TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/12 W105 2184559-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2019
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Entscheidungsdatum

12.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W105 2184559-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Harald BENDA über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2017, Zl: 1093808409-151716759, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 05.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am 07.11.2015 durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer einerseits an, in Afghanistan geboren und im Lebensalter von vier Jahren nach dem Iran verzogen zu sein und habe er ab dem vierten Lebensjahr im Iran gelebt; sowie gab der Antragsteller weiters zu Protokoll, den Iran verlassen zu haben, weil er dort als Afghane keine Rechte gehabt habe; er habe nicht in die Schule gehen und nicht arbeiten können. Er sei von den Behörden schikaniert und ab und zu geschlagen worden. Er habe sein Glück in einem anderen Land versuchen wollen und habe darum den Iran verlassen.

3. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme des Antragstellers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2017 konkretisierte der Antragsteller sein Vorbringen dahingehend, am

XXXX /Afghanistan geboren zu sein und sei er Angehöriger der Volksgruppe der Hazara. Als er vier gewesen sei, sei er mit seinem großen Bruder nach Afghanistan ausgereist. Er habe mit seinem Bruder dort gearbeitet und habe sein Bruder Hühner gezüchtet. Sein Arbeitgeber habe ihn dann in eine afghanische Privatschule zu einer Lehrerin gebracht. Er sei drei Jahre in die Schule gegangen. Nach der Schule habe er als Maurer oder Schmied gearbeitet oder andere Tätigkeiten ausgeübt. Zuletzt sei seine Arbeit Schmied und Schweißer gewesen.

Auf Befragen gab der Antragsteller des weiteren zu Protokoll: Sein Großvater sei eine Art Mullah gewesen und habe sein Vater ihm geholfen. In dieser Zeit seien die Mullahs getötet worden. Sein Vater sei getötet worden; dies in Zusammenhang damit, dass er gepredigt habe und sei für die Sunniten lediglich das die wahre Religion. Im Herkunftsort habe es "religiöse Kriege" gegeben. Nach dem Tod seiner Eltern habe er daher mit seinem Bruder nach dem Iran flüchten müssen. Er glaube - wisse dies jedoch nicht ganz genau - dass seine Eltern gegen andere Religionen gepredigt hätten und sei deshalb auch ein Problem mit anderen Gruppierungen entstanden. Es sei ein Problem zwischen Schiiten und Sunniten gewesen. Vielleicht sei das Problem auch anders gelagert gewesen.

Auf Frage, warum er nunmehr zum Christentum konvertieren wolle, führte der Antragsteller aus wie folgt:

"A: Der Grund war wegen dem Tod meiner Eltern, weil sie durch den religiösen Krieg getötet wurden, weil die Muslimen sich nicht einig sind, auch wegen dem Verhalten von Muslimen im Iran und im Vergleich dazu das Verhalten der Katholiken und Protestanten in europäischen Ländern. Die Freundschaft, Freundlichkeit und Warmherzigkeit der Leute hier, war auch der Grund, weshalb ich zum Christentum konvertieren möchte. Diese Leute schauen nicht, ob man Sunnit oder Schiit ist, oder Afghane oder von wo anders, die schauen nur, ob man ein Mensch ist. Zum Beispiel, wenn ein Muslim in den Iran geht, werden die von den Iranern beschimpft oder gequält, sie werden schlecht behandelt, aber wenn ein Muslim nach Europa kommt, werden die gleichbehandelt, sie schauen, ob man ein guter Mensch oder schlechter Mensch ist, auch wenn ein Muslim in ein anderes muslimisches Land geht, wird dieser schlecht behandelt.

F: Seit wann interessieren Sie sich für den christlichen Glauben?

