TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/25 W197 2205792-5

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Veröffentlicht am 25.02.2019
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Entscheidungsdatum

25.02.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W197 2205792-5/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. SAMSINGER als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1131179608-180742235, über die weitere Anhaltung von XXXX, geb. XXXX, marokkanischer Staatsangehöriger, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Im Überprüfungserkenntnis gem. § 22a BFA-VG vom 07.01.2019 ist das BVwG ausgegangen von nachstehendem Verfahrensgang, Feststellungen und Beweiswürdigung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste erstmals am 10.12.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und hielt sich für wenige Tage an einem Migrantenstützpunkt in Salzburg auf. Danach war er für die Behörden nicht mehr greifbar.

Gegen den BF wurde am 12.02.2016 ein EU- Haftbefehl wegen des Verdachtes des Verstoßes gemäß § 278b StGB erlassen. Der BF wurde in Folge am 07.07.2016 von Beamten der belgischen Justizpolizei in Brüssel festgenommen und nach Durchführung des entsprechenden Verfahrens in Vollstreckung des EU-Haftbefehls am 24.08.2016 nach Österreich überstellt.

2. Am 19.10.2016 brachte der BF in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 29.11.2016, Zl. 1131179608/161474868, mangels eingebrachten Rechtsmittels rechtskräftig abgeschlossen. Mit der Entscheidung des BFA war eine Abweisung des Asylantrages gemäß § 3 und § 8 AsylG, eine Rückkehrentscheidung nach Marokko, sowie der Ausspruch, dass die Abschiebung des BF nach Marokko zulässig sei, verbunden.

In Folge wurde über den BF in Österreich wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB vor dem LG Salzburg ein strafgerichtliches Verfahren (zu 38 Hv 62/18d) geführt. Mit Urteil des LG Salzburg vom 06.08.2018, zu 38 Hv 62/18d, wurde der BF von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung mangels Beweisen im Zweifel freigesprochen. Das Urteil erwuchs am 04.10.2018 in Rechtskraft.

3. Mit Bescheid des BFA vom 07.08.2018, Zl. 1131179608/180742235, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Schubhaft wurde zum Anordnungszeitpunkt im Anhaltezentrum Vordernberg vollzogen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 21.09.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzung vorlägen.

Die Entscheidung wurde damit begründet, dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko bestehe. Es bestehe beim BF in Anbetracht des völligen Fehlens von Barmitteln, die ihm einen Unterhalt im Bundesgebiet sichern würden, des völligen Fehlens einer Unterkunft sowie sozialer Anknüpfungspunkte, die ihm eine Unterkunft im Bundesgebiet sicherstellen könnten, und wegen des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens und wegen seiner bereits unter Beweis gestellten Tendenz, sich bei Gelegenheit nach Belgien oder in die Niederlande zu seinen Verwandten zu begeben, Fluchtgefahr und eine vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, die selbst einer gelinderen Maßnahme, wie etwa der Unterbringung in der Bundesanstalt für Rückkehrberatung in Fieberbrunn, entgegenstünden. Darüber hinaus stehe die Abschiebung des BF nach Marokko in zeitlicher Nähe. Es bestünden daher keine Bedenken, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.08.2018 die Schubhaft über den BF angeordnet habe.

5. Am 05.11.2018 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Die Behörde verfasste am selben Tag einen Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG, wonach Gründe zur Annahme bestünden, dass die Antragstellung offenbar nur deshalb erfolgt sei, um die Vollstreckung einer Abschiebung in den Herkunftsstaat durch Entlassung aus der Schubhaft und der Entziehung aus dem behördlichen Zugriff zu verhindern, zumal im Vorfeld trotz Befragung ausdrücklich kein solcher Antrag gestellt worden sei und aufgrund der Aktenlage ein Untertauchen sehr wahrscheinlich sei. Marokko gelte als ein sicherer Herkunftsstaat. Aus diesem Grund werde ein beschleunigtes Verfahren geführt werden und sei weiterhin eine zeitnahe Abschiebungsmöglichkeit in den Herkunftsstaat möglich. Nur im Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht sei ein geänderter Sachverhalt gegeben und sei die weitere Anhaltung in Schubhaft zumindest bis zum Abschluss des Verfahrens nicht mehr zulässig. Die weitere Anhaltung in Schubhaft trotz Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz als einzige Möglichkeit zur Sicherung des Verfahrenszweckes sei aufgrund der Tatsachenumstände notwendig. Für die Höchstdauer gelte § 80 Abs. 5 FPG.

6. Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018, Zahl: 1131179608 - 181054205/BMI-EAST_WEST, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem BF zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 23.11.2018 zugestellt.

Am 16.11.2018 wurde seitens des Psychiaters des Anhaltezentrums Vordernberg beim BF Suizidalität festgestellt und die Einlieferung des BF in das LKH Graz Süd verfügt. Dort wurde der BF jedoch nicht stationär aufgenommen. Es wurde eine durchgehende Videoobservanz und medikamentöse Behandlung beauftragt.

Am 19.10.2018 und 16.11.2018 wurden Verhältnismäßigkeitsprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG seitens der belangten Behörde durchgeführt und dokumentiert.

Am 20.11.2018 wurde der BF vom Anhaltezentrum Vordernberg in das Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel, verlegt, wo die Schubhaft bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt vollzogen wird.

7. Am 22.11.2018 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

Anlässlich der Aktenvorlage gab das Bundesamt eine Stellungnahme ab, in der es nach Darlegung des Sachverhaltes ausführte, dass sich die weitere Anhaltung des BF im Stande der Schubhaft - in Anbetracht der Gesamtheit der individuellen Kriterien im vorliegenden Einzelfall - zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverändert als verhältnismäßig und als ultima-ratio-Situation darstelle, da die bereits bei der Anordnung der Schubhaft festgestellten Fakten betreffend akuter Fluchtgefahr auch weiterhin vorlägen. Die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes werde bei der marokkanischen Botschaft nachhaltig und prioritär urgiert. Der BF könne gegenwärtig noch nicht abgeschoben werden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 1 FPG vorlägen (die Identität des BF habe bislang noch nicht endgültig geklärt werden können, weshalb die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes noch nicht möglich gewesen sei). In Beantwortung einer Anfrage seitens des erkennenden Gerichts an die zuständige Abteilung im BFA betreffend den Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) für den BF wurde seitens der angefragten Abteilung am 30.11.2018 mitgeteilt, dass der Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) für den BF am 01.06.2018 an die Botschaft des Königreichs Marokko übermittelt worden sei. Der Fall sei seitens der zuständige Abteilung im BFA sowohl am 30.07., 12.09.,11.10. und 13.11.2018 bei der Botschaft urgiert worden. Sobald ein Ergebnis der Überprüfung der Identität des BF von Seiten der marokkanischen Behörden bei der Botschaft eingehe, werde dieses in Form einer Verbalnote übermittelt. Nach einer solchen offiziellen Zustimmung könne sofort ein Flug für die Rückführung gebucht werden. Die Flugdaten müssen der Botschaft lediglich drei Wochen im Voraus mitgeteilt werden. Die Ausstellung des HRZ erfolge dann grundsätzlich erst einige Tage vor Abflug. Abschließend wurde noch angemerkt, dass die Marokkanische Botschaft ausdrücklich darauf hinweise, dass HRZ von Seiten der Botschaft nicht automatisch ausgestellt werden könnten, da vor allem Personen ohne offizielle Dokumente, welche ihre nationale Identität untermauern würden, nicht rasch identifiziert werden können. Personen mit vermuteter marokkanischer Staatsangehörigkeit müssten daher verpflichtend einem Identifizierungsprozess unterzogen werden. Da es sich dabei um einen sehr komplexen Prozess handele, der im Bestreben nach maximaler Fehlervermeidung bei der Identifizierung auch beträchtlichen administrativen Aufwand verursache, sei eine entsprechend lange Bearbeitungsdauer leider unvermeidlich. Seitens der angefragten Abteilung wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass bei konstruktiver Mitwirkung des BF bei der Personenfeststellung (Vorlage von Dokumenten) die Identifizierung grundsätzlich sehr rasch erfolgen könne. In Anbetracht der Tatsache, dass eine intensive Zusammenarbeit mit der marokkanischen Botschaft gepflegt werde und regelmäßig Identifizierungsergebnisse (zuletzt am 9.11.2018) übermittelt und Heimreisezertifikate ausgestellt würden, gehe das BFA davon aus, dass auch im verfahrensgegenständlichen Fall eine Beantwortung erfolgen werde.

