TE Vwgh Beschluss 1999/4/14 99/04/0004

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Veröffentlicht am 14.04.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
58/01 Bergrecht;

Norm

AVG §8;
BergG 1975 §146 Abs6;
BergG 1975 §146 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, in der Beschwerdesache der Marktgemeinde S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. November 1998, Zl. 63.220/120-VII/A/4/98, betreffend Betriebsbewilligung gemäß § 146 Abs. 3 Berggesetz (mitbeteiligte Partei: S Verwertungsgesellschaft mbH), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. November 1998 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Berghauptmannschaft Wien vom 2. Juli 1998, betreffend Herstellungsbewilligung für eine Trafostation, eine Nassaufbereitungsanlage und eine Brückenwaage mit Bürocontainer auf einem näher bezeichneten Standort als unbegründet abgewiesen. Hiezu wurde u.a. ausgeführt, die Erstbehörde habe aufgrund des Ansuchens der mitbeteiligten Partei um Erteilung der Betriebsbewilligung für die genannten Anlagen eine mündliche Verhandlung in Verbindung mit einem Augenschein durchgeführt, an der u.a. die Beschwerdeführerin teilgenommen habe. Die Beschwerdeführerin habe in dieser Verhandlung vorgebracht, sie erhebe Einwendungen als Partei gemäß § 146 Abs. 6 Berggesetz (als Eigentümerin von angrenzenden Grundstücken) sowie als Vertreterin der öffentlichen Interessen gemäß § 146 Abs. 7 Berggesetz. Die verfahrensgegenständlichen Anlagen würden ihrer Auffassung nach einen Teil einer Anlage zum Abbau und zur Aufbereitung von Kies darstellen. Die drei betroffenen Liegenschaften befänden sich außerhalb der raumordnungs- und widmungsrechtlich für eine derartige Nutzung vorgesehenen und bewilligten Liegenschaften. Da gleichzeitig die Zuständigkeit der Berghauptmannschaft für das gegenständliche Verfahren - aus näher dargelegten Gründen - bestritten werde, wären eine oder mehrere Bewilligungen der Bau- und der Gewerbebehörde anzustreben. Einen wesentlichen Punkt stelle weiters die wesentliche Erhöhung des Schwerverkehrsaufkommens und die Steigerung der Staubbelastung dar, wodurch die Umweltbelastung erhöht und die Infrastruktur der Gemeinde sowie der Lebensraum der Gemeindebürger und deren Lebensqualität deutlich beeinträchtigt werde. Die Bewilligung der gegenständlichen Anlagen bringe durch den damit verbundenen zu- und abfahrenden Lkw-Verkehr durch das Wohngebiet der Beschwerdeführerin eine enorme Belastung der ohnehin durch die bisherigen Emissionen beeinträchtigten Umwelt mit sich, welche im Rahmen des Umweltschutzes und der Gesundheitspolitik durch entsprechende Auflagen hintangehalten werden müssten. Dennoch habe die Behörde weder eine Beurteilung der Mehremissionen durch die Anlage noch eine Regelung in Form von Auflagenerteilungen vorgenommen. In mangelnder Berücksichtigung der öffentlichen Interessen, auf welche gemäß § 146 Abs. 3 Berggesetz Bedacht zu nehmen sei, habe es die Behörde unterlassen, die örtliche Gesundheitspolizei zuzuziehen, obwohl der Betrieb der Anlage und das damit verbundene Schwerverkehrsaufkommen eine Gefährdung der Gesundheit der Gemeindebürger darstelle. Aus näher dargelegten Gründen werde eine Neudurchführung der Staubemissionsmessungen beantragt. Die Schlämmbecken seien in keiner Weise abgesichert, sie stellten eine lebensgefährliche Gefahrenquelle dar; es werde eine Einzäunung und die Anbringung entsprechender Warnschilder beantragt. Schließlich habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass der Kiesabbau sowie die Kiesaufbereitung die Gesundheit der Gemeindebürger gefährde und daher u.a. die örtliche Gesundheitspolizei betreffe, des weiteren vor allem aber auch unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes und der örtlichen Raumplanung nicht den rechtlichen Voraussetzungen entspreche und daher die öffentlichen Interessen wie im § 146 Abs. 7 Berggesetz beschrieben und gefordert, umfassend betroffen seien.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 18. Dezember 1998, B 2344/98, abgelehnt hatte, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im "Recht auf Teilnahme am Verfahren als Partei mit öffentlichem Interesse und auf Berücksichtigung dieser öffentlichen Interessen sowie als Eigentümerin der angrenzenden Grundstücke und auf Berücksichtigung der daraus resultierenden Interessen im Verfahren verletzt, sowie in ihrem Recht auf Klärung von Vorfragen des Verfahrens, dem Recht auf Ermessensgebrauch im Sinne des Gesetzes und dem Recht auf Verfahrensabhandlung durch die zuständige Behörde".

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest die Möglichkeit bestehen muss, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 10. Februar 1998, Zl. 97/04/0224, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Gemäß § 146 Abs. 1 Berggesetz sind zur Herstellung (Errichtung) und zum Betrieb (zur Benützung) von obertägigen Bergbauanlagen, ferner von Zwecken des Bergbaues dienenden Stollen, Schächten, Bohrungen ab 100 m Tiefe und Sonden, sowie von untertägigen Bergbauanlagen, soweit diese wegen ihrer Ausstattung mit Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise oder sonst geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit von Arbeitnehmern zu gefährden, sowie bei wesentlichen Änderungen an derartigen Bergbauanlagen Bewilligungen der Berghauptmannschaft einzuholen.

Die Bewilligungen sind gemäß § 146 Abs. 3 leg. cit., erforderlichenfalls unter Festsetzung von geeigneten Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu erteilen, wenn im konkreten Fall nach dem Stand der Technik (§ 134 Abs. 3) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen, keine Gefährdung von den Bewilligungswerbern nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern (Abs. 5) zu erwarten sind und weiters beim Betrieb der Bergbauanlage keine Abfälle entstehen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar oder nicht verwertbar sind. Soweit eine Vermeidung oder Verwertung der Abfälle wirtschaftlich zu vertreten ist, muss gewährleistet sein, dass die entstehenden Abfälle ordnungsgemäß entsorgt werden. Bestehen Zweifel hinsichtlich der Erfüllung von Auflagen, ist die Leistung einer angemessenen Sicherstellung zu verlangen. Auf öffentliche Interessen (Abs. 7) ist Bedacht zu nehmen. Wenn es sich um Aufbereitungs-, Veredelungs- oder Weiterverarbeitungsanlagen mit Emissionsquellen handelt, sind die davon ausgehenden Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik (§ 134 Abs. 3) zu begrenzen und haben die Auflagen auch Maßnahmen betreffend Störfälle zu umfassen.

Parteien in den Bewilligungsverfahren sind gemäß § 146 Abs. 6 Berggesetz der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, auf deren Oberfläche oder in deren oberflächennahen Bereich die Bergbauanlage errichtet oder betrieben wird, die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke und ferner alle dinglich berechtigten und sonstigen sich nicht nur vorübergehend in der Nähe der Bergbauanlage aufhaltenden Personen, wenn ihr Leben oder ihre Gesundheit oder ihre dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet oder sie unzumutbar belästigt werden und sie spätestens bei der mündlichen Verhandlung nach Abs. 2 Einwendungen gegen die Bergbauanlage aus diesen Gründen erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Weisen solche Personen nach, dass sie ohne ihr Verschulden daran gehindert werden, die Parteistellung zu erlangen, so dürfen sie ihre Einwendungen auch nach Abschluss der mündlichen Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei jener Berghauptmannschaft einzubringen, welche die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser Berghauptmannschaft oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden. Als Parteien sind auch Bergbau- und Gewerbeberechtigte anzusehen, soweit sie durch die Bergbauanlage in der Ausübung der Bergbauberechtigungen oder beim Schürfen nach sonstigen mineralischen Rohstoffen oder bei deren Gewinnung behindert werden können.

Gemäß § 146 Abs. 7 Berggesetz sind vor Erteilung der Bewilligung, soweit hiedurch öffentliche Interessen berührt werden, die zu ihrer Wahrnehmung berufenen Verwaltungsbehörden zu hören. Dies gilt besonders in den Fällen des § 172 Abs. 4 und, soweit es sich um obertägige Bergbauanlagen handelt, für die den Gemeinden zur Vollziehung zukommenden Angelegenheiten der örtlichen Gesundheitspolizei, vor allem aus dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes und der örtlichen Raumplanung.

Was zunächst die Parteistellung der Beschwerdeführerin nach § 146 Abs. 6 leg. cit. anlangt, so nehmen nach dieser Bestimmung nur jene Eigentümer der angrenzenden Grundstücke als Parteien am Bewilligungsverfahren teil, die rechtzeitig rechtserhebliche Einwendungen gegen die Bergbauanlage erhoben haben (vgl. nochmals den zitierten hg. Beschluss vom 10. Februar 1998 und die hier zitierte Vorjudikatur).

Ausgehend davon, dass eine Einwendung im Sinne des § 146 Abs. 6 Berggesetz nur dann vorliegt, wenn der Beteiligte (Eigentümer des angrenzenden Grundstückes) die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht, eine persönliche Gefährdung von Leben oder Gesundheit in Ansehung einer juristischen Person aber ebenso wenig in Betracht kommt wie eine unzumutbare Belästigung, ist weiters nur eine solche Einwendung einer juristischen Person rechtserheblich und geeignet, dieser Parteistellung zu vermitteln, die die Gefährdung ihrer dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen geltend macht. Einem auf die Gefährdung oder die Belästigung Dritter abgestellten Vorbringen kommt die Qualifikation einer Einwendung im Sinne des § 146 Abs. 6 Berggesetz von vornherein nicht zu (vgl. nochmals den zitierten hg. Beschluss vom 10. Februar 1998 und die hier zitierte Vorjudikatur).

Gemessen an dieser Rechtslage kommt dem - oben wiedergegebenen und in der Beschwerde auch nicht bestrittenen - Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung die Qualifikation einer Einwendung im Sinne des § 146 Abs. 6 Berggesetz nicht zu. Diesem Vorbringen ist nämlich nicht zu entnehmen, dass dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassene Sachen der Beschwerdeführerin durch den Betrieb der Bergbauanlagen gefährdet würden, sondern vielmehr, dass dadurch Dritte gefährdet bzw. unzumutbar belästigt würden. Dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, der Beschwerdeführerin Parteistellung im gegenständlichen Bewilligungsverfahren zu vermitteln.

Der beschwerdeführenden Gemeinde kommt Parteistellung aber auch nicht im Grunde des § 146 Abs. 7 Berggesetz zu. Nach dieser Bestimmung ist die Gemeinde zum Schutz der hier genannten öffentlichen Interessen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches (lediglich) zu hören. Daraus kann aber keineswegs abgeleitet werden, dass der Gemeinde Parteistellung zukäme; diese Bestimmung schließt eine solche Annahme vielmehr aus (vgl. nochmals den zitierten Beschluss vom 10. Februar 1998 und die hier zitierte Vorjudikatur).

Kam der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung aber nicht zu, so konnte sie durch die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Abweisung ihrer Berufung im diesbezüglichen Recht auch nicht verletzt werden.

Da der Beschwerdeführerin somit die Möglichkeit einer Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes fehlt, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 14. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999040004.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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