TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/25 L517 2192866-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2019
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Entscheidungsdatum

25.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2192866-1/9E

L517 2193329-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vertreten durch Rechtsanwälte Hawel, Eypeltauer, Gigleitner, Huber& Partner,

1. gegen den Bescheid (Behindertenpass) des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX, vom 06.12.2017, OB:

XXXX, sowie

2. gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX, vom 12.12.2017, OB: XXXX,

in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird betreffend Festsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs. 1, § 42, § 45, § 54 Abs. 12, § 55 Abs. 4 und 5 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF stattgegeben und festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 70 v.H. beträgt.

B) Die Beschwerde wird betreffend Abweisung des Antrages auf

Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42, § 45, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, iVm § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen und aufgrund des ermittelten Sachverhaltes festgestellt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass iSd zitierten Bestimmungen des BBG nicht vorliegen.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

18.09.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei (bP) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (belangte Behörde bzw. bB) auf Ausstellung eines Behindertenpasses, Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass und Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO 1960 (Parkausweis)

13.11.2017 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, GdB 60 v.H., NU 11/2018, Zusatzeintragung "Der Untersuchte ist Träger von Osteosynthesematerial", Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

06.12.2017 - Schreiben der bB, Übermittlung des Behindertenpasses mit einem GdB von 60 v.H. und der Zusatzeintragung "Träger von Osteosynthesematerial", befristet bis 30.11.2018

12.12.2017 - Bescheid der bB, Abweisung des Antrages der bB auf Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

18.01.2018 - Beschwerde der bP gegen den Grad der Behinderung von 60 v. H. und die Abweisung des Antrages auf Vornahme der begehrten Zusatzeintragung

13.03.2018 - Erstellung eines unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens, GdB 70 v.H., Dauerzustand, Zusatzeintragung "Der Untersuchte ist Träger von Osteosynthesematerial", Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

16.03.2018 - Verständigung der bP vom Ergebnis der Beweisaufnahme

11.04.2018 - Stellungnahme der bP

19.04.2018 - Beschwerdevorlage am Bundesverwaltungsgericht

03.09.2018 - Aufforderung an die bP zur Befundvorlage

20.09.2018 - Befundvorlage durch die bP

09.10.2018 - Ersuchen an den Unfallchirurgen um Gutachtensergänzung

20.01.2019 - Gutachtensergänzung, keine Änderung in der Einschätzung, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist österreichische Staatsbürgerin und an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.

Am 18.09.2017 stellte die bP einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass und Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO 1960 (Parkausweis).

Das daraufhin im Auftrag der bB am 13.11.2017 nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, erstellte Gutachten eines Allgemeinmediziners stellte folgendes Ergebnis der durchgeführten Begutachtung fest:

"...

1 Zustand nach mehrfacher Wirbelkörperfraktur, Plexusschädigung linker Arm

8/2016 Motorradunfall: Fraktur 3., 4. und 5. Brustwirbel - Osteosynthese - noch nach Plexus Schädigung links deutliche Schwäche linke Hand, Gefühlsminderung ab Niveau Thorax 6 bis in die Beine, leichte Gehbehinderung, inkl. Z.n. Fraktur linkes Schlüsselbein und Schulterblatt, inkl. imperativer Stuhl und Harndrang

Pos. Nr. 02.01.03 GdB 60%

2 Einschränkung Kniegelenk

mäßige Beugeeinschränkung linkes Knie

Pos. Nr. 02.05.18 GdB 20%

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

der GdB ergibt sich aus dem führenden Leiden

bei Geringfügigkeit keine Steigerung durch das Knieleiden

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Z.n. Rippenfrakturen, Z.n. Lungenkontusion, Z.n. SAB

[X] Nachuntersuchung 11/2018 eventuell weitere Besserung durch Reha- und Therapiemaßnahmen möglich

Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:

[X] Die / Der Untersuchte ist Trägerin oder Träger von Osteosynthesematerial

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

nach Motorradunfall mit inkomplettem Querschnitt ab Höhe TH 6 besteht eine Gefühlsminderung am Ober- Unterkörper und Beine, linkes Bein ist beim Gehen leicht verzögert, keine Gehhilfe benützt, ausreichend sicher, Auto fahren geht - keine dauernde starke Gehbehinderung, keine Gehhilfe, eine Gehstrecke von 300 - 400 m ist möglich, auch mit langsamerem Tempo, eine Gehhilfe wäre zumutbar, auch einige Stufen steigen ist möglich, auch Anhalten an Haltegriffen, der ausreichend sichere Stand und Transport.