8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.12.2018 sprach die zuständige Einzelrichterin die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG aus.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet worden sei und mit einer Abschiebung des BF insofern zu rechnen sei, als das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bereits im Juni 2018 nach Erlassung der Rückkehrentscheidung eingeleitet worden sei und von der marokkanischen Vertretungsbehörde bisher nicht mitgeteilt worden sei, dass für den BF kein Heimreisezertifikat ausgestellt werde. Die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates sei durch Umstände begründet, die aus dem Verhalten des BF selbst resultieren, da er bisher keine Dokumente vorgelegt habe, die seine Identität bescheinigen. Mit der Abschiebung des BF sei zeitnahe nach Vorliegen des Heimreisezertifikates zu rechnen, weshalb die Anordnung von Schubhaft bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen im Fall des BF grundsätzlich möglich sei. Im Fall des BF liege auch weiterhin Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG vor. Der BF habe keine familiären und keine sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit gehe der BF in Österreich nicht nach und wirke er am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates insofern nicht mit, als er keine Dokumente zur Belegung seiner Identität vorgelegt habe. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung falle daher nicht zu seinen Gunsten aus. Ebenso sei die Dauer der Schubhaft nicht als unverhältnismäßig lange anzusehen, zumal die Verzögerung der Ausstellung eines HRZ dem BF zuzurechnen sei, der bisher keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage gebracht habe. Das Bundesamt komme seiner Verpflichtung, die Schubhaft so kurz wie möglich zu halten insofern nach, als regelmäßig die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei den in Frage kommenden Vertretungsbehörden urgiert werde. Mit der Anwendung gelinderer Mittel habe aufgrund fehlender finanzieller Mittel und aufgrund des aufgezeigten Vorverhaltens des BF nicht das Auslangen gefunden werden können.

9. Mit Eingabe vom 19.12.2018 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

In einer Stellungnahme erstattete das Bundesamt nachstehendes Vorbringen:

"Mit Mandatsbescheid des BFA, Regionaldirektion Salzburg, vom 07.08.2018, Zl

1131179608/180742235, wurde über XXXX gemäß § 76 Abs. 2 Ziffer 1 FPG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.

Die vom oben genannten Fremden dagegen eingebrachte Schubhaftbeschwerde wurde mit

Erkenntnis des BVwG, GZ: G305 2205792-1/5Z, vom 21.09.2018 nach mündlicher Verhandlung

als unbegründet abgewiesen. Es wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

XXXX wird unverändert im Stande der Schubhaft angehalten, seit 20.11.2018 im PAZ Wien Hernalser Gürtel.

Seit der letzten Aktenvorlage des BFA EAST West am 22.11.2018 an den BVwG zur Entscheidung am 06.12.2018 (1. Verhältnismäßigkeitsprüfung gem. § 22a Abs 4 BFA-VG) wurden folgende relevanten Schriftstücke dem Verfahrensakt-Sicherungsmaßnahmen hinzugefügt, folgende Verfahrensschritte gesetzt bzw. folgende Ermittlungsergebnisse erzielt:

06.12.2018 Erkenntnis des BVwG, GZ: W154 2205792-2/3E: Es wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFAVG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

07.12.2018 Die vonXXXX am 06.12.2018 unterzeichnete Übernahmebestätigung des BVwG-Erkenntnisses langte hierorts ein.

08.12.2018 Der Bescheid mit der Zahl 1131179608/181054205 des BFA, EAST West, erwuchs in Rechtskraft. XXXX Antrag auf internationalen Schutz wurde gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

13.12.2018 Rechtsberatung durch VMÖ

17.12.2018 Urgenz des BFA an die Botschaft des Königreichs Marokko, in dem die besondere Dringlichkeit des Falles noch einmal dargelegt wurde und um die ehestmögliche Ausstellung eines Ersatzreisedokuments gebeten wurde.

Die weitere Anhaltung des betroffenen Fremden im Stande der Schubhaft stellt sich - in Anbetracht der Gesamtheit der individuellen Kriterien in diesem Einzelfall - nach Ansicht des BFA EAST West zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverändert als verhältnismäßig und als ultima - ratio - Situation dar, nachdem die bereits bei der Anordnung der Schubhaft festgestellten Fakten betreffend akuter Fluchtgefahr auch weiterhin vorliegen. Die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments für XXXX wird bei der marokkanischen Botschaft nachhaltig und prioritär urgiert

XXXX kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt deshalb noch nicht abgeschoben werden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 Abs. 4 Ziffer 1 FPG (Identität ist bislang noch nicht letztgültig geklärt, demzufolge die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes noch nicht möglich) vorliegen."

