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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art132 Abs3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/05/0004 Ra 2019/05/0003Rechtssatz
Stattgebung - Einwendungen gegen ein Bauvorhaben - Die Revisionswerber führen in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus, dass im Falle ihres Obsiegens bis zu einem allenfalls exekutiven Abbruch des dann baukonsenswidrig errichteten Bauwerkes Jahre vergehen könnten. Hier ist es nun von Bedeutung, dass zwar davon auszugehen ist, dass die Behörden den gesetzlichen Zustand herstellen werden, dass es aber der Nachbar nach der Bauordnung für Wien nicht in der Hand hat, selbst tätig zu werden und den Abbruch, gegebenenfalls im Wege einer Säumnisbeschwerde (Art. 132 Abs 3 B-VG), auch beizeiten durchzusetzen. Zwar räumt § 1a Abs. 2 VVG in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 dem Berechtigten (hier: dem Nachbarn, vgl. dazu VwGH 20.11.2018, Ra 2017/05/0300) nunmehr ein Antragsrecht als betreibendem Gläubiger auf die Vollstreckung ein. Dies ändert aber nichts daran, dass die Vollstreckung eines Titels bedarf. Andere Bauordnungen gewähren den Nachbarn das Recht, ihre Nachbarrechte auch im baupolizeilichen Auftragsverfahren zu verfolgen und die Schaffung eines solchen Titels gegebenenfalls durchzusetzen (vgl. insbesondere § 6 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 35 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der Fassung Nr. 53/2018; § 41 Abs. 6 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 in der Fassung Nr. 117/2016; § 34 Abs. 3 Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62 in der Fassung Nr. 85/2013; ferner auch § 7 Abs. 5 in Verbindung mit § 16 Salzburger Baupolizeigesetz 1997, LGBl. Nr. 40/1997 in der Fassung Nr. 96/2017). Beim derzeit gegebenen Stand der Rechtsordnung fällt es daher bei der hier konkret vorzunehmenden Interessenabwägung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG vor dem Hintergrund des Vorbringens der Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ins Gewicht, dass die Umsetzung des subjektiv-öffentlichen Rechts der Revisionswerber im Fall ihres Obsiegens jedenfalls in zeitlicher Hinsicht weiterhin ungewiss bleibt. Solange die revisionswerbenden Nachbarn im Falle ihres Obsiegens nicht die Möglichkeit haben, einen Vollstreckungstitel zu erwirken, den sie dann nach § 1a Abs. 2 VVG auch vollstrecken lassen können, erscheint die faktische Effizienz der Revision vor dem Hintergrund der Neuregelung des § 1a Abs. 2 VVG nicht in ausreichendem Maß gesichert. Gerade angesichts dessen, dass der Nachbar vor dem Verwaltungsgerichtshof subjektive Rechte verfolgt, kann es nicht mehr ausreichen, ihn bei der subjektiven Verfolgbarkeit dieser Rechte in Bezug auf die Umsetzbarkeit derselben ins Tatsächliche auf die Amtspflicht der Behörde bzw. die Judikatur der ordentlichen Gerichte zum Missbrauch der Amtsgewalt oder auf das Einschreiten der Volksanwaltschaft (vgl. zu all dem Hauer, Der Nachbar im Baurecht6, 536) zu verweisen. Unter diesen Umständen vermag auch das Interesse des Bauwerbers an einer Umsetzung des Bauvorhabens bereits während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof nichts daran zu ändern, dass in einem Fall nach der Bauordnung für Wien, wie dem vorliegenden, die Interessenabwägung zugunsten der Nachbarn auszufallen hat.
Schlagworte
InteressenabwägungBesondere Rechtsgebiete BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050002.L03Im RIS seit
17.04.2019Zuletzt aktualisiert am
19.04.2019