TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/13 98/08/0338

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Veröffentlicht am 13.04.1999
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §49 Abs3 Z1 idF 1989/660;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der P AG in W, vertreten durch die Rechtsanwälte Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 21. September 1998, Zl. GS8-7952/1-1998, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Dr.-Karl-Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nahm bei der Beschwerdeführerin eine Beitragsprüfung für den Zeitraum vom 1. Jänner 1992 bis 31. Oktober 1995 vor. Die Beschwerdeführerin leistete die von der Gebietskrankenkasse errechneten nachzuzahlenden Beiträge unter Vorbehalt. Sie beantragte mit Schreiben vom 1. September 1997 die Ausstellung eines Bescheides hinsichtlich der dem Grunde nach strittigen Beitragspflicht bezüglich der Nebengebühren "Fahrradpauschale" und "KFZ-Aufwandsentschädigung Landzustelldienst".

Mit Bescheid vom 10. November 1997 sprach daraufhin die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass die im Rahmen einer Gesamtnachforderung von S 2,333.776,72 geltend gemachte Nachforderung an Sozialversicherungsbeiträgen und Nebenbeiträgen im Ausmaß von S 319.591,76 zu Recht bestehe. In der Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin zahle ihren Bediensteten im Landzustelldienst, die ihren eigenen Personenkraftwagen bei der Dienstverrichtung benützten, eine Aufwandsentschädigung in Form eines Kilometergeldes, das die den Bundesbediensteten zustehenden Sätze überschreite. Die Beschwerdeführerin habe diese Aufwandsentschädigungen zur Gänze in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht beitragsfrei und bis zu den den Bundesbediensteten gebührenden Sätze steuerfrei abgerechnet. Es seien aber die über den den Bundesbediensteten zustehenden Sätzen liegenden Kilometergelder der Beitragspflicht zu unterwerfen. Daraus ergebe sich eine Nachforderung von S 160.494,28.

Die Beschwerdeführerin gewähre ihren Bediensteten, die im Dienst das eigene Fahrrad benützen, ein Fahrradpauschale ohne konkrete Nachweise des Aufwandes und ohne Rücksicht auf urlaubs- oder krankheitsbedingte Ausfallstage. Dieses monatlich bezahlte Pauschale von S 100,-- werde zur Gänze lohnsteuerpflichtig, aber zur Gänze beitragsfrei abgerechnet. Dieses Fahrradpauschale sei jedoch als ein der Beitragspflicht unterliegender Entgeltbestandteil zu werten. Durch den Fortbezug im Urlaubs- bzw. Krankheitsfall fehle das charakteristische Merkmal einer Aufwandsentschädigung im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG und könnten mangels entsprechender Aufzeichnungen (z.B. Fahrtenbücher) über die anlässlich einer Dienstreise mit dem Fahrrad zurückgelegten Wegstrecken über einen konkreten Anspruch auf Aufwandsentschädigung (Kilometergeld) keine Feststellungen getroffen werden.

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch. Darin führte sie aus, die Landzusteller beförderten mit ihrem PKW die gesamte von ihnen zuzustellende Post, sowohl Briefsendungen als auch Pakete. Die Beförderung dieser Sendungen im PKW sei zum Teil nur auf den vorhandenen Sitzen möglich, wodurch vor allem aufgrund der Paketbeförderung eine überdurchschnittliche Abnützung eintrete. Der Zustellvorgang bedinge das Zurücklegen von außergewöhnlich kurzen Fahrtstrecken zwischen den einzelnen Abgabestellen, sodass dadurch eine Überbeanspruchung des Motors, insbesondere der Kupplung und der Bremsen, entstehe. Eine Abgeltung der durch diese besondere Abnützung verursachten erhöhten Kosten könne mit dem amtlichen Kilometergeld nicht erfolgen.

Durch das Fahrradpauschale werde dem Bediensteten, der sein Privatfahrrad für dienstliche Zwecke zur Verfügung stelle, der Mehraufwand, der durch die raschere Abnutzung des Fahrrades bei dienstlicher Verwendung durch die Beförderung der zuzustellenden Briefsendungen entstehe, abgegolten. Durch das Fahrradpauschale würden die erhöhte Abnutzung des Fahrrades bzw. die Kosten für vermehrt erforderliche Fahrradreparaturen, bedingt durch die dienstliche Verwendung bei jeder Witterung, abgegolten und nicht allfällige Kilometersätze im Sinne der Reisegebührenvorschrift.

In der Stellungnahme vom 25. Mai 1998 führte die Beschwerdeführerin zum Fahrradpauschale ergänzend aus, dass von den in Betracht kommenden Bediensteten zwar keine Fahrtenbücher oder sonstige Aufzeichnungen geführt würden, jedoch die mit dem Fahrrad zurückgelegten Wegstrecken jederzeit anhand der jeweiligen Gangordnung in Verbindung mit der Diensteinteilung (Dienstplan) belegt werden könnten.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid mit der Maßgabe, dass der Spruch der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nach der Betragsangabe S 319.591,76 wie folgt zu ergänzen sei: "betreffend die die Fahrtkostenvergütung (Kilometergelder) der Bundesbediensteten übersteigende Aufwandsentschädigung für den Einsatz privater PKW im Landzustelldienst sowie die Aufwandsentschädigung für die dauernde Benützung eines eigenen Fahrrades im Dienst (Fahrradpauschale) im Zeitraum 1. Jänner 1992 bis 31. Oktober 1995".

In der Begründung führte die belangte Behörde nach kurzer Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, dass nach § 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG Fahrtkostenvergütungen soweit nicht als sozialversicherungspflichtiges Entgelt anzusehen seien, als diese nach § 26 EStG 1988 nicht der Einkommensteuer (Lohnsteuer)-Pflicht unterlägen. § 26 Z. 4 lit. a EStG 1988 sehe vor, dass als Kilometergeld höchstens die den Bundesbediensteten zustehenden Sätze zu berücksichtigen seien. Dies gelte sowohl bei der Privatnutzung von PKW's als auch von Fahrrädern für dienstliche (vom Dienstgeber veranlasste) Fahrten. § 26 Z. 4 letzter Satz EStG 1988 sehe überdies ausdrücklich vor, dass die die genannten Grenzen übersteigenden Beträge steuerpflichtiger Arbeitslohn seien. Im Hinblick auf § 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG seien diese Beträge daher auch sozialversicherungspflichtiges Entgelt. Ein allfälliger durch entsprechende Unterlagen untermauerter Ersatz der tatsächlichen Aufwendungen durch den Dienstgeber, der im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG nicht als beitragspflichtiges Entgelt anzusehen wäre, sei nicht vorgebracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin meint, § 49 Abs. 3 Z. 1 zweiter Teilsatz ASVG begrenze den Fahrtkostenersatz lediglich in jenen Fällen, in denen keine genaue Aufwandsprüfung stattzufinden habe. Ein über den Betrag des amtlichen Kilometergeldes hinausgehender tatsächlicher Aufwand sei gemäß dem ersten Teilsatz dieser Bestimmung aber dann zu ersetzen, wenn dem Aufwandersatz ein tatsächlicher Aufwand gegenüberstehe.

Dem kann nicht gefolgt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem, die Beschwerdeführerin betreffenden Erkenntnis vom 16. Februar 1999, Zl. 96/08/0172, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu § 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG in der auch hier anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 660/1989 ausgeführt, dass es - anders als in der zuvor geltenden Fassung des BGBl. Nr. 749/1988 - nicht mehr auf den tatsächlichen Aufwand des Dienstnehmers ankommt, sondern die Beitragsfreiheit der Auslagenersätze nur soweit gewährt wird, als hiefür auch die Befreiung von der Lohnsteuer besteht. Der von der Beschwerdeführerin ihren Bediensteten darüber hinaus gewährte Auslagenersatz wurde daher auch in diesem Beschwerdefall zu Recht von der belangten Behörde nicht als beitragsfrei, weil nicht lohnsteuerbefreit, angesehen.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf eine Literaturstelle zum § 16 EStG 1988, wonach Fahrtkosten im Sinne des EStG 1988 entweder in Höhe des amtlichen Kilometergeldes oder in der tatsächlichen Höhe als Werbungskosten geltend gemacht werden können, führten zu keiner anderen Betrachtungsweise.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenbegehren der nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bezüglich des Schriftsatzaufwandes war gemäß § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997, der schon aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen auch auf den im § 49 Abs. 1 erster Satz VwGG genannten Fall des § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG zu

beziehen ist, abzuweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1998, Zl. 96/08/0304).

Wien, am 13. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998080338.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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