A: Seit letztem Jahr, aber ich hatte zwei bis drei Monate Angst, dass die Leute nicht verstehen, dass ich konvertiere, dann haben wir einen Leiter in dem Heim für Minderjährige, er heißt XXXX (Anm.: Ast schreibt Namen selbst auf einen Zettel). Ich habe mich von der Person beraten lassen, dann gingen wir in eine Kirche und haben mit dem Pfarrer geredet und der Pfarrer hat gesagt, wir sollen am Samstag kommen, am nächsten Samstag als wir dort waren, saßen dort mehrere Leute. Dann haben uns die Leute herzlich begrüßt, dann habe ich ein Geschenk, eine Kette, als Willkommensgeschenk bekommen. Ich bin ein paar Monate jeden Samstag von acht bis neun in der Früh in die Kirche gegangen. Vor zwei Monaten habe ich eine Nachricht bekommen, er sagte ich solle am Samstag kommen und nach XXXX fahren, wir sind nach XXXX gekommen, dort gibt er einen Kurs. In diesem Kurs gehe ich zweimal im Monat, bis jetzt besuche ich diesen Kurs. Kommenden Samstag habe ich auch diesen Kurs.

F: Herr XXXX , ist dieser auch Mitglied in der Kirche?

A: Ich weiß es nicht, ist sein Privatleben.

F: Welcher Funktion hatte XXXX in dem Heim?

A: Er war Leiter. Es gibt noch einige Leiter, aber er ist Leiter.

F: In welche Kirche gingen Sie dann?

A: In XXXX in die Kirche.

F: Welche Kirche ist das?

A: Katholische Kirche. Bevor ich in die Kirche ging, habe ich noch eine andere Frau kennen gelernt, sie hat mich mitgenommen in die Kirche, sie hat in der Kirche Musik gespielt. Ich bin seit zirka einem Jahr und zwei Monaten in dieser Richtung, dass ich meine Religion wechsle.

F: In welchem Kurs gehen Sie, zweimal im Monat?

A: Die Adresse weis ich nicht genau, aber das ist Richtung XXXX .

F: Was machen Sie in diesem Kurs?

A: Dort ist auch ein persischer Dolmetscher, dieser erzählt über das Christentum. Sie bereiten uns vor für die Taufe, es ist ein Taufkurs oder Taufvorbereitung.

F: Wo gehen Sie in die Kriche?

A: In XXXX , in die katholische Kirche.

F: Wie oft gehen Sie in die Kirche?

A: Jeden Samstag. Ich habe mich getäuscht, ich gehe jeden Sonntag in die Kirche. Manchmal gehe ich Samstag, manchmal Sonntag. Einmal war ich dort, ob sie für mich eine Unterkunft finden und sie haben gesagt ich solle am Samstag wieder kommen, ich war dann dort und ich habe meine Angelegenheit erklärt und haben dabei versucht mir zu helfen.

F: Aus welchem Grund benötigen Sie eine Wohnung?

A: Die Asylheime sind nicht gut. Wir sind einem Container. In unserem Zimmer wohnen vier Personen, wenn ich meine Bibel lese, dann bekomme ich Probleme mit meinen Mitbewohnern.

F: Welche Art von Problemen?

A: Die Leute fragen mich, warum ich die Religion meiner Großeltern gewechselt habe und sie belästigen mich, solange ich dort wohne. Als ich meine Religion wechseln mochte, sagte XXXX , dass es egal wäre, ob jemand weiß wenn ich meine Religion wechsle, aber ich war auch bei einem Psychiater und er hat gesagt, dass es gut ist, wenn ich meine Religion verstecke.

F: In welcher Sprache lesen Sie die Bibel?

A: Farsi.

F: Woher haben Sie die Bibel auf Farsi?

A: Eine habe ich im Taufkurs bekommen und die sagten, dass die aus Teheran wäre. Eine weiter Bibel habe ich von einer Frau bekommen.

F: Ist der Taufkurs auch von der katholischen Kirche?

A: Ja.

F: Wie kam es dazu, dass Sie den Wunsch haben zum Christentum zu konvertieren?

A: Was ich in meine Augen real sehe, dann glaube ich das, was ich in der Welt der Muslimen sehe im Vergleich zur Welt des Christentums ist sehr unterschiedlich. Ich mag diese Religion, weil das jetzt in meinem Herzen ist und ich will das Leben mit dieser Religion weiter führen.

F: Gab es einen konkreten Anlass, der Sie veranlasst hat zum Christentum zu konvertieren?

A: Ja, weil meine Eltern getötet wurden, weil sie Muslime waren, die durch Muslime getötet wurden.

F: Interessierten Sie sich im Iran auch schon für das Christentum?

A: Ich kannte damals das Christentum nicht.

F: Besuchten Sie im Iran regelmäßig eine Moschee?

