TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/17 405-6/64/1/29-2018

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Veröffentlicht am 17.01.2018
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Entscheidungsdatum

17.01.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §113 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Dr. Peter Brauhart über die Beschwerde der AA GmbH & Co KG, AB, Salzburg, vertreten durch Rechtsanwälte AD, AH, AF AG, gegen den Bescheid der Allgemeine Berufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 22.12.2016, Zahl XXXXX,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1.     Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde, die Allgemeine Berufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg, der Berufung der AA GmbH & Co KG, vertreten durch AZ Rechtsanwälte GmbH vom 24.04.2015 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 07.04.2015, Zahl: yyy, zu Spruchpunkt II. stattgegeben und zur Spruchpunkt I. abgewiesen. Bezüglich Spruchpunkt I. hat sie den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch zu lauten hat: „Gemäß § 113 Abs 4 Gewerbeordnung 1994 wird die für den Gastgewerbebetrieb „BB“ am Standort 5020 Salzburg, AB, mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 08.03.2011, Zahl: zzz, erteilte Bewilligung zur unbefristeten Vorverlegung der Aufsperrstunde von 06:00 Uhr auf 04:15 Uhr widerrufen“. Der Eventualantrag wurde als unbegründet abgewiesen.

Die wesentlichen Begründungselemente dieser Entscheidung lauten zusammengefasst wie folgt:

Die Behörde habe sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu Bescheid, Zahl: yyy, vom 07.04.2015 ausführlich mit den kriminal- und verwaltungspolizeilichen Analysen, die zur Erkenntnis führten, dass die Zahl, als auch die Beschaffenheit der angezeigten Vorfälle sicherheitspolizeiliche Missstände im und unmittelbar vor dem Gastgewerbebetrieb „BB“ am Standort Salzburg, AB, zum Ausdruck bringen, die die Annahme sicherheitspolizeilicher Bedenken im Sinne des § 113 Gewerbeordnung ausreichend begründen, auseinandergesetzt. Auch sei die Behörde im Rahmen des Parteiengehörs detailliert auf das Vorbringen der nunmehrigen Berufungswerberin eingegangen:

In der Bescheidbegründung finde sich zu 1. die Klarstellung, dass bei der Erfassung der im gegenständlichen Verfahren angeführten Vorfälle von der LPD schlüssig und nachvollziehbar der unmittelbare Bezug zum Gastgewerbebetrieb „BB“ dokumentiert worden sei. Ebenfalls klargestellt werde und sei zu Punkt 2., dass sicherheitspolizeiliche Bedenken nicht erst dann gerechtfertigt seien, wenn es zu Verurteilungen oder Vorerhebungen gekommen sei (Verweis auf das VwGH-Erkenntnis 2013/04/0042 vom 29.04.2014) und zu 3., dass sich die Berufungswerberin daraus, dass möglicherweise auch bei anderen Gastlokalen sicherheitspolizeiliche Bedenken bestünden, kein Recht ableiten könne und zwar selbst dann nicht, wenn ihre Behauptungen richtig wären und die Sperrstunden anderer „Hot Spots“ trotzdem nicht verändert würden, weil es keinen Anspruch auf Fortsetzung eines sogenannten „behördlichen Fehlverhaltens“ gebe, sodass in so einem Fall auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliege (Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, 90/17/0229 vom 23.04.1993 ua).

Zu 4., dass die Behörde der Berufungswerberin weder im erstinstanzlichen, noch im zweitinstanzlichen Verfahren vorgehalten habe, die Aufsperrstunde wegen des Tatbestands der wiederholten unzumutbaren Belästigung der Nachbarschaft von Gästen vor der Betriebsanlage des Gewerbebetriebes oder wegen einer Verurteilung zur Überschreitung der Sperr- und Aufsperrstunde widerrufen zu wollen, zu 5., dass die Tatsache, dass der Betrieb des Lokals „nur“ an Freitagen, Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen (also nur an wenigen Tagen im Jahr) erfolge und dennoch so viele Vorfälle registriert würden, die sicherheitspolizeilichen Bedenken noch verstärken, zu 6., dass entgegen der diesbezüglichen Ansicht der Berufungswerberin ein Beobachtungszeitraum von mehreren Monaten und sogar Jahren zulässig sei (Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.07.2015, 2013/04/0043) und schließlich zu 7., dass eine wirtschaftliche Beeinträchtigung der Berufungswerberin beim Ergreifen der erforderlichen Maßnahmen nicht wesentlich zu sein habe (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.11.2010, 2010/04/0056).

Zur Behauptung der mangelnden Würdigung der Sicherheitsvorkehrungen in Bezug auf den monierten Mangel an einer ausreichenden Würdigung der Sicherheitsvorkehrungen, welche die Berufungswerberin ergriffen habe, sei festzustellen, dass das Datum, mit dem der zweite Beobachtungszeitraum (02.04.2015 bis 25.07.2016) begonnen hatte, von der ABK nicht willkürlich gewählt worden sei. Es handle sich hierbei vielmehr um jenes Datum, an dem der erstinstanzliche Bescheid erlassen worden sei. Es sollte mit dieser Beobachtung nämlich nachvollziehbar dokumentiert werden, ob bzw wie die Sicherheitsvorkehrungen der Berufungswerberin, die teilweise erst nach Erlass des erstinstanzlichen Bescheides durchgeführt worden seien, in Bezug auf eine „wesentliche Verbesserung“ auch tatsächlich „greifen“. Soweit die Berufungswerberin also vorbringe, dass es die Behörde im bekämpften Bescheid verabsäumt habe, die von ihr ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen anzuerkennen, werde hiermit festgestellt, dass mit der Anzahl der durch die LPD Salzburg ermittelten 112 Vorfälle im ersten Beobachtungszeitraum (05.10.2010 bis 13.02.2015 = 53 Monate) und 37 Vorfälle im zweiten Beobachtungszeitraum (07.04.2015 bis 25.07.2016 = 16 Monate), sowohl im Hinblick auf die Intensität, als auch der Art der Delikte (zum Durchschnittskalkül siehe VwGH Ra 2015/04/007 vom 18.02.2015) eher eine Konstanz der Situation, als eine wesentliche Verbesserung aufgezeigt werde. Da es zu keinem Rückgang der Vorfälle gekommen war, die für ein Lokal dieser Art vernachlässigbar seien, sei festzustellen, dass sich die von der Berufungswerberin für den Beobachtungszeitraum von 05.10.2010 bis 25.07.2016 getroffenen Sicherheitsvorkehrungen als nicht ausreichend erwiesen, die „sicherheitspolizeilichen Bedenken“ zu zerstreuen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.04.2014, 2013/04/0042).

Auch für den zweiten Beobachtungszeitraum werde klargestellt, dass bei der Erfassung der angeführten Vorfälle von der LPD schlüssig und nachvollziehbar der unmittelbare Bezug zum Gastgewerbebetrieb „BB“ dokumentiert worden sei und dass sowohl die Anzahl, als auch die Beschaffenheit der angezeigten Vorfälle sicherheitspolizeiliche Missstände zum Ausdruck brächten, die der Annahme sicherheitspolizeilicher Bedenken eine ausreichende Grundlage böten.

Betrachte man die einzelnen Beobachtungszeiträume (04:15 Uhr bis 06:00 Uhr, 06:00 Uhr bis 07:00 Uhr) sei zu beachten, dass die massive Anhäufung an Vorfällen im Zeitraum von 04:15 Uhr bis 06:00 Uhr möglicherweise daher rühre, dass das „BB“ im Salzburger Altstadtbereich das einzige Lokal sei, das in dieser Zeitspanne durchgehend geöffnet habe, sodass dieses Lokal in diesem Zeitraum wohl als eine Art „Sammelbecken“ für all jene Gäste diene, die nicht nach Hause gehen wollten, die aber die umliegenden Lokale, die eine Sperrstunde zwischen 04:00 Uhr und 05:00 Uhr aufwiesen, verlassen müssten.

Es entspräche jedenfalls der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn davon ausgegangen werde, dass sich in der Zeitspanne von 04:15 Uhr bis 06:00 Uhr im gegenständlichen Gastgewerbebetrieb größtenteils Personen aufhielten, die mutmaßlich schon seit vielen Stunden – und eventuell auch nicht mehr ganz nüchtern – unterwegs seien. Es sei Aufgabe der Gewerbebehörde, bei Vorliegen der im gegenständlichen Verfahren ermittelten sicherheitspolizeilichen Bedenken Maßnahmen zu setzen, die der Vermeidung weiterer Vorfälle dienten; mit dem Widerruf der unbefristeten Vorverlegung der Aufsperrstunde könne den konkreten Bedenken auch wirksam entgegengetreten werden. Sei das gegenständliche Lokal nämlich im Zeitraum von 04:15 Uhr bis 06:00 Uhr nicht geöffnet, dann verliere es seine Funktion als „Sammelbecken“ für alle nach 04:00/05:00 Uhr „Gestrandeten“. Betreibe die Berufungswerberin in Bezug auf die Aufsperrstunde ihr Lokal dann wie andere, in der unmittelbaren Umgebung liegende Lokalbetreiber, so sei bei Aufrechterhaltung der von ihr getroffenen Sicherheitsvorkehrungen davon auszugehen, dass die Anzahl der Vorfälle entsprechend zurückgehe (= „Prognose“), sodass die zusätzliche Vorschreibung einer späteren Aufsperrstunde – nämlich erst um 07:00 Uhr – als unverhältnismäßige Maßnahme erachtet werde. Dies allerdings nur unter der Annahme, dass die mit gegenständlichem Bescheid gesetzte Maßnahme tatsächlich einen wesentlichen Rückgang der Vorfälle bewirke; bei anhaltenden Vorfällen in einem sicherheitspolizeilich bedenklichen Ausmaß oder gar bei einer Zunahme der Vorfälle sei darauf hinzuweisen, dass die Ermittlungen erneut aufgenommen und ein Verfahren zur Vorschreibung einer späteren Aufsperrstunde durchgeführt werden müsse.

Auch werde festgestellt, dass, soweit die Berufungswerberin einwende, ihr Geschäftskonzept genau auf die bisherigen Öffnungszeiten ausgelegt zu haben, der Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 08.03.2011 bereits im Spruch klarstellte, dass die unbefristete Vorverlegung „bis auf Widerruf“ erteilt werde, sodass der Berufungswerberin (bzw ihren Vertretern) bereits bei Erhalt des Bescheides im März 2011 bewusst sein habe müssen, dass das geplante Geschäftskonzept unter Umständen nur befristet umgesetzt werden könne. In diesem Zusammenhang sei auch festzuhalten, dass die Berufungswerberin ihren eigenen Angaben gemäß die Sicherheitsvorkehrungen ihres Gastlokales erst verbessert habe, als sie von der Tätigkeit der Gewerbebehörde, die Bewilligung der früheren Aufsperrstunde zu widerrufen, erfahren habe und auch hier – zumindest bis zum Ende des zweiten Beobachtungszeitraums am 25.07.2016 – nur Maßnahmen ergriffen habe, die im Ergebnis die Vorfälle, die die sicherheitspolizeilichen Bedenken hervorgerufen hatten, kaum verändert hatten, sodass es der Berufungsbehörde trotz gewissenhafter Würdigung des Vorbringens der Berufungswerberin verwehrt gewesen war, dem Berufungsbegehren zu Spruchpunkt I. zu entsprechen.

