TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/14 98/04/0159

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Veröffentlicht am 14.04.1999
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Index

26/01 Wettbewerbsrecht;

Norm

UWG 1984 §33a Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des Ing. HJ in M, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 2. Juli 1998 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 2. Dezember 1998, Zl. 1997/2/62, wegen Übertretung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984, BGBl. Nr. 448, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 147/1992 (in der Folge kurz: UWG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der (gemäß dem Beschluss der belangten Behörde vom 2. Dezember 1998 hinsichtlich des Firmenwortlautes berichtigten) "Firma F & Co Gesellschaft m.b.H."

mit Sitz in M zu verantworten, dass dieses Unternehmen durch Einschaltung einer Anzeige im Osttiroler Boten am 27. Februar 1997 für die weitere Betriebsstätte im Standort N, einen bewilligungspflichtigen Ausverkauf angekündigt habe, obwohl die Gesellschaft nicht im Besitz einer Bewilligung der nach dem Standort des Ausverkaufes zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde gewesen sei.

Die inkriminierte Ankündigung habe wie folgt gelautet:

"Ehemaliger Konsum-Lieferant verkauft alle Orientteppiche tief reduziert Orientteppiche gehen zu ehemaligen KONSUM-Einkaufspreisen weg

Zig-tausende Teppiche, darunter Designerteppiche minus 80 % feinste Perser bis hin zum billigsten Handwebteppich zu Preisen wie sie früher an den KONSUM verkauft wurden. Österreichs größter Orientteppichgroßhändler blieb auf insgesamt mehr als 40.000 Stück Teppichen sitzen.

Die Geschäftsleitung hat sich in dieser Situation entschlossen, den Preisvorteil nicht an andere Handelshäuser weiterzuleiten, sondern direkt an den Letztverbraucher. Der österreichische Orientteppichhandel wurde dadurch sehr stark durchgerüttelt und viele Teppichhändler mussten sehr starke Umsatzeinbußen hinnehmen.

Der Grund sind die extrem günstigen Preise bei den Verkaufsstellen des größten österreichischen Orientteppichgroßhändlers. Um die riesige Menge an Teppichen an den Mann zu bringen, versucht man nun, in diverse Bundesländer auszuweichen.

In Lienz (N) gibt es bis Anfang Mai jetzt auch die Gelegenheit, zu diesen sensationellen Preisen Teppiche zu erstehen. Die Ware befindet sich im leer stehenden Gebäude des ehemaligen CONTRA-Marktes, vis-a-vis vom INTERSPAR. Das Angebot ist klarerweise begrenzt und wechselt auch öfters."

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 33b iVm § 33f UWG verletzt, weshalb über ihn gemäß dieser Bestimmung eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt wurde.

Zur stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung seien weder der Beschwerdeführer noch sein Rechtsvertreter erschienen, obwohl diese ordnungsgemäß geladen worden seien. Der Beschwerdeführer habe am Tag vor dem Verhandlungstermin über seinen Vertreter einen Vertagungsantrag gestellt. Anlässlich eines daraufhin geführten Telefonates zwischen dem Vertreter des Beschwerdeführers und dem Berichterstatter in dieser Beschwerdesache bei der belangten Behörde sei eine Vertagung für den Fall zugesagt worden, dass die in der Vertagungsbitte als Grund behaupteten Kreislaufstörungen des Beschwerdeführers durch ein ärztliches Attest glaubhaft gemacht würden. Eine solche Glaubhaftmachung sei durch den Beschwerdeführer nicht erfolgt, weshalb sich die Berufungsbehörde nicht veranlasst gesehen habe, die Verhandlung zur Einvernahme des Beschwerdeführers zu erstrecken.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtslage in der Sache zusammengefasst aus, die dem Beschwerdeführer angelastete Einschaltung im Osttiroler Boten erfülle die im § 33a Abs. 1 UWG genannten Voraussetzungen für das Vorliegen einer "Ankündigung eines Ausverkaufes". Aus dem Hinweis in der Anzeige, dass "zig-tausende Teppiche verkauft" würden, sei erkennbar die Absicht kundgetan worden, Waren in größeren Mengen im Kleinverkauf abzusetzen. Dass es sich nach der Ankündigung um einen beschleunigten Abverkauf handeln sollte, ergebe sich schon aus der Wendung, dass "in Lienz (N) es bis Anfang Mai" diese Gelegenheit gebe. Es sei offensichtlich, dass es sich um einen beschleunigten Abverkauf handeln musste, zumal dieser lediglich über zwei Monate getätigt worden sei. Die weiters in der Ankündigung mitgeteilten Umstände, dass "Österreichs größter Orientteppichgroßhändler auf insgesamt mehr als 40.000 Stück Teppichen sitzen geblieben" sei und der zugleich hergestellte Zusammenhang mit dem Konsum hätten den Eindruck vermittelt, dass besondere Umstände zum Abverkauf nötigten. Die finanziellen Schwierigkeiten des Konsums seien zur damaligen Zeit österreichweit bekannt gewesen. Dadurch sei vermittelt worden, dass angesichts des Ausscheidens des Konsums als Abnehmer der ankündigenden Firma diese zu einem beschleunigten Verkauf veranlasst gewesen wäre. Im ersten Satz der Ankündigung heiße es, dass "der ehemalige Konsum-Lieferant alle Orientteppiche tief reduziert verkaufen würde", wodurch auch der Eindruck erweckt worden sei, die Waren würden zu außerordentlich vorteilhaften Bedingungen oder Preisen verkauft. Dazu habe auch der Wortlaut "minus 80 %", beigetragen. Aufgrund von Erhebungen bei der Aktion des Osttiroler Boten stehe fest, dass die inkriminierte Ankündigung über Auftrag der gegenständlichen Firma eingeschaltet worden sei. Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG lägen keine Hinweise vor. Der Beschwerdeführer habe keine Umstände vorgebracht, die seine Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs. 1 VStG in Frage stellen ließen.

Es folgen schließlich noch Ausführungen zur Strafbemessung. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Einwand des Beschwerdeführers, er sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma "F & Co GesmbH" und nicht Verantwortlicher im Sinn des § 9 VStG für die Firma "H & Co GesmbH", wurde bereits durch den Berichtigungsbeschluss der belangten Behörde vom 2. Dezember 1998 Rechnung getragen. Damit ist dem Beschwerdevorbringen insoweit der Boden entzogen.

Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, den "Zeugen S. und den Erhebungsbeamten N."

sowie ihn selbst in der mündlichen Verhandlung einzuvernehmen. Damit habe die belangte Behörde wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt. Dadurch sei den "Grundsätzen der unmittelbaren Beweisaufnahme durch den UVS nicht entsprochen und die Verfahrensanforderungen des Art. 6 MRK" missachtet worden. Gemäß § 51i VStG sei bei Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist; darüber hinaus werde gemäß § 51g Abs. 1 VStG angeordnet, dass der UVS die zur Entscheidung der Sache erforderlichen Beweise selbst aufzunehmen habe. Die behauptete "Objektivierbarkeit" durch Zeitungsartikel, Auftragsbestätigungen, Photos und Aktenvermerke widerspreche den Grundsätzen "der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung".

Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, dass nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung eines Bescheides führt, sondern nur dann, wenn sie für die Entscheidung wesentlich ist. Ist dies nicht offenkundig - wie im hier vorliegenden Fall -, so ist in der Beschwerde konkret darzutun, zu welchen konkreten Feststellungen die belangte Behörde im Falle eines mängelfreien Verwaltungsverfahrens gelangt wäre, die zu einem anderen Bescheid hätten führen können.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der angekündigte Verkauf in N tatsächlich stattgefunden hat. Die belangte Behörde hat den Tatvorwurf darauf gestützt, dass die inkriminierte Ankündigung über Auftrag der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft im Osttiroler Boten eingeschaltet worden sei.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die gegenständliche Einschaltung im Osttiroler Boten im Auftrag der Firma "F & Co Gesellschaft m.b.H." erfolgte und er tritt den Ausführungen in der Begründung des Bescheides nicht entgegen, wonach "nicht der geringste Hinweis" vorliege, dass für diese Gesellschaft ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden wäre. Die belangte Behörde hat von der Geschäftsleitung des Osttiroler Boten den bei dieser eingelangten schriftlichen Auftrag zur Einschaltung des inkriminierten Textes eingeholt. Dieser enthält eine firmenmäßige Zeichnung mit der Stampiglie der "F & Co Gesellschaft m.b.H.", allerdings eine unleserliche Unterschrift des für die genannte Firma einschreitenden Verantwortlichen. Diese Urkunde wurde in der mündlichen Verhandlung dargetan; dazu wurden im Verfahren keine Erklärungen abgegeben. Weder der Beschwerdeführer noch sein Vertreter sind trotz ordnungsgemäßer Ladung zur Verhandlung erschienen. Damit durfte die belangte Behörde grundsätzlich gemäß § 9 Abs. 1 VStG von der strafrechtlichen Verantwortung des Beschwerdeführers als dem zur Vertretung nach außen befugten Organ der erwähnten Gesellschaft ausgehen. Das gemäß § 9 VStG verantwortliche Organ trifft nur dann kein Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG, wenn es den Nachweis zu erbringen vermag, dass Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließen. Dies auch dann, wenn die Übertretung ohne Wissen und Willen des verantwortlichen Organs begangen worden ist (vgl. dazu die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, zu § 9 Abs. 1 VStG zitierte hg. Judikatur). Auch in der vorliegenden Beschwerde wird nicht behauptet, dass der für die genannte Firma des Beschwerdeführers Unterzeichnende dazu aufgrund der internen Organisationsstruktur nicht befugt gewesen wäre bzw. überhaupt eine firmenfremde Person unter unrechtmäßiger Verwendung der Firmenstampiglie den Auftrag erteilt hätte. Demgemäß hat der Beschwerdeführer mit der Behauptung, durch die "beantragten und unterlassenen Einvernahmen hätte unter Beweis gestellt werden können, dass der Beschuldigte (persönlich) die Zeitungseinschaltung und Textierung weder veranlasst noch zu verantworten hatte", die Relevanz der behaupteten Verfahrensverletzungen nicht dargetan. Der Beschwerdeführer hätte vielmehr konkret anzuführen gehabt, welchen Sachverhalt er hätte unter Beweis stellen können, der ungeachtet der zitierten gesetzlichen Bestimmung dazu hätte führen müssen, dass ihn keine strafrechtliche Verantwortung für die Übertretung der hier gegenständlichen Verwaltungsvorschrift treffe.

Gemäß § 33a Abs. 1 UWG werden unter einer Ankündigung eines Ausverkaufes im Sinne dieses Bundesgesetzes alle öffentlichen Bekanntmachungen oder für einen größeren Kreis von Personen bestimmte Mitteilungen verstanden, die auf die Absicht schließen lassen, Waren in größeren Mengen beschleunigt im Kleinverkauf abzusetzen, und zugleich geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, dass der Gewerbetreibende durch besondere Umstände genötigt ist, beschleunigt zu verkaufen, und deshalb seine Waren zur außerordentlich vorteilhaften Bedingungen oder Preisen anbietet. Bekanntmachungen oder Mitteilungen, in denen die Worte "Ausverkauf", "Liquidationsverkauf", "Räumungsverkauf", "Schnellverkauf", "Verkauf zu Schleuderpreisen", "Wir Räumen unser Lager" oder Worte ähnlichen Sinnes vorkommen, gelten jedenfalls als Ankündigung eines Ausverkaufes.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. fallen nicht unter die Bestimmungen der §§ 33a bis 33e Bekanntmachungen und Mitteilungen über Saisonschlussverkäufe, Saisonräumungsverkäufe, Inventurverkäufe und dergleichen und im bezüglichen Geschäftszweig und zu bestimmten Jahreszeiten allgemein übliche Sonderverkäufe (z.B. "Weiße Woche", "Mantelwoche").

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass der Ankündigung die Ausnahmebestimmung des § 33a Abs. 2 UWG zugrundeliege.

Ob durch eine bestimmte Werbemaßnahme ein bewilligungspflichtiger Ausverkauf im Sinn des § 33a Abs. 1 UWG angekündigt wird, ist unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen. Dabei ist maßgebend die Vorstellung, die durch die gesamte Gestaltung der Ankündigung beim flüchtigen Durchschnittskonsumenten entsteht. Vor diesem rechtlichen Hintergrund vermag der Verwaltungsgerichtshof die im angefochtenen Bescheid dargelegte Rechtsansicht der belangten Behörde, aufgrund der Form und der Textierung der Ankündigung werde der Eindruck erweckt, es handle sich um einen Ausverkauf im Sinn des § 33a Abs. 1 UWG, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die belangte Behörde hat mit Recht die in dieser Ankündigung enthaltenen Hinweise, die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft sei ehemalige Lieferantin vom "Konsum", sie sei "auf insgesamt mehr als 40.000 Stück Teppichen sitzen" geblieben und versuche nun zu "extrem günstigen Preisen" ("minus 80 %") die "riesige Menge an Teppichen an den Mann zu bringen" zutreffend als geeignet qualifiziert, den Eindruck zu erwecken, dass der Gewerbetreibende durch besondere Umstände genötigt sei, beschleunigt zu verkaufen, und deshalb seine Waren zu außerordentlich vorteilhaften Bedingungen oder Preisen anbiete.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998040159.X00

Im RIS seit

21.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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