10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.12.2018 sprach der zuständige Einzelrichter die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG aus.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass sich keine die Annahme der Fluchtgefahr relativierenden Änderungen auf Sachverhaltsebene ergeben hätten. Das Gesamtverhalten des BF zeige unzweifelhaft, dass der Fluchtgefahrtatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 - "Umgehung oder Behinderung der Rückkehr oder Abschiebung" erfüllt sei, weil sich der BF, im Falle der Haftentlassung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu seinen zahlreichen Verwandten in Europa begeben werde, anstatt hier in Österreich auf seine geordnete Rückführung nach Marokko zu warten. In diesem Sinne sei auch die Anwendung eines gelinderen Mittels ausgeschieden. Im Hinblick auf die gesetzlich mögliche Maximaldauer erweise sich die bisherige Anhaltung jedenfalls auch als verhältnismäßig. Anzumerken sei, dass schon die bisherige Dauer der Schubhaft zum Teil vom BF zu verantworten sei- Stichwort: neuerliche Asylantragstellung unmittelbar vor der Inschubhaftnahme, weshalb die Fortsetzung der Inschubhaftnahme auszusprechen gewesen sei.

11. Mit Eingabe vom 11.01.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

Anlässlich der Aktenvorlage gab das Bundesamt nachstehende Stellungnahme ab:

"Mit Mandatsbescheid des BFA, Regionaldirektion Salzburg, vom 07.08.2018, Zl 1131179608/180742235, wurde über XXXX gemäß § 76 Abs. 2 Ziffer 1 FPG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.

Die vom oben genannten Fremden dagegen eingebrachte Schubhaftbeschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG, GZ: G305 2205792-1/5Z, vom 21.09.2018 nach mündlicher Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Es wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

XXXX wird unverändert im Stande der Schubhaft angehalten, seit 20.11.2018 im PAZ Wien Hernalser Gürtel.

Seit der letzten Aktenvorlage des BFA EAST West am 19.12.2018 an den BVwG zur Entscheidung am 27.12.2018 (2. Verhältnismäßigkeitsprüfung gem. § 22a Abs 4 BFA-VG) wurden folgende relevanten Schriftstücke dem Verfahrensakt-Sicherungsmaßnahmen hinzugefügt, folgende Verfahrensschritte gesetzt bzw. folgende Ermittlungsergebnisse erzielt:

21.12.2018 XXXX wurde vom PAZ Hernalser Gürtel ins Otto-Wagner-Spital, 1. Psych. Abt., Pav. 10/2 ausgeführt. Er wurde im Otto-Wagner-Spital stationär aufgenommen. Vom BFA wurde eine Bewachung angeordnet.

21.12.2018 Schubhaftbetreuung von 13:36 Uhr bis 14:15.

27.12.2018 Erkenntnis des BVwG, GZ: W117 2205792-3/2E: Es wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFAVG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft

maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

27.12.2018 XXXX wurde vom Otto-Wagner-Spital ins PAZ Hernalser Gürtel retour

überstellt. Der Patientenbrief des Otto-Wagner-Spitals empfahl, XXXX in einem

besonders geschützten Bereich des Anhaltezentrums unterzubringen.

02.01.2019 Die von XXXX am 27.12.2018 unterzeichnete Übernahmebestätigung des BVwG-Erkenntnisses langte hierorts ein.

07.01.2019 Schubhaftbetreuung von 14:05 bis 15:00 Uhr.

10.01.2019 Erneute Urgenz des BFA an die Botschaft des Königreichs Marokko, in dem die besondere Dringlichkeit des Falles noch einmal dargelegt wurde und um die ehestmögliche Ausstellung eines Ersatzreisedokuments gebeten wurde.

Die weitere Anhaltung des betroffenen Fremden im Stande der Schubhaft stellt sich - in Anbetracht der Gesamtheit der individuellen Kriterien in diesem Einzelfall - nach Ansicht des BFA EAST West zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverändert als verhältnismäßig und als ultima - ratio - Situation dar, nachdem die bereits bei der Anordnung der Schubhaft festgestellten Fakten betreffend akuter Fluchtgefahr auch weiterhin vorliegen.

