TE OGH 2019/4/2 11Os11/19f

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Veröffentlicht am 02.04.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. April 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rögner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sladjan M***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 3. Dezember 2018, GZ 50 Hv 61/18z-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Schneider, des Angeklagten und dessen Verteidigerin Mag. Binder sowie der Privatbeteiligten Vojislav S***** und Milorad K***** zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch umfassten Taten unter § 148 erster Fall StGB, in der Nichtannahme der Subsumtion nach § 148 zweiter Fall StGB, demzufolge in der im Schuldspruch gebildeten Subsumtionseinheit sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sladjan M***** des Vergehens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er „in oftmals wiederholten Angriffen zwischen Sommer 2016 und Sommer 2017 in S***** und anderen Orten mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese am Vermögen schädigten, und zwar

1./ den Vojislav S***** durch die Vorspiegelung lukrativer Investitionsgelegenheiten mit hoher Rendite aus Automobilhandelsgeschäften zur Ausfolgung eines nicht mehr feststellbaren Betrages Bargeld;

2./ den Milorad K***** durch die Vorspiegelung seiner Rückzahlungsbereitschaft als Darlehensnehmer zur Ausfolgung von insgesamt 8.000 Euro Bargeld;

wobei er durch die Taten einen 5.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte und er den Betrug gewerbsmäßig beging“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, mit der eine Unterstellung des Sachverhalts (auch) unter §§ 147 Abs 3 und 148 zweiter Fall StGB angestrebt wird.

In Bezug auf die Qualifikation des § 148 zweiter Fall StGB macht die Beschwerde (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) zutreffend Feststellungsmängel geltend.

Das Erstgericht konstatierte, dass sich der Angeklagte bei mehreren Gelegenheiten von Vojislav S***** einen nicht mehr feststellbaren, zumindest aber „höheren fünfstelligen“ Betrag ausborgte, „wobei [...] nicht festgestellt werden konnte, dass er jeweils Teilbeträge von über 5.000 Euro erhielt“ (US 3). Die Tatrichter stellten weiters fest, dass der Angeklagte hinsichtlich der Täuschung der Opfer (durch Vorspiegelung seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit sowie durch die Vorgabe der Verwendung der vom Opfer S***** erlangten Beträge für „Autogeschäfte“), deren Schädigung und seiner unrechtmäßigen Bereicherung in einem „jedenfalls […] 5.000 Euro übersteigenden Betrag“ (nicht bloß vorsätzlich, sondern sogar) wissentlich agierte (US 4). Nach den Urteilsannahmen handelte der Angeklagte „darüber hinaus in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von weit mehr als drei Betrugshandlungen unrechtmäßig, zumindest über einen Zeitraum von mehreren Monaten zu bereichern und sich dadurch eine fortlaufende Einnahme [...] zu verschaffen. Dass der Angeklagte sich bei jeder Begehung über einen Betrag von über 5.000 Euro unrechtmäßig bereichern wollte, konnte nicht festgestellt werden“ (US 4).

Die Staatsanwaltschaft rügt zu Recht, dass die Annahme gewerbsmäßig schweren Betruges (hier: nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB) nicht voraussetzt, dass der Täter ausschließlich (bei jeder Tatbegehung) – (hier:) nach § 147 Abs 2 StGB – qualifizierte Betrügereien begangen hat; vielmehr ist es ausreichend, dass – im Falle des § 70 Abs 1 Z 3 StGB – insgesamt drei schwere Betrugshandlungen, zwischen denen jeweils nicht mehr als ein Jahr liegt (§ 70 Abs 3 StGB), gesetzt wurden (RIS-Justiz RS0130850 [T1]). Um nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu haften, muss die Absicht des Täters – neben Erfüllung der sonstigen subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 70 Abs 1, Abs 2 StGB – auf die wiederkehrende Begehung zwar nicht ausschließlich, aber doch auch schwerer Betrügereien gerichtet sein; die Verübung weiterer nicht schwerer Betrügereien hindert die Anwendung des zweiten Falls des § 148 StGB nicht (vgl RIS-Justiz RS0101356 [T3, T4]; Kirchbacher in WK2 StGB § 148 Rz 6; Leukauf/Steininger/Flora, StGB4 § 148 Rz 7).

Die Konstatierungen des Erstgerichts tragen daher die Subsumtion unter den ersten Strafsatz des § 148 StGB, stehen aber der Annahme gewerbsmäßig schweren Betruges (§ 148 zweiter Fall StGB) nicht entgegen.

Unter diesem Aspekt legt die Beschwerdeführerin – durch ausdrücklichen Verweis auf im Rahmen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) angeführte Verfahrensergebnisse – hinreichend deutlich dar, dass in der Hauptverhandlung vorgekommene Hinweise auf gewerbsmäßig schweren Betrug nicht durch Feststellungen geklärt wurden:

Auf die (sinngemäße) Frage der Vorsitzenden, ob er dem Opfer (S*****) vorgetäuscht habe, ein lukratives Geschäft „mit dem Autohandel“ machen zu wollen, antwortete der Angeklagte, dass er dies zuerst schon gesagt habe, „wie noch geringere Geldmengen in Frage kamen“, wobei er (auf Nachfrage) unter „geringeren Geldmengen“ Beträge von 5.000 und 6.000 Euro verstand (ON 35 S 7 f). Weiters gab der Angeklagte an, „ein- oder zweimal“ 20.000 Euro (als höchste Einzeltranchen) von S***** entgegengenommen (ON 35 S 12) und wöchentlich (über sieben oder acht Monate hindurch [ON 35 S 6, 9, 12]) bei S***** Geld „ausgeborgt“ zu haben.

Diese Aussagen deuten – wie von der Staatsanwaltschaft zutreffend aufgezeigt – darauf hin, dass der Angeklagte wiederholt jedenfalls innerhalb eines Jahres auch Beträge von jeweils über 5.000 Euro von S***** erhalten hat, was überdies eine auf die wiederkehrende Begehung von Betrügereien mit jeweils 5.000 Euro übersteigendem Schaden gerichtete Absicht indiziert.

Die aufgezeigten Feststellungsmängel erfordern die Aufhebung des Schuldspruchs in der rechtlichen Unterstellung der Taten unter § 148 erster Fall StGB (vgl RIS-Justiz RS0122008; Kirchbacher in WK² StGB § 148 Rz 10 f) sowie in der Nichtannahme der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB, sodass auf das dazu erstattete Vorbringen im Rahmen der Mängelrüge nicht mehr einzugehen ist.

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde eine Unterstellung des Sachverhalts (auch) unter die Qualifikation des § 147 Abs 3 StGB anstrebt, ist sie hingegen nicht im Recht. Denn entgegen dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) hat sich das Erstgericht in Bezug auf die Höhe der (insgesamt) geborgten Beträge sowohl mit den Angaben des Angeklagten als auch jenen des S***** auseinandergesetzt und unter formell mängelfreier Begründung dargelegt, weshalb es die Angaben des Letztgenannten (zu einem 300.000 Euro übersteigenden Schadensbetrag) für unglaubhaft erachtete (US 4 f). Die in der Nichtigkeitsbeschwerde zitierten (teilweise verkürzt wiedergegebenen und aus dem Zusammenhang gerissenen) einzelnen Passagen aus der Aussage des Angeklagten deuten im Übrigen nicht auf einen die Wertgrenze von 300.000 Euro (§ 147 Abs 3 StGB) übersteigenden Schaden hin, sodass diese – unter dem Aspekt der Schadenshöhe – auch nicht im Einzelnen erörterungsbedürftig waren.

Demnach war – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 7; RIS-Justiz RS0101342).

Textnummer

E124678

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00011.19F.0402.000

Im RIS seit

18.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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