..."

Mit Schreiben der bB vom 06.12.2017 wurde der bP der bis 30.11.2018 befristete Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v. H. und der Zusatzeintragung "Träger von Osteosynthesematerial" übermittelt.

Mit Bescheid der bB vom 12.12.2017 wurde der Antrag der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" abgewiesen.

Gegen den Grad der Behinderung von 60% und die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erhob die bP in rechtsfreundlicher Vertretung am 18.01.2018 unter Vorlage von Befunden Beschwerde und führte darin aus, dass neben der mit 20 Minuten äußerst kurz bemessenen Begutachtungszeit, die schon für sich gegen eine eingehende und ausführliche Begutachtung spreche, auffalle, dass der untersuchende Arzt kein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger gewesen sei und dass die Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend dessen Krankheitsumfang und -geschichte als irrelevant abgetan worden seien. Der Gutachter sei daher weder gänzlich unparteiisch gewesen, noch sei von der belangten Behörde der Nachweis der Fachkenntnis des Gutachters geführt worden (vgl. VwGH 26.04.1995, 92/07/0159). In der Anamnese sei der Gesundheitszustand bzw. die vorliegenden Erkrankungen nur unvollständig aufgenommen worden, sodass sich schon daraus die Unvollständigkeit des Gutachtens ergebe. Im entsprechenden Gutachten seien sodann lediglich die Funktionseinschränkungen aus dem Zustand nach der (1.) mehrfachen Wirbelkörperfraktur sowie der Plexusschädigung am linken Arm und

(2.) die Einschränkung im linken Kniegelenk angeführt worden. Dabei habe der Gutachter übersehen, dass weitere erhebliche, berücksichtigungswürdige Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden. Insbesondere seien sowohl der linke Arm als auch die linke Hand durch die Schädigung der Nervenversorgung (N. Ulnaris) beinahe unbrauchbar, weiters liege das sogenannte "Horner-Syndrom" durch ein Implantat am linken Schlüsselbein vor, sodass es zu dauerhaften Schmerzen im Rücken und in der linken Hand komme, welche ebenfalls die Funktion des linken Armes erheblich beeinträchtigten. Im Übrigen bestehe eine nachhaltige Schädigung der inneren Organe durch die dauerhafte Einnahme von starken schmerzlindernden Medikamenten. Das Gutachten sei daher weder vollständig noch schlüssig, sodass es nicht geeignet gewesen sei, den maßgeblichen Sachverhalt zu erforschen. Die Feststellung im Gutachten, wonach dem Beschwerdeführer das Bewältigen einer Gehstrecke von 300 - 400 m, eventuell unter Zuhilfenahme einer Gehhilfe, zumutbar wäre, sei unrichtig. Der Beschwerdeführer leide an Schmerzen im Kniegelenk, welche auch im Gutachten festgestellt worden seien, sodass im Zusammenspiel mit den übrigen Funktionsbeeinträchtigungen diesem auch die Zurücklegung von kurzen Wegstrecken nicht zumutbar sei. Das Gutachten sei sohin widersprüchlich.

In der Folge wurde im Auftrag der bB am 13.03.2018 ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie erstellt.

Dieses weist im Wesentlichen nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

"...

