TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/25 W208 2211160-1

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Veröffentlicht am 25.01.2019
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Entscheidungsdatum

25.01.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
WG 2001 §24 Abs1
WG 2001 §26 Abs4

Spruch

W208 2211160-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von Stefan XXXX , geb. XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid bzw. Einberufungsbefehl des Militärkommando WIEN Ergänzungsabteilung vom 09.11.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 24 Abs 1 iVm § 26 Abs 4 Wehrgesetz

2001 als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Tauglichkeit und Wehrpflicht des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) wurde am 22.10.2008 festgestellt.

2. Mit Antrag vom 19.07.2018 ersuchte der BF nach eigenen Angaben beim Militärkommando (im Folgenden: MilKdo oder belangte Behörde) um Befreiung vom Grundwehrdienst.

3. Mit dem im Spruch genannten Einberufungsbefehl des MilKdo vom 09.11.2018 wurde der BF zur Leistung des Wehrdienstes mit Wirkung 06.05.2019 einberufen.

4. Mit Schriftsatz vom 03.12.2018 brachte der BF Beschwerde gegen den am 15.12.2018 zugestellten Bescheid beim BVwG ein.

Er beantragt die Aufhebung des Bescheides und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

5. Mit Schriftsatz vom 13.11.2018 legte die belangte Behörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen, jedoch unter Hinweis, dass über den Antrag auf Befreiung noch nicht entschieden worden sei - die Beschwerde und den elektronischen Verfahrensakt dem BVwG zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem im Punkt I dargestellten Verfahrensgang, dem angefochtenen Bescheid und den in der Beschwerde des BF angeführten Fakten. Der Sachverhalt wird im Wesentlichen durch entsprechende Urkunden im Akt belegt und steht fest.

Über den Antrag auf Befreiung wurde bis dato noch nicht entschieden.

2. Beweiswürdigung:

Das BVwG geht von der Richtigkeit des von der Behörde festgestellten Sachverhaltes aus, denn der BF auch nicht substantiiert bestritten hat.

Wenn der BF anführt, der Einberufung würde ein rechtliches Hindernis entgegenstehen, weil über seinen Befreiungsantrag noch nicht entschieden worden sei bzw. würde zum Zeitpunkt des Einberufungstermins - bei einer nichtfristgerechten Entscheidung des MilKdo - eine Säumnisbeschwerde anhängig gemacht werden, der aufschiebende Wirkung zukomme, spricht er keine Tatsachen-, sondern Rechtsfragen an, über die unten abzusprechen sein wird.

Der erkennende Richter hat sich am Tag der Erlassung dieses Erkenntnisses durch eine diesbezügliche telefonische Rückfrage beim MilKdo davon überzeugt, dass die belangte Behörde, nach wie vor nicht über den Befreiungsantrag des BF entschieden hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen. Diese Frist wurde eingehalten und liegen auch sonst keine Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 2013/10, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da das hier anzuwendende Wehrgesetz 2001 (WG 2001) keine Senatszuständigkeit vorsieht, ist im vorliegenden Fall eine Einzelrichterzuständigkeit gegeben.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, (VwGVG), geregelt.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte,

2. Auflage, 2017, § 27, K2). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).

Gemäß § 28 Abs 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Im Gegenstand steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das BVwG hat daher in der Sache selbst zu entscheiden und seiner Entscheidung, den Sachverhalt und die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung des Sachverhaltes oder der Rechtsfrage nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl 1958/210 (keine "civil rights") noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S 389 (kein Bezug zu EU-Normen) entgegen.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Die fallbezogen maßgebliche Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 (WehrG 2001) lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG) :

"§ 10. (1) Alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechtes, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind wehrpflichtig. [...]

§ 19. (1) Der Präsenzdienst ist zu leisten als

1. Grundwehrdienst [...]

Einberufung zum Präsenzdienst

§ 24. (1) Wehrpflichtige sind zum Präsenzdienst nach den jeweiligen militärischen Interessen mit Einberufungsbefehl einzuberufen. Der Einberufungsbefehl ist zu erlassen

1. spätestens vier Wochen vor dem Einberufungstermin zum Grundwehrdienst und

2. spätestens acht Wochen vor dem Einberufungstermin zu

a) Milizübungen und

b) freiwilligen Waffenübungen und Funktionsdiensten.

Der Einberufungsbefehl zum Grundwehrdienst darf nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach erstmaliger Feststellung der Tauglichkeit des Wehrpflichtigen zum Wehrdienst erlassen werden. Die Fristen nach Z 1 und 2 dürfen nach Maßgabe militärischer Erfordernisse, im Falle der Z 2 insbesondere zum Üben der Herstellung der Einsatzbereitschaft von Verbänden im Wege von Waffenübungen, verkürzt werden. Sämtliche Fristen dürfen auch mit schriftlicher Zustimmung des Wehrpflichtigen verkürzt werden. [...]

Befreiung und Aufschub

§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und

2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern. [...]

(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam.

§ 55 [...]

(6) Beschwerden gegen Beschlüsse der Stellungskommissionen, Einberufungs- und Entlassungsbefehle sowie gegen Bescheide über eine vorzeitige Entlassung nach § 28 Abs. 3 und § 38 Abs. 5 dritter Satz haben keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Vorlageanträge in Beschwerdevorverfahren gegen solche Bescheide.

(7) In den Fällen des Abs. 6 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und dem Interesse der Partei mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Ändern sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung maßgebend waren, wesentlich, so ist auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Der Gegenstand der Beschwerde ist, dass der BF vermeint aufgrund seines bereits seit längerer Zeit eingebrachten und noch nicht entschiedenen Antrags auf Befreiung würde ein rechtliches Hindernis für die Erlassung eines Einberufungsbefehles bestehen.

Nach § 24 Abs 1 WehrG sind Wehrpflichtige zum Präsenzdienst nach den jeweiligen militärischen Interessen mit Einberufungsbefehl einzuberufen und gemäß § 26 Abs 4 WehrG setzt erst die Erlassung (= Zustellung) eines Bescheides, mit dem eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, den Einberufungsbefehl außer Kraft.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu folgende Aussagen getroffen:

Nur ein rechtskräftiger Bescheid, mit dem der Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes (gemäß § 26 Abs 3 WehrG 2001) oder die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes (gemäß § 26 Abs 1 WehrG 2001) gewährt wurde, stellt ein rechtliches Hindernis für die Erlassung des Einberufungsbefehles dar. Die Stellung eines Antrages auf Gewährung des Aufschubes oder der Befreiung hindert demnach nicht die Einberufung zum Grundwehrdienst (siehe dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0204, vom 20. März 2001, Zl. 2001/11/0065, vom 28. Juni 2001, Zl. 2001/11/0167, vom 26. Februar 2002, Zl. 2000/11/0338, und vom 23. April 2002, Zl. 2002/11/0067; VwGH 30.01.2003, 2003/11/0013).

Im Sinne der zitierten Gesetzeslage und Judikatur des VwGH stellt ein (noch nicht entschiedener) Antrag auf Befreiung kein Hindernis für die Erlassung eines Einberufungsbefehles dar.

Dem angefochtenen Bescheid haftet keine Rechtswidrigkeit iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG an. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3.2. Die Überlegungen des BF hinsichtlich der Einbringung einer Säumnisbeschwerde bzw. einer Beschwerde gegen eine negative Entscheidung der Behörde, betreffend seines Befreiungsantrages,

welche " ... mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ..."

zum Einberufungstermin anhängig sein werde, ändern an der Rechtskraft des Einberufungsbefehls nichts. Weder die Entscheidung über den Befreiungsantrag noch eine Säumnisbeschwerde liegen dem BVwG vor und sind daher nicht beschwerdegegenständlich.

Eine Zuständigkeit für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung den Befreiungsantrag betreffend, besteht für das BVwG folglich nicht.

Mit diesem Erkenntnis wird über die Beschwerde gegen den Einberufungsbefehl inhaltlich entschieden, sodass auch diesbezüglich die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung nicht mehr in Frage kommt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH und den klaren Gesetzeswortlaut des § 26 Abs 4 WG 2001 wird verwiesen.

Schlagworte

Befreiungsantrag, Einberufungsbefehl, Präsenzdienst,
Verfahrensgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2211160.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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