TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/1 W133 2185957-1

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Veröffentlicht am 01.02.2019
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Entscheidungsdatum

01.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55

Spruch

W133 2185957-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2017, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und den §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2, 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 10.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Am 11.10.2015 fand die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, bei der er angab, schiitischer Moslem zu sein und der Volksgruppe der Hazara anzugehören. Er sei am XXXX in Mazar-e Sharif in Afghanistan geboren worden. Als der Beschwerdeführer ein Kind gewesen sei, sei die Familie in den Iran gegangen. Er habe noch seine Mutter, einen Bruder und eine Schwester, sein Vater sei vor zehn Jahren verstorben. Seine Mutter habe Handarbeiten gemacht und damit den Lebensunterhalt für die Familie verdient. Im Iran habe er neun Jahre lang die Grundschule besucht und danach als Hilfsarbeiter gearbeitet. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass in Afghanistan Krieg und Unsicherheit herrschten. Er habe außerdem niemanden in Afghanistan. Im Iran sei er illegal aufhältig gewesen, deswegen habe er viele Probleme mit den Behörden gehabt. Zuletzt hätten ihn die iranischen Behörden nach Syrien in den Krieg schicken wollen. Daher sei er geflohen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan habe er Angst um sein Leben.

Im Akt befindet sich eine Vollmachtsbekanntgabe vom 15.09.2017 unterschrieben vom Beschwerdeführer zugunsten des XXXX .

Am 28.11.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt. Bei dieser gab der Beschwerdeführer an, dass er in Mazar-e Sharif in Afghanistan geboren worden sei und dort bis zum dritten Lebensjahr aufhältig gewesen sei. Im Iran sei er sechs Jahre zur Schule gegangen, er habe die Schule nach sechs Jahren verlassen, da sein Vater verstorben sei und er arbeiten gehen habe müssen. Er habe als Hilfsarbeiter auf Baustellen gearbeitet. Er sei schiitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Seine Mutter, seine Schwester und sein Bruder würden sich nach wie vor im Iran aufhalten, sein Bruder arbeite als Hilfsarbeiter und verdiene damit den Lebensunterhalt für die Familie. Sein Vater sei 2007 verstorben. Er telefoniere circa drei Mal im Monat mit seiner Familie. Im Iran würden auch zwei Onkel väterlicherseits, ein Onkel mütterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits leben. Befragt zu dem Grund für das Verlassen seines Heimatstaates führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Eltern entschieden hätten, dass sie Afghanistan verlassen sollten, da die Sicherheitslage dort schlecht gewesen sei. Im Iran habe er keinen Aufenthaltstitel gehabt, er sei im Iran sehr schlecht behandelt worden. Man könne dort nicht leicht eine Schule besuchen. Er sei nach Österreich gekommen um sich weiter zu entwickeln und zu arbeiten. Im Iran hätten die Afghanen keine Rechte, man könne z.B. kein Auto oder kein Motorrad kaufen. Die Iraner hätten mit ihm darüber gesprochen, dass er freiwillig nach Syrien in den Kampf ziehen solle, er hätte auch Geld dafür bekommen. Er werde in Afghanistan nicht verfolgt, er habe das Land als Kind verlassen. Er könne jedoch nicht nach Afghanistan zurückkehren, da es dort keine Sicherheit, keine Arbeit und kein Geld gebe.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.12.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung vom 05.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt. Ebenso wurde mit Verfahrensanordnung vom selben Tag ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 27.01.2018 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den XXXX , gegen den oben genannten Bescheid fristgerecht in vollem Umfang Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 31.01.2018 vom BFA vorgelegt.

Im Akt befindet sich eine Verständigung von der Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB und §§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB.

Mit Parteiengehör vom 20.06.2018 forderte das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers auf, binnen zwei Wochen eine ladungsfähige Adresse des Beschwerdeführers bekanntzugeben sowie mitzuteilen, ob die Vollmacht zum Beschwerdeführer noch aufrecht sei. Mit Schreiben vom 03.07.2018 gab die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die Auflösung der Vollmacht bekannt.

Im Akt befindet sich eine Ausreisebestätigung von IOM vom 30.07.2018. Laut dieser ist der Beschwerdeführer am 26.07.2018 unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgereist.

