehn Jahren hat die Flächendeckung der primären Gesundheitsversorgung in Afghanistan stetig zugenommen. Das afghanische Gesundheitssystem hat in dieser Zeit ansehnliche Fortschritte gemacht. Gründe dafür waren ua eine solide öffentliche Gesundheitspolitik, innovative Servicebereitstellung, Entwicklungshilfen usw. Einer Umfrage der Asia Foundation zufolge hat sich 2017 die Qualität der afghanischen Ernährung sowie der Gesundheitszustand in den afghanischen Familien im Vergleich zu 2016 gebessert.

Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) hat mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Strategieplan für den Gesundheitssektor (2011 bis 2015) und eine nationale Gesundheitspolicy (2012 bis 2020) entwickelt, um dem Großteil der afghanischen Bevölkerung die grundlegende Gesundheitsversorgung zu garantieren.

Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsversorgung wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und Kindern unter fünf Jahren liegen die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin unter dem Durchschnitt der einkommensschwachen Länder. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41 % der Kinder unter fünf Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel. In den Bereichen Mütter- und Kindersterblichkeit kam es zu erheblichen Verbesserungen: Während die Müttersterblichkeit früher bei 1.600 Todesfällen pro 100.000 Geburten lag, belief sie sich im Jahr 2015 auf 324 Todesfälle pro 100.000 Geburten. Allerdings wird von einer deutlich höheren Dunkelziffer berichtet. Bei Säuglingen liegt die Sterblichkeitsrate mittlerweile bei 45 Kindern pro 100.000 Geburten und bei Kindern unter fünf Jahren sank die Rate im Zeitraum 1990 bis 2016 von 177 auf 55 Sterbefälle pro 1.000 Kindern. Trotz der Fortschritte sind diese Zahlen weiterhin kritisch und liegen deutlich über dem regionalen Durchschnitt. Weltweit sind Afghanistan und Pakistan die einzigen Länder, die im Jahr 2017 Poliomyelitis-Fälle zu verzeichnen hatten; nichtsdestotrotz ist deren Anzahl bedeutend gesunken. Impfärzte können Impfkampagnen sogar in Gegenden umsetzen, die von den Taliban kontrolliert werden. In jenen neun Provinzen, in denen UNICEF aktiv ist, sind jährlich vier Polio-Impfkampagnen angesetzt. In besonders von Polio gefährdeten Provinzen wie Kunduz, Faryab und Baghlan wurden zusätzliche Kampagnen durchgeführt.

1.5.7. Krankenkassen und Gesundheitsversicherung (LIB Kapitel 22.):

Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) bietet zwei Grundversorgungsmöglichkeiten an: das "Essential Package of Health Services" (EPHS) und das "Basic Package of Health Services" (BPHS), die im Jahr 2003 eingerichtet wurden. Beide Programme sollen standardisierte Behandlungsmöglichkeiten in gesundheitlichen Einrichtungen und Krankenhäusern garantieren. Die im BPHS vorgesehenen Gesundheitsdienstleistungen und einige medizinische Versorgungsmöglichkeiten des EPHS sind kostenfrei. Jedoch zahlen Afghanen und Afghaninnen oft aus eigener Tasche, weil sie private medizinische Versorgungsmöglichkeiten bevorzugen, oder weil die öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen die Kosten nicht ausreichend decken. Es gibt keine staatliche Unterstützung für den Erwerb von Medikamenten. Die Kosten dafür müssen von den Patienten getragen werden. Nur privat versicherten Patienten können die Medikamentenkosten zurückerstattet werden.

Medizinische Versorgung wird in Afghanistan auf drei Ebenen gewährleistet: Gesundheitsposten (HP) und Gesundheitsarbeiter (CHWs) bieten ihre Dienste auf Gemeinde- oder Dorfebene an; Grundversorgungszentren (BHCs), allgemeine Gesundheitszentren (CHCs) und Bezirkskrankenhäuser operieren in den größeren Dörfern und Gemeinschaften der Distrikte. Die dritte Ebene der medizinischen Versorgung wird von Provinz- und Regionalkrankenhäusern getragen. In urbanen Gegenden bieten städtische Kliniken, Krankenhäuser und Sonderkrankenanstalten jene Dienstleistungen an, die HPs, BHCs und CHCs in ländlichen Gebieten erbringen. 90 % der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden dennoch nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden. Über dieses Vertragssystem wird sowohl primäre als auch sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Allerdings mangelt es an Investitionen in medizinische Infrastruktur. Der Bauzustand vieler Kliniken ist schlecht. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen

1.5.8. Krankenhäuser in Afghanistan (LIB Kapitel 22.1.):

Theoretisch ist die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern kostenlos. Dennoch ist es üblich, dass Patienten Ärzte und Krankenschwestern bestechen, um bessere bzw schnellere medizinische Versorgung zu bekommen. Eine begrenzte Anzahl an staatlichen Krankenhäusern in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Für den Zugang zur medizinischen Versorgung sind der Besitz der afghanischen Staatsbürgerschaft und die Mitnahme eines gültigen Ausweises bzw der Tazkira erforderlich. In öffentlichen Krankenhäusern in den größeren Städten Afghanistans können leichte und saisonbedingte Krankheiten sowie medizinische Notfälle behandelt werden. Es besteht die Möglichkeit, dass Beeinträchtigungen wie Herz-, Nieren-, Leber- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, die eine komplexe, fortgeschrittene Behandlung erfordern, wegen mangel

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten