Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers E*****, vertreten durch Dr. Bianca Außerlechner-Walter, Rechtsanwältin in Zirl, gegen die Antragsgegnerin C*****, vertreten durch Mag. Norbert Tanzer, Rechtsanwalt in Telfs, wegen Unterhalt, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 29. November 2018, GZ 53 R 135/18v-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Telfs vom 1. Oktober 2018, GZ 1 Fam 15/18b-15, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Mit Beschluss des Erstgerichts vom 23. 7. 2018, GZ 1 Fam 15/18b-10, wurde der Antragsteller rückwirkend ab 1. 3. 2015 von seiner – zuletzt mit monatlich 365 EUR festgesetzten – Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner volljährigen Tochter (der Antragsgegnerin) enthoben. In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Antragsgegnerin innerhalb der ihr gesetzten Frist zum Enthebungsantrag nicht geäußert habe. Diesem Beschluss wurde am 13. 8. 2018 die Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung erteilt.
In der Folge brachte die Antragsgegnerin vor, keine Kenntnis vom Verfahren erlangt zu haben und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (ON 11).
Das Erstgericht bewilligte der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 1. 10. 2018 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, hob den Beschluss vom 23. 7. 2018 samt dessen Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung auf und bewilligte die Verfahrenshilfe (ON 15).
Das Rekursgericht wies den Rekurs – soweit er sich gegen die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und gegen die Bewilligung der Verfahrenshilfe richtete – zurück und hob im Übrigen den Beschluss des Erstgerichts ersatzlos auf. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Gegen den „aufhebenden“ Teil des Beschlusses erhob die Antragsgegnerin ein als „außerordentlicher Revisionsrekurs, Zulassungsvorstellung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Rekurs“ bezeichnetes Rechtsmittel.
Das Erstgericht legte dieses Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorlage widerspricht dem Gesetz.
1. Nach § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs, soweit der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist, jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.
2. Der Anspruch auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 AußStrG (RIS-Justiz RS0007110 [T32]).
3. Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitwert im Sinn des § 58 Abs 1 JN (RIS-Justiz RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist daher der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung noch strittig war (RIS-Justiz RS0122735). Maßgeblich ist daher im vorliegenden Verfahren der 36-fache Betrag des zuletzt mit 365 EUR festgesetzten monatlichen Unterhalts. Diese Summe liegt deutlich unter 30.000 EUR (365 x 36 = 13.140 EUR).
4. Da der Streitwert im Verfahren über die Aufhebung eines Unterhaltsenthebungsbeschlusses samt der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung zwingend mit demjenigen im Verfahren über den materiellen Anspruch ident ist, ist die Anfechtbarkeit auch im nunmehrigen Verfahren nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen wie im Verfahren über die Unterhaltsenthebung selbst (vgl RIS-Justiz RS0126302).
5. Das Rechtsmittel des Antragstellers wäre demnach nicht dem Obersten Gerichtshof – auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird –, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen. Dies wird das Erstgericht nachzuholen haben.
Ob das Rechtsmittel den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109516 [T10]).
Textnummer
E124642European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0100OB00025.19B.0326.000Im RIS seit
18.04.2019Zuletzt aktualisiert am
24.01.2020