1.2.     In der gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 24.01.2017 brachte die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin Folgendes vor:

„In umseits rubrizierter Verwaltungsrechtssache erhebt die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung gegen den Bescheid der Allgemeinen Berufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 22.12.2016 (ABK/4/2015), zugestellt am 02.01.2017, sohin binnen offener Frist

Beschwerde

und wird hierzu im Folgenden im Einzelnen vorgebracht:

(1)

Der bekämpfte Bescheid, mit welchem der Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 08.03.2011 gemäß § 113 Abs 4 GewO 1994 wegen des Bestehens sicherheitspolizeilicher Bedenken widerrufen und gemäß § 113 Abs 5 GewO eine spätere Aufsperrstunde mit 07:00 Uhr vorgeschrieben wurde, datiert mit 07.04.2015; Die Berufung wurde fristgerecht am 24.04.2015 eingebracht, der nunmehr beschwerdegegenständliche Bescheid datiert mit 22.12.2016, also erging dieser nahezu 20 Monate nach Erhebung der Berufung.

Wie die ABK in ihrer Beweiswürdigung ausführte, setzte sich die Behörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu Bescheidzahl yyy vom 07.04.2015 ausführlich mit den kriminal- und verwaltungspolizeilichen Analysen - die zum damaligen Zeitpunkt vorgelegen sind - auseinander. Zwischenzeitig sind allerdings nahezu zwei Jahre verstrichen.

(2)

Wenn die ABK selbst die Meinung vertritt, dass ein Beobachtungszeitraum von "mehreren Monaten und sogar Jahren" zulässig ist und als zweiten Beobachtungszeitraum 07.04.2015 bis 25.07.2016 heranzogen hat, so erhellt sich, dass auf den Zeitraum seit 25.07.2016 überhaupt nicht mehr eingegangen wurde. Sicherheitspolizeiliche Bedenken müssen sich wohl im Wesentlichen auf den Status Quo beziehen und nicht auf einen monatelang zurückliegenden Sachverhalt.

Faktum ist jedoch, dass es seit Juni 2016 zu keinem der Beschwerdeführerin bekannten polizeilichen Einschreiten gekommen ist. Der Vorhalt, dass sich die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen als nicht ausreichend erweisen, die "sicherheitspolizeilichen Bedenken" zu zerstreuen, kann somit nicht aufrechterhalten bleiben. Bereits in der Stellungnahme zu der Stellungnahme der Landespolizeidirektion Salzburg vom 07.10.2016 wurde darauf hingewiesen, dass es "mittlerweile seit mehr als drei Monaten zu keinem polizeilichen Einschreiten mehr in Bezug auf die Lokalität der Berufungswerberin gekommen ist".

(3)

Die ABK stützt sich richtigerweise auf die Bestimmungen des § 113 ABs 3 und 4 GewO. Die Beschwerdeführerin nimmt zur Kenntnis, dass die Gemeinde ausschließlich sicherheitspolizeiliche Bedenken zur Begründung des Widerrufes der Bewilligung nach Abs 3 ins Treffen führt. Tatsächlich hätte die Behörde jedoch anstatt des Widerrufs eine weitaus gelindere Sanktion ziehen können, nämlich die frühere Aufsperrstunde "mit den durch den Anlass bestimmten Beschränkungen" zu bewilligen, sprich mit entsprechenden Auflagen zu verknüpfen.

(4)

Wie bereits in der Berufung ausgeführt, hängt die wirtschaftliche Existenz der Beschwerdeführerin vom Aufrechterhalten des Geschäftsbetriebes "BB" ab.

Die Beschwerdeführerin steht in einem Pachtverhältnis mit BC BD und hat hierauf einen monatlichen Pachtzins von EUR 5.125,00 zuzüglich UST sowie BK in Höhe von monatlich EUR 2.431,50 zu bezahlen. Der Pachtvertrag begann mit 01.06.2013 und wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen, das Vertragsverhältnis kann von jedem Vertragsteil unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr zum 31.12. eines jeden Jahres gekündigt werden. Sohin könnte die Beschwerdeführerin das gegenständliche Pachtverhältnis frühestens zum 31.12.2017 zur Auflösung bringen, bei einer Versagung der früheren Aufsperrstunde allerdings der zu erwartende Geschäftserfolg sich nicht mehr einstellen und die Beschwerdeführerin in einen finanziellen Ruin führen würde.

Beweis: Pachtvertrag vom 06.02.2014

(5)

Festgehalten wird des Weiteren, dass seit Eröffnung des Nachtlokals "BB", es niemals zu einer polizeilichen Überprüfung (Razzia) im Gastlokal gekommen ist, ebenso wenig wie zu einem Einschreiten des Amtes für öffentliche Sicherheit im Lokal. Hier stellt sich die Frage wie das mit angeblichen sicherheitspolizeilichen Bedenken zu erklären ist.

(6)

Wenn sich allerdings das Konzept einer Frühdiele nicht mehr verwirklichen ließe, sähe sich die Beschwerdeführerin in letzter Konsequenz veranlasst, an nämlicher Örtlichkeit einen Bar- bzw. Gastgewerbebetrieb zu etablieren, der sich an die Sperrstunden gemäß § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 27.03.2001 halten würde. Es ist wohl davon auszugehen, dass mit einem weiteren Barbetrieb am AB bzw. in der BE es zu weiteren Ansammlungen von Besuchern auf der Straße kommen würde und diese Lokalmeile sohin um ein weiteres Nachtlokal vergrößert wäre. Auch lässt sich unschwer prognostizieren, dass das vom Stadtsenat am 19.09.2016 einstimmig beschlossene Alkoholverbot im Freien u.a. in der BE und AB mit einem weiteren Barbetrieb bis 04 Uhr leichter konterkariert werden würde.

Die Beschwerdeführerin ist jedenfalls der Überzeugung, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf der früheren Aufsperrstunde nach § 113 Abs 4 GewO nicht vorliegen und die Behörde die seinerzeitige Bewilligung allenfalls mit den durch den Anlass bestimmten Beschränkungen versehen hätte müssen.“

1.3.     Ergänzend zur Beschwerde erhob die Beschwerdeführerin dann mit Schriftsatz vom 27.04.2017 den Einwand der Nichtigkeit des Magistratsverfahrens und den Antrag auf Einstellung des Widerrufsverfahrens, in eventu die Anregung auf Unterbrechung zur Prüfung auf Verfassungs- und/oder Gesetzwidrigkeiten in der Kompetenz zum Widerruf bei Ausnahmebewilligungen nach der Gewerbeordnung und begründete dies wie folgt:

Die Beschwerdeführerin erhebt ergänzend zur Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg vom 24.1.2017 zur bisher vom Magistrat der Stadt Salzburg - angenommenen Zuständigkeit für ein Widerrufsverfahren gemäß § 113 Abs 4 GewO 1994 den Einwand der Nichtigkeit des Verfahrens, weil wegen der durch die Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg (LH) vom 10.07.1974 (VO 1974), erfolgten Kompetenzübertragung , bezogen auf die damals geltenden Angelegenheiten des § 198 Abs 3 GewO 1973, BGBl 1974/50, die Besorgung bestimmter gewerberechtlicher Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches gemäß § 198 Abs 3 GewO 1973 von der Stadtgemeinde Salzburg auf die Bundespolizeidirektion Salzburg (Landespolizeidirektion Salzburg, LPD Salzburg) übertragen wurde.

Der Magistrat der Stadt Salzburg und die Allgemeine Berufungskommission beim Magistrat der Stadt Salzburg (ABK) haben nicht erkannt, dass die Übertragung der damaligen Kompetenz gemäß § 198 Abs 3 GewO 1973, BGBl 1974/50, nicht mit der GewO 1994 und insbesondere § 113 Abs 3 und 4 GewO 1994 zu vergleichen ist, weil § 198 Abs 3 GewO 1973 unterschiedliche Parameter für eine Ausnahmegenehmigung im Verhältnis zu § 113 Abs 3 GewO 1994 enthalten hat und die VO 1974 zur gesetzlichen Grundlage nur auf § 198 Abs 3 GewO 1973 verweist.

Eventualiter wird vorgebracht, dass mit der gänzlichen Aufhebung der GewO 1974 und dem Außerkrafttreten durch die neugeschaffene GewO 1994, die VO 1974 gegenstandslos ist, weil ihr die gesetzliche Grundlage von § 198 Abs 3 GewO 1973 entzogen wurde und keine neue Verordnung oder Anpassung erfolgt ist.

GewO 1973: Sperrstunde und Aufsperrstunde

§ 198. (I) Der Landeshauptmann hat den Zeitpunkt, in dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, in dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Fremden Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen. Bei den in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen gelegenen Gastgewerbebetrieben hat der Landeshauptmann insbesondere den Verpflegungsbedarf der Reisenden zu berücksichtigen; zu dieser Frage sind auch die in Betracht kommenden Verkehrsunternehmen zu hören.

(3) Bei besonderem örtlichen Bedarf hat die Gemeinde unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde, gegebenenfalls mit den durch den Anlaß bestimmten Beschränkungen, zu bewilligen. Eine solche Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch die Ausübung des Gastgewerbes ungebührlich belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden diese Behörden vor Erteilung der Bewilligung zu hören.

(4) Die Gemeinde hat diese Bewilligung zu widerrufen, wenn der besondere örtliche Bedarf nicht mehr besteht, sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, die Nachbarschaft wiederholt durch die Ausübung des Gastgewerbes ungebührlich belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden diese Behörden vor einer Entscheidung zu hören.

GewO 1994: Sperrstunde und Aufsperrstunde

§ 113. (I) Der Landeshauptmann hat den Zeitpunkt, zu dem gastgewerbliche Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen. Bei den in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen gelegenen Gastgewerbebetrieben hat der Landeshauptmann insbesondere den Verpflegungsbedarf der Reisenden zu berücksichtigen; zu dieser Frage sind auch die in Betracht kommenden Verkehrsunternehmen zu hören.

(3) Die Gemeinde kann unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde, gegebenenfalls mit den durch den Anlass bestimmten Beschränkungen, bewilligen. Eine solche Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden diese Behörden vor Erteilung der Bewilligung zu hören.

(4) Die Gemeinde hat diese Bewilligung zu widerrufen, wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden diese Behörden vor einer Entscheidung zu hören.

Das bedeutet, dass der Bundespolizeidirektion Salzburg/LPD Salzburg seit 1974 auferlegt wurde, bei einer Ausnahme für eine frühere Aufsperrstunde den „besonderen örtlichen Bedarf unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe …“ zu ermitteln, um bei Bestehen dieser Voraussetzungen, eine Bewilligung erteilen zu können.

Wegen der Übertragung der Kompetenz an die Bundespolizeidirektion Salzburg war seither für die Stadt Salzburg der letzte Satz von § 198 GewO Abs 3

„in Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden diese Behörden vor Erteilung der Bewilligung zu hören“, gegenstandslos.

Die Bestimmung § 113 Abs 3 GewO 1994 ist auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil sich die VO 1974 nicht auf § 113 Abs 3 GewO 1994 bezieht, sondern auf § 198 Abs 3 GewO 1973.

Der Unterschied liegt darin, dass 1974 es die Stadtgemeinde Salzburg selbst wollte, dass ihr die Kompetenz für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen für spätere Sperrstunden und/oder frühere Aufsperrstunden entzogen und auf die Bundespolizeidirektion Salzburg übertragen werde und 1974 der Salzburger Landeshauptmann diesem Antrag der Stadtgemeinde Salzburg stattgegeben hat.

Es war sohin der ausdrückliche Wunsch der Stadt Salzburg, dass die Ansuchen um Erteilung von Ausnahmebewilligungen für spätere Sperrstunden und/oder frühere Aufsperrstunden von der Bundespolizeidirektion Salzburg behandelt werden möge, wobei die Bundespolizeidirektion Salzburg bei einer früheren Aufsperrstunde auch den "besonderen örtlichen Bedarf" prüfen sollte.

Die Stadtgemeinde Salzburg und der Salzburger Landeshauptmann konnten 1974 wegen § 198 Abs 3 letzter Satz GewO 1973 davon ausgehen, dass die Bundespolizeidirektion Salzburg naturgemäß allfällige sicherheitspolizeiliche Bedenken bei den Bewilligungen beachten würde.

Weil durch die Kompetenzübertragung eine Bedarfsprüfung ("besonderer örtlicher Bedarf) durch die Bundespolizeidirektion Salzburg zu erfolgen hatte und dabei auf "die sonstigen öffentlichen Interessen" (= sicherheitspolizeiliche Interessen) Rücksicht zu nehmen war, konnte aus verfassungsrechtlichen Gründen von der unzuständig gewordenen Behörde (Magistrat der Stadt Salzburg) wegen sicherheitspolizeilicher Bedenken kein Widerruf allfälliger Ausnahmebewilligungen verhängt werden, sondern war auch dafür die Bundespolizeidirektion Salzburg zuständig.

Die Bestimmungen § 198 Abs 3 und Abs 4 GewO 1973 sind in einem gemeinsamen Kontext zu betrachten, weil man weder dem Bundesgesetzgeber noch dem Landeshauptmann unterstellen kann, dass sie unterschiedliche Kompetenzen zwischen Bewilligung und Widerruf schaffen wollten. Dies umso mehr, weil gemäß § 198 Abs 4 GewO 1973

"die Gemeinde hat diese Bewilligung zu widerrufen, wenn der besondere örtliche Bedarf nicht mehr besteht, sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen …"

sich nur auf die Behörde beziehen konnte, die zuvor den Bedarf erhoben, keine Bedenken gehabt und bewilligt hat.

Die Bestimmungen § 113 Abs 3 und Abs 4 GewO 1994 sind ebenfalls in einem gemeinsamen Kontext zu betrachten, weil man den Gesetzgebern nicht unterstellen kann, dass sie unterschiedliche Kompetenzen zwischen Bewilligung und Widerruf wollten, wenn auch bei der Ausnahmebewilligung gemäß § 113 Abs 3 GewO 1994 nunmehr keine besondere Bedarfsprüfung zu erfolgen habe.

Eventualiter wird vorgebracht, dass der LH in der VO 1974 nur deshalb die Kompetenz an die Bundespolizeidirektion Salzburg übertragen wollte, weil angenommen wurde, dass die besondere Bedarfsprüfung und die Prüfung auf sicherheitspolizeiliche Bedenken am besten bei der Bundespolizeidirektion Salzburg angesiedelt waren.

Eventualiter - sollte 1974 die Kompetenz zum Widerruf nicht auf die Bundespolizeidirektion Salzburg übertragen worden sein, dürften Ausnahmebewilligungen zumindest seit der Geltung der GewO 1994 nicht mehr von der Bundespolizeidirektion Salzburg erteilt werden, sondern nur vom Magistrat der Stadt Salzburg.

Da im vorliegenden Fall aber die generelle Ausnahmebewilligung und die besonderen Ausnahmebewilligungen jeweils von der LPD Salzburg stammen, wäre eine allfällige Nichtigkeit bereits bei Erteilung der Ausnahme vorgelegen und könnte durch den Widerruf vom 7.4.2015 durch den Magistrat der Stadt Salzburg nicht saniert werden.

Sicherheitspolizeiliche Gründe hat aber nur die LPD Salzburg in ihrem angestammten und ihr zusätzlich übertragenen Wirkungsbereich zu prüfen.

Eine authentische Interpretation der VO 1974 führt dazu, dass durch die Kompetenzübertragung zur Ausnahmeerteilung auch ein allfälliger Widerruf der Ausnahmeerteilung bei der Bundespolizeidirektion Salzburg liegt.

Sonst wäre die Verlagerung der Kompetenz sinnentleert und zwecklos.

Dem LH kann aber nur ei n zweckbestimmtes Handeln zur Entlastung des Magistrats der Stadt Salzburg und eine Kompetenzverschiebung aus ausschließlich sachlichen Gründen unterstellt werden.

Schon aus verfassungs- und verfahrensrechtlichen, verfahrensökonomischen und Rechtsschutzgründen, auch wegen des Rechts auf den gesetzlichen Richter, kann nur die Behörde, die eine Bewilligung - nach vorangegangener Bedarfs- und sonstiger Prüfung - erteilt hat, einen allfälligen Widerruf vornehmen.

Sonst würde ein echter Kompetenzkonflikt bestehen.

Tatsächlich hat die Bundespolizeidirektion Salzburg/LPD Salzburg während des laufenden Widerrufsverfahrens bei Magistrat der Stadt Salzburg und ABK in Bezug auf die Beschwerdeführerin ständig sicherheitspolizeiliche und sonstige öffentliche Interessen gemäß § 113 Abs 3 GewO 1994 geprüft und für alle seit der unbefristeten Ausnahmebewilligung vom 8.3.2011, Zahl: zzz, bei der Bundespolizeidirektion Salzburg beantragten Ausnahmebewilligungen für alle Feiertagen = pro Jahr 18 mal, insbesondere für 6.4.2015, 8.12.2015, 6.1.2016, 28.3. 2016, 5.5.2016, 26.5.2016 und 15.8.2016, die Aufsperrstunden von 6:00 Uhr auf 4:15 Uhr vorverlegt.

Das beweist, dass während der Jahre 2015 und 2016 keinesfalls sicherheitspolizeiliche Bedenken bestanden haben können, weil sonst die LPD Salzburg gemäß § 113 Abs 3 GewO 1994 keine Ausnahmebewilligungen erteilt hätte, für die sie weder sicherheitspolizeiliche noch Bedenken, dass sonstige öffentliche Interessen beeinträchtigt wären, gehabt hatte.

Die ABK hat sich deswegen bei der LPD Salzburg am 30.8.2016 beschwert, dass die LPD Salzburg auch während des Widerrufsverfahrens Ausnahmebewilligungen für eine frühere Aufsperrstunde an besonderen Tagen erteilt habe und dies gegen die Interessen des Magistrates der Stadt Salzburg gewesen sei.

Aus der Stellungnahme der LPD Salzburg vom 7.10.2016 geht eindeutig der Kompetenzkonflikt zwischen dem Magistrat der Stadt Salzburg und der LPD Salzburg hervor, wie BF BG von der LPD Salzburg festhält:

"Erst im § 113 Abs 4 Gewerbeordnung, der den Widerruf einer bereits erteilten Bewilligung behandelt, werden auch die sicherheitspolizeilichen Bedenken genannt.

Auch die Tatsache, dass der Bescheid des Magistrates noch nicht rechtskräftig ist, hat uns - zur möglicherweise - irrigen Ansicht gebracht, einzelne Tage auch weiterhin bewilligen zu können.

Zugegeben, die wiederholt genehmigten Bewilligungen für einzelne Tage von Seiten der LPD Salzburg und die konträre Position des Magistrates, die unbefristete Bewilligung zur Vorverlegung der Aufsperrstunde widerrufen zu wollen, machen keine gute Optik und sollten beide Behörden in die gleiche Richtung gehen.

Die SVA3 der LPD Salzburg bedauert, dass es zu diesen einzelnen Bewilligungen gekommen ist, die das Berufungsverfahren des Magistrates nun belasten."

Deutlicher lässt sich der bestehende Kompetenzkonflikt nicht dingfest machen und beweist wie nachteilig es für die normunterworfene Beschwerdeführerin ist, mit bestehenden und nicht bestehenden behördlichen Kompetenzen und den Konsequenzen umzugehen.

Wäre eine andere Behörde für den Widerruf einer Ausnahmebewilligung zuständig als die Behörde die die Ausnahmebewilligung erteilt hat, wären wesentliche verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundsätze, wie die Verhältnismäßigkeit und die Bestimmtheit der Behördenkompetenz, die Rechte auf ein faires Verfahren nach der EMRK und dem Gemeinschaftsrecht, die Rechte auf einheitlichen

Vollzug und die Vorhersehbarkeit von Entscheidungen, die Rechte auf eine wirtschaftskonforme Vorverlegung der Aufsperrstunde, auf Gleichbehandlung mit anderen Wirtschaftsteilnehmern

und die Dienstleistungsfreiheit sowie der gemeinschaftsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der gemeinschaftsrechtliche Vertrauensgrundsatz und das gemeinschaftsrechtliche Übermaßverbot, beeinträchtigt, weil nur die LPD Salzburg, die die Ausnahmebewilligung erteilt hat, einen allfälligen Widerruf der Ausnahmegenehmigung vornehmen könnte und sollte.

Die Beschwerdeführerin legt als Urkunden vor:

./A Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 10.07.1974 (VO 1974)

./B Sammelbeilage von Ausnahmebewilligungen (nur beispielhaft für 18 mal/Jahr) der LPD Salzburg zur Vorverlegung der Aufsperrstunden von 6:00 Uhr auf 4:15 Uhr für 6.4.2015, 8.12.2015, 6.1.2016, 28.3.2016, 5.5.2016,26.5.2016 und 15.8.2016

./C Stellungnahme von BF BG, LPD Salzburg, an den Magistrat der Stadt Salzburg,

7.10.2016

Die Beschwerdeführerin stellt die

A N T R Ä G E:

1. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg möge der Beschwerde vom 24.1.2017 Folge geben und auch den Spruch I des Bescheides des Magistrats der Stadt Salzburg vom 7.4.2015, bestätigt im Bescheid vom 22.12.2016 der Allgemeinen Berufungskommission beim Magistrat der Stadt Salzburg dahingehend abändern, dass der Spruch in beiden Bescheiden ersatzlos aufgehoben wird; in eventu mögen die Bescheide zur Gänze aufgehoben und den Verwaltungsbehörden I. und/oder II. Instanz eine neue Erhebung und Spruchfassung aufgetragen werden;

2. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg möge eine mündliche Verhandlung über die eingereichte Beschwerde anberaumen;

3. Die Beschwerdeführerin regt an, das Landesverwaltungsgericht Salzburg möge in eventu das Verfahren unterbrechen und gemäß Art 135 Abs 4 B-VG iVm Art 89 Abs 2 B-VG und Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Prüfung des präjudiziellen § 113 Abs 3 und 4 GewO 1994, in eventu § 113 Abs 4 GewO 1994, BGBI 194/1994, und Aufhebung folgender Textteile wegen Verfassungswidrigkeit stellen:

,,(3) Die Gemeinde kann unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde, gegebenenfalls mit den durch den Anlass bestimmten Beschränkungen, bewilligen. Eine solche Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden diese Behörden vor Erteilung der Bewilligung zu hören.

(4) Die Gemeinde hat diese Bewilligung zu widerrufen, wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden diese Behörden vor einer Entscheidung zu hören."

das Landesverwaltungsgericht Salzburg möge in eventu, gemäß Art 135 Abs 4 B-VG iVm Art 89 Abs 2 B-VG und Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Prüfung des präjudiziellen § 1 Abs 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 10.07.1974, Salzburger LGBl 70/1974, mit der auf Antrag der Stadtgemeinde Salzburg auf Grund des § 11 des Bundesgemeindeaufsichtsgesetzes, BGBl Nr 123/1967, mit Zustimmung der Bundesregierung, die Besorgung bestimmter gewerberechtlicher Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Stadtgemeinde Salzburg auf die Bundespolizeidirektion Salzburg übertragen wurde, und Aufhebung folgender Textteile wegen Verfassungswidrigkeit stellen:

,,§ 1 Abs 1: Die Besorgung der Angelegenheiten des § 198 Abs 3

der Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, wird auf die Bundespolizeidirektion Salzburg übertragen."

1.4.     Zu diesem der Allgemeinen Berufungskommission zur Kenntnis übermittelten Schriftsatz erstattete diese mit Schreiben vom 19.06.2017 folgende Stellungnahme:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Schreiben Zahl 405-6/64/1/5-2017 vom 06.06.2017 räumte das Landesverwaltungsgericht Salzburg der Allgemeinen Berufungskommission die Gelegenheit ein, zum ergänzenden Beschwerdevorbringen der AA GmbH & Co KG, nunmehr vertreten durch die RA Kanzlei AD, vom 27.4.2017, Stellung zu nehmen.

In diesem Schreiben des Landesverwaltungsgerichts wird davon ausgegangen, dass es sich bei der Einwendung betreffend die Übertragung des früheren § 198 Abs 3 GewO 1973 um den nunmehrigen § 113 Abs 4 GewO 1994 handeln würde. Hierzu, sowie zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass der Magistrat Salzburg (gemeint wohl: der Bürgermeister; erstinstanzliches Verfahren) und die Allgemeine Berufungskommission (ABK) ihrer Ansicht nach „nicht erkannt“ hätten, dass die Vollzugskompetenz gemäß § 198 Abs 3 GewO 1973, BGBl Nr. 50/1974, welche durch LGBL Nr. 70/1974 mit der Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 10. Juli 1974, mit der die Besorgung bestimmter gewerberechtlicher Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Stadtgemeinde Salzburg auf die Bundespolizeidirektion Salzburg übertragen worden ist, erloschen (nicht mehr anzuwenden) ist, darf wie folgt ausgeführt werden:

Die unzulässige Anwendung der Übertragung aus der Verordnung LGBL Nr. 70/1974 vom 10.7.1974 lässt sich für die Beschwerdeführerin daraus ableiten, dass

a) die damalige und die heutige Ausnahmegenehmigung „unterschiedliche Parameter“ aufweisen würden

b) der VO durch die Änderungen der GewO „die gesetzliche Grundlage entzogen“ worden wäre

c) die Bundespolizeidirektion zum Zeitpunkt der Übertragung „naturgemäß allfällige sicherheitspolizeiliche Bedenken“ beachtet hätte und daher – nach Ansicht der Berufungswerberin „quasi implizit“ - auch ein allfälliges Widerrufverfahren übertragen worden sein soll, dies wiederum hauptsächlich deshalb, weil

d) nach Ansicht der Berufungswerberin nur jene „Behörde“ berechtigt sein könne, einen Widerruf vorzunehmen, die zuvor auch eine etwaige Bewilligung erteilt hätte, was wiederum bedeute, dass

e) etwaige Verfahren des Magistrats Salzburg aufgrund der Unzuständigkeit nichtig wären.

Aus „verfassungs- und verfahrensrechtlichen, verfahrensökonomischen und Rechtsschutzgründen, auch wegen des Rechts auf den gesetzlichen Richter“, könne nach Ansicht der Beschwerdeführerin nur jene Behörde, die eine Bewilligung – nach vorangegangener Bedarfs- und sonstiger Prüfung – erteilt habe, einen Widerruf vornehmen.

Einen ihr Vorbringen untermauernden Beweis vermeint die Beschwerdeführerin schließlich damit zu liefern, dass

f) die Aufsperrstunde in den letzten Jahren von der Bundespolizeidirektion Salzburg/LPD Salzburg mehrfach vorverlegt worden wäre, obgleich ein Verfahren zum Widerruf der früheren Aufsperrstunde beim Magistrat Salzburg anhängig war

und dadurch – bezogen auf das Schreiben der LPD vom 7.10.2016 – der behauptete „Kompetenzkonflikt dingfest gemacht“ werden könne.

Nach Aufzählung der unterschiedlichsten (vermeintlichen) Grundrechte (Seite 8 und 9), die in diesem Verfahren „beeinträchtigt“ worden wären, regt die Beschwerdeführerin schließlich - neben der Aufhebung der („nichtigen“) Bescheide - auch eine

g) Normenprüfung beim Verfassungsgerichthof

an.

Die ABK darf hierzu wie folgt Stellung nehmen:

Zu a) und b)

Die für das gegenständliche Verfahren relevanten „Parameter“ der Norm § 198 Abs 3 GewO 1973 unterscheiden sich kaum von den Tatbestandsmerkmalen des § 113 Abs 3 GewO 1994.

Unabhängig davon, dass sich die „Parameter“ der Norm kaum verändert haben, handelt es sich in der Verordnung LGBL Nr. 70/1974 vom 10. Juli 1974, beim Verweis auf § 198 Abs 3 GewO 1973, BGBl Nr. 50/1974, um eine „statische Verweisung“.

Zu c) und d)

Weder in § 198 Abs 3 GewO 1973 noch in § 113 Abs 3 GewO 1994 waren/sind „sicherheitspolizeiliche Bedenken“ zu prüfen. Dieses Tatbestandsmerkmal war/ist erst in einem Verfahren gemäß § 198 Abs 4 und/oder 5 GewO 1973 bzw. in Verfahren gemäß § 113 Abs 4 und/oder 5 GewO 1994 zu untersuchen.

Dass die Übertragung des § 198 Abs 3 GewO 1973 durch den Verordnungsgeber mit Verordnung LGBL Nr. 70/1974 vom 10. Juli 1974 auch - quasi implizit - § 198 Abs 4 GewO 1973 umfasst haben soll, ist nicht nachvollziehbar. Hätte der Verordnungsgeber die Vollziehung des § 198 Abs 4 GewO 1973 ebenfalls an die Bundespolizeidirektion übertragen wollen, so hätte er dies wohl explizit in der Verordnung schriftlich festgehalten.

Die „Interpretation“ der Beschwerdeführerin findet im österreichischen Rechtssystem auch insofern keine Deckung, als – gerade im Hinblick auf die (Bau)Delegierungs- oder (Bau)Übertragungsverordnungen – die Besorgung einzelner Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs oftmals auf „staatliche Behörden“ übertragen wird.

Zu e)

Es wurde aber tatsächlich von der Bundespolizeidirektion Salzburg schon einmal ein Verfahren zur „Aufhebung der Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 10. Juli 1974, LGBL Nr. 70/1974“ bei der Landeslegistik angeregt. Dies führte mit Schreiben AZ fff-2009 vom 10.12.2009 zu einem Anhörungsverfahren. Nach Einholung der Stellungnahmen erklärte das Land Salzburg (namens der Landeshauptfrau) mit Schreiben Zahl ggg-2010 vom 27.1.2010, dass die Stellungnahmen der Abteilung 5 des Landes Salzburg sowie der Wirtschaftskammer Salzburg negativ wären und daher „das Vorhaben derzeit nicht weiter verfolgt“ werde. Die bestehenden Zuständigkeiten wurden in diesem vom Legislativ- und Verfassungsdienst des Landes Salzburg durchgeführten Verfahren nicht in Frage gestellt.

Zu f)

Wie bereits zu lit. c) ausgeführt, waren/sind weder in § 198 Abs 3 GewO 1973 noch in § 113 Abs 3 GewO 1994 „sicherheitspolizeiliche Bedenken“ zu prüfen. Dieses Tatbestandsmerkmal war/ist erst in einem Verfahren gemäß § 198 Abs 4 und/oder 5 GewO 1973 bzw. in Verfahren gemäß § 113 Abs 4 und/oder 5 GewO 1994 zu untersuchen. Und eben explizit auf diesen Umstand hat auch die Landespolizeidirektion Salzburg durch Herrn BG im Schreiben vom 7.10.2016 hingewiesen. Daraus lässt sich aber nicht der von der Beschwerdeführerin „dingfest gemachte Kompetenzkonflikt“ ableiten, vielmehr bedeutet es, dass Herr BG mangels eines gesetzlichen Auftrags in seinem Verfahren gemäß § 113 Abs 3 GewO 1994 etwaige „sicherheitspolizeiliche Bedenken“ NICHT überprüft hat.

Zu g)

Ob im konkreten Fall tatsächlich (andere) Gründe vorliegen könnten, um die Verfassungsmäßigkeit der gegenständlichen Norm in Frage zu stellen, wurde von der ABK nicht geprüft. Falls es das Landesverwaltungsgericht Salzburg als richtig erachtet, der diesbezüglichen Anregung der Beschwerdeführerin Folge zu leisten, sieht sich die ABK nicht veranlasst, diesem Vorhaben entgegen zu treten.

Ganz allgemein darf dazu aber festgestellt werden, dass durch eine etwaige Aufhebung der Verordnung LGBL Nr. 70/1974 vom 10. Juli 1974 für die Beschwerdeführerin rechtlich nichts gewonnen wäre: Wäre nämlich die Kompetenzübertragung – aus welchem Grund auch immer – verfassungswidrig und ex tunc unzulässig, könnten nicht nur die Bescheide des Magistrats Salzburg (Bürgermeister, ABK) keine rechtliche Wirkung entfalten, sondern auch der Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg Zahl zzz vom 8.3.2011 wäre „ohne Rechtsgrundlage“ ergangen, sodass das Recht zur früheren Aufsperrstunde, welches die Beschwerdeführerin aus diesem Bescheid zieht, nicht weiter konsumiert werden könnte.

Die Anregung der Beschwerdeführerin erscheint der ABK daher neben einem ganz allgemeinen Bedürfnis, Rechtssicherheit zu erlangen, im konkreten Fall dann als besonders erstrebenswert, wenn damit die Erwartung verbunden ist, dass das gegenständliche Verfahren, wie angeregt, unterbrochen und (auch) beim Verfassungsgerichthof anhängig gemacht wird, sodass es sich möglichst in die Länge zieht und währenddessen von der Beschwerdeführerin der Benefit aus dem BPD-Bescheid Zahl zzz vom 8.3.2011 trotz der sicherheitspolizeilichen Bedenken weiterhin konsumiert werden kann.“

1.5.     Das Landesverwaltungsgericht Salzburg forderte in weiterer Folge von der Polizeiinspektion Salzburg – Rathaus den neuesten Bericht über jene dort aufliegenden Anzeigen an, welche im Zusammenhang mit dem Lokal „BB“ stehen und geeignet sind/waren, sicherheitspolizeiliche Bedenken hervorzurufen.

Dieser Bericht erfolgte am 20.Juli 2017 und wurde darin – zusammengefasst- Folgendes vorgebracht:

Im Bereich des ABes komme es hauptsächlich an den Wochenenden in den frühen Morgenstunden regelmäßig zu polizeilichen Amtshandlungen. Dabei resultiere nicht immer ein strafrechtlich relevanter Ermittlungsakt. Es würden dabei seitens der Polizeibeamten teils Verwaltungsanzeigen gelegt (vergleiche Anzeigen gemäß § 81 SPG - Ordnungsstörung bzw § 82 SPG – aggressives Verhalten etc.). Diesbezüglich sei ebenso eine Auflistung erstellt worden. Hiebei sei angemerkt, dass es sich bei der Auflistung nur um Anzeigen der Beamten der Polizeiinspektion Rathaus handle. Verwaltungsanzeigen von Polizeibeamten anderer Dienststellen könnten nicht ausgewertet werden. Ebenso verhalte es sich bei den beiliegenden „Tagesberichtseinträgen“. Durch die PI Rathaus seien im oben angeführten Zeitraum ca. 30 Verwaltungsanzeigen gelegt worden, da Taxifahrzeuge am Wochenende in den frühen Morgenstunden widerrechtlich im Bereich des ABes hielten. Dort herrsche aufgrund des Lokalbetriebes im „BB“ starkes Personenaufkommen, es komme seitens der Anrainer immer wieder zu Beschwerden hinsichtlich schreiender Personen, knallender Autotüren und laufender Motoren. Auch hier könnten verwaltungsrechtliche Anzeigen fremder Polizeiinspektionen nicht ausgewertet werden.

Diesem Bericht wurde eine Auflistung angeheftet, die folgende Vorfälle aufzeigen:

31.07

Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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