TE Bvwg Beschluss 2019/2/26 I404 2183085-1

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Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

AlVG §38
AVG §38
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I404 2183085-1/6Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des AMS, XXXX vom 11.10.2017, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft über die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers in der Pensionsversicherung für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.10.2017 wurde der Bezug der Notstandshilfe von XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) für den Zeitraum von 01.01.2014 bis 31.05.2016 vom Arbeitsmarktservice XXXX (in der Folge: belangte Behörde) widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt sowie der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 26.764,83 verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in den Zeiträumen 01.01.2014 bis 22.06.2014, 27.09.2014 bis 01.04.2015, 07.04.2015 bis 17.06.2015 und vom 19.06.2015 bis 31.05.2016 zu Unrecht eine Leistung bezogen habe, da er über die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (in der Folge: SVA) in der Pensionsversicherung pflichtversichert gewesen sei.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte im Wesentlichen aus, dass sein Einkommen im Jahr 2014 €

4.807,83 betragen habe und somit unter dem geringfügigen Einkommen laut § 5 ASVG liege. In den Jahren 2015 und 2016 würde das Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze liegen, jedoch hab er dies immer offen kommuniziert, weshalb sich die Frage stelle, ob ein unrechtmäßiger Bezug überhaupt bestehe. Außerdem würde der Rückforderungsbetrag sein Einkommen übersteigen.

3. Am 17.01.2018 wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Mit Schreiben vom 21.02.2018 wurde die SVA im Wege der Amtshilfe ersucht, dem Gericht mitzuteilen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich im gesamten Jahr 2014 der Pensionsversicherung nach dem GSVG unterlag und wenn ja, auf welchen Tatbestand und welche Rechtsgrundlage sich die Versicherungspflicht stützt.

4. Am 11.04.2018 wurde seitens der SVA mitgeteilt, dass derzeit ein Erhebungsverfahren zur Abklärung der Frage der Versicherungspflicht bei der SVA anhängig sei.

5. Auf Nachfrage des BVwG wurde seitens der SVA zuletzt am 15.01.2019 mitgeteilt, dass das Erhebungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei und durch ein laufendes Verfahren beim Finanzamt betreffend Einkommensteuerbescheide erschwert werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer hat gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 11.10.2017, mit welchem der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum von 01.01.2014 bis 31.05.2016 widerrufen wurde sowie der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe verpflichtet wurde, Beschwerde erhoben. Begründet wurde der Widerruf mit dem Bestehen einer Versicherungspflicht nach dem GSVG.

1.2. Zur Klärung der Frage, ob im Zeitraum von 01.01.2014 bis 31.12.2014 eine Versicherungspflicht des Beschwerdeführers in der Pensionsversicherung bestand, ist derzeit ein Verfahren beim zuständigen Versicherungsträger anhängig.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zuständigkeit und anwendbares Recht

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes-oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet und führt der Vorsitzende eines Senats das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 2008 BlgNR 24. GP, S. 4) bedeutet dies, dass der Senatsvorsitzende "insbesondere die Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung, gegebenenfalls über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und über die Gewährung eines Verfahrenshilfeverteidigers" ohne Senatsbeschluss erlassen darf. Auch ein Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG unterliegt somit nach Ansicht der erkennenden Richterin der Einzelrichterzuständigkeit.

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Die relevanten Bestimmungen des AlVG lauten wie folgt:

§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer

1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und

3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.

...

(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:

a) wer in einem Dienstverhältnis steht

b) wer selbständig erwerbstätig ist

...

§ 24 (1)...

(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Ist die fehlerhafte Zuerkennung oder Bemessung auf ein Versehen der Behörde zurückzuführen, so ist der Widerruf oder die Berichtigung nach Ablauf von fünf Jahren nicht mehr zulässig.

§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.

Allgemeine Bestimmungen

§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Zuerkennung der Notstandshilfe widerrufen sowie den Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Nostandshilfe verpflichtet. Voraussetzung für einen Widerruf ist gemäß § 24 Abs. 2 AlVG, dass die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe gesetzlich nicht begründet war.

Arbeitslos ist gemäß § 12 Abs. 1 AlVG, wer eine Erwerbstätigkeit beendet hat, nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt und keine neue oder weitere Erwerbstätigkeit ausübt.

Ob der Beschwerdeführer im Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 pflichtversichert in der Pensionsversicherung war, stellt eine Vorfrage dar und bildet derzeit den Gegenstand eines bei der SVA anhängigen Verfahrens im Sinne des § 38 AVG.

Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens über die Vorfrage steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren zu unterbrechen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen. § 38 AVG regelt nun nicht im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen die Behörde die Vorfrage selbst zu beurteilen hat oder von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens Gebrauch machen kann. Sie ist aber deswegen nicht völlig ungebunden. Ihre Entscheidung kann nämlich in der Richtung hin auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden, ob sie diese Entscheidung im Sinne des Gesetzes getroffen hat. Die Überlegungen, von denen sie sich dabei leiten lassen muss, werden vornehmlich solche der Verfahrensökonomie sein (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 38 Rz 59 f genannten weiteren Kriterien der möglichsten Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis, der Erzielung möglichst richtiger und einheitlicher Entscheidungen samt Vermeidung von Wiederaufnahmen; demgegenüber das Postulat der möglichst raschen Beendigung des Verfahrens). Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren zur selbstständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage gewesen wäre (Hinweis E vom 30. Mai 2001, 2001/11/0121, mwN, und E vom 19. Dezember 2012, 2012/08/0212).

Die Beurteilung der Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung wäre ohne Durchführung eines aufwendigen Ermittlungsverfahrens jedenfalls nicht möglich, weshalb daher im Sinne der Raschheit und Einfachheit die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens bis zum Abschluss des im Spruch genannten Verwaltungsverfahrens zur Feststellung der Versicherungspflicht des Beschwerdeführers zu beschließen war.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 38 AVG Gebrauch.

Schlagworte

Aussetzung, Versicherungspflicht, Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I404.2183085.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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