Entscheidungsdatum
17.01.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G304 2186027-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und den fachkundigen Laienrichter Rudolf KRAVANJA als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband Steiermark, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten, vom 14.11.2017, Sozialversicherungsnummer: XXXX, betreffend die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß §§ 1 Abs. 2, 40, 41 Abs. 1, 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990, sowie § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, in der jeweils geltenden Fassung, stattgegeben.
Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 11.08.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass samt Beilagen ein.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 30.10.2017 eingeholt.
In diesem Gutachten wurde nach am 16.10.2017 durchgeführter Begutachtung der BF Folgendes ausgeführt:
"Polyarthritis mit schubhaften Gelenksschmerzen im Bereich der oberen und unteren Extremitäten. Psoriasisarthritis mit polyarthritischem Verlauf. Durch entsprechendes Schuhwerk und Schmerztherapie ist die Gehfähigkeit erhalten, keine Gehhilfe, kurze Gehstrecken können ohne Probleme zurückgelegt werden. Ein- und Austeigen ist möglich, der Transport ist ausreichend sicher möglich."
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.11.2017 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gem. §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990, idgF, abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 30.10.2017 als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden sei. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300 bis 400 Meter) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, auch unter der Verwendung der zweckmäßigsten Behelfe, ohne Unterbrechung zurückgelegt werden könne oder wenn die Verwendung des erforderlichen Behelfs die Benützung des öffentlichen Transportmittels in hohem Maß erschweren würde. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauerhafte Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels angegebenen Bedingungen auswirke. Wie dem Sachverständigengutachten jedoch zu entnehmen sei, lägen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung derzeit nicht vor.
4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei die BF unter Verweis auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen um Stattgebung der Beschwerde ersuchte.
5. Am 14.02.2018 langte die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.
6. Mit Schreiben des BVwG vom 12.03.2018, Zl. G304 2186027-1/2Z, wurde Dr. XXXX, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, ersucht, ein Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Einschätzungsverordnung zu erstellen und dieses "binnen sechs Wochen ab Begutachtung dieser Anordnung" dem BVwG zu übermitteln.
Mit weiterem Schreiben des BVwG vom 12.03.2018, Zl. G304 2186027-1/2Z, wurde die BF aufgefordert, sich am 05.04.2018, um 11:00 Uhr bei Dr. XXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.
7. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 09.04.2018 wurde nach durchgeführter Begutachtung der BF bezüglich der beantragten Zusatzeintragung keine der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegenstehende Funktionseinschränkung festgestellt. Es wurde Folgendes festgehalten:
"Die festgestellten Funktionsstörungen führen zu keiner neurologischen Einschränkung der Mobilität, so dass kürzere und längere Wegstrecken ohne Hilfsmittel und ohne Pause zumutbar sind. Das Ein- und Aussteigen und der sichere Transport im Verkehrsmittel sind bei ausreichender Funktion der oberen Extremitäten und ausreichend gegebenen Schutzreflexen ohne Gefährdung der Gesundheit gewährleistet.
Nicht berücksichtigt wird die eingeschränkte Gelenksfunktion im Rahmen einer Psoriasisarthritis, wobei diese Einschätzung im internistischen Gutachten vorgenommen werden möge."
8. Mit Schreiben des BVwG vom 19.04.2018, Zl. G304 2186027-1/4Z, wurde Dr. XXXX, Facharzt für Innere Medizin, ersucht, ein Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Einschätzungsverordnung zu erstellen und dieses "binnen sechs Wochen ab Begutachtung dieser Anordnung" dem BVwG zu übermitteln.
Mit weiterem Schreiben des BVwG vom 19.04.2018, Zl. G304 2186027-1/4Z, wurde die BF aufgefordert, sich am 25.06.2018, um 13:15 Uhr bei Dr. XXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.
9. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 28.09.2018 wurde nach durchgeführter Begutachtung der BF bezüglich der beantragten Zusatzeintragung keine der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegenstehende Funktionseinschränkung festgestellt. Es wurde Folgendes festgehalten:
"(...) Erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremität oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche Einschränkung psychischer, neurologischer und intellektueller Fähigkeiten, wie Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit und Taubblindheit: Liegen nicht vor.
Aufgrund der schweren Klinik der Erkrankung ist die Patientin derzeit nicht in der Lage ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen und eine Wegstrecke von 300 m ohne Unterbrechung zurückzulegen.
Begründung:
Es kommt immer wieder zu ausgeprägten Schmerzattacken an den unteren Extremitäten von zum Teil stichartigem Charakter. Zusätzlich ist auch dokumentiert, dass akute Schwellungszustände plötzlich auftreten können bzw. nach einem Zeitraum von 1-2 Stunden wieder verschwinden. Es besteht hier keine Diskrepanz, dass die Patientin einer regelmäßigen Arbeit nachgeht. Hier ist ein besonderes Entgegenkommen des Arbeitgebers gegeben. Eine Besserung des Zustandsbildes ist nicht zu erwarten."