Anamnese:

Lt. GA Dr. XXXX 60 %, keine Unzumutbarkeit: Z. n. WK-Fraktur, Plexusschädigung li. Arm, Einschränkung li. Knie neuer Befund zur Beschwerde: 2017-11: Z.n. bekanntem Polytrauma mit einem kompletten Querschnitt ab D6 und Plexusläsion des Plexus brachialis links an neuropathischen Schmerzen im Bereich der linken Hand und zwar im Bereich des Ulnarisversorgungsgebiet, wobei die Schmerzen auch an der Ulnarseite bis zum Ellenbogen ziehen. Der Patient hat auch Schmerzen im Bereich des Rückens vor allem bei längerer Belastung. Beschwerde richtet sich gegen den Grad der Behinderung und die Unzumutbarkeit!

Derzeitige Beschwerden:

Er ist Rechtshänder. Er beklagt heute in 1. Linie eine Funktionsminderung der linken Hand, eine massive-wie er angibt. Er zeigt einen eingeschränkten Faustschluss, wobei hier ein Fingerkuppen-Hohlhandabstand von etwa 2 QF demonstriert wird. Die übrigen Langfinger lassen sich schließen. Es besteht auch eine Rückbildung der Handmuskulatur. Die Kraft sei verschwunden. Er könne zum Beispiel auch keine Autotüre schließen mit der linken Hand. Er berichtet auch von einem chronischen Schmerz, welcher eher von den ulnaren 2 Fingern bis etwa knapp über halb des Ellbogens projiziert wird. Rückenschmerzen eben im Operationsgebiet, wobei auch die umgebenden Wirbelbereiche mit betroffen sind, hauptsächlich im Cervikalbereich. Beschreibt auch ein sensibles Defizit ab etwa Th3 nach unten, wobei die Empfindung unterschiedlich sei, reicht aber bis zu den Zehen. Er ginge kaum noch außer Haus, hier berichtet auch über ein Auslasssymptom des linken Beines, müsse, wenn er länger geht mit seiner Gattin eingehängt gehen. Er berichtet auch von einer Schwellneigung des linken Beines. Organisch werden keine Beschwerden angegeben. Er hätte auch ein Problem mit der Kontrolle bezugnehmend auf Stuhl und Harn, keine Inkontinenz aber er müsse sofort gehen, hätte auch eine erektile Dysfunktion. Er spricht auch von einem Horner-Syndrom, bei Zwischenfragen: "... wenn sie mich ausreden lassen...", Sonst keine weiteren Angaben

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Pregabalin, derzeit keine Physiotherapie, Akupunktur

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

siehe Anamnese, Vorgutachten, vorgelegter MRT-Befund der Hals-und Brustwirbelsäule vom 30. Jänner 2018-

interdisziplinäre Schmerzambulanz vom 12. 1. 2018-AKH XXXX

Nochmalige Durchsicht des Entlassungsberichtes des Rehabzentrum XXXX

Vom 1. September 2017:

als Diagnosen werden angeführt Polytrauma Myelopathie mit inkomplettem Querschnitt unterhalb Th6 Plexusparese links in Remission

Zustand nach Fraktur des 3.-5. Brustwirbels sowie Clavikulafraktur operativ saniert

Scapulafraktur links

Fraktur des Dornfortsatzes C6 bis Th4

Lungenkontusion bds.

Serienrippenfraktur rechts und links

Subarachnoidalblutungen

Knochenmarksödem des Mondbeines links

Zustand nach Motorradunfall am 11. 8. 2016

Belastungsschmerzen

Bewegungseinschränkung

Urologie Entlassungsbefund vom 9. 8. 2017:

sowohl die Blasenentlehrung als auch Stuhlentleerung betreffend besteht eine imperative Drangproblematik, mit der der Patient im Alltag sehr gut zurechtkommt, deshalb wird im Einvernehmen auf weitere Diagnostik, sowie jede Therapie verzichtet. Es besteht eine mittelgradige erektile Dysfunktion, mit PDE5 Hemmern Ist eine für den Antragsteller ausreichende Erektion möglich

Im Verlauf weitere Besserung der Plexusparese als auch der inkompletten Querschnittssymptomatik. Noch ausgeprägte neuropathische Schmerzkomponente im Ulnaris Versorgungsgebiet links Täglich morgens wird eine Stuhlentleerung durchgeführt, die Zeit vom Auftreten des Stuhlgangs bis zur unbedingten Notwendigkeit der Stuhlentleerung beträgt wenige Minuten, einmal ist eine Stuhlinkontinenz aufgetreten....

