Entscheidungsdatum
14.03.2019Norm
AlVG §10Spruch
W228 2214082-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter POPPENBERGER sowie Franz KOSKARTI als Beisitzer in der Beschwerdesache von Herrn XXXX , SVNR: XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG in Verbindung mit § 9 VwGVG mangels hinreichender Begründung abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit nicht rechtskräftigem Bescheid des Arbeitsmarktservice Mödling vom 17.10.2018 wurde ausgesprochen, dass XXXX die Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit ab 21.09.2018 eingestellt werde. Die gegenständliche Sanktion - Nichtbewerbung als Friedhofsarbeiter bei der Friedhofsgärtnerei XXXX - sei die Dritte gem. §10 AlVG innerhalb eines Jahres. Daher werde der Leistungsbezug gem. § 9 AlVG eingestellt.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.10.2018, beim AMS am 29.10.2018 eingelangt, fristgerecht Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass die ersten beiden Sanktionen beim Bundesverwaltungsgericht noch anhängig sind. Er bestreitet die Arbeitsunwilligkeit. Im Übrigen sieht der Beschwerdeführer den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung mit Verweis auf den Beschluss W255 2207200-1/3E als unzulässig an.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Arbeitsmarktservice Mödling vom 03.01.2019 wurde die Beschwerde abgewiesen sowie weiters ausgesprochen, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen werde. Begründend wurde ausgeführt, dass beim Beschwerdeführer Langzeitarbeitslosigkeit sowie mehrere Ausschlussfristen vorliegen. Das Vergessen der Bewerbung im gegenständlichen Fall der Friedhofsgärtnerei sei kein triftiger Grund zur Rechtfertigung der Nichtbewerbung. Daher liege Arbeitsunwilligkeit vor.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.01.2019, beim AMS am 18.01.2019 eingelangt, fristgerecht einen Vorlageantrag erhoben. Die Begründung führt aus, dass er das gegenständliche Vergessen zutiefst bedauere, dies jedoch nur eine Sperre von 6 Wochen rechtfertige und lasse sich daraus keine Arbeitsunwilligkeit ableiten. Aus seiner Sicht seien die anderen beiden Sanktionen nicht gerechtfertigt. Die aufschiebende Wirkung werde mit der Begründung "Gefahr im Verzug" ausgeschlossen und ergebe sich aus Mutmaßungen betreff seines Kontostandes.
Der Akt langte am 05.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Am 06.02.2019 wurde das AMS zu folgender Stellungnahme aufgefordert:
"Zwecks baldigen Abspruchs über den Antrag auf aufschiebende Wirkung, wird um eine Aufstellung ersucht, aus der sich die derzeit in den Verfahren W255 2207200-2 ( XXXX ) und W164 2207684-1 ( XXXX ) streitverfangenen Beträge, die der BF vorläufig vom AMS ausgezahlt bekommen hat, ergeben. Die Zuordnung der Beträge zum jeweiligen Verfahren mögen einzeln erfolgen und nicht als Gesamtbetrag für beide Verfahren."
Das AMS replizierte mit Schreiben vom 11.02.2019, dass bezüglich W164 2207684-1 zwei vorläufige Auszahlungen zu € 580,52 und € 479,56 erfolgten, bezüglich W255 2207200-2 eine vorläufige Auszahlung zu €
1.413,44.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Parteiengehör vom 12.02.2019 die Replik des AMS zur Kenntnis gebracht und erfolgte bis dato keine Äußerung
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Aufgrund der beiden Verfahren W255 2207200-2 sowie W164 2207684-1 betreffend die beiden früheren Sanktionen nach § 10 AlVG, welche noch beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sind, ergibt sich ein bis dahin strittiger Betrag von € 2.473,52, der seitens des AMS vorläufig ausbezahlt wurde.
Wirtschaftliche, finanzielle oder rechtliche Nachteile konnten nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergibt sich aus dem Schriftverkehr mit dem AMS.
Mangels Behauptung des Beschwerdeführers bezüglich wirtschaftlicher, finanzieller oder rechtlicher Nachteile konnten diese auch nicht festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS Mödling.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer regionalen Geschäftsstelle des AMS das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören. Der Tatbestand, aus dem sich die Senatszuständigkeit ableitet, stellt nur auf die bescheiderlassende Behörde und nicht etwa darauf ab, worüber sie entschieden hat. Die Regelung trägt dem Legalitätsprinzip iSd Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach der Gesetzgeber insbesondere in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung verpflichtet ist und eine Zuständigkeitsfestlegung klar und unmissverständlich sein muss (vgl. das VwGH Erkenntnis vom 24. Oktober 2016, Ra 2016/02/0159). Gegenständlich ist Sache die Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung ausschließenden Bescheid vom 30.04.2018.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
Gemäß §13 Abs. 5 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Rechtsmitteln gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 64 Abs. 2 AVG hat die Rechtsmittelinstanz zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gegeben waren (VwGH 29.09.2005, 2005/11/0123; 28.06.2001, 99/11/0243).
Die zuständige Behörde hat eine Interessenabwägung durchzuführen und darzulegen, worin die Gefahr im Verzug besteht, die einen vorzeitigen Vollzug des Bescheides dringend gebietet (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). In der Interessenabwägung sind die Interessen des Beschwerdeführer gegen die berührten öffentlichen Interessen und allfälliger weitere Parteien abzuwägen, wobei in einem ersten Schritt festzustellen ist, welche Interessen überwiegen.
Im gegenständlichen Fall begründete das Arbeitsmarktservice den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung damit, dass die aufschiebende Wirkung aus generalpräventiven Gründen den im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen würde. Insgesamt diene dieses Vorgehen dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Außerdem sei der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung spezialpräventiv, um die Langzeitarbeitslosigkeit des Beschwerdeführers zu beenden. Außerdem werde auf den disziplinierenden Zweck verwiesen.
Der Beschwerdeführer ist in seiner Beschwerde und seinem Vorlageantrag gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung diesem Vorhalt nicht substantiiert entgegengetreten. Er verwies lediglich auf eine andere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, in dem es jedoch um eine Sanktion nach § 10 AlVG ging. Außerdem verweist der Beschwerdeführer darauf, dass das AMS Mutmaßungen über seinen Kontostand tätige. Den Beschwerdeführer trifft hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils allerdings eine Konkretisierungspflicht (VwGH 14.2.2014, Ro 2014/02/0053). Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer in seinen Beschwerdeausführungen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch nicht nachgekommen, da er keine Nachweise über liquide Mittel vorgelegt hat und somit sein Vorbringen bezüglich Kontostand nicht substantiiert hat. Auch der Höhe der offenen, strittigen Beträge ist er nicht entgegengetreten. Auf das Parteiengehör reagierte er nicht und verletzte die Verfahrensförderungspflicht nach § 39 Abs. 3 AVG.
Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt somit entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben ab. Der Aufschiebungsantrag enthält diesbezüglich keinerlei Angaben. In der Beschwerde und dem Nachtrag wird nicht einmal ansatzweise dargelegt, worin seine - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - konkreten Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht liegen, die ihm in einem solchen Ausmaß drohen, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit iSd § 30 Abs. 2 VwGG übersteigen (VwGH 03.06.2011, AW 2011/10/0016).
Gemäß ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antragsteller in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers wird das erkennende Verwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl. zB. VwGH 11.03.1996, AW 96/17/0071; 27.06.1996, AW 96/17/0028, 10.08.2011, AW/2011/17/0028).
Vorliegend führt der Beschwerdeführer nicht näher aus, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für ihn mit der Durchsetzbarkeit des Bescheides verbunden wären, damit die erforderliche Abwägung gegenüber den - laut VwGH Erkenntnis vom 11.04.2018, Zl. Ro 2017/08/0033, unstrittig bestehenden - Interessen der Öffentlichkeit am Sanktionszweck des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung in der Arbeitslosenversicherung, vorgenommen hätte werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch nur über konkrete wirtschaftliche, finanzielle oder rechtliche Nachteile, nicht aber über andere Begründungen des Beschwerdeführers zu erkennen. Der Beschwerdeführer hat über allgemeine Ausführungen, hinsichtlich Mutmaßungen über seinen Kontostand nichts vorgebracht oder belegt.
Fister/Fuchs/Sachs in Rz 8 gehen aufgrund des klaren Wortlautes des § 13 Abs. 5 letzter Satz VwGVG "ohne weiteres Verfahren" davon aus, dass keine Möglichkeit für Sachverhaltsfeststellungen seitens des Bundesverwaltungsgerichtes besteht. Daher erübrigen sich Erhebungen über die durch das AMS vorgelegten Dokumente hinaus.
An diesem Ergebnis ändert auch die Grobprüfung der Erfolgschancen der Beschwerde durch den erkennenden Senat nichts, da die gegenständliche Sanktion nicht bestritten wurde.
Da das Bundesverwaltungsgericht somit keine Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Nachteil oder eine erfolgreiche Führung des Beschwerdeverfahrens für den Beschwerdeführer zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt erkennen kann, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid abzuweisen.
Angemerkt wird, dass mit der gegenständlichen Entscheidung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird und der erkennende Senat durch die gegenständliche Entscheidung und die vorgenommene Grobprüfung sich im Hauptverfahren in keine Richtung gebunden sieht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Der Senat konnte sich neben den zuvor genannten VwGH Entscheidungen auch auf die Entscheidung vom 07.09.2017, Zl. Ra 2017/08/0065, stützen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, KonkretisierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W228.2214082.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.04.2019