Die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments für XXXX wird bei der marokkanischen Botschaft nachhaltig und prioritär urgiert.

XXXX kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt deshalb noch nicht abgeschoben werden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 Abs. 4 Ziffer 1 FPG (Identität ist bislang noch nicht letztgültig geklärt, demzufolge die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes noch nicht möglich) vorliegen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF hat keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität belegen. Er gibt an, marokkanischer Staatsangehöriger zu sein, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Seine Identität steht nicht fest. Es bestehen keine Zweifel darüber, dass der BF volljährig ist. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der BF reiste erstmals am 10.12.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und hielt sich für wenige Tage an einem Migrantenstützpunkt in Salzburg auf. In der Folge war er für die Behörden nicht mehr greifbar.

Am 19.10.2016 brachte der BF in Österreich einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz ein. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid des BFA vom 29.11.2016 mangels eingebrachten Rechtsmittels rechtskräftig abgeschlossen. Mit der Entscheidung des BFA war eine Abweisung des Asylantrages, eine Rückkehrentscheidung nach Marokko, sowie der Ausspruch, dass die Abschiebung des BF nach Marokko zulässig sei, verbunden.

Der BF reiste gleich zwei Tage, nachdem er seinen ersten Asylantrag stellte, über Deutschland nach Belgien, wo drei Geschwister von ihm aufhältig sind.

Gegen den BF wurde am 12.02.2016 ein EU- Haftbefehl wegen des Verdachtes des Verstoßes gemäß § 278b StGB erlassen. Der BF wurde in Folge am 07.07.2016 in Brüssel festgenommen und nach Durchführung des entsprechenden Verfahrens in Vollstreckung des EU-Haftbefehls am 24.08.2016 nach Österreich überstellt. In Folge wurde über den BF in Österreich wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB vor dem LG Salzburg ein strafgerichtliches Verfahren geführt, der BF befand sich während des Verfahrens von 25.08.2016 bis 01.06.2018 und von 18.07.2018 bis 06.08.2018 in Untersuchungshaft, zwischen 01.06.2018 und 18.07.2018 erfolgte eine Unterbringung des BF in einem Polizeianhaltezentrum. Mit Urteil des LG Salzburg vom 06.08.2018, zu 38 Hv 62/18d, wurde der BF von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung mangels Beweisen im Zweifel freigesprochen. Das Urteil erwuchs am 04.10.2018 in Rechtskraft.

Am 01.06.2018 wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (Marokko) für den BF eingeleitet.

Mit Bescheid des BFA vom 07.08.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Am 05.11.2018 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Die Behörde verfasste am selben Tag einen Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG.

Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Das BFA steht mit den Vertretungsbehörden von Marokko in Kontakt und hat am 30.07.2018, 12.09.2018, 11.10.2018, 13.11.2018, 17.12.2018 und 10.01.2019 die Veranlassung einer Ausstellung eines Heimreisezertifikats urgiert.

Der BF hat bisher keinen Reisepass vorgelegt und behindert und verzögert das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.

Der BF weist keine strafgerichtlichen Verurteilungen in Österreich auf.

Der BF verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

In Österreich leben keine Familienangehörigen und keine engen Freunde des BF. Der BF hat noch weitere neun Geschwister, die in Holland leben und er verfügt außerdem über familiären Anschluss in Spanien.

Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates scheint eine zeitnahe Außerlandesbringung des BF zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung möglich.

Die Schubhaft wurde vom Bundesverwaltungsgericht sowohl am 06.12.2018 als auch am 27.12.2018 überprüft und die Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft festgestellt.

Der BF ist haftfähig. Er wurde am 21.12.2018 im OWS stationär aufgenommen und am 27.12.2018 wieder entlassen. Laut Entlassungsbrief war der BF in einem besonders beschützten Bereich des Anhaltezentrums unterzubringen und einer engmaschigen Kontrolle zu unterziehen. Dem wurde entsprochen, da der BF in eine Sicherheitszelle verlegt worden war.

Es besteht weiterhin erhebliche Fluchtgefahr.