A: Es gab Moscheen, aber ich war nie in der Moschee.

F: Was sagte Ihre Bekannten und Freunde dazu, dass Sie nie in der Moschee waren?

A: Sie haben nichts gesagt, das ist ganz normal bei Jugendlichen.

F: Haben Sie eine Bestätigung von dem Taufvorbereitungskurs?

A: Ja

Anm.: Ast legt Bestätigungen vor. Diese werden kopiert und dem Akt beigelegt.

F: Die Bestätigung des Kurses besagt, dass Sie die Taufvorbereitungen erst seit knapp eineinhalb Monaten besuchen, nicht seit eineinhalb Jahren, so wie Sie das angaben!

A: Ich interessiere mich seit eineinhalb Jahren für das Christentum und seit eineinhalb Monaten mache ich diesen Kurs.

F: In welcher Sprache wird der Gottesdienst abgehalten?

A: Es wird auf Deutsch gehalten, aber wir haben Dolmetscher und es wird übersetzt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich hier im Taufkurs in der Kirche Dolmetscher habe.

F: Wann haben Sie den letzten Gottesdienst besucht?

A: Am vierten November. Nachgefragt gebe ich an, dass das in dem Taufvorbereitungskurs war.

F: Gehen Sie gelegentlich in XXXX in die Kirche?

A: Ja. Nachgefragt gebe ich an, dass ich dort letzte Woche das letzte Mal dort war.

F: Was wurde dort gepredigt in der Kirche?

A: Über Jesus Christus und seine Geschichte.

F: Wer ist das Oberhaupt der katholischen Kirche?

A: Das weiß ich nicht. Ich habe nicht so viele Informationen, weil die meisten Vorbereitungskurse auf Deutsch gehalten werden und ich erst seit eineinhalb Monaten in dem persischen Vorbereitungskurs bin.

F: Haben Sie eine Lieblingsstelle in der Bibel?

A: Nein ich weiß nicht, es gibt genug Stellen, aber ich weiß nicht was ich sagen soll.

F: Wovon lernten Sie bei Ihrem letzten Vorbereitungskurs?

A: Wir haben über die Wunder von Jesus Christus gelernt, das letzte Wunder, dass ich gelernt habe, war das Jesus Christuns auf einer Hochzeit Wasser in Wein verwandelt hat.

F: Kennen Sie sonst noch Geschichten aus der Bibel?

A: Nein, weil ich habe keine Möglichkeit das zu lesen. Weil ich in einem Zimmer mit anderen lebe, es geht es nicht einmal, dass ich fünf Minuten das Buch aufmache und lese.

F: Sie interessieren sich seit eineinhalb Jahren für das Christentum, was machten Sie bis Sie in den Taufvorbereitungskurs das erste Mal vor eineinhalb Monaten gingen?

A: Ich war nur in der Kirche. Nachgefragt gebe ich an, dass ich in XXXX in der Kirche war.

F: Aus welchem Grund haben Sie sich ausgerechnet für die katholische Kirche entschieden?

A: Als ich mich für das Christentum entschieden hab, habe ich mich von XXXX beraten lassen, er hat mich zum Pfarrer in die Kirche gebracht wurde, sagte mir dieser herzlich Willkommen bei uns, er erzählte mir von seiner Religion, welche christlich katholisch ist. Ich habe auch keine Informationen über andere Glaubensrichtungen des Christentums, wie zum Beispiel Protestanten.

F: In welcher Sprache, hat Ihnen das der Pfarrer erzählt?

A: Er hat auf Deutsch gesprochen, aber XXXX hat gedolmetscht.

F: Welcher christliche Feiertag wird in ein bis eineinhalb Monaten gefeiert?

A: Das ist die Geburt von Jesus Christus, am 25. Dezember.

F: Welche christlichen Feiertage kennen Sie noch?

A: Ich kenne mich nicht so gut aus, vielleicht noch Halloween.

F: In welchem Bezug steht Halloween zur christlichen Kirche?

A: Ich weiß nicht, aber ich weiß nur dass das ein Feiertag an diesem Tag ist. Es gibt auch noch eine Auferstehung, an dem Tag kommt Jesus Christus wieder zum Leben, diese Sachen habe ich beim ersten Kurs von Anfang an gelernt. Wo ich lebe, gibt es keinen Perser der konvertiert ist und es ist schwer mich zu unterhalten.

