TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/20 L525 2214630-1

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Veröffentlicht am 20.02.2019
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Entscheidungsdatum

20.02.2019

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch

L525 2214630-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. KÖSSLER und Mag. KORNINGER über die Beschwerde von XXXX , SVNr. XXXX , gegen den mit Spruchpunkt B verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Salzburg vom 14.12.2018, nach ergangener Beschwerdevorentscheidung vom 16.1.2019, GZ: LGS SBG/2/0566/2019, nach Durchführung einer nichtöffentlichen Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des AMS Salzburg vom 14.12.2018 wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 3.12.2018 bis zum 27.1.2019 keine Notstandshilfe zustehe.

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.10.2018 wies die belangte Behörde die Beschwerde mit näherer Begründung als unbegründet ab. Zudem wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen "diesen" Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt B aus, der Beschwerdeführer habe innerhalb eines Jahres zwei Mal eine Arbeitsvereitelung begangen und damit eindeutig sein mangelndes Interesse an einer Beschäftigungsaufnahme gezeigt. § 10 AlVG sanktioniere jene Person, die die mögliche Beendigung einer Arbeitslosigkeit schuldhaft vereitle, keine ausreichenden Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachweise oder durch sein Verhalten erkennen lasse, dass sie an der Aufnahme einer Beschäftigung wenig interessiert sei. Eine aufschiebende Wirkung würde diesen aus generalpräventiver Sicht im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen und überwiege das öffentliche Interesse.

Der Beschwerdeführer beantragte bereits in der Beschwerde vom 21.12.2018 die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass die Streichung der Notstandshilfe existenzbedrohend sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

§ 13 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl I Nr. 33/2013 idgF lautet:

"Aufschiebende Wirkung

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der sofortigen Verbindlichkeit der Weisung oder mit dem Andauern des Verhaltens der Behörde für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen."

Der Bescheid der belangten Behörde vom 16.1.2019 stellt hinsichtlich des Spruchpunktes A eine Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde vom 21.12.2018 dar. Dies ergibt sich bereits aus der expliziten Bezeichnung von Spruchpunkt A als Beschwerdevorentscheidung und aus der Bezugnahme auf § 14 VwGVG und § 56 AlVG sowie aus der Begründung des Bescheides. Spruchpunkt B hingegen ist ein - von der Beschwerdevorentscheidung unabhängiger - verfahrensrechtlicher Bescheid. Damit wurde wörtlich die aufschiebende Wirkung der Beschwerde "gegen diesen Bescheid" ausgeschlossen. Nach dem Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" geht jedoch ein vom objektiven Erklärungswert abweichender Wille, den der andere Teil erkennt, vor (vgl. das Erk. des VwGH vom 21.12.2005, Zl. 2005/14/0109, mwN). Das erkennende Gericht geht somit davon aus, dass die belangte Behörde in Spruchpunkt B des Bescheides vom 16.1.2019 (also in der Beschwerdevorentscheidung) eigentlich die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid vom 14.12.2018 ausschließen wollte, zumal für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Vorlageantrages in Bezug auf eine Beschwerdevorentscheidung keine Rechtsgrundlage besteht (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 15 Abs. 2 VwGVG). Beim Ausspruch des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG handelt es sich um einen von der Hauptsache trennbaren, selbständigen Nebenanspruch. Wenngleich somit Spruchpunkt B des Bescheides der belangten Behörde vom 6.7.2016, mit dem die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid ausgeschlossen wurde, von der unter Spruchpunkt A des Bescheides im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung erfolgten Beschwerdeabweisung gegen den in der Hautsache ergangenen Ausgangsbescheid rechtlich trennbar ist, hätte es diesbezüglich einer gesonderten Rechtsmittelbelehrung bedurft, da gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig ist (vgl. dazu grundlegend den hg Beschluss vom 1.12.2016, Zl. W238 2132023-1). In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 16.1.2019 findet sich jedoch lediglich der Hinweis, dass gegen die Beschwerdevorentscheidung ein Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist.