XXXX vom 8.11.2017 - neurologische Abteilung Beschreibung eines Querschnittes ab D6 und Plexusläsionen des Plexus brachialis links - ausgesprochene Allodynie der ulnaren 2 Finger links, Hypästhesie bis nach proximal zum Ellbogen. Keinerlei Angabe eines peripheren Querschnittes oder einer Gangbildveränderung

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

kommt heute mit seiner Lebensgefährtin gehend zur Untersuchung, die wenigen Schritte in der Ambulanz ohne Gehhilfe ausreichend sicher, wenngleich eine geringgradige Ataxie links vorhanden zu sein scheint, keine Dyspnoe, Sensorium erhalten

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 190,00 cm Gewicht: 135,00 kg Blutdruck: normal

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput unauffällig, Collum unauffällig Thorax symmetrisch, Cor rhythmisch

Pulmo vesikulär, Abdomen über Thoraxniveau, keine Einlagen oder Windelhosen Wirbelsäule: soweit beurteilbar mit Skoliose vor allem im thoracolumbalen Übergang, Streckstellung der BWS nach Fusionierung mit er keloidartig verbreitert dann Narbe, subjektiv eher gefühllos, kein Druckschmerz, Paravertebralmuskulatur und der Konstitution schwer beurteilbar, Kopfbeweglichkeit relativ gut, bis auf eine endlagige Bewegungseinschränkung nach links bei Rotation und Seitwärtsneigen, Kinn Jugulumabstand etwa 2/19 cm, Finger-Boden-Abstand zögerlich bis etwa 25 cm dargestellt obere Extremitäten: Inkomplette Plexusparese links, wobei die Beweglichkeit in der Schulter sich relativ gut darstellt, aktive Abduktion ab etwa 90° mühsam, dann bis etwa 120° möglich, die Innenrotation mit der linken Hand etwa bis L3, die Außenrotation bis knapp zu Hinterhauptschuppe demonstriert, recht soweit unauffällig, deutliche Atrophie des linken Unterarmes und der linken Hand vor allem im intraossären Bereich, die aktive Beweglichkeit vor allem im Handgelenk eingeschränkt, maximal zu einem Drittel zur gesunden Gegenseite, der Faustschluss ist nur mit dem Daumen und dem Mittel bis Kleinfinger möglich, wobei hier die Fingernägel nicht in der Hohlhand versteckt werden können, der Zeigefinger lässt sich bis zu einem Fingerkuppen Hohlhandabstand von etwa 2 Querfingern schließen, die Feinmotorik ist hier fehlend, subjektive Schmerzen und Gefühlsstörung gemischt an der ulnaren Unterarmkante bis zu den Fingern beschrieben, sonst äußerlich unauffällig, gerade, nicht verdreht, von normaler Form und Farbe, freie Beweglichkeit der übrigen großen Gelenke, Nacken-und Schürzengriff erhalten, Faustschluss vollständig und kräftig bei erhaltener Diadochokinese ohne Hinweise auf Wurzelkompression oder Durchblutungsstörung

untere Extremitäten: subjektive Gefühlsstörung in beiden Beinen, keine Wurzel zuordenbar, am linken Kniegelenk tastbare zarte Krepitation, sonst prinzipiell gute

Beweglichkeit der großen Gelenke ohne fassbare Arthrose über Altersnorm, sonst äußerlich unauffällig, gerade, nicht verdreht, eher primäre Ödeme der Unterschenkel bds., Laseque Zeichen negativ, kein Hinweis auf Wurzelkompression oder Durchblutungsstörung, Benützungszeichen erhalten

Status Psychicus:

Orientierung: im eigenen persönlichen Bereich, in zeitlicher, räumlicher und situativer Dimension erhalten