Am 10.01.2019 erfolgte die letzte Urgenz des BFA an die Botschaft des Königreichs Marokko, in dem die besondere Dringlichkeit des Falles noch einmal dargelegt wurde und um die ehestmögliche Ausstellung eines Ersatzreisedokuments gebeten wurde.

Seit der letzten, die Schubhaft fortsetzenden Entscheidung hat sich (auch sonst) keine für die Freilassung des BF sprechende Änderung ergeben.

Der BF wird seit 07.08.2018 in Schubhaft angehalten, die im PAZ Hernalser Gürtel vollzogen wird.

2. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 1131179608/180742235, sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zlen. G305 2205792-1, W154 2205792-2 und W117 2205792-3.

Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich, dass der BF keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 19.10.2016 wurde vollinhaltlich abgewiesen, dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018, Zahl: 1131179608 - 181054205/BMI-EAST_WEST, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem BF zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 23.11.2018 zugestellt.

Dass der BF unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ergibt sich aus seinen Angaben im Verfahren, wonach er ohne Reisedokument in Österreich eingereist ist.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF beruhen auf der im Akt des Bundesamtes einliegenden Urteilsausfertigung des Landesgerichtes Salzburg vom 06.08.2018 sowie auf der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellung zum aktuellen Vollzug der Schubhaft ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus einem aktuellen Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des BMI.

Die Feststellungen zur rechtskräftigen Abweisung des Antrags des BF auf internationalen Schutz vom 19.10.2016 und der in Rechtskraft erwachsenen Rückkehrentscheidung, sowie zur rechtskräftigen Zurückweisung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt.

Die Angaben über den Aufenthalt des BF in Österreich ergeben sich aus den Angaben im Zentralen Melderegister sowie dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zur familiären, sozialen und beruflichen Verankerung des BF in Österreich beruhen auf den Angaben des BF in den im Verwaltungsakt einliegenden Einvernahmeprotokollen und auf das Verhandlungsprotokoll des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.09.2018 im Verfahren zu G306 2189985-1/9E. Darin gibt er jeweils übereinstimmend an, dass er in Österreich über keine Familienangehörigen verfügt, er keinen Beruf ausübt und über kein Geld verfügt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines nennenswerten sozialen Netzes finden sich im Akt nicht und wurden auch vom BF keinerlei Angaben gemacht, die auf eine soziale Verankerung schließen lassen.

Dass der BF über Verwandte in Belgien und Holland verfügt, resultiert aus seinen Angaben in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 21.09.2018.

Das Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer über Verwandte in Holland und Belgien verfügt, zu Letzteren bereits nach Stellung seines ersten Asylantrages gereist war, sowie aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung des Beschwerdeführers bei Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung.

Betreffend der Haftfähigkeit wird darauf verwiesen, dass das Bundesamt dem Entlassungsbrief des BF betreffend seine Entlassung aus dem OWS am 27.12.2018 berücksichtigte, und den BF in seiner Sicherheitszelle unterbrachte (siehe Auszug aus der Anhaltedatei). Es konnten somit keine Umstände erkannt werden, aus denen sich Zweifel an der Haftfähigkeit des BF ergeben.

Die Verwaltungsbehörde hat auch mit ihrer letzten Urgenz eines Heimreisezertifikates (siehe Bericht des Bundesamtes im Zuge der Vorlage des Verwaltungsaktes vom 11.01.2018) im Zusammenhalt mit ihren bisherigen Bemühungen um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates gezeigt, dass sie "nachhaltig und prioritär" die Rückführung des BF nach Marokko betreibt und erscheint daher zum Entscheidungszeitpunkt die Erlangung eines Heimreisezertifikates sowie die zeitnahe Außerlandesbringung des BF möglich und realistisch.

Zu keinem Zeitpunkt wurde auch nur ansatzweise die (faktische) Unmöglichkeit der Abschiebung nach Marokko vorgebracht.

1.2. Der Beschwerdeführer (BF) ist seit 07.08.2018 in Schubhaft. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 06.12.2018, 27.12.2018 und 31.01.2019 wurde drei Mal entschieden, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung vehältnismäßig ist. Die Behörde legte rechtzeitig die Akten zur vierten Überprüfung vor und beantragte den Ausspruch der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft. In ihrer Stellungnahme im Sinne des Akteninhalts verwies die Behörde auf den Schubhaftbescheid und das Überprüfungserkenntnisse und führte aus, dass sich die Gründe für die Schubhaft seither nicht geändert hätten. Der BF ist aufgrund von geäußerten Selbstmordabsichten in psychologischer Betreuung und wurde in eine gesicherte Zelle verlegt. Da sich der BF kooperativ verhält, mussten keine Zwangsmaßnahmen gesetzt werden. Der BF bekam in Haft mehrfach Besuch von Bekannten, der Schubhaftbetreuung und der Rechtsberatung. Die Behörde bemühe sich weiter um die Erlangung eines HRZ und hat zuletzt am 11.02.2019 bei der marokanischen Vertretungsbehörde urgiert. Es ist nicht hervorgekommen, dass im vorliegenden Fall eine Abschiebung in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

I. Feststellungen:

1.1. Die zitierten Feststellungen der Vorentscheidungen werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben.

1.2. Der BF ist nach wie vor nicht bereit, seine wahre Identität preiszugeben. Er hat diese im gesamten Verfahren verschleiert, hat am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung nicht mitgewirkt und hat sich diesem durch Untertauchen entzogen und will nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren. Der BF ist nicht vertrauenswürdig, es besteht höchste Fluchtgefahr. Der BF ist im Hinblick auf sein Verhalten daher selbst verantwortlich für die Dauer der Schubhaft.

1.3. Die Behörde hat rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den BF eingeleitet und fortgeführt.

1.4. Der BF steht in psychologischer Betreuung, er ist haftfähig. Er wird regelmäßig von der Bekannten, der Schubhaftbetreuung und der Rechtsberatung besucht. Der BF hat bislang nicht vorgebracht, dass die Haft unverhältnismäßig wäre. Es sind darüber hinaus auch keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig ist.

1.5. Der BF ist gänzlich vertrauensunwürdig, für den Fall seiner Freilassung ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass er untertauchen und sich zu seinen Verwandten ins Ausland absetzen würde. Er will nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren und hat sich schon in der Vergangenheit mehrfach den Behörden durch Untertauchen entzogen.

1.6. Festgestellt wird, dass ein dringendes öffentliches Interesse besteht, rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältige Fremde außer Landes zu bringen.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere den ergangenen Vorerkenntnissen. Auch die Beweiswürdigung des Vorerkenntnisses wird der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt. Aufgrund des vorgelegten Aktes, des Verfahrensganges und der Beschwerde konnte daher von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wegen geklärten Sachverhalts abgesehen werden.

2.2. Aufgrund der verschleierten Identität und seines diesbezüglich unkooperativen bisherigen Verhaltens trägt der BF die alleinige Verantwortung für die Dauer der Schubhaft. Sollte er seine wahre Identität preisgeben, wäre die Erlangung eines Heimreisezertifikats hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Staaten rasch möglich.

2.3. Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass der BF in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, sich seiner Abschiebung zu entziehen. Die Behörde ist daher zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem, erheblichem Sicherungsbedarf hinsichtlich des BF ausgegangen, was die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft rechtfertigt.

2.4. Der BF ist haftfähig, die Schubhaft ist im Hinblick auf die Aussagen des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig. Der BF hat eine allfällige Unverhältnismäßigkeit auch, etwa in einer weiteren Schubhaftbeschwerde, nicht vorgebracht. Der BF hat insbesondere keine Umstände vorgebracht, dass die Dauer der Haft für ihn ein besonderes Unbill darstellen würde, solche können auch nicht festgestellt werden.

2.5. Die Behörde hat dargetan, dass sie sich im vorliegenden Fall laufend um die Erlangung eines HRZ von den marokkanischen Vertretungsbehörden bemüht und auf Grund der bisherigen guten Erfahrungen zu erwarten ist, dass ein solches auch ausgestellt wird.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.2. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

3.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

3.4. Gem. § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

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1.-die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck

der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.-eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht

vorliegt,

3.-der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13)

widersetzt, oder

4.-die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen

oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.

3.5. Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der Beschwerdeführer hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Verfahren zur Erlangung eines HRZ zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird.

3.6. Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt

B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität, öffentliche
Interessen, Schubhaft, Sicherungsbedarf, Überprüfung, Untertauchen,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W197.2205792.5.00

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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