Der derzeitige Aufenthaltsort des Beschwerdeführers ist dem Bundesverwaltungsgericht nicht bekannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise nach Österreich am 10.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Der volljährige Beschwerdeführer wurde am XXXX in Mazar-e Sharif in der Provinz Balkh in Afghanistan geboren, er ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist Muslim schiitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht zweifelsfrei fest.

Der Beschwerdeführer beherrscht Dari und Farsi in Wort und Schrift. Er hat im Iran sechs Jahre lang die Schule besucht, danach hat er als Hilfsarbeiter auf Baustellen gearbeitet.

Die Familie des Beschwerdeführers ist, als dieser drei Jahr alt war, von Afghanistan in den Iran gezogen. Seine Mutter, seine Schwester und sein Bruder leben nach wie vor im Iran, sein Bruder arbeitet als Hilfsarbeiter und verdient damit den Lebensunterhalt für die Familie. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie in Kontakt. Der Vater des Beschwerdeführers ist 2007 verstorben. Es kann nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer noch Verwandte in seinem Heimatstaat Afghanistan hat.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen alleinstehenden, gesunden und leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf. Er verfügt über Schulbildung und Arbeitserfahrung als Bauarbeiter. Der Beschwerdeführer leidet an keinen körperlichen oder psychischen Erkrankungen. Der Beschwerdeführer ist daher gesund und arbeitsfähig.

Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist laut einer Ausreisebestätigung von IOM vom 30.07.2018 unter Gewährung von Rückkehrhilfe am 26.07.2018 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgereist. Der derzeitige Aufenthaltsort des Beschwerdeführers ist dem Bundesverwaltungsgericht nicht bekannt.

Der Beschwerdeführer hielt sich von seiner Antragstellung am 10.10.2015 bis zu seiner Ausreise am 26.07.2018 durchgehend auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf, bestritt den Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung und war nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer hat keine Bestätigungen über den Besuch von Deutschkursen vorgelegt, er hat keine Deutschprüfungen absolviert. Der Beschwerdeführer besuchte in Österreich weder die Schule noch war er berufstätig. Ein besonderes freiwilliges Engagement konnte beim Beschwerdeführer nicht erkannt werden. Für außergewöhnliche Integrationsbestrebungen des Beschwerdeführers gibt es keine Anhaltspunkte.

Er hat in Österreich keine Verwandten und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Es wurde gegen ihn Anklage wegen §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB und §§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB erhoben. Eine strafgerichtliche Verurteilung ist jedoch nicht dokumentiert.

Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat Afghanistan einer konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt war. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder zur schiitischen Religion konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass jeder Angehörige der Volksgruppe der Hazara oder der schiitischen Religion in Afghanistan physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt ist.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er im Iran aufgewachsen ist bzw. gelebt hat, konkret und individuell bzw. dass jedem afghanischen Rückkehrer aus dem Iran physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund einer "Verwestlichung" in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einer konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt wäre. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.

Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Geburtsstadt Mazar-e Sharif mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann der Beschwerdeführer aber auch auf die Stadt Herat verwiesen werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Mazar-e Sharif oder Herat Gefahr liefe, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Mazar-e Sharif oder Herat ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

Seine Existenz in Mazar-e Sharif oder Herat könnte er - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern, dabei könnte er seine oben bereits erwähnte Arbeitserfahrung als Bauarbeiter nutzen.

Er ist auch in der Lage in den genannten Städten eine einfache Unterkunft zu finden. Der Beschwerdeführer hat zunächst auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Er könnte anfangs auch Unterstützung von seiner Familie, welche sich im Iran aufhält, erhalten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Mazar-e Sharif oder Herat Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der Beschwerdeführer kann Mazar-e Sharif und Herat von Österreich aus sicher auf dem Luftweg erreichen.

Hinsichtlich der relevanten Situation in Afghanistan wird zunächst prinzipiell auf die Länderfeststellungen der belangten Behörde zu Afghanistan verwiesen. Bis zum Entscheidungsdatum sind dem Bundesverwaltungsgericht keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden.

Ergänzend wird Folgendes festgestellt:

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

Erreichbarkeit

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh eröffnet (Pajhwok 9.6.2013).

Internationaler Flughafen Herat

Im Jahr 2012 wurde der neue Terminal des internationalen Flughafens von Herat eröffnet (Pajhwok 13.2.2012; vgl. auch: DW 10.4.2013).

2. Beweiswürdigung

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zu Grunde:

Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich, zu seinem Geburtsdatum und seinem Geburtsort, zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Religionszugehörigkeit ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Aussagen im Asylverfahren. Daraus ergeben sich auch die Feststellungen zur Bildung und zur bisherigen Berufstätigkeit des Beschwerdeführers.

Zweifelsfreie Feststellungen über die Identität des Beschwerdeführers konnten aufgrund des Nichtvorliegens von Dokumenten nicht getroffen werden.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer, als er drei Jahre alt war, mit seiner Familie Afghanistan verlassen hat und in den Iran gezogen ist, ergibt sich aus seinen gleichbleibenden Aussagen im Asylverfahren. Daraus ergibt sich auch, dass die Mutter, die Schwester und der Bruder des Beschwerdeführers nach wie vor im Iran leben und der Bruder als Hilfsarbeiter den Lebensunterhalt für die Familie verdient. Der Beschwerdeführer brachte auch glaubhaft vor, dass er mit seiner Familie in Kontakt steht. Dass der Vater des Beschwerdeführers im Jahr 2007 verstorben ist, ergibt sich aus der im Rahmen der Einvernahme beim BFA vorgelegten Sterbeurkunde. Aufgrund der Aussage des Beschwerdeführers, dass er nicht genau wisse, ob er noch Verwandte in Afghanistan habe, konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer tatsächlich noch Verwandte in Afghanistan hat.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt, wonach er gesund ist, und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 26.07.2018 unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgereist ist, ergibt sich aus der im Akt aufliegenden Ausreisebestätigung von IOM vom 30.07.2018. Der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers ist dem Bundesverwaltungsgericht nicht bekannt (siehe Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 24.10.2018, wonach der Beschwerdeführer seit 01.08.2018 an seiner Meldeanschrift laut dem Zentralen Melderegister nicht mehr wohnhaft bzw. nicht mehr aufhältig ist). Auch die vormalige Rechtsvertretung des Beschwerdeführers konnte nach ausdrücklicher Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.06.2018 den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers nicht bekannt gegeben.

Die Feststellungen zur (fehlenden) Integration des Beschwerdeführers in Österreich stützen sich auf die von ihm getätigten Angaben vor dem BFA.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einem aktuell vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Strafregister. Die Feststellung, dass gegen den Beschwerdeführer Anklage wegen §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB und §§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB erhoben wurde, ergibt sich aus dem diesbezüglich im Akt aufliegenden Schreiben.

Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Die Gründe seiner Familie für das Verlassen Afghanistans, als der Beschwerdeführer noch ein Kind war, schilderte er im Verfahren gleichbleibend: Bei seiner Erstbefragung am 11.10.2015 gab er als Fluchtgrund an, dass in Afghanistan Krieg und Unsicherheit geherrscht habe. Bei seiner Einvernahme durch das BFA gab der Beschwerdeführer an, dass seine Eltern entschieden hätten Afghanistan zu verlassen, da die Sicherheitslage dort schlecht gewesen sei. Auf die Frage, ob er in Afghanistan je persönlich bedroht worden sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass er ein Kind gewesen sei, als er Afghanistan verlassen habe, er werde in Afghanistan nicht verfolgt.

Der Beschwerdeführer hat somit nicht dargetan, dass er je persönlich in Afghanistan verfolgt bzw. bedroht worden wäre. Der Beschwerdeführer hat auch kein Vorbringen dahingehend erstattet, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt wäre.

Aus der Berichtslage lässt sich für Afghanen auch aus dem Grund der Hazara-Volksgruppenzugehörigkeit bzw. der Zugehörigkeit zur schiitischen Religion allgemein keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Verfolgungsgefahr bzw. Diskriminierungsgefahr von asylrelevanter Intensität ableiten.

Aus der Berichtslage lässt sich auch sonst für Afghanen im Hinblick auf einen langjährigen Aufenthalt im Iran (und seit einiger Zeit: Europa) und einer damit zusammenhängenden "Verwestlichung" allgemein keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Verfolgungsgefahr bzw. Diskriminierungsgefahr von asylrelevanter Intensität ableiten.

Das erkennende Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht vom Iran nach Afghanistan abgeschoben werden wollte und Angst hatte, vom Iran aus nach Syrien geschickt zu werden, und aus diesem Grund den Iran in Richtung Europa verlassen hat, nicht jedoch aufgrund einer gegen seine Person gerichteten drohenden Verfolgungsgefahr in Afghanistan; dies insbesondere im Hinblick auf seine mehrfachen Aussagen bei seiner Erstbefragung und vor dem BFA betreffend die Probleme der Afghanen im Iran. Das Vorbringen in Bezug auf den Iran ist jedoch für das gegenständliche Verfahren unbeachtlich, weil es sich nicht auf das Heimatland als Herkunftsstaat bezieht, sondern auf den Iran, wo der Beschwerdeführer seit seiner Kindheit gelebt hat.

Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bei einer allfälligen Rückkehr nach Afghanistan, zum Bespiel in seine Geburtsstadt Mazar-e Sharif oder die Stadt Herat, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in keine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ergibt sich aus den von der Behörde herangezogenen Länderberichten. Die Sicherheitslage in Mazar-e Sharif und Herat ist laut diesem Länderinformationsblatt als relativ stabil einzustufen.

Wie oben bereits dargetan, gründen die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers auf seinen diesbezüglich glaubhaften Aussagen beim Bundesamt.

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Mazar-e Sharif oder Herat kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens nicht glaubhaft machen konnte, dass er im Fall der Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt wäre.

Es gibt keinen Anhaltspunkt, wieso der Beschwerdeführer in Mazar-e Sharif oder in Herat nicht in der Lage sein sollte, seine Existenz - etwa auch durch Gelegenheits- und Hilfsarbeiten - zu sichern und eine einfache Unterkunft zu finden. Der Beschwerdeführer verfügt - wie festgestellt - über Schulbildung und Arbeitserfahrung. Er könnte in den genannten Städten seine grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse befriedigen und würde nicht in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Lage geraten. Zur Erleichterung seiner Rückkehr könnte der Beschwerdeführer zudem eine finanzielle Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen, die zumindest in der ersten Zeit als Überbrückung dienen kann, bis der Beschwerdeführer eine Arbeit gefunden hat. Er könnte anfangs auch Unterstützung von seiner Familie, welche sich im Iran aufhält, erhalten.

Aus dem Länderinformationsblatt geht weiters hervor, dass die genannten Städte über die internationalen Flughäfen Mazar-e Sharif und Herat sicher erreichbar sind.

Zur Situation im Herkunftsstaat:

Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Länderdokumente, nämlich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation. Der Beschwerdeführer ist den Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten.

Insoweit diesen Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums (zuletzt Kurzinformation zum LIB Stand 29.06.2018 vom 08.01.2019 und UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018) für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben. Die verschlechterte Lage in Kabul wurde in der nunmehrigen Entscheidung entsprechend berücksichtigt und Kabul als Rückkehrmöglichkeit nicht angenommen. Die zugrundeliegenden Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Insgesamt bleibt daher festzuhalten, dass das Bundesamt ein durchwegs mängelfreies Ermittlungsverfahren geführt hat. Dem Beschwerdeführer wurde vom BFA die Möglichkeit eingeräumt, seine persönlichen Fluchtgründe in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan geltend zu machen und kann es daher nicht der belangten Behörde angelastet werden, wenn der Beschwerdeführer davon nicht mit Erfolg Gebrauch gemacht hat.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher aus den bereits angeführten Überlegungen der Beurteilung durch das Bundesamt an, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine aktuelle und konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr in Bezug auf seinen Heimatstaat Afghanistan glaubhaft zu machen. Auch in der Beschwerde wurde diesbezüglich kein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstattet.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Zur Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren" (vgl. VfSlg. 19.086/2010; VfGH 12.06.2010, U 613/10).

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031; 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 06.11.2009, 2008/19/0012; 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031; 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793; 23.02.2011, 2011/23/0064) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Abgesehen davon, dass einer derartigen nicht vom Staat sondern von Privatpersonen ausgehenden Bedrohung nur dann Asylrelevanz zuzubilligen wäre, wenn solche Übergriffe von staatlichen Stellen geduldet würden (VwGH 10.03.1993, 92/01/1090) bzw. wenn der betreffende Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt wäre, diese Verfolgung hintanzuhalten, hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt, dass die Asylgewährung für den Fall einer solchen Bedrohung nur dann in Betracht kommt, wenn diese von Privatpersonen ausgehende Verfolgung auf Konventionsgründe zurückzuführen ist (vgl. VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551; 29.06.2006, 2002/20/0167).

Eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat hingegen nur dann asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. etwa VwGH 26.11.2014, Ra 2014/19/0059; 18.11.2015, Ra 2014/18/0162; 19.04.2016, Ra 2015/20/0302, je mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) - , kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (VwGH 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit aufgrund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191).

Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn den Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

Ausgehend von diesen rechtlichen Voraussetzungen ergibt sich im Lichte des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhalts, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, dass ihm in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung asylrelevanter Intensität droht, nicht begründet ist. Insbesondere konnte vom Beschwerdeführer eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen nicht glaubhaft gemacht und auch sonst vom erkennenden Gericht nicht festgestellt werden.

Aus dem allgemeinen und unsubstantiiert gebliebenen Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne, da die Sicherheitslage dort schlecht sei, lässt sich keine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungsgefahr in Afghanistan ableiten.

In Ermangelung von, vom Beschwerdeführer vorgebrachten individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob er im Herkunftsland aufgrund generalisierender Merkmale - etwa wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wäre.

Nach dem Inhalt der Länderberichte sind etwa 10 bis 19 % der Bevölkerung schiitische Muslime. Die Minderheit der Hazara macht etwa 10 % der Bevölkerung aus. Derzeit leben etwa 3,33 Millionen Hazara in Afghanistan.

Aus der aktuellen Berichtslage ergibt sich, dass Hazara nicht nur weiterhin von Diskriminierung in Form von illegaler Besteuerung, Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Gewalt und Inhaftierung betroffen sind, sondern dass es in den Jahren 2015 und 2016 zu einem Anstieg an Entführungen und Tötungen von Hazara durch regierungsfeindliche Kräfte kam. Vereinzelte Angriffe, Entführungen oder Tötungen von Zivilpersonen sowie Terroranschläge in Afghanistan sind grundsätzlich jederzeit und überall möglich. Die Gründe für diese Gewalthandlungen sind dabei ebenso vielfältig wie die beteiligten Konfliktgruppen und die jeweiligen Opfer der Taten.

Für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung ist zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048). Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass ein Angehöriger der ethnischen und religiösen Minderheit der Hazara im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Verfolgung im Sinne eines ungerechtfertigten Eingriffs von erheblicher Intensität ausgesetzt zu sein.

Aus den in den Länderberichten geschilderten Vorfällen lässt sich derzeit nicht ableiten, dass diese die Gesamtheit der in Afghanistan lebenden Hazara zum Ziel haben. Die in Afghanistan immer wieder bestehende Diskriminierung der schiitischen Hazara und die beobachtete Zunahme von Übergriffen gegen Hazara erreichen kein Ausmaß, das die Annahme rechtfertigen würde, dass in Afghanistan lebende schiitische Hazara wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen und religiösen Minderheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten. Eine Gruppenverfolgung ist auch nicht daraus ableitbar, dass Hazara allenfalls Opfer krimineller Aktivitäten werden oder schwierigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind.

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).

Eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara lässt sich somit nicht erkennen.

Zum Vorbringen, der Beschwerdeführer könnten aufgrund einer "westlichen" Gesinnung beziehungsweise aufgrund seines langen Aufenthalts im Iran bzw. in Europa nicht nach Afghanistan zurückkehren, wird angemerkt, dass aus den verwendeten Länderberichten sowie dem notorischen Wissen nicht ersichtlich ist, dass alleine eine westliche Geisteshaltung bei Männern mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung asylrelevanter Intensität auslösen würde; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt dafür nicht (so z.B. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185 mwN). Insbesondere verneint der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur auch eine Vergleichbarkeit solcher Sachverhalte mit seiner Judikatur zum "selbstbestimmten westlichen Lebensstil" von Frauen (vgl. VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0329).

Darüber hinaus ist auch eine von individuellen Aspekten unabhängige "Gruppenverfolgung" für Rückkehrer aus Europa bzw. aus dem Iran vor dem Hintergrund der oben angeführten Länderfeststellungen für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar. So geht aus diesen zwar hervor, dass Rückkehrer Konflikten, Unsicherheiten und weitreichender Armut ausgesetzt sein können (wobei die Länderberichte hierbei auf Personen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, Bezug nehmen), es wird jedoch auch von 700.000 Personen berichtet, die seit Jänner 2016 aus Pakistan, dem Iran, Europa und anderen Regionen bereits zurückgekehrt sind. Eine Verfolgung von "Rückkehrern" im Sinne der GFK kann darin nicht erkannt werden.

Der Beschwerdeführer ist am 26.07.2018 unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgereist. Auch das spricht nicht dafür, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan eine asylrelevante Verfolgung droht.

Im Übrigen ist anzumerken, dass die allgemeine schlechte Lage in Afghanistan für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK begründet. Um eine asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233 mwH).

Soweit sich das fluchtkausale Vorbringen des Beschwerdeführers auf die schwierigen Lebensumstände illegal im Iran aufhältiger Afghanen bezieht, so ist ihm entgegen zu halten, dass § 3 Abs. 1 AsylG 2005 die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nur vorsieht, wenn dem Fremden im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Herkunftsstaat ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 jener Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt; nur im Falle der Staatenlosigkeit gilt der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes als Herkunftsstaat. Auf Grund der afghanischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers kann somit sein Vorbringen im Hinblick auf den Iran außer Betracht bleiben (vgl. VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde hat sich die belangte Behörde ausführlich und umfassend mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Da im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen ist, dass dem Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, war der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.

Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG 2005).

Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005).

Es ist somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen. Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein sowie ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen (siehe zB VwGH 30.05.2001, 97/21/0560).

Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 23.01.2018, Ra 2017/20/0361, mit Verweis auf VwGH 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, und 08.09.2016, Ra 2016/20/0063, jeweils mwN).

Es obliegt grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Es reicht für den Antragsteller nicht aus, sich bloß auf eine allgemeine schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu berufen. Die allgemeine Situation in Afghanistan ist nämlich nicht so gelagert, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (siehe VwGH 23.01.2018, Ra 2017/20/0361).

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137).

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Judikatur eine konkrete Auseinandersetzung mit den, den Asylwerber konkret und individuell betreffenden Umständen, die er bei Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu gewärtigen hätte (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233). Die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative erfordert im Hinblick auf das ihr u.a. innewohnende Zumutbarkeitskalkül somit insbesondere nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet (VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

Nach allgemeiner Auffassung soll die Frage der Zumutbarkeit danach beurteilt werden, ob der in einem Teil seines Herkunftslandes verfolgte oder von ernsthaften Schäden (iSd Art. 15 Statusrichtlinie) bedrohte Asylwerber in einem anderen Teil des Herkunftsstaates ein "relativ normales Leben" ohne unangemessene Härte führen kann. Dabei ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen. (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, mwN).

Bei der Einzelfallprüfung hinsichtlich der Zumutbarkeit einer Übersiedlung nach Kabul kommt den Fragestellungen, ob der Asylwerber bereits vor seiner Flucht in Kabul gelebt hat, ob er dort über soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, die es ihm ermöglichen, seinen Lebensunterhalt zu sichern, oder ob er auch ohne solche Anknüpfungspunkte seinen Lebensunterhalt derart sichern kann, dass er nicht in eine Art. 3 EMRK widersprechende, aussichtslose Lage gelangt, maßgebliches Gewicht zu (vgl. dazu z.B. VfGH 11.12.2013, U 2643/2012).

Der UNHCR formuliert in seinen Richtlinien, dass die Beantwortung der Frage, ob dem Asylwerber ein Aufenthalt in einem bestimmten Gebiet des Herkunftsstaates zugemutet werden kann, von mehreren Faktoren abhängt. Dazu müssten die persönlichen Umstände des Betroffenen (einschließlich allfälliger Traumata infolge früherer Verfolgung), die Sicherheit, die Achtung der Menschenrechte und die Aussichten auf wirtschaftliches Überleben in diesem Gebiet beurteilt werden. (siehe VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001)

Nach den Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, welchen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ist (siehe VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, mit Verweis auf VwGH 22. 11.2016, Ra 2016/20/0259, mwN), ist eine interne Schutzalternative grundsätzlich nur dann zumutbar, wenn betroffene Personen Zugang zu einem traditionellen Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gruppe im vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet haben und davon ausgegangen werden kann, dass diese willens und in der Lage sind, den Antragsteller tatsächlich zu unterstützen. Die einzigen Ausnahmen von der Anforderung der externen Unterstützung stellen nach Auffassung von UNHCR alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf dar. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle stehen (Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S 10 und 95 ff). Auch in den aktualisierten Richtlinien vom 30.08.2018 bleibt UNHCR im Großen und Ganzen bei dieser Einschätzung (UNHCR, Eligibility Guidelines, vom 30.08.2018).

Auch der EGMR geht gestützt auf die Afghanistan-Richtlinien des UNHCR davon aus, dass die Übersiedlung in einen anderen Teil Afghanistans zumutbar ist, wenn Schutz durch die eigene Großfamilie, Gemeinschaft oder den Stamm am Zielort verfügbar ist; alleinstehenden Männern und Kleinfamilien ist es unter bestimmten Umständen auch möglich, ohne Unterstützung durch Familie und Gemeinschaft in städtischen oder halbstädtischen Gebieten mit existenter Infrastruktur und unter effektiver staatlicher Kontrolle zu überleben (siehe dazu VfGH 13.09.2013, U 370/2012, mwN).

Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis ausgesprochen, dass einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist und die Möglichkeit hat, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul zugemutet werden kann, und zwar selbst dann, wenn er nicht in Afghanistan geboren ist, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan hat, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen ist. Dass der Asylwerber über keine guten Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Kabul verfügt, reicht für sich betrachtet für die Annahme der Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht aus (VfGH 12.12.2017, E 2068/2017; siehe auch unlängst VwGH 20.02.2018, Ra 2018/20/0067).

Mit dem Aufzeigen der bloßen Möglichkeit einer schwierigen Lebenssituation bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht im Fall einer Rückführung in den Herkunftsstaat wird die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit einer Verletzung des Art. 3 EMRK im Sinne der obigen Rechtsgrundsätze damit in Bezug auf Kabul nicht dargetan (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhalts ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gegenständlich nicht gegeben sind:

Wie dargelegt reicht es für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten entsprechend der oben wiedergegeben Judikatur nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen vom Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden, die im Fall der Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen:

Solche Umstände vermochte der Beschwerdeführer im Verfahren nicht darzulegen.

Der Beschwerdeführer wurde in Mazar-e Sharif in der Provinz Balkh in Afghanistan geboren und lebte dort bis zum Alter von drei Jahren, danach ist er mit seiner Familie in den Iran gezogen. Der Iran ist ein muslimisches Land. Der Beschwerdeführer ist in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen und spricht eine der Landessprachen Afghanistans. Der Beschwerdeführer ist daher mit den kulturellen Gepflogenheiten von muslimischen Ländern vertraut, zudem ist eine Landessprache Afghanistans seine Muttersprache. Auch wenn eine Rückführung zu einer schwierigen Lebenssituation bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht führen könnte, wird damit aber entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch nicht die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK im Sinne der obigen Rechtsgrundsätze in Bezug auf die Städte Mazar-e Sharif oder Herat dargetan.

Es muss maßgeblich berücksichtigt werden, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen gesunden, erwachsenen und arbeitsfähigen Mann handelt, der über Schulbildung und Arbeitserfahrung verfügt und bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann.

Der Beschwerdeführer kann durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise in Mazar-e Sharif und auch in der Stadt Herat das Auslangen finden. Seine Existenz könnte er dort mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern, wobei er auch seine Arbeitserfahrung nutzen kann. Da in Mazar-e Sharif und Herat Häuser und Wohnungen zur Verfügung stehen, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine einfache Unterkunft finden könnte. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt wäre, gib

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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