TE Bvwg Beschluss 2019/3/11 W239 2136221-2

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Veröffentlicht am 11.03.2019
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Entscheidungsdatum

11.03.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W239 2136221-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.I. Erstes (vorangegangenes) Asylverfahren:

1. Der Antragsteller, ein afghanischer Staatsbürger, reiste illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.10.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am 20.10.2015 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Antragsteller an, dass er sich in seine nunmehrige Frau verliebt habe und sie heimlich geheiratet hätten, da ihre Familie gegen die Heirat gewesen sei. Die Brüder seiner Frau hätten mit den Taliban zusammengearbeitet, hätten den Antragsteller bedroht und hätten ihm die Frau weggenommen. Er habe fliehen müssen, da sie ihn sonst umgebracht hätten. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan habe der Antragsteller Angst, von den Brüdern seiner Frau umgebracht zu werden.

3. Am 19.07.2016 fand die niederschriftliche Einvernahme des Antragstellers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt. Dabei gab der Antragsteller im Wesentlichen an, dass die Ehe mit seiner Frau heimlich von einem Mullah geschlossen worden sei. Weder seine noch ihre Familie habe davon gewusst. In Afghanistan sei Liebe und verliebt sein eine Straftat. Die Familien hätten vor Jahren einen Konflikt miteinander gehabt. Deshalb seien die Brüder seiner Frau gegen ihre Ehe gewesen. Als ihre Brüder von der Ehe erfahren hätten, hätten sie die Ehefrau des Antragstellers geschlagen und zu ihr gesagt, dass sie mit ihrer Ehre gespielt und sie beschmutzt habe. Auch den Antragsteller hätten sie bedroht. Deshalb habe sich der Antragsteller einen Monat in Mazar-e Sharif versteckt. Danach sei er für eine Nacht nach Kabul zurückgekehrt. Anschließend habe er sich auf den Weg nach Europa gemacht.

4. Mit Bescheid vom 13.08.2016, Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Antragsteller nicht erteilt und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt IV.).

5. Mit Verfahrensanordnung vom 12.09.2016 wurde dem Antragsteller gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die "ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe" als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt. Darüber hinaus wurde der Antragsteller über die Verpflichtung zur Ausreise informiert.

6. Gegen den Bescheid des BFA erhob der Antragsteller am 27.09.2016 fristgerecht Beschwerde.

7. Am 31.03.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Antragsteller im Beisein seiner bevollmächtigten Vertretung und einer Vertrauensperson persönlich teilnahm.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Antragsteller zusammengefasst abermals die heimliche Eheschließung mit seiner Frau und die damit verbundenen Drohungen der Brüder seiner Frau ins Treffen. Seine Frau sei gleichzeitig seine Cousine, ihre Brüder seien die Cousins des Antragstellers und seien Taliban. Das Verhältnis der Familien zueinander sei nicht gut; es gebe seit langem einen Konflikt betreffend ein landwirtschaftliches Grundstück.

Zusätzlich dazu erklärte der Antragsteller vor dem Bundesverwaltungsgericht erstmals, dass er sich in Österreich mit einem Iraner angefreundet habe, der ihn in eine Kirche gebracht habe. Der Antragsteller bekenne sich nun zum Christentum. Er habe den muslimischen Glauben seit etwa fünf oder sechs Monaten abgelegt. Vor ungefähr fünf oder sechs Monaten sei er auch getauft worden. Seine Familie, die in Kabul lebe und mit der der Antragsteller in regelmäßigem Kontakt stehe, wisse nichts davon. Würde er der Familie davon erzählen, dürfte er nie wieder mit seinen Angehörigen in Kontakt treten; bei einer Rückkehr nach Afghanistan würden sie ihn töten. Auch seine Frau wisse nichts von seiner Konversion; mit ihr habe er zuletzt während der Eheschließung persönlich gesprochen, als die Heiratsurkunde angefertigt worden sei. Danach hätten sie nicht mehr miteinander kommuniziert.

Nachgefragt, ob er jemals politisch tätig gewesen sei, erklärte der Antragsteller, dass er mit Politik nichts zu tun gehabt habe. Er habe zur politischen und religiösen Situation in Afghanistan auch nie Stellung bezogen oder seine Meinung verbreitet, etwa durch Teilnahme an Demonstrationen oder Verbreitung von Nachrichten in sozialen Medien.

8. Am 10.10.2017 teilte die Vertretung des Antragstellers dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Antragsteller bi- bzw. homosexuell sei. Es wurde auf einen Zeugen hingewiesen, der bezüglich der sexuellen Orientierung des Antragstellers eine Aussage tätigen könne. Ein dahingehender Beweisantrag wurde von der Vertretung in Aussicht gestellt. Weiters wurde mitgeteilt, dass der Antragsteller nicht dazu in der Lage sei, einen Zeugen hinsichtlich seiner Konversion zum Christentum bekanntzugeben.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte im Hinblick auf die behauptete Konversion des Antragstellers zum Christentum amtswegig Erhebungen durch. Im Zuge der Erhebungen wurde von jener näher bezeichneten Pfingstgemeinde, der sich der Antragsteller zugehörig fühle und in der die Taufe vorgenommen worden sei, am 18.04.2018 eine Person genannt, welche im Verfahren als Zeuge Angaben hinsichtlich der Konversion des Antragstellers zum Christentum tätigen könne.

10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15.06.2018 eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Antragsteller im Beisein seiner bevollmächtigten Vertretung persönlich teilnahm.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, machte der Antragsteller wiederum Angaben betreffend die heimliche Eheschließung mit seiner Cousine und die Bedrohungen durch deren Brüder, den Cousins des Antragstellers. Nachgefragt, ob betreffend die behauptete Konversion noch eine Bedrohung bestehe, erklärte der Antragsteller, dass er vor einiger Zeit alle Religionen abgelehnt habe und nun gar keiner Konfession mehr angehöre. Wenn er das in Kabul den Leuten sagen würde, würde wieder eine Gefahr entstehen, da man dort Moslem sein müsse. Er bekomme oft Anrufe von Freunden und Bekannten, die ihm sagen würden, er solle nicht die Religion wechseln oder sich als Unreligiöser vorstellen. Der Antragsteller habe ein Foto mit einem Kreuz auf seinem Hals auf Facebook gepostet und sei daraufhin beschimpft worden und habe sich rechtfertigen müssen. Die Leute in Kabul könnten das alles nicht verstehen. Er habe das Foto deshalb von Facebook löschen müssen.

Die behauptete Bi- bzw. Homosexualität des Antragstellers wurde von ihm über Nachfrage nach weiteren Fluchtgründen bzw. Rückkehrbefürchtungen nicht thematisiert. Im Zuge von an ihn gestellten Fragen zu seiner Situation in Österreich führte der Antragsteller auch aus, dass er am Wochenende viel auf "gesellschaftlichen Seiten" tätig sei; damit meine er das Internet. Er habe ca. 18.300 Follower auf Instagram.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde auch der Zeuge der näher bezeichneten Pfingstgemeinde einvernommen. Dieser erklärte im Wesentlichen, dass der Antragsteller am 18.09.2016 erstmals bei ihnen erschienen sei und am selben Tag getauft worden sei. Bis Jahresende 2016 sei er regelmäßig bei den Gottesdiensten in der Gemeinschaft erschienen, danach in den Jahren 2017 und 2018 nur mehr vereinzelt. Laut Einschätzung des Zeugen sei der Antragsteller kein aktives Mitglied, dies wäre bei einer Anwesenheit von 70% im Jahresdurchschnitt anzunehmen, eine solche Anwesenheit sei beim Antragsteller aber nicht gegeben. Der Antragsteller habe keine Bibelkurse besucht und sich auch sonst nicht aktiv in die Gemeinschaft eingebracht.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung legte der Antragsteller eine Austrittserklärung aus der islamischen Glaubensgemeinschaft vom 29.01.2018 vor, sowie einen ärztlichen Befundbericht vom 13.04.2017 ("depressive Episode", "Verdacht auf PTSD").

11. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 15.06.2018 wurde durch die Vertretung des Antragstellers eine schriftliche Stellungnahme zu den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten erstattet. Mit Schreiben vom 27.08.2018 wurde dem Antragsteller ergänzendes und aktualisiertes Länderberichtsmaterial mit der Möglichkeit übermittelt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen, wovon jedoch kein Gebrauch gemacht wurde.

12. Mit Erkenntnis Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2018, Zl. W245 2136221-1/17E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht traf umfangreiche Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Antragstellers [dort: des Beschwerdeführers, BF] und folgende Feststellungen zu seinem sozialen Hintergrund:

"Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari. Er ist im erwerbsfähigen Alter und ist gesund. Der BF wurde in der Stadt Kabul geboren. Der BF hat vor seiner Ausreise in Kabul gelebt. Die Familie des BF, bestehend aus seinen Eltern und Geschwistern, lebt in Kabul. Der Familie geht es wirtschaftlich gut. Die Familie verfügt über ein Grundstück (42 Jirib) in XXXX und betreibt ein Restaurant in Kabul. Der BF hat Kontakt zu seiner Familie. Die finanzielle Situation seiner Familie ist gut. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF verheiratet ist. Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Der BF hat noch weitere Verwandte - Onkel und Tanten - in Afghanistan. Der BF hat zumindest sieben Jahre die Schule in Kabul besucht. Berufserfahrungen konnte er im Restaurant seines Vaters in Kabul sammeln. Der BF ist in der Lage sich selbst zu versorgen. Der BF ist strafgerichtlich unbescholten. Nach seinen eigenen Angaben ist er in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft und hatte keine Probleme mit Behörden und war politisch nicht aktiv. Der BF hat Afghanistan im August 2015 verlassen. Es wird festgestellt, dass der BF persönlich nicht glaubwürdig ist."

Zu den Fluchtgründen des Antragstellers wurde festgestellt:

"Der BF stellte am 20.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Seinen Antrag auf internationalen Schutz begründet der BF im Wesentlichen damit, dass er heimlich seine Cousine geheiratet hätte und dass ihre Brüder, die mit den Taliban zusammenarbeiten würden, gegen diese Ehe gewesen wären. Da er von seinen Cousins bedroht worden wäre, hätte er Afghanistan verlassen müssen. Dieses Vorbringen konnte der BF jedoch nicht glaubhaft machen, da es sich bei Gesamtbetrachtung sämtlicher im Verlauf des Verfahrens getätigten Angaben in entscheidenden Punkten als widersprüchlich sowie als nicht schlüssig und plausibel erwiesen hat. Der BF wuchs als sunnitischer Muslim in Afghanistan auf. Er wurde am 18.09.2016 von der XXXX getauft. Es kann nicht festgestellt werden, dass der christliche Glauben wesentlicher Bestandteil der Identität des BF geworden ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF den christlichen Glauben im Falle der Rückkehr nach Afghanistan weiter nachkommen würde. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF den christlichen Glauben im Falle der Rückkehr nach Afghanistan nach außen zur Schau tragen würde. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines (ehemaligen) Interesses für den christlichen Glauben psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Atheismus ein wesentlicher Bestandteil der Identität des BF geworden ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF den Atheismus im Falle der Rückkehr nach Afghanistan weiter nachkommen würde. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF den Atheismus im Falle der Rückkehr nach Afghanistan nach außen zur Schau tragen würde. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines (vorgegebenen) Interesses für den Atheismus psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF von seinem Glauben abgefallen ist. Eine Bedrohung bzw. eine Verfolgung wegen einer Bi- oder Homosexualität des BF konnte nicht festgestellt werden. Insgesamt kann nicht festgestellt werden, dass der BF einer konkreten Verfolgung oder Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt ist oder eine solche, im Falle seiner Rückkehr, zu befürchten hätte."

Zur Situation im Fall einer Rückkehr des Antragstellers wurde festgestellt:

"Im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Folge EMRK), oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Eine Rückkehr des BF in seine Heimatprovinz ist möglich. Zudem steht dem BF eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in der Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung. Der BF hat bis zu seiner Ausreise in der Stadt Kabul gelebt. Er hat sich vor seiner Ausreise nicht in Mazar-e Sharif aufgehalten. Der BF kann Mazar-e Sharif und Kabul von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF nach Mazar-e Sharif ausschließen, konnten nicht festgestellt werden. Der BF leidet an keiner ernsthaften Krankheit, welche ein Rückkehrhindernis darstellen würde bzw. es bestehen keine Zweifel an der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit des BF. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Mazar-e Sharif Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er ist in der Lage, in Mazar-e Sharif eine einfache Unterkunft zu finden bzw. am Erwerbsleben teilzunehmen. Der BF hat die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form einer Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Der BF wurde in der Beschwerdeverhandlung über die Rückkehrunterstützungen und Reintegrationsmaßnahmen in Kenntnis gesetzt. Dem BF wurden die Programme ERIN und RESTART II erklärt. Zudem ist es möglich, dass die Familie des BF ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan beim Aufbau einer Existenzgrundlage in Mazar-e Sharif unterstützt. Der BF verfügt über ein überdurchschnittliches Maß an Anpassungs- und Selbsterhaltungsfähigkeit. Der BF ist mit den kulturellen Gepflogenheiten und der Sprache seines Herkunftsstaates vertraut."

Zum Leben in Österreich wurde festgestellt:

"Der BF hält sich seit Oktober 2015 in Österreich auf. In Österreich lebt ein Cousin des BF. Beim BF finden sich keine besonderen Merkmale der Abhängigkeit zu seinem in Österreich aufhältigen Cousin. Der BF pflegt in Österreich freundschaftliche Beziehungen zu Österreichern und Afghanen. Darüber hinaus konnten keine weiteren substanziellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens (wie z. B. Beziehungen, Lebensgemeinschaften) festgestellt werden. Der BF ist kein Mitglied von politischen Parteien und war auch sonst nicht politisch aktiv. Neben den erwähnten Freundschaften, ist der BF kein Mitglied von Vereinen. In seiner Freizeit lernt er ein weinig und beschäftigt sich mit dem Internet. Der BF besucht zwischenzeitlich Deutschkurse und weist dies durch Teilnahmebestätigungen nach. Er ist nicht in der Lage, in einfachen Situationen des Alltagslebens auf elementarer Basis auf Deutsch zu kommunizieren. Da der BF keine Arbeitserlaubnis hat, war er bisher in Österreich nicht erwerbstätig. Der BF lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Ferner verfügt er über keine Einstellzusage. Der BF hat vereinzelt gemeinnützige Aufgaben übernommen. Er hat beispielsweise Altkleider aussortiert."

In der umfassenden Beweiswürdigung legte das Bundesverwaltungsgericht im Einzelnen dar, weshalb dem Antragsteller in Bezug auf seine im Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe bzw. Rückkehrgefährdungen kein Glauben zu schenken war, wobei seine Aussagen unter dem Aspekt gewürdigt wurden, dass der Antragsteller zwischenzeitig an einer mittelgradig depressiven Episode mit Verdacht auf PTSD gelitten hatte (vgl. den im Rahmen der zweiten mündlichen Verhandlung vorgelegten ärztlichen Befundbericht vom 13.04.2017). Das widersprüchliche, gesteigerte und unplausible Vorbringen führte nicht nur zur Unglaubhaftigkeit der im Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe, sondern indizierte auch die fehlende persönliche Glaubwürdigkeit des Antragstellers. Aufgrund von zahlreichen widersprüchlichen Angaben im Verfahren, die sich nach Ansicht des erkennenden Richters auch nicht auf die zwischenzeitlichen gesundheitlichen Probleme des Antragstellers zurückführen bzw. durch diese erklären lassen können, gelangte das Bundesverwaltungsgericht auch zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller persönlich unglaubwürdig war.

13. Das Erkenntnis Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2018 wurde der bevollmächtigten Vertretung des Antragstellers am 02.11.2018 zugestellt und erwuchs mit diesem Tag in Rechtskraft.

I.II. Zweites (gegenständliches) Asylverfahren:

1. In weiterer Folge begab sich der Antragsteller illegal in das deutsche Bundesgebiet und suchte dort um die Gewährung internationalen Schutzes an (vgl. EURODAC-Treffer der Kategorie 1 zu Deutschland vom 29.11.2018). Er wurde am 18.02.2019 auf dem Luftweg von Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

2. Am selben Tag (18.02.2019) stellte der Antragsteller im österreichischen Bundesgebiet den nunmehr gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) und er wurde einer Erstbefragung unterzogen.

Dabei brachte der Antragsteller vor, es seien zusätzlich zu seinen alten Fluchtgründen neue Probleme dazugekommen. Er könne die Stimmen von verschiedenen Präsidenten Afghanistans sowie von anderen Politikern imitieren und habe seine Videos in sozialen Netzwerken, unter anderem auf Instagram, veröffentlich und gepostet. Es sei eine Gabe, dass er seine Stimme so verstellen könne, und er habe auf Instagram 14.000 Follower. Er habe seine Videos auch dem afghanischen Fernsehsender "Tolo" gesendet und zur Verfügung gestellt. Aufgrund der veröffentlichten Videos sei er von mehreren Personen bedroht worden. Ihm sei gesagt worden, dass er entführt und getötet werde, wenn er nach Afghanistan zurückkomme. Ihm werde vorgeworfen, dass er sich über afghanische Politiker lustig mache. Aufgrund der Drohungen habe er psychische Probleme bekommen. Er habe auf Instagram seinen Wohnort gelöscht. Es habe Leute gegeben, die ihn in Deutschland erkannt hätten. Er wisse nicht, von welcher Organisation diese Personen seien, die ihn bedroht hätten. Ihm sei am Telefon gesagt worden, dass man ihn nach seiner Ankunft in Afghanistan sogar am Flughafen abfangen und entführen werde.

Nachgefragt, seit wann ihm diese behauptete Änderung der Situation bekannt sei, erklärte der Antragsteller, das wisse er schon seit er noch in Österreich gewesen sei, also noch vor seiner zwischenzeitlichen Ausreise nach Deutschland. Das, was er mache, sei eine Gabe. Er sei Künstler, Kabarettist, und mache sich über niemanden lustig.

3. Mit Verfahrensanordnung des BFA gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 vom 25.02.2019 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sowie seinen faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde ihm auch mitgeteilt, dass er gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG dazu verpflichtet sei, bis zum 06.03.2019 ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

4. Am 06.03.2019 wurde der Antragsteller vor dem BFA einvernommen. Zu Beginn gab der Antragsteller an, sich psychisch und physisch in der Lage zu sehen, die an ihn gerichteten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Er sei allerdings schlaflos und könne sich nicht konzentrieren. Es gehe ihm seit zwei bis drei Monaten so. Im Lager sei er einmal beim Psychologen gewesen, aber er habe abgelehnt, Medikamente zu nehmen, da er Angst gehabt habe, davon abhängig zu werden. Ihm sei empfohlen worden, sich abzulenken, deshalb gehe er ins Fitnessstudio und treibe Sport. Er nehme derzeit keine Medikamente und gehe auch zu keinem Arzt.

Der Antragsteller habe in Österreich einen Cousin väterlicherseits, der in Tirol wohne und zu dem einmal wöchentlich über Messenger schriftlicher Kontakt bestehe. Eine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit bestehe nicht. Der Antragsteller lebe von der Grundversorgung, er habe Freunde, die ihn hin und wieder unterstützen würden, und er arbeite im Lager und bekomme Geld dafür. Er sei arbeitsfähig und würde jede Arbeit annehmen, die er verrichten könne., beispielsweise könne er als Träger arbeiten. In Deutschland habe er in der Küche gearbeitet.

Über Nachfrage erklärte der Antragsteller weiter, dass er im Vorverfahren bereits alle Fluchtgründe angegeben habe und diese noch aufrecht seien. Es gehe darum, dass er seine Ehefrau unerlaubt und versteckt geheiratete habe; die Brüder seiner Frau seien bei den Taliban und würden ihn töten wollen. Er habe das alles bereits im Vorverfahren erzählt.