Antrieb: angepasst

Denken: Gedächtnisleistungen, Konzentration, Auffassungsvermögen erhalten, logische Abfolge einer Handlung kann ausreichend erfasst und entwickelt werden

emotionale Kontrolle: angemessene Reaktion auf Situationen, Herausforderungen, Belastungen, äußere Eindrücke

soziale Funktion: zwischenmenschliche Beziehungen in Familie, Freundeskreis und Alltag sind ausreichend vorhanden

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Zustand nach Fraktur des 3.-5. Brustwirbels

berücksichtigt wird die beginnende Bewegungseinschränkung und der chronische Reizzustand, wobei heute die Querschnittssymptomatik beziehungsweise die Plexusläsion separat beurteilt werden Pos.Nr. 02.01.03 GdB 50%

2 Spinale Lähmungen - Querschnittsyndrom, Plexusläsionen linker Oberarm, Inkomplette Querschnittssymptomatik linke untere Extremität

im Vordergrund wird die Problematik des linken Armes als Plexusläsionen hervorgehoben, die Restbeschwerden des linken

Beines ordnen sich eindeutig unter, damit berücksichtigt die behandelbare erektile Dysfunktion Pos.Nr. 04.03.02 GdB 50%

3 Schließmuskelschwäche geringen Grades

berücksichtigt wird in diesem Punkt der imperative Stuhldrang, wobei entsprechend dem Befund und der klinischen Situation (keinerlei Einlagen-keine Windelhosen) die Situation noch absolut kontrollierbar ist Pos.Nr. 07.04.15 GdB 10%

Gesamtgrad der Behinderung 70 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

die laufende Nummer 1 wird als führende Position herangezogen, wobei durch die erheblichen Probleme in laufende Nummer 2 mit 50 % eine doch beträchtliche Belastung im Alltag abzuleiten ist. Aus diesem Grund würde ich hier um 2 Stufen steigern. Nicht in der übrigen Position wegen Geringfügigkeit

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

keine weiteren mit Krankheitswert, Zustand nach Clavikulafraktur links und Scapulafraktur, Zustand nach Fraktur der Dornfortsätze und Lungenkontusion, Serienrippenfraktur bds. sowie Knochenmarksödem des Mondbeines links-folgend frei ausgeheilt-keine Angaben von subjektiven Beschwerden

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

einzelne Bewertung der Plexusläsionen und Wirbelkörperfraktur, Wegfall Einschränkung Kniegelenk, heute freie Beweglichkeit und keine subjektiven Beschwerden angegeben

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

durch Einzelbewertung und höhere Bewertung der Plexusläsion

[X] Dauerzustand

Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:

[X] Die / Der Untersuchte ist Trägerin oder Träger von Osteosynthesematerial

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Der Antragsteller in seiner Gehleistung nicht höhergradig eingeschränkt. Es ist ihm möglich, eine Wegstrecke über 400m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, ohne Gehhilfe zurückzulegen. Die subjektiven Auslassphänomene des linken Beines sind weder heute auffällig noch sind sie in den zahlreichen ambulanten und stationären Berichten beschrieben worden. Er benötigt keinen Gehbehelf und ist auch nicht auffällig sturzgefährdet. Es ist ihm möglich, auch höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein-und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel zu überwinden, insbesondere durch Anhalten mit der rechten, gesunden Hand. Es konnte auch keine Einschränkung der Standhaftigkeit erhoben werden. Diese insbesondere in Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdenden Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Weiters ist die Benützung von Haltegriffen und -stangen mit der rechten Hand ausrechend kräftig möglich. Es konnte überdies keine weiteren erheblichen Einschränkungen festgestellt werden, die die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel rechtfertigen würden, die berichtete Stuhlinkontinenz ist als solche nicht feststellbar und wurde auch nirgendwo beschrieben, durch ausreichende Stuhlentleerung frühmorgens und eventuelle (empfohlene) Verwendung von Einlagen ist diese Situation kontrollierbar.

