Entscheidungsdatum
12.12.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VwGVG §8Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch die Richterin Dr. Julia Graupner über die Säumnisbeschwerde des AB AA, AF-Straße, AE und der AI AA, AF-Straße, AE, hinsichtlich eines Wiederverleihungsverfahrens gemäß § 21 WRG, Zahl xxx,
zu Recht e r k a n n t :
I. Die Säumnisbeschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 26.06.2017 beantragten die Beschwerdeführer die Wiederverleihung gemäß § 21 WRG für die Wasserkraftanlage MM. Die Projektsunterlagen für diesen Antrag wurden nach einem Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG am 28.02.2018 nachgereicht. In weiterer Folge wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers (Republik Österreich, CC) bis 31.08.2018 vorzulegen. Mit Schreiben vom 29.10.2018 zogen die Beschwerdeführer das Einreichprojekt KW AA zurück und erhoben gleichzeitig einen Devolutionsantrag.
2. Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Der Antrag auf Wiederverleihung gemäß § 21 WRG ist am 26.06.2017 bei der belangten Behörde eingelangt. Mit der belangten Behörde wurde vereinbart, dass die Projektsunterlagen bis zum 31.10.2017 nachgereicht werden. Am 06.11.2017 wurde um Fristerstreckung bis zum 28.02.2018 ersucht. Mit Schreiben vom 07.11.2017 erging ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG. Es wurde aufgetragen, die entsprechenden Unterlagen bis zum 28.02.2018 nachzureichen. Die Projektsunterlagen wurden fristgerecht übermittelt.
Mit Schreiben vom 22.06.2016 wurde den Beschwerdeführern seitens der belangten Behörde aufgetragen, die schriftliche Zustimmung zur Grundbenutzung der Gst aa, bb und cc, alle KG AE von der Grundeigentümerin Republik Österreich, CC, bis 31.08.2018 vorzulegen. Da die Beschwerdeführer auch nach Ablauf dieser Frist die Zustimmung nicht beschaffen konnten bzw keine privatrechtliche Einigung möglich war, ersuchten die Beschwerdeführer um einen Termin bei der belangten Behörde. Mit Schreiben vom 29.10.2018 zogen die Beschwerdeführer das Einreichprojekt KW AA vom 27.02.2018 zurück und stellten gleichzeitig einen Devolutionsantrag hinsichtlich ihres Antrages auf Wiederverleihung gemäß § 21 WRG.
Der Sachverhalt resultiert aus dem verwaltungsbehördlichen sowie dem verwaltungsgerichtlichen Akt und konnte widerspruchsfrei festgestellt werden.
3. Rechtslage:
Die für das gegenständliche Verfahren relevanten Bestimmungen aus dem Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz ( idgF ) lauten:
Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde
§ 8. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(2) In die Frist werden nicht eingerechnet:
1.
die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;
2.
die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1.
der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2.
die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3.
wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
4. Erwägungen und Ergebnis:
Das VwGVG sieht im Fall einer Säumnisbeschwerde - abgesehen von der Nachholung des Bescheides durch die belangte Behörde gemäß § 16 Abs 1 VwGVG - lediglich eine Zurückweisung gemäß § 28 Abs 1 VwGVG, eine Abweisung mangels Verschuldens (§ 8 Abs 1 letzter Satz VwGVG) oder eine (Teil-)Entscheidung in der Sache selbst (§ 28 Abs 7 VwGVG) durch das Verwaltungsgericht vor. Die Säumnisbeschwerde setzt somit voraus, dass die Behörde in einem Verwaltungsverfahren, in dem der Beschwerdeführer Partei ist, ihre Entscheidungspflicht verletzt hat. Die Behörde muss daher zur Erlassung eines Bescheides verpflichtet und dabei säumig sein. Der konkrete Beschwerdeführer muss daher nicht nur Parteistellung haben, sondern durch die behördliche Säumnis der Erlassung des Bescheides in seinen rechtlichen Interessen beeinträchtigt sein [Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 8 VwGVG, Rz 4f (Stand 15.02.2017, rdb.at)].
Die Säumnisbeschwerde ist gemäß § 8 Abs 1 erster Satz VwGVG (erst) zulässig, sobald die dafür vorgesehene Wartefrist abgelaufen ist, ohne dass über den die Entscheidungspflicht begründeten Antrag entschieden worden ist. Die Säumnisbeschwerdefrist beginnt nach § 8 Abs 1 zweiter Satz VwGVG mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Für die Berechnung der Frist kommt es allein darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Antrag bei der Behörde „einlangt“. Dabei handelt es sich um jenen Zeitpunkt, in der das Anbringen von der Behörde rechtswirksam entgegengenommen wird.
Eine wesentliche, die Schranken des § 13 Abs 8 AVG überschreitende Antragsänderung gilt allerdings als konkludente Zurückziehung des alten unter gleichzeitiger Einbringung eines neuen Antrags. Dementsprechend erlischt die Entscheidungspflicht in Bezug auf den ersten Antrag und löst erst das Einlangen der Antragsänderung die neue Entscheidungsfrist aus [Leeb Hengstschläger/Leeb, AVG § 8 VwGVG, Rz 12ff (Stand 15.02.2017, rdb.at)].
Hinsichtlich des Tages der Einbringung gilt es festzustellen, dass der Verbesserungsauftrag hinsichtlich der fehlenden Projektsunterlagen fristgerecht erfüllt wurde.
Was jedoch den Verbesserungsauftrag vom 22.06.2018 betrifft, wird festgestellt, dass es sich hierbei um keinen verbesserungsfähigen Mangel im Sinne des § 13 Abs 3 AVG iVm § 108 WRG handelt. Die Zustimmungserklärungen der betroffenen Grundeigentümer müssen nicht vom Antragsteller schriftlich vorgelegt werden.
Ein nach § 13 Abs 3 AVG zu rügender Mangel liegt nur im Fehlen entsprechender Angaben hinsichtlich der betroffenen Grundeigentümer; die Beibringung der Zustimmung selbst kann nicht nach eingefordert werden (vgl auch VwGH 24.05. 2007, 2006/07/0001). Es kann daher hinsichtlich dem Beginn der Entscheidungsfrist nicht davon ausgegangen werden, dass deren Lauf erst nach Vorliegen der Zustimmungen beginnt.
Vielmehr hat der Lauf der Entscheidungsfrist mit der Einbringung des verbesserten Antrages am 28.02.2018 begonnen (vgl VwSlg 17.714 A/2009).
Bei Erhebung der Säumnisbeschwerde am 29.10.2018 war die sechsmonatige Entscheidungsfrist daher abgelaufen.
Für den endgültigen Übergang der Zuständigkeit, also für den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache, auf die sich die Säumnisbeschwerde bezieht, reicht es aber nicht, dass die Behörde nicht innerhalb der (subsidiären sechsmonatigen) Entscheidungsfrist gemäß § 8 Abs 1 erster Satz VwGVG entschieden hat. Vielmehr setzt diese Bestimmung überdies voraus, dass die Verzögerung auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Andernfalls ist die Säumnisbeschwerde abzuweisen, sodass eine Sachentscheidung gemäß § 28 Abs 7 VwGVG nicht in Betracht kommt.
Da die Entscheidung der belangten Behörde nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erfolgte, ist daher in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Säumnis überwiegend der Behörde zuzurechnen ist.
Aus dem Akt der belangten Behörde geht hervor, dass der Antrag samt Projektsunterlagen den Amtssachverständigen zur Vorbegutachtung übermittelt wurde. Die aus den gutachterlichen Stellungnahmen resultierenden Nachforderungen wurden den Beschwerdeführern seitens der Behörde umgehend bekannt gegeben.
Mit Schreiben vom 18.06.2018 wurde die belangte Behörde seitens der CC (Grundeigentümerin) davon in Kenntnis gesetzt, dass die privatrechtliche Vereinbarung zwischen ihr und dem Beschwerdeführer hinsichtlich der gegenständlichen Wasserkraftanlage abgelaufen ist. Auch diese Information wurde umgehend (am 22.06.2018) mittels Verfahrensanordnung gemäß § 13 Abs 3 AVG an die Beschwerdeführer weitergegeben.
Die Beschwerdeführer informierten die belangte Behörde dahingehend, dass die Gespräche mit der Grundeigentümerin andauern und deshalb bis 31.08.2018 keine schriftliche Zustimmung vorgelegt werden könnte. Die CC informierte die belangte Behörde, dass eine vertragliche Vereinbarung in Ausarbeitung wäre. Daher wurde die Frist zur Vorlage der Zustimmungserklärungen bis 29.09.2018 erstreckt.
In weiterer Folge berichteten die Beschwerdeführer, dass bis zum 27.09.2018 keine Vereinbarung erzielt werden konnte und baten neuerlich um Fristerstreckung. Die CC informierte die Behörde ebenso, dass innerhalb der Frist kein Ergebnis erzielbar war. Den Beschwerdeführern wurde die Stellungnahme der CC zur Stellungnahme bis 30.10.2018 übermittelt. Am 29.10.2018 wurde seitens der Beschwerdeführer das Projekt vom 27.02.2017 zurückgezogen und gleichzeitig ein Devolutionsantrag gestellt.
Aus der Historie geht deutlich hervor, dass die belangte Behörde seit der Einbringung des verbesserten Antrages ständig in Kontakt mit den Beschwerdeführern war und bemüht war, fehlende Unterlagen bzw die Zustimmung der Grundeigentümerin zu erlangen.
Zwar ist die Zustimmung der Grundeigentümerin kein verbesserungsfähiger Mangel im Sinn des § 13 Abs 3 AVG, doch ist es jedenfalls im Sinne der Verfahrensrationalität, schon bei Einleitung des Verfahrens durch Angaben iSd § 103 Abs 1 lit b die grundsätzliche Haltung der betroffenen Grundeigentümer offen zu legen.
Alleine die Forderung, die Zustimmung der Grundeigentümerin vorzulegen, kann daher nach Ansicht des Gerichtes nicht als Verzögerung des Verfahrens gewertet werden. Auch sonstige verfahrensverzögernde Handlungen oder Unterlassungen seitens der belangten Behörde sind nicht zu erkennen. Die Beschwerdeführer selbst hatten hingegen zahlreiche Fristerstreckungsanträge gestellt und schlussendlich auch das Projekt vom 27.02.2018 und somit die erforderlichen Projektsunterlagen für die Wiederverleihung gemäß § 21 WRG zurückgezogen.
Die Säumnisbeschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 2 VwGVG verzichtet werden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Säumnisbeschwerde, Wasserrecht, Zustimmung GrundeigentümerAnmerkung
ao Revision, VwGH vom 28.3.2019, Ra 2019/07/0028, 0029-4, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.1.357.1.2.2018Zuletzt aktualisiert am
22.01.2020