10. Mit Verfügung des BVwG vom 16.11.2018, Zl. G304 2186027-1/7Z, dem Rechtsvertreter der BF zugestellt am 27.11.2018, wurde der BF die eingeholten Sachverständigengutachten vom 09.04.2018 und 28.09.2018 übermittelt und ihr zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung Stellung zu nehmen.
11. Mit Schreiben der BF vom 06.12.2018, eingelangt beim BVwG am 07.12.2018, wurde dem BVwG mitgeteilt, gegen die ihr vorgehaltenen beiden Sachverständigengutachten vom 09.04.2018 und 28.09.2018 keine Einwendungen zu erheben und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung ist nicht zumutbar" liegen vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (VwGH vom 20.03.2001, GZ 2000/11/0321).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die beiden von Amts wegen eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen Dr. XXXX, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 09.04.2018 und des Amtssachverständigen Dr. XXXX, Facharzt für Innere Medizin, vom 28.09.2018 nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf.
Im neurologisch-psychiatrischem Gutachten vom 09.04.2018 wurde keine der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegenstehende Funktionseinschränkung festgestellt und darauf hingewiesen, dass "die eingeschränkte Gelenksfunktion im Rahmen einer Psoriasisarthritis" in diesem Gutachten nicht berücksichtigt werde und eine diesbezügliche Einschätzung im internistischen Sachverständigengutachten vorgenommen werden möge.
Im eingeholten internistischen Sachverständigengutachten vom 28.09.2018 wurde eine Psoriasis-Arthritis mit Gelenksbeteiligung bzw. einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik festgestellt und ausgeführt:
"Auffallend ist bei dieser Erkrankung, dass ausgeprägte Therapieversuche durchgeführt wurden, insbesondere mit Biologica-Medikation. Es wurde eine Reihe von diesen Substanzen verordnet, ohne dass eine wesentliche Besserung eingetreten wäre. Die Patientin braucht massive Schmerzmedikation. Sie nimmt entzündungshemmende Substanzen ein. (...) Die Gesamtinvalidität ergibt sich aus interner Sicht mit 50%. (...) Erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremität oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche Einschränkung psychischer, neurologischer und intellektueller Fähigkeiten, wie Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit: liegen nicht vor.
Aufgrund der schweren Klinik der Erkrankung ist die Patientin derzeit nicht in der Lage, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen und eine Wegstrecke von 300 m ohne Unterbrechung zurückzulegen.
Begründung:
Es kommt immer wieder zu ausgeprägten Schmerzuständen an den unteren Extremitäten von zum Teil stichartigem Charakter. Zusätzlich ist auch dokumentiert, dass akute Schwellungszustände plötzlich auftreten können bzw. nach einem Zeitraum von 1-2 Stunden wieder verschwinden. Es besteht hier keine Diskrepanz, dass die Patientin einer regelmäßigen Arbeit nachgeht. Hier ist ein besonders Entgegenkommen des Arbeitgebers gegeben. Eine Besserung des Zustandsbildes ist nicht zu erwarten."
Die ausgeprägte Schmerzsymptomatik zeigt sich diesem Gutachten zufolge in immer wieder kehrenden ausgeprägten Schmerzattacken an den unteren Extremitäten von zum Teil stichartigem Charakter. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten von keiner zu erwartenden Besserung des Zustandsbildes ausgegangen.
Im internistischen Sachverständigengutachten wurde somit von einer schmerzbedingten Mobilitätseinschränkung und einer demzufolge nicht zumutbaren Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausgegangen. Da die BF in einem am 07.12.2018 beim BVwG eingelangten Schreiben der BF vom 06.12.2018 ausdrücklich auf die Erhebung von Einwendungen gegen die ihr vorgehaltenen Sachverständigengutachten verzichtet hat, wird das eingeholte internistische Sachverständigengutachten vom 28.09.2018 der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach
§ 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
Das seitens des erkennenden Gerichtes eingeholte internistische Gutachten von Dr. XXXX vom 28.09.2018, erfüllt den Anspruch der Schlüssigkeit im vollen Umfang. Das Gutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Die BF hat keine Einwendung dagegen erhoben.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass bei der BF die Voraussetzungen für die Feststellung, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, vorliegen. Es wurde mit Sachverständigengutachten vom 28.09.2018 in Zusammenhang mit der Psoriasis-Arthritis der BF eine ausgeprägte Schmerzsymptomatik mit immer wieder kehrenden ausgeprägten Schmerzattacken an den unteren Extremitäten von zum Teil stichartigem Charakter festgestellt und aufgrund dessen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht für zumutbar gehalten. Wie der Sachverständige in seinem Gutachten ausführt, ist hinsichtlich der immer wiederkehrenden Schmerzen in Zusammenhang mit der Psoriasis-Arthritis der BF von keiner Besserung des Zustandsbildes auszugehen. Es wird somit der sachverständigen Beurteilung im internistischen Gutachten vom 28.09.2018 gefolgt und wegen dauerhafter schmerzbedingter Mobilitätseinschränkung in Zusammenhang mit der Psoriasis-Arthritis der BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht für zumutbar gehalten.
Der Beschwerde wird daher spruchgemäß stattgegeben.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 28.09.2018, welches als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtet wird, geklärt.
3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2186027.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.04.2019