...."

Mit Schreiben der bB vom 16.03.2018 wurde die bP vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. In ihrer in der Folge ergangenen Stellungnahme, eingelangt am 11.04.2018, führte die bP in rechtsfreundlicher Vertretung aus, dass sie an einer inkompletten Querschnittslähmung leide und es unter anderem aufgrund der umfangreichen Frakturen an der Wirbelsäule ab TH3 abwärts und der linken Schulter (insbesondere Verletzung des N.UInaris) zu Schmerzen komme. Sie leide aufgrund der Rückenmarkverletzung auch am sogenannten "Horner-Syndrom", sodass es zu dauerhaften Schmerzen im Rücken und in der linken Hand komme. Im Übrigen bestehe eine nachhaltige Schädigung der inneren Organe durch die dauerhafte Einnahme von starken schmerzlindernden Medikamenten. Beides sei im Sachverständigengutachten weder erwähnt noch entsprechend der Einschätzungsverordnung erörtert worden. Betreffend das "Horner-Syndrom" sei lediglich die Protokollierung erfolgt, dass der Beschwerdeführer sein Leiden bekanntgab, inhaltlich sei es zu keiner Auseinandersetzung gekommen. Im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 13.11.2017 habe dieser unter Laufnummer 1 den Zustand nach der mehrfachen Wirbelkörperfraktur mit einem Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 60% angeführt. Im gegenständlichen Gutachten werde diese lediglich mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% angeführt und diese Abweichung nicht weiter ausgeführt. Im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 13.11.2017 habe dieser eine Einschränkung im Kniegelenk festgestellt, die einen Gesamtgrad der Behinderung von 20% ausmachte. Im gegenständlichen Gutachten werde diese nicht mehr angeführt und das Fehlen nicht weiter begründet.

Nach Beschwerdevorlage wurde die bP seitens des BVwG zur Befundvorlage aufgefordert, welcher sie, am 20.09.2018 einlangend, nachkam, woraufhin die Aufforderung an den Unfallchirurgen um Gutachtensergänzung mit der Frage erging, ob die Ausführungen der bP in ihrer Beschwerde und Stellungnahme, sowie die Diagnose "Horner-Syndrom" im Arztbrief vom 01.09.2017, einen Einfluss auf die getroffenen Einschätzungen hätten.

In seiner Gutachtensergänzung vom 20.01.2019 führte der Sachverständige wie folgt aus: "Die Beschwerde, welche über den bestellten Rechtsanwalt geführt wird, wird zur Kenntnis genommen, entsprechende Einsicht wurde vorgenommen. Die Diagnosenliste wird zur Kenntnis genommen, darin ist die in der primären Beschwerde geführte Diagnose Horner-Syndrom nicht berücksichtigt worden. Es liegt ein Rehabilitationsbericht aus XXXX vor, wonach er zwischen 7. und 25.8.2017 stationär war (auch dieser Bericht wurde bereits in den Vorgutachten berücksichtigt), auch hier ist das sogenannte Horner-Syndrom nicht berücksichtigt, da es sich laut Befund um eine frühere Plexusparese links handelte, welche aber in Remission befindlich war. Alle anderen Diagnosen wurden teilweise subsummiert in den Diagnosen des Bundessozialamtes/Sozialministerium-Service berücksichtigt. Das Horner-Syndrom wurde offensichtlich laut Beschwerde fälschlicherweise angegeben, dieses war auch im Rahmen meiner Untersuchung nicht auffällig. Jedenfalls waren die Diagnosen meinerseits korrekt angegeben, die Bewertung schlüssig und nachvollziehbar. Das Horner-Syndrom ist, falls jemals vorhanden, nicht mehr feststellbar, somit den Einfluss auf die Einschätzung bzw. eine Auswirkung auf den Grad der Behinderung besteht nicht. Zudem ist das Horner-Syndrom mit ganz anderen Symptomen vergesellschaftet als die in den beschriebenen Diagnosen. Da es sich offensichtlich auch um einen Antrag für die sogenannte Unzumutbarkeit gehandelt hat, ist auch hierzu ergänzen, dass die Mobilität des Antragstellers ausreichend sicher war, trotz geringgradiger Ataxie zum Untersuchungszeitpunkt, eine Gehhilfe wurde nicht verwendet."

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister bzw. den im Akt befindlichen sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das Sachverständigengutachten des Unfallchirurgen, in Verbindung mit der Gutachtensergänzung, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Im Gutachten wurden alle relevanten von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

Im angeführten Gutachten wurde vom unfallchirurgischen Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen, schlüssig und nachvollziehbar das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung dargelegt und begründet, worin die gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten und damit einhergehend die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung bestehen. In seiner Gutachtensergänzung führte der Sachverständige abschließend sowie die Ausführungen der bP und den Befund würdigend schlüssig und nachvollziehbar aus, dass diese keine Auswirkung auf die von ihm vorgenommene Einschätzung, sowohl den Grad der Behinderung als auch die Bejahung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel betreffend, hätten. Der bP war es mit ihren Einwendungen nicht gelungen, das Gutachten zu entkräften oder die getroffenen Einschätzungen in Zweifel zu ziehen.

Nach der Rsp des VwGH (vgl. z.B. VwGH vom 11.07.2006, 2001/12/0194) kann ein mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten eines (Amts-)Sachverständigen in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten, somit auf gleicher fachlicher Ebene (durch Einholung eines Gutachtens eines Privatsachverständigen), bekämpft werden. Widersprüche zu den Erfahrungen des Lebens und zu den Denkgesetzen, sowie zu den von der sich erst herausbildenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes akzeptierten Bewertungen können aber auch ohne sachverständige Untermauerung aufgezeigt werden. Auch Hinweisen auf die Ergänzungsbedürftigkeit des Gutachtens muss nachgegangen werden.

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Aufgrund der Ausführungen der bP wurde zwar das Ermittlungsverfahren ergänzt, indem der Facharzt für Unfallchirurgie um eine Gutachtensergänzung ersucht wurde, doch kam diese, in Übereinstimmung mit seinem Gutachten zum Ergebnis, dass ein Grad der Behinderung von 70 v.H. und die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorliegen.

Das von der bP ins Treffen geführte Leiden des "Horner-Syndroms" wurde vom Sachverständigen dahingehend gewürdigt, dass es mangels Feststellbarkeit oder Auffälligkeit bei der Untersuchung sowie mangels Berücksichtigung im Rehabericht keinen Einfluss auf die getroffene Einschätzung hat.

Den weiteren Einwendungen der bP kann wie folgt entgegengetreten werden: Der Zustand nach Wirbelkörperfrakur unter der Lfd.Nr. 1 wurde im Gutachten vom 13.03.2018, wie der Sachverständige auch darlegt, im Vergleich zum Vorgutachten, in welchen eine gemeinsame Einschätzung unter der Lfd.Nr.1 und der Pos.Nr. 02.01.03 mit 60% vorgenommen wurde, separat von der Querschnittsymptomatik und Plexusläsion (unter der Lfd.Nr.2 und der Pos.Nr. 04.03.02) beurteilt und resultiert daraus die Einschätzung der beiden Funktionseinschränkungen mit jeweils 50%. Die Einschränkung des Kniegelenks, im Vorgutachten mit 20% eingeschätzt, fällt, wie im Gutachten auch dargelegt, aufgrund der freien Beweglichkeit und der fehlenden Angabe subjektiver Beschwerden, in der Einschätzung des aktuellen Gutachtens weg.

Die Einschätzungen wurden vom Sachverständigen ausführlich und nachvollziehbar dargelegt. Die Einwendungen der bP gehen daher ins Leere.

Da es der bP nicht gelungen ist, das Sachverständigengutachten zu entkräfte, wurde dieses, in Zusammenschau mit der Gutachtensergänzung, im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Laut diesem Gutachten besteht somit ein Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel liegen nicht vor.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister f

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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