Hinzugekommen sei, dass er in Österreich neue Probleme habe. Er sei auf Social Media vertreten und habe 13.000 bis 14.000 Follower. Er könne jeden Menschen imitieren, auch den ehemaligen und den derzeitigen Präsidenten [Afghanistans] und habe deshalb Probleme. Es gebe Leute, die ihn deshalb beschimpfen und bedrohen würden. Sie würden ihn töten, wenn er nach Afghanistan zurückkehre. Nachgefragt, seit wann er auf Social Media vertreten sei, erklärte der Antragsteller, das sei seit etwa drei bis vier Jahren, seit er das erste Mal nach Österreich gekommen sei. Er habe auch ein Video auf einem TV-Kanal namens "Tolo TV" in Afghanistan veröffentlicht. Facebook habe er nicht. Er poste seit vier Jahren diese Videos. Seine Themen seien meist Komödien. Das Video auf "Tolo TV" habe er vor etwa sechs Monaten veröffentlicht. Nachgefragt, welche Leute ihn beschimpfen und bedrohen würden, gab der Antragsteller an, das seien Leute aus Afghanistan. Sie hätten angerufen. Sie hätten gefragt, was er da mache, und hätten gesagt, er mache sich über den Präsidenten und Anführer lustig. Wenn er nach Afghanistan komme, werde er spurlos verschwinden und sie würden ihn umbringen. Auf die Frage, wer diese Personen gewesen seien, gestand der Antragsteller ein, dass sie keine Namen genannt hätten. Er habe nur mit einer Person telefoniert, die ihn bedroht habe. Diese Person habe ihn zwei Wochen nach seiner zweiten Einvernahme vor dem BFA angerufen. Genauere Angaben könne er dazu nicht machen, er wisse es nicht mehr. Der Anruf sei nach dem zweiten Interview im Vorverfahren gewesen. Er sei nur einmal von jemandem angerufen worden, dessen Namen er nicht nennen könne, und danach habe er ihn blockiert. Beweismittel dafür habe er nicht. Er habe sei Handy zurücksetzen müssen und seither habe er die Nummer nicht mehr. Er habe den Anruf auch nicht bei der Polizei angezeigt. Er habe innerhalb von vier Wochen weggehen müssen und habe gedacht, dass man ihm nicht helfen werde.

Vorgehalten, warum er im Vorverfahren nichts davon erzählt habe, wenn ihm der Fluchtgrund doch bereits bekannt gewesen sei, entgegnete der Antragsteller, er habe in der damaligen Einvernahme gesagt, dass er auf Social Media sei. Diese Drohung sei erst zwei Wochen nach seiner Einvernahme passiert. Sein Name auf Instagram laute: XXXX . Der Antragsteller zeigte sodann ein Video auf Instagram und einen Kommentar auf sein Video (geschrieben vor fünf Tagen), der (übersetzt) folgendermaßen lautet: "Du dreckiger Kerl. Du Landesverräter. Du tust unseren Landesführer und Oberhaupt beschimpfen. Ich bete bei Allah, dass du mal zurück nach Afghanistan kommst. Du wirst in diesem Moment sehen, was passiert."

Abschließend vorgehalten, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, erklärte der Antragsteller dem zuständigen Referenten des BFA, das sei seine Entscheidung; er habe seine Probleme vorgelegt. Er habe niemanden mehr in Afghanistan. Seine Familienmitglieder seien seit drei Monaten im Iran. Er habe keinen Kontakt zu seiner Familie. Er wisse nicht, wohin er zurückkehren könne.

Zu den aktuellen Länderfeststellungen zu Afghanistan gab der Antragsteller an, er habe die Berichte nicht gelesen, er höre aber fast jeden Abend Nachrichten über Afghanistan. Die allgemeine Lage verschlechtere sich täglich. Die Politiker würden nur an ihre finanzielle Lage denken. Die einfache Bevölkerung interessiere sie nicht, egal, ob diese sterbe, verhungere oder getötet werde. Gestern seien wieder in einer gut bewachten Militäranlage über 35 Soldaten von den Taliban getötet worden.

Darauf hingewiesen, dass das dargebrachte Vorbringen nicht geeignet sei, einen neuen asylrelevanten Sachverhalt zu begründen, erklärte der Antragsteller, dass er sich unter Garantie etwas antun werde, wenn er einen negativen Bescheid bekomme. Seine Geduld sei am Ende. Er sehe, wie junge Menschen durch die Entscheidungen des BFA vernichtet würden. Er habe eine Bitte: Er sei nicht dazu in der Lage gewesen, in seinem Heimatland nützlich zu sein. Er habe seine Kraft nicht zur Verfügung stellen können. Er gebe sein Wort, dass er in Österreich nützlich sein werde, arbeiten werde und brav seine Steuern zahlen werde. Er habe sich in den drei bis vier Jahren in Österreich nichts zu Schulden kommen lassen. Mit der eben getätigten Aussage wolle der Antragsteller niemanden unter Druck setzen, er wolle damit nur sagen, dass er als junger Mensch nützlich sein könne für das Land. Er wolle genauso wie sein Cousin in Österreich arbeiten gehen, Steuern zahlen und hier frei leben.

Anschließend beantragte die anwesende Rechtsberaterin die Einholung eines PSY-III-Gutachtens wegen der geäußerten Suizidabsicht und betonte, dass der Antragsteller in Österreich nach seiner rechtskräftigen negativen Entscheidung Aktivitäten gesetzt habe, die Ausdruck seiner politischen Gesinnung seien bzw. so gewertet werden könnten. Es sei daher nicht auszuschließen, dass ihm im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan asylrelevante Verfolgung drohe. Außerdem drohe dem Antragsteller aufgrund der sich stetig verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan die Verletzung seiner gemäß Art. 3 und Art. 8 EMRK gewährten Rechte. Über Nachfrage der Rechtsberaterin erklärte der Antragsteller, er habe das letzte Video vor etwa zwei bis drei Tagen hochgeladen.

Vorgelegt wurde ein Schreiben der Diakonie, Region Kassel, vom 06.02.2019 und eine fachärztliche Beurteilung einer Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie aus Kassel vom 12.02.2019, der sich als Diagnose entnehmen lässt: "Diagnose: Anpassungsstörung F 43.2, Differentialdiagnose: mittelgradige depressive Episode F 32.1" Aus dem Bericht der Diakonie ergibt sich, dass der Antragsteller dort berichtet habe, vor etwa sechs Monaten, als er noch in Afghanistan gelebt habe, bei Instagram einen Clip gegen hochgestellte afghanische Regierungsträger (u.a. den Präsidenten) lanciert zu haben, der noch am selben Tag im öffentlichen TV ausgestrahlt worden sei und ihn als Regimegegner öffentlich bekannt gemacht habe. Ungefähr zehn Tage nach der Veröffentlichung habe er auch einen Tweed bekommen, in dem er massiv bedroht worden sei. Daraufhin sei er geflohen und nach Österreich gelangt, wo er Asyl beantragt habe. Er habe mittlerweile 40.000 Follower auf Twitter oder Instagram und habe diese Social-Media-Ereignisse auch den österreichischen Behörden erzählt, aber es sei ihm nicht geglaubt worden.

5. Das BFA verkündete gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG mündlich den Bescheid, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben werde. Begründend führte das BFA aus, dass das Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig negativ über den ersten Antrag auf internationalen Schutz (bzw. die Beschwerde gegen den diesbezüglich negativen Bescheid des BFA) entschieden habe. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes sei mit 02.11.2018 in Rechtskraft erwachsen.

Am 18.02.2019 habe der Antragsteller erneut einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Bei der Erstbefragung am 18.02.2019 habe er angegeben, dass seine Angaben vom Erstverfahren aufrecht seien und dass er neue Gründe habe. Er sei auf Instagram aktiv und habe 14.000 Follower. Er imitiere afghanische Politiker und sei deshalb von mehreren Personen bedroht worden. Sollte er nach Afghanistan zurückkehren, werde er sofort entführt und getötet werden. Bei der jetzigen Einvernahme vor dem BFA habe der Antragsteller ebenfalls angegeben, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht seien. Weiters habe er angegeben, dass er afghanische Politiker imitiere und diese Videos auf Social Media verbreite. Einmal sei sogar ein Video auf dem afghanischen TV-Sender namens "Tolo TV" ausgestrahlt worden. Daraufhin sei er von einer ihm unbekannten Person telefonisch mit dem Umbringen bedroht worden.

Der Folgeantrag des Antragstellers werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein, da die neu angegebenen Gründe nicht glaubwürdig seien. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Laut eingebrachten psychologischen Befund vom 12.02.2019 leide der Antragsteller an einer Anpassungsstörung und einer mittelgradigen depressiven Episode. Festgestellt werde, dass in Afghanistan eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet sei. Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 2, 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden.

Dieser Entscheidung wurden aktuelle Länderfeststellungen zu Afghanistan (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Afghanistan, letzte eingefügte Kurzinformationen vom 31.01.2019) zugrunde gelegt. In der Rechtsmittelbelehrung dieses mündlich verkündeten und im Verhandlungsprotokoll schriftlich festgehaltenen Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass die Beurkundung als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gelte. Die Verwaltungsakten würden unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt. Dies gelte als Beschwerde.

6. Am 08.03.2019 wurde der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung W239 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Paschtunen zugehörig und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er ist in der Provinz Maidan Wardak geboren und hat die letzten Jahre vor seiner Ausreise mit seiner Familie in der Stadt Kabul gelebt. Der Antragsteller hat zumindest sieben Jahre die Schule besucht, spricht Dari und verfügt über Arbeitserfahrung im Restaurant seines Vaters in Kabul und hat auch in Deutschland in der Küche gearbeitet. Er ist erwerbsfähig und konnte mit seiner Arbeitskraft zum Unterhalt der Familie beigetragen. Die Eltern und die Geschwister des Antragstellers leben in Kabul. Der Familie geht es wirtschaftlich gut, sie verfügt über ein Grundstück (42 Jirib) und der Vater betreibt ein Restaurant in Kabul. Es leben noch weitere Verwandte - Onkel und Tanten - in Afghanistan. Der Antragsteller hat Kontakt zu seiner Familie.

Der Antragsteller hat Afghanistan im August 2015 verlassen, ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 20.10.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Bescheid des BFA vom 13.08.2016 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen wurde. Mit dieser Entscheidung wurde auch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2018, Zl. W245 2136221-1/17E, zugestellt am 02.11.2018, rechtskräftig abgewiesen.

Am 18.02.2019 stellte der Antragsteller neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Er bezieht sich dabei auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Verfahrens bestanden haben und darüber hinaus bereits im Kern unglaubhaft bzw. nicht asylrelevant sind.

Der Antragsteller ist volljährig, ledig und hat keine Kinder. In Bezug auf den Antragsteller besteht kein hinreichend schützenswertes Privatleben und kein Familienleben im Bundesgebiet. Er ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes. Der Antragsteller ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich. Es bestehen keine Hinweise darauf, dass beim Antragsteller physische bzw. psychische Erkrankungen vorliegen, die ein solches Ausmaß erreichen, dass sie einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in die Stadt Kabul in eine ausweglose Lage bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Antragstellers, seiner Herkunft, Schulbildung und Berufserfahrung sowie zu seinen Familienangehörigen beruhen auf seinen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des bereits abgeschlossenen Asylverfahrens.

Soweit der Antragsteller nunmehr gegen Ende der Befragung vor dem BFA am 06.03.2019 plötzlich vage angab, er habe niemanden mehr in Afghanistan, seine Familienmitglieder seien seit drei Monaten im Iran und der habe keinen Kontakt mehr zu ihnen, ist festzuhalten, dass dies vor dem Hintergrund der persönlichen Unglaubwürdigkeit des Antragstellers als reine Schutzbehauptung zu werten ist. Dass das widersprüchliche, gesteigerte und unplausible Vorbringen im Vorverfahren nicht nur zur Unglaubhaftigkeit der im Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe führte, sondern auch die fehlende persönliche Glaubwürdigkeit des Antragstellers indizierte, wurde bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2018 detailliert ausgeführt. Mangels sonstiger Nachweise kann daher nicht festgestellt werden, dass die Familie des Antragstellers tatsächlich nicht mehr in Kabul aufhältig ist.

Die Feststellungen zur Einreise, zu den Antragstellungen und zum Aufenthalt des Antragstellers in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Antragstellers.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zu der aktuellen privaten und familiären Situation des Antragstellers in Österreich gründen auf dessen Vorbringen in beiden Asylverfahren. Änderungen seit Rechtskraft der Entscheidung im Vorverfahren wurden seitens des Antragstellers nicht behauptet und haben sich dafür auch keine Hinweise ergeben. Betreffend die vorgelegte fachärztliche Bescheinigung vom 12.02.2019 mit der Diagnose "Anpassungsstörung" und der Differentialdiagnose "mittelgradige depressive Episode" ist festzuhalten, dass sich diese im Wesentlichen mit dem bereits im Vorverfahren vorgelegten ärztlichen Befundbericht vom 13.04.2017 mit den Diagnosen "depressive Episode" und "Verdacht auf PTSD" deckt. Die beantragte Einholung eines PSY-III-Gutachtens ist nicht angezeigt.

Die Feststellung der Unbescholtenheit des Antragstellers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die vom Antragsteller im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates, in den er zwischenzeitlich auch nicht zurückgekehrt ist, sind dieselben, die bereits im rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren als unglaubhaft erkannt wurden. Darüber hinaus hat der Antragsteller im gegenständlichen Verfahren vorgebracht, seit drei bis vier Jahren (!) auf Social Media aktiv zu sein und mittlerweile eine große Anzahl an Follower auf Instagram zu haben. Er poste seit vier Jahren (!) Videos, in denen er afghanische Politiker imitiere. Aus diesem Grund sei er Bedrohungen ausgesetzt.

Zum einen ist zum nunmehr erstatteten Vorbringen festzuhalten, dass sich dieses auf einen Zeitraum bezieht, der vor dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahren (02.11.2018) liegt. Nachgefragt, wann der vom Antragsteller ins Treffen geführte einzige telefonische Drohanruf stattgefunden habe, blieb der Antragsteller sehr vage, behauptete aber letztlich, dass dies zwei Wochen nach der zweiten Einvernahme vor dem BFA gewesen sei. Es gab im Vorverfahren jedoch nur eine Einvernahme vor dem BFA, und zwar am 19.07.2016, sodass die Drohung seinen Angaben folgend etwa Ende Juli/Anfang August 2016 gewesen sein müsste; es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der Antragsteller die angebliche Bedrohung nicht im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht geltend machte, zumal es hier zwei mündliche Verhandlungstermine gab. Sowohl am 31.03.2017 als auch am 15.06.2018 wurde dem Antragsteller vor dem Bundesverwaltungsgericht ausreichend Gelegenheit gegeben, seine Fluchtgründe bzw. Rückkehrbefürchtungen umfassend darzulegen, doch wurde eine drohende Gefährdung aufgrund etwaigen Aktivitäten auf Instagram mit keinem Wort erwähnt. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass der angebliche Drohanruf zwei Wochen nach dem zweiten Verhandlungstermin vor dem Bundesverwaltungsgericht stattgefunden habe, was dann etwa Ende Juni/Anfang Juli 2018 gewesen sein müsste, hätte der Antragsteller noch ausreichend Zeit gehabt, diese behauptete plötzlich Neuerung dem Bundesverwaltungsgericht mitzuteilen, immerhin erging das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes erst am 30.10.2018. Zu ergänzen ist diesbezüglich auch, dass der Antragsteller in Deutschland offenbar erzählte, dass die Probleme rund um seine Social-Media-Aktivitäten bereits in Afghanistan bestanden hätten und Grund seiner Flucht gewesen seien, doch habe man ihm in Österreich nicht geglaubt. Tatsächlich wurde ein derartiges Vorbringen im Vorverfahren in Österreich aber überhaupt nicht erstattet und stimmt die zeitliche Abfolge auch mit den jetzt getätigten Angaben nicht überein.

Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass das nunmehr erstattete Vorbringen auch keinen glaubhaften Kern aufweist. Wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich, scheute der Antragsteller im Laufe des Vorverfahrens nicht davor zurück, sein Fluchtvorbringen beliebig zu steigern bzw. abzuändern und zu ergänzen; vom ursprünglichen Problem der heimlichen Eheschließung über die angebliche Konversion zum Christentum, die darauffolgende plötzliche völlige Abkehr von jeglichem Glauben (Apostasie) bis hin zur vage angedeuteten Bi- bzw. Homosexualität, die dann nicht mehr aufgegriffen wurde, mussten alle Varianten eines angeblichen Fluchtgrundes des Antragstellers bzw. seiner Rückkehrbefürchtungen letztlich als unglaubwürdig gewertet werden. Es verwundert sohin nicht, dass der Antragsteller nunmehr eine weitere Variante einer Rückkehrbefürchtung in den Raum stellte, ohne dabei aber plausible und nachvollziehbare Angaben zu liefern. Daran vermag auch der Kommentar auf Instagram, der fünf Tage vor der Einvernahme vor dem BFA verfasst wurde, nichts zu ändern, zumal ein solcher Eintrag leicht und quasi anonym herzustellen ist. Eine tatsächlich glaubhafte Gefährdung des Antragstellers ergibt sich daraus jedenfalls nicht.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Antragstellers sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Verfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten, wovon sich das Bundesverwaltungsgericht durch Einsicht in das aktuelle, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrunde liegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert am 11.09.2018, sowie in die EASO Guidance Note Afghanistan vom Juni 2018 überzeugen konnte. Auch ist der Antragsteller den Länderfeststellungen nicht entgegengetreten. Dass sich seit der Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall somit verneint werden. Die Lage stellt sich diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar.

Auch wenn im Jahr 2018 vermehrt Anschläge in der Stadt Kabul stattgefunden haben, so weisen diese keine solche Intensität auf, dass eine Rückkehr nach Kabul generell eine Verletzung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) darstellt, zumal ein großer Teil der zivilen Opfer auf einzelne "high-profile" Angriffe zurückzuführen ist, die sich nicht in Wohngebieten, sondern insbesondere im Diplomaten- bzw. Regierungsviertel ereignet haben. Die Lage in der Stadt Kabul kann daher insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

Zu A):

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 18.02.2019 und am 06.03.2019 befragt und es wurde ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Mit Verfahrensanordnungen vom 25.02.2019 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das BFA, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt hat und kein Fall des Abs. 1 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Folgeantrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Die Z 2 des § 12a AsylG verlangt, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist. Aus den erläuternden Bemerkungen zum mit BGBl. 122/2009 eingefügten § 12a AsylG 2005 geht hervor, dass die Z 2 des § 12a eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Folgeantrages verlangt.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Behauptet die Partei in einem neuen Antrag (z.B. Asylantrag), dass in den für die Beurteilung ihres Begehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, so muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz für das Verfahren zukommt und an den die Prognose anknüpfen kann, dass eine andere Beurteilung des Antrages und ein anderes Verfahrensergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen (grundlegend VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch VwGH 22.11.2005, 2005/01/0626; 21.03.2006, 2006/01/0028). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, mit der Glaubwürdigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" auseinander zu setzen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 15.03.2006, 2006/17/0020).

Jedoch berechtigt nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).

§ 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.

Gegen den Antragsteller liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor.

Wie bereits oben dargestellt hat der Antragsteller das Vorliegen eines neuen asylrelevanten Sachverhaltes nicht glaubhaft gemacht. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den Antragsteller hinsichtlich der Frage der Zuerkennung von Asyl bzw. subsidiären Schutz maßgebliche Ländersituation in Afghanistan ist seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2018 im Wesentlichen gleich geblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht substantiiert behauptet.

Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).

Der vorliegende Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

Im ersten Verfahren wurde ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Artikel 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem BFA sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den Antragsteller im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden. Auch seitens des Antragstellers wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W239.2136221.2.00

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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