Entscheidungsdatum
11.02.2019Norm
BEinstG §14Spruch
W201 2213283-1/3E
B E S C H L U S S
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie dem fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Ewald Hannes GRABNER, Rotenturmstr. 12/6, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, OB: 2XXXX, vom 30.11.2018, betreffend Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten, beschlossen:
A)
Der angefochtene Bescheid vom 30.11.2018 wird behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Herr XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) stellte einlangend am 11.05.2018 einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten".
2. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (in weiterer Folge: belangte Behörde), veranlasste die Untersuchung des Beschwerdeführers durch einen Arzt für Allgemeinmedizin.
Das Sachverständigengutachten vom 08.10.2018 enthält auszugsweise folgendes:
"Anamnese:
Erstbegutachtung
TE, Schieloperation rechts, Hemithyreoidektomie links bei solitärem Schilddrüsenadenom
Derzeitige Beschwerden:
Der Antragswerber klagt "über Schmerzen bei Überkopfbewegungen rechte Schulter, solang er das Auge tropfe sei es ok. Die Einstellung der Schilddrüse sei erst nächste Woche vorgesehen"
Pollenallergie bekannt
Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert. Lt. eigenen Angaben mit öffentlichen VM zur ho. Untersuchung gekommen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Augentropfen
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2018-5 Dr. Katja Stelzer, FA fur Augenheilkunde: Amblyopia re , Stp Glaucoma acuta rechts Visus LE rechts und 1,0 links , funktioneller Monokulus li; 2018-3 Krankenhaus Rudolfstiftung: Hemithyreoidektomie links bei Solitärem Schilddrüsenadenom links ohne Anhalt für Malignität
2017-5 MRT des rechten Schultergelenks: 5 mm grolie Partialruptur der Supraspinatussehne am footprint des mittleren Sehnenzugels<
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
50- jähriger AW in gutem AZ kommt alleine zur Untersuchung, Rechtshänder
Ernährungszustand:
gut
Klinischer Status - Fachstatus:
Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute: unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal PR unauffällig, Rachen: bland,
Gebiss: saniert,
Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig. Collum: blande Narbenverhältnisse nach Strumaoperation, keine Einflussstauung, keine Stenosegeräusche Thorax: symmetrisch,
Cor: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min Pulmo:
sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer Abdomen: Bauchdecken im Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent, blande Narbenverhältnisse nach Knochenentnahme rechter Beckenkamm für Fersenbeincyste, NL bds. frei
Extremitäten: OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Nacken und Schürzengriff gut möglich, endlagige Funktionsstörung der re. Schulter, in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Faustschluss beidseits unauffällig, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben, Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.
UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität, keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.
tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme
PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.
Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose und leichte Abflachung der physiologischen Lendenlordose, FBA: 0 cm, Aufrichten frei, kein
Klopfschmerz, Schober: Ott: unauffällig, altersentsprechend freie
Beweglichkeit der HWS, Kinn-Brustabstand: 1 cm, Hartspann der paravertebralen Muskulatur,
Gesamtmobilität - Gangbild:
kommt mit Halbschuhen frei gehend unauffällig, Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits gut möglich. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten nahezu vollständig durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen
Status Psychicus:
Bewusstsein klar, gut kontaktfähig, Allseits orientiert, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten; keine produktive oder psychotische Symptomatik,
Antrieb unauffällig, Affekt: adäquat
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Amblyopie rechts mit funktionellem Monokulus links
11.02.02
30
2
Zustand nach Hemithyreoidektomie links Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da euthyreot
09.03.01
10
3
Partialruptur der Supraspinatussehne rechts
02.06.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 2-3 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
keines vorliegend
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Dauerzustand"
3. Am 30.11.2018 erließ die belangte Behörde einen Bescheid, in welchem der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten abgelehnt wurde.
Begründet wurde der Bescheid mit den "Ergebnissen" des ärztlichen Begutachtungsverfahrens, welches einen Grad der Behinderung von lediglich 30% ergeben habe.
4. Mit Schreiben vom 16.01.2019 brachte der Beschwerdeführer im Weg seines rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid ein.
Das medizinische Gutachten sei unrichtig und reiche für die Beurteilung der Frage nach der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zum Personenkreis der begünstigten Behinderten nicht aus. Um diese Frage beurteilen zu können, hätten Gutachten aus den Fachbereichen Augenheilkunde, Unfallchirurgie, Innere Medizin, Neurologie/Psychiatrie sowie Orthopädie eingeholt werden müssen.
Der Beschwerdeführer sei am rechten Auge nicht nur erblindet, sondern er leide auch an überhöhtem Augendruck, der zu starken Schmerzen führe. Diese Beeinträchtigungen führten zu psychischen Problemen, Unruhegefühl, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen und Angstzuständen.
Weiters habe dem Beschwerdeführer ein halber linker Schilddrüsenlappen entfernt werden müssen. Daraus resultiere eine depressive Verstimmung sowie Muskelschwäche und Muskelsteifigkeit. Im April 2017 habe sich der Beschwerdeführer eine Schulterverletzung zugezogen und verspüre oft starke Schmerzen im gesamten Bereich der rechten Schulter.
Im Jahr 2000 oder 2001 habe der Beschwerdeführer einen starken Bandscheibenvorfall erlitten. Aufgrund dieses Bandscheibenvorfalls habe sich der Beschwerdeführer bereits fünf Mal auf Kur befunden.
Trotzdem sich der Beschwerdeführer in ständiger ärztlicher Behandlung befinde, sei keine wesentliche Besserung seines Gesundheitszustandes eingetreten.
5. Der Beschwerdeakt wurde am18.01.2019 dem BVwG vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Zurückverweisung
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.). § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze klargestellt:
• Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
• Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
• Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Der Beschwerdeführer hat bereits mit seinem Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten medizinische Unterlagen betreffend seine Leiden (Augen, Schilddrüse und Schulter) in Vorlage gebracht.
Die belangte Behörde hat zur Überprüfung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers jedoch lediglich ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und hat es unterlassen, im Verfahren ein augenärztliches, ein orthopädisches Gutachten sowie ein Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin nach erfolgter fachärztlicher Untersuchung einzuholen.
Es besteht zwar kein Anspruch auf die Zuziehung von Sachverständigen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes, jedoch ist im vorliegenden Fall das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten zur Beurteilung der beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden nicht geeignet. So hat der Beschwerdeführer bereits im Rahmen der Antragstellung ein Augenleiden, orthopädische Leiden sowie Probleme mit der Schilddrüse vorgebracht, und hat auch medizinische Beweismittel in diesem Zusammenhang vorgelegt. Aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass zusätzlich zur erfolgten Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Allgemeinmedizin auch die Einholung von Gutachten der Fachrichtungen Orthopädie, Augenheilkunde sowie Innere Medizin unbedingt erforderlich ist, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers zu gewährleisten. Eine qualifizierte Beurteilung des Augenleidens ist nicht erfolgt. Ebenso wurden weder die orthopädischen Leidenszustände noch das Schilddrüsenleiden des Beschwerdeführers im angefochtenen Verfahren qualifiziert beurteilt. Die alleinige Heranziehung eines Sachverständigen der Fachrichtung Allgemeinmedizin durch die belangte Behörde ist somit offensichtlich sachwidrig erfolgt.
Die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage nicht möglich. Der eingeholte medizinische Sachverständigenbeweis vermag die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Ein Gutachten bzw. eine medizinische Stellungnahme, welche Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu einer Beurteilung gelangt ist, stellt keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung dar (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde sohin unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens und unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen zusätzlich zu dem bereits eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten ärztliche Sachverständigengutachten der Fachrichtung Orthopädie, Augenheilkunde, Innere Medizin sowie Neurologie basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, einzuholen und die Ergebnisse bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben. Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rascher und kostengünstiger festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A wurde ausführlich unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, ausgeführt, dass im verwaltungsbehördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen unterlassen wurden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W201.2213283.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.04.2019