Ebenso schadet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels nicht (vgl unter vielen das Erkenntnis vom 18.3.2013, Zl. 2011/16/0200). Gegenständlich wandte sich der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21.12.2018 bereits gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, was seitens des erkennenden Gerichtes jedoch dahingehend interpretiert wird, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag aus der Beschwerde, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, auch im Vorlageantrag weiter aufrecht hält, zumal der Beschwerdeführer weder vertreten ist, noch - soweit überblickbar - rechtskundig ist. Dass die belangte Behörde - ebenfalls rechtsirrig - die aufschiebende Wirkung gegen den Ausgangsbescheid erst mit der Beschwerdevorentscheidung ausschließt und dabei noch dazu eine falsche Rechtsmittelbelehrung erteilte, war für den Beschwerdeführer nicht erkennbar. Aus einer Gesamtschau geht das erkennende Gericht davon aus, dass der Antrag des Beschwerdeführers in der Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.12.2018 die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, sich auch auf den Spruchpunkt B der Beschwerdevorentscheidung vom 16.1.2019 richtet und die in der Beschwerde vom 21.12.2018 angeführten Gründe daher als Beschwerde gegen den mit Spruchpunkt B verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu werten ist. Die belangte Behörde sei darüber hinaus darauf hingewiesen, dass gemäß § 13 Abs. 2 letzter Satz VwGVG der Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung "tunlichst" schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen ist. Gegenständlich sind keine Gründe ersichtlich, warum dies erst nach Erlassung des Ausgangsbescheides verfügt wurde.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer regionalen Geschäftsstelle des AMS das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören. Der Tatbestand, aus dem sich die Senatszuständigkeit ableitet, stellt nur auf die bescheiderlassende Behörde und nicht etwa darauf ab, worüber sie entschieden hat. Die Regelung trägt dem Legalitätsprinzip iSd Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach der Gesetzgeber insbesondere in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung verpflichtet ist und eine Zuständigkeitsfestlegung klar und unmissverständlich sein muss. Gegenständlich ist Hauptsache die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den die aufschiebende Wirkung ausschließenden Bescheid der belangten Behörde. Auch solche Sachen sind daher im Senat zu entscheiden (vgl. dazu grundlegend das Erk. des VwGH vom 7.9.2017, Zl. Ra 2017/08/0065).

"Gefahr im Verzug" iSd § 13 Abs. 2 VwGVG bedeutet, dass den berührten öffentlichen Interessen oder den Interessen einer anderen Partei (als des Beschwerdeführers) ein derart gravierender Nachteil droht, dass die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides dringend geboten ist. Die Annahme, dass Gefahr in Verzug vorliegt, bedingt eine sachverhaltsbezogene fachliche Beurteilung durch die Behörde (Eder/Martschin/Schmid, Verwaltungsgerichte, K10 f. zu § 13 VwGVG mH auf die Erkenntnisse des VwGH vom 24.05.2002, Zl. 2002/18/0001, und vom 22.03.1988, Zl. 87/07/0108). Die Gefahr muss konkret bestehen (Hengstschläger/Leeb, AVG zu § 64 Rz 31). Das Tatbestandsmerkmal "Gefahr im Verzug" bringt zum Ausdruck, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll. Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessensabwägung vornehmen zu können, hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiters erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat. Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 AlVG (iVm § 38 leg. cit.) gegeben, deren disziplinärer Zweck weitegehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrere Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessensabwägung kann vor allen dann zu Gusten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezugs gefährdet ist. Eine maßgebliche Gefährdung der Einbringlichkeit des Überbezuges wäre nicht anzunehmen, wenn die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich machen (vgl. dazu grundlegend das Erk. des VwGH vom 11.4.2018, Zl. Ro 2017/08/0033).

Das Arbeitsmarktservice begründete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung insbesondere damit, dass die Gewährung der aufschiebenden Wirkung zwar generalpräventiven Gründen widerspreche, führte gleichzeigt aus, dass der Beschwerdeführer bereits zwei Mal im Jahr 2018 eine Arbeitsaufnahme vereitelt habe, wobei er damit sein mangelndes Interesse an einer Arbeitsaufnahme zeige.

Der Beschwerdeführer tritt dem Ausschluss in der als Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gewerteten Schriftsatz mit dem Hinweis entgegen, dass die Streichung der Notstandshilfe existenzbedrohend wäre. Nähere Angaben zu seiner finanziellen Situation unterließ der Beschwerdeführer.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer kein Vorbringen darüber erstattet, dass ihn der Vollzug des Bescheides über den Verlust unverhältnismäßig hart treffen würde. Auch ist prima facie nicht ersichtlich, dass die Beschwerde gegen die Verhängung der Sperrfrist wahrscheinlich Erfolg haben wird. Eine Abwägung der Interessen des Beschwerdeführers an der Weiterzahlung der Notstandshilfe mit den beschriebenen öffentlichen Interessen an der Wirksamkeit von Maßnahmen und an der Einbringlichkeit von Rückforderungsansprüchen ergibt ein Überwiegen der öffentlichen Interessen. Unter Berücksichtigung der im Rahmen eines Provisorialverfahrens eingeschränkten Prüfungsmaßstabes vermag das erkennende Gericht die Erwägungen der belangten Behörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Angesichts der seitens der belangten Behörde angeführten Umstände des Einzelfalles ist vom einem Überwiegen der öffentlichen Interessen auszugehen, zumal die belangte Behörde ausführte, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2018 bereits von einer Sanktion nach § 10 AlVG betroffen war, dem der Beschwerdeführer nicht entgegentritt.

Das erkennende Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass mit dem gegenständlichen Erkenntnis eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird und die Entscheidung über den ersten Spruchpunkt des bekämpften Bescheides zu einem späteren Zeitpunkt gesondert erfolgt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Interessenabwägung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2214630.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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