V: Dadurch, dass Sie erst seit vergleichsweise kurzer Zeit einen Taufvorbereitungskurs besuchen, entsteht der Eindruch, dass Sie nur konvertieren, um leicher einen Asylstatus zu erlangen, was sagen Sie dazu?

A: Es ist eine große und sehr wichtige Entscheidung für Menschen in seinem Leben, seine Religion zu wählen, das ist nicht so, wie Sie gesagt haben.

F: Wissen Sie in welchem Land Jesus Christus geboren wurde?

A: In Palästina, nachgefragt gebe ich an, dass das in Or Shalim war. Das war in einem Stall.

F: Übernehmen Sie auch sonst Aufgaben in der Kirche?

A: Momentan nicht. Nachgefragt gebe ich an, dass ich in der Vergangenheit auch keine Aufgaben in der Kirche übernommen habe.

F: Haben Sie schon einen Termin für Ihre Taufe?

A: Ich habe meinen Kurs noch nicht beendet.

F: Was sagt Ihnen der Begriff Kommunion?

A: Das weiß ich nicht, ich habe das zum ersten Mal gehört.

F: Welches Gebet wird von Christen häufig gesprochen?

A: Oh Gott vergib uns und wir Menschen vergeben uns auch einander und halt den Satan von uns fern.

F: Glauben Sie, dass es einen Unterschied zwischen Gott im Islam und im Christentum gibt?

A: Nein es ist nur ein Gott.

F: Missionieren Sie in Österreich?

A: Nein.

F: Was sagen Ihre Bekannten im Iran dazu, dass Sie konvertieren?

A: Sie sagen nichts, weil das ist mein privates Leben, ich habe es nicht erzählt, dass ich meine Religion gewechselt habe.

F: Aus welchem Grund haben Sie denen nicht davon erzählt?

A: Das hat keinen Grund. Wenn ich besser sagen soll, würde ich sagen, dass diese mich nicht danach gefragt haben.

F: Es ist im schiitischen Islam durchaus erlaubt, seine wahre Religion zu verschleiern, um Vorteile zu erlangen, was sagen Sie dazu?

A: Meine Meinung ist, dass wenn ich etwas von Herzen liebe, dann ist das so.

F: Treffen Sie bei den Taufkursen auch Gleichgesinnte, also auch Afghanen oder Iraner, die konvertieren möchten?

A: Ja sie wurden sogar getauft. Am 18. werden auch ein paar getauft.

F: Welchem Bekenntnis der islamischen Religion gehörten Sie an? (Schiit, Sunnit)

A: Ich war Schiit.

F: Wie sah Ihr Sozialleben in Afghanistan aus in Bezug auf Freunde, Bekannte, Aktivitäten usw.?

A: Ich war nie in Afghanistan. Im Iran hatte ich Kontakte mit meine Freunde, wir haben Fußball gespielt. Wo wir wohnten, gab es einen Platz, dort haben wir Fußball gespielt.

F: Haben Sie Angehörige in Europa oder in einem anderen Land?

A: Nein.

F: Haben Sie Verwandte in Österreich? Wenn ja welche und wo wohnen diese? Wie gestaltet sich der Kontakt zu diesen?

A: Nein

F: Haben Sie Deutschkurse besucht bzw. positive Prüfungen abgelegt?

A: Ja.

Anm.: Ast legt Bestätigungen vor. Diese werden kopiert und dem Akt beigelegt.

F: Haben Sie in Österreich eine Schule besucht bzw. eine Ausbildung genossen? Wenn ja welche und wie lange?

A: Nein auch nicht.

F: Arbeiten Sie in Österreich bzw. haben Sie in der Vergangenheit in Österreich gearbeitet?

A: Nein, ich habe nicht gearbeitet. Ich habe einmal als Security in einem Konzert gearbeitet, da ist eine Band aus XXXX gekommen. Dann gibt es auch ein Sprachcafe und wir gehen dort hin, trinken Cafe und unterhalten uns.

F: Wenn Sie derzeit keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen, haben Sie sich um Arbeit bemüht?

A: Ja schon, ich war schon beