TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/12 G311 2209836-1

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Veröffentlicht am 12.03.2019
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Entscheidungsdatum

12.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z7

Spruch

G311 2209836-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen die Spruchpunkte IV. und V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2018, Zahl: XXXX, betreffend Einreiseverbot sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, zu Recht:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides

wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Oberösterreich, der Beschwerdeführerin am 17.10.2018 persönlich übergeben, wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen sie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Zuge einer Kontrolle durch Polizeibeamte am 16.10.2018 bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten worden sei. Sie habe in einem Glücksspiellokal als Kellnerin illegale Aktivitäten durchgeführt. Die Beschwerdeführerin sei allein zur Ausübung dieser illegalen Beschäftigung in das Bundesgebiet eingereist und verfüge über keine Aufenthaltsberechtigung. Die familiären Bindungen der Beschwerdeführerin würden sich ausschließlich in Serbien befinden. Im Schengen-Raum habe sie weder familiäre noch private Bezüge. Der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin befinde sich in Serbien und könne sie auch dort einer Beschäftigung nachgehen. Diese Umstände würden auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung rechtfertigen, da von der Beschwerdeführerin eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe. Die Beschwerdeführerin sei in keiner Weise gewillt, die österreichische Rechtsordnung zu akzeptieren und hätten sich keine Gründe ergeben, die gegen eine sofortige Umsetzung des "Einreiseverbotes" spreche.

Die Beschwerdeführerin wurde am 18.10.2018 auf dem Luftweg aus dem Bundesgebiet nach Serbien abgeschoben.

Mit dem mit 14.11.2018 datierten und am selben Tag bei der belangten Behörde per E-Mail einlangenden Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin durch ihre bevollmächtigte Rechtsvertretung das Rechtsmittel der Beschwerde ausschließlich gegen das im Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gegen die Beschwerdeführerin erlassene Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren sowie die mit Spruchpunkt V. erfolgte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Bescheid im Umfang der Spruchpunkte IV. (Einreiseverbot) und V. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) beheben; in eventu die Dauer des Einreiseverbotes verkürzen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid beweiswürdigende Erwägungen vermissen lasse. Weiters erweise sich die Befragung der Beschwerdeführerin als mangelhaft, weil sie nur zu Angehörigen in Österreich, jedoch nicht im Schengen-Raum befragt worden sei. Die Beschwerdeführerin verfüge tatsächlich über Familienangehörige in den Niederlanden, Deutschland sowie auch in Österreich. Die Dauer des Einreiseverbotes sei unverhältnismäßig. Die Verhinderung von Schwarzarbeit stelle zweifellos ein öffentliches Interesse dar, jedoch seien allgemeine Erwägungen ohne Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes der Beschwerdeführerin für die Erlassung eines Einreiseverbotes nicht ausreichend, zumal sich die Beschwerdeführerin selbst durch die Verrichtung von Schwarzarbeit nicht strafbar gemacht habe. Die Beschwerdeführerin sei strafgerichtlich und verwaltungsrechtlich unbescholten und habe an ihrer Abschiebung mitgewirkt. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei festzuhalten, dass nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein Vorrang der freiwilligen Ausreise vor der zwangsweisen Außerlandesbringung bestehe. Der EuGH habe im Urteil vom 11.06.2015, C-554/13, Rechtssache Zh. und O., zur Auslegung des Begriffes der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSd Art. 7 Abs. 4 der Rückführungs-Richtlinie festgehalten, dass etwa die bloße Tatsache einer strafgerichtlichen Verurteilung für sich genommen nicht geeignet sei, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung zu begründen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei im vorliegenden Fall zu Unrecht erfolgt.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 21.11.2018 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Serbien und somit Drittstaatsangehörige gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG (vgl aktenkundige Kopie des Reisepasses, AS 13).

Die Beschwerdeführerin hielt sich von 29.04.2018 bis 12.07.2018 sowie von 18.07.2018 bis zu ihrer Betretung am 16.10.2018 im Schengen-Raum bzw. dem Bundesgebiet auf. Sie befand sich damit mehr als 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen im Bundesgebiet bzw. Schengen-Raum (vgl Einreisestempel im Reisepass, AS 13f; Ausdruck aus dem Short-Stay Visa Calculator, AS 11).

Die Beschwerdeführerin wurde unstrittig am 16.10.2018 um 16:30 Uhr im Bundesgebiet von Polizeibeamten bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung in einem Lokal betreten (vgl Bericht der LPD XXXX vom 16.10.2018, AS 1 ff; Angaben der Beschwerdeführerin, Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.10.2018, AS 74 sowie in der Beschwerde, AS 148).

Die Beschwerdeführerin hielt sich zum Betretungszeitpunkt bereits seit etwa zwei oder drei Wochen in diesem Lokal auf und hat dort teilweise auch übernachtet. Ihre Aufgabe war das Ein- und Ausschalten der dort aufgestellten vier Glücksspielautomaten, die Auszahlung allfälliger Gewinne sowie die Leerung der Automaten. Ob die Beschwerdeführerin zusätzlich geputzt oder gekellnert hat, konnte nicht abschließend festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin erhielt dafür einen Stundenlohn von EUR 10,00 in bar, welcher von einem etwa fünfzehnjährigen Kind alle zwei Wochen an die Beschwerdeführerin ausbezahlt wurde (vgl Zeugenaussage, Niederschrift der Finanzpolizei vom 16.10.2018, AS 31 ff; Einvernahme der Beschwerdeführerin durch die Finanzpolizei am 16.10.2018, AS 17 ff; Angaben der Beschwerdeführerin, Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.10.2018, AS 76).

Die Beschwerdeführerin reiste ihren eigenen Angaben nach ausschließlich zur Ausübung einer illegalen Erwerbstätigkeit in das Bundesgebiet ein. Ihre Absicht war in Österreich Geld zu verdienen und dieses dann an ihre Kinder in Serbien zu schicken (vgl Angaben der Beschwerdeführerin, Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.10.2018, AS 74).

Die Beschwerdeführerin verfügte weder in Österreich noch in einem sonstigen Mitgliedsstaat der Europäischen Union über einen Aufenthaltstitel (vgl Angaben der Beschwerdeführerin, Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.10.2018, AS 74; Auszug aus dem Fremdenregister vom 21.11.2018).

Die Beschwerdeführerin verfügt im Bundesgebiet lediglich über eine einzige Meldung eines Hauptwohnsitzes im Zeitraum 28.05.2018 bis 27.07.2018. Von 27.07.2018 bis zum Zeitpunkt ihrer Betretung durch die Finanzpolizei war die Beschwerdeführerin nicht mit einem Wohnsitz im Bundesgebiet gemeldet (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 21.11.2018).

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (vgl Auszug aus dem Strafregister vom 21.11.2018).

Die Beschwerdeführerin hat in Serbien sieben Jahre eine Grundschule besucht. Sie ist gesund, geschieden und hat drei Kinder. Die Kinder der Beschwerdeführerin, ihre Schwester und ihr Schwager leben in Serbien, wo auch die Beschwerdeführerin bisher ihren Lebensmittelpunkt hatte und dort auch berufstätig gewesen ist. Die Beschwerdeführerin hat kaum Deutschkenntnisse (vgl Angaben der Beschwerdeführerin, Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.10.2018, AS 75).

Die Beschwerdeführerin verfügt ihren Angaben in der Beschwerde nach über Familienangehörige in den Niederlanden, Deutschland und in Österreich. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, um welche und wie viele Angehörige es sich dabei handeln soll und in welcher Beziehung die Beschwerdeführerin zu diesen steht. Maßgebliche private Bezüge zu Österreich oder dem Schengen-Raum liegen nicht vor.

Am Tag der Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.10.2018 verfügte die Beschwerdeführerin über EUR 400,00 in bar (vgl Angaben der Beschwerdeführerin, Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.10.2018, AS 76).

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der Beschwerdeführerin in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführerin wurde am 18.10.2018 auf dem Luftweg aus dem Bundesgebiet nach Serbien abgeschoben (vgl Abschiebebericht vom 18.10.2018, AS 135).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Aktenkundig ist darüber hinaus eine Kopie des serbischen Reisepasses der Beschwerdeführerin, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel entstanden sind.

Das Bundesverwaltungsgericht holte einen Zentralmelderegisterauszug, einen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister, einen Auszug aus dem Schengener Informationssystem sowie des Strafregisters des Beschwerdeführers ein.

Im Rahmen ihrer Einvernahme vor der Finanzpolizei am 16.10.2018 gab die Beschwerdeführerin an, alle zwei Wochen ihren "Lohn" in Höhe von EUR 10,00/Stunde von einem etwa fünfzehnjährigen Kind übergeben zu bekommen. Damit widerspricht sie einerseits sich selbst, wenn sie ausführte, erst seit sieben bis zehn Tagen in dem Lokal gearbeitet zu haben und bisher noch keine Bezahlung erhalten zu haben und auch dem von der Finanzpolizei am selben Tag einvernommenen Gast des Lokals als Zeugen. Bezüglich der Ausgestaltung der Tätigkeit, nämlich, dass die Beschwerdeführerin nicht nur als Kellnerin oder Putzfrau gearbeitet hat, sondern sich um den Betrieb der Spielautomaten sowie die Gewinnauszahlung und die Entleerung der Automaten gekümmert hat (und dies schon seit zwei bis drei Wochen) berücksichtigt das erkennende Gericht eben diese Zeugenaussage, da der Zeuge schon seit drei Monaten in diesem Lokal gespielt hat und kein Grund ersichtlich ist, weshalb der Zeuge nicht glaubwürdig sein sollte. Dem gegenüber beantwortete die Beschwerdeführerin die Fragen der Finanzpolizei zum überwiegenden Teil mit "Weiß ich nicht" und erweckt dies, in Zusammenschau mit den Angaben des Zeugen, den Eindruck, dass die Beschwerdeführerin ganz bewusst die ihr gestellten Fragen nicht beantwortete.

Dass die Beschwerdeführerin EUR 10,00 als Stundenlohn erhalten hat und sie zwei bis drei Tage im Lokal übernachtet hat, hat sie selbst sowohl in ihrer Einvernahme durch die Finanzpolizei am 16.10.2017 als auch vor dem Bundesamt am 17.10.2018 angegeben, sodass diese Angaben den Feststellungen zugrunde gelegt wurden.

Die Beschwerdeführerin verfügt ihren Angaben in der Beschwerde nach über Familienangehörige in den Niederlanden, Deutschland und in Österreich. Mangels eines diesbezüglichen substanziierten Vorbringens konnte jedoch nicht festgestellt werden, um welche und wie viele Angehörige es sich dabei handeln soll und in welcher Beziehung die Beschwerdeführerin zu diesen steht.

Maßgebliche private Bezüge zu Österreich oder dem Schengen-Raum wurden zu keiner Zeit vorgebracht.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben vor der Finanzpolizei, dem Bundesamt und in der Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu den Spruchpunkten I. bis III. des angefochtenen Bescheides:

Im gegenständlichen Fall wurde ausschließlich und ausdrücklich gegen das im angefochtenen Bescheid in Spruchpunkt IV. erlassene Einreiseverbot sowie gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Spruchpunkt V. Beschwerde erhoben. Damit erwuchsen die Spruchpunkte I. bis III. in Rechtskraft.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot):

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG in der Fassung des Fremdenrechts-Änderungsgesetzes 2018 (FrÄG 2018), BGBl. I Nr. 56/2018, lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG in der Fassung FrÄG 2018, BGBl. I Nr. 56/2018, lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Im konkreten Fall ergibt sich daraus:

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Fremde mit dem ihm zur Last gelegten Fehlverhalten selbst nicht strafbar (vgl. § 28 AuslBG) gemacht hat (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Die Z 1 bis 9 in § 53 Abs. 2 FPG stellen einen Katalog dar, der demonstrativ Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (VwGH vom 15.12.2011, Zl. 2011/21/0237; vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/21/0026).

Zunächst ist festzuhalten, dass sich das Bundesamt bei der Begründung des angeordneten Einreiseverbots auf die Betretung der Beschwerdeführerin bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung gestützt hat. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, sondern gab sie im Gegenteil sogar an, dass der ursprüngliche Zweck der Einreise in das Bundesgebiet die Ausübung einer illegalen Beschäftigung gewesen sei.

So hat der VwGH bereits wiederholt festgehalten, dass Schwarzarbeit einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstelle (vgl. VwGH 04.09.1992, 92/18/0350) und ein großes Interesse an der Verhinderung derselben bestünde (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047). Letztlich führte der VwGH - unter Bezug auf seine eigene Judikatur - erst kürzlich wieder aus, dass die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziere, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährde, wobei diese Gefährdungsannahme beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt sei (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Das Bundesamt ist daher zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG ausgegangen.

Die aus Serbien stammende Beschwerdeführerin hat sich weiters - mangels Beschwerdeerhebung gegen die Spruchpunkte I. bis III. - unstrittig und rechtskräftig einen erheblichen Zeitraum rechtswidrig im Bundesgebiet aufgehalten und keinen Versuch unternommen, ihren Aufenthalt und in weiterer Folge ihre illegale Beschäftigung zu legalisieren. Sie hat darüber hinaus - wohl im Bewusstsein der wesentlichen Überschreitung ihrer sichtvermerkfreien Aufenthaltsdauer und der Ausübung ihrer illegalen Beschäftigung - ab 27.07.2018 bis zu ihrer Betretung am 16.10.2018 keine Wohnsitzmeldung mehr durchgeführt und damit auch eine erhebliche Meldepflichtverletzung begangen. Aufgrund der gewählten Vorgangsweise der Beschwerdeführerin ist daher diesbezüglich von vorsätzlichem Handeln auszugehen. Ihr Verhalten zeigt, dass sie mit beträchtlicher krimineller Energie ausgestattet ist.

Insgesamt war daher bei der Verhängung des gegenständlichen Einreiseverbotes zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin zuletzt mehrere Monate ohne maßgebliche Meldung im Bundesgebiet, die visumfreie Aufenthaltsdauer überschreitend und somit unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, sie offenbar keinerlei Bemühungen unternommen hat, ihren Aufenthalt im Inland und die von ihr ausgeübte Beschäftigung zu legalisieren und ihren Lebensunterhalt durch die Ausübung von Schwarzarbeit ohne entsprechende arbeitsmarktbehördliche Bewilligung finanzierte.

Die genannten Umstände rechtfertigten deshalb nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FrPolG 2005, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FrPolG 2005, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 MRK angesprochen wird (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Die Beschwerdeführerin hat zu Österreich und im Schengen-Raum (Niederlande und Deutschland) nicht näher feststellbare familiäre Bindungen und keine maßgeblichen persönlichen/privaten Bindungen. Sie ist in Österreich bisher keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und wurde im Gegenteil bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten. Die Beschwerdeführerin verfügt weiters über keine maßgeblichen Zeiten einer Wohnsitzmeldung in Österreich und über keine Aufenthaltsberechtigung (auch nicht in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union). Sie verfügt kaum über Deutschkenntnisse und kann von einer maßgeblichen sozialen oder gesellschaftlichen Integration nicht ausgegangen werden. Ein wesentliches privates Interesse an der Einreise in den Schengen-Raum kann daher nicht erblickt werden und wurde auch nicht vorgebracht, zumal ihre gesamten Angehörigen ihrer Kernfamilie, darunter auch ihre drei Kinder, ihre Schwester und ihr Schwager, nach wie vor in Serbien leben und die Beschwerdeführer bis dato auch in Serbien berufstätig gewesen ist und eigenen Angaben nach dort auch wieder eine Beschäftigung aufnehmen wird können. Der familiäre und private Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin befindet sich nach wie vor in Serbien.

Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl VwGH vom 31.08.2006, 2006/21/0140), welches - ebenso wie das öffentliche Interesse eines geregelten Arbeitsmarktes - durch das Verhalten der Beschwerdeführerin erheblich beeinträchtigt wurde. Die von der Beschwerdeführerin dargestellten persönlichen Interessen haben kein solches Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.

Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführerin und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des Gesamtfehlverhaltens der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihren unrechtmäßigen Aufenthalt und die Ausübung einer illegalen Erwerbstätigkeit, letzterem der Vorrang einzuräumen, zumal die Beschwerdeführerin in Serbien sozial verankert ist. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Die Beschwerdeführerin zeigte sich nach ihrer Betretung einsichtig und leugnete weder die Ausübung einer illegalen Beschäftigung noch den eigentlichen Zweck ihrer Einreise (nämlich den der Ausübung einer illegalen Beschäftigung). Die Beschwerdeführerin hat weiters keine Einwände gegen ihre Abschiebung erhoben und sich dieser auch nicht wiedersetzt und ist sonst strafgerichtlich unbescholten. Die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von fünf Jahren erscheint daher nicht geboten. Es konnte daher mit einer Befristung von achtzehn Monaten das Auslangen gefunden werden.

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist (Z 1), der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist (Z 2) oder Fluchtgefahr besteht (Z 3).

Die Beschwerdeführerin bekämpft in ihrer Beschwerde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die, gegen sie erlassene, Rückkehrentscheidung durch das Bundesamt gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG mit der Begründung, dass nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein Vorrang der freiwilligen Ausreise vor der zwangsweisen Außerlandesbringung bestehe. So habe der EuGH in seinem Urteil vom 11.06.2015, C-554/2013, Rs Zh. und O. gegen die Niederlande, zur Auslegung des Begriffs "Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" iSd Art. 7 Abs. 4 der Rückführungs-RL festgehalten, dass etwa die bloße Tatsache einer strafgerichtlichen Verurteilung für sich genommen nicht geeignet sei, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung zu begründen. Gerade im vorliegenden Fall, wo die Beschwerdeführerin unbescholten sei und sich durch die Ausübung einer unerlaubten Beschäftigung selbst nicht verwaltungsstrafrechtlich strafbar gemacht habe, sei umso weniger anzunehmen, dass Gründe vorliegen würden, die eine sofortige Ausreise der Beschwerdeführerin gemäß Art. 7 Abs. 4 Rückführungs-RL erforderlich gemacht hätten.

Dazu ist im konkreten Fall folgendes auszuführen:

§ 18 Abs. 2 FPG bezieht sich ausdrücklich auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Die Beschwerdeführerin hat die Rückkehrentscheidung sowie die Feststellung der Zulässigkeit ihrer Abschiebung nach Serbien unangefochten gelassen, weshalb diese in Rechtskraft erwachsen sind. Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kam daher schon aus diesem Grund nicht in Betracht.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit eines Einreiseverbots sowie zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK ab, noch fehlt es dazu an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen somit keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Einreiseverbot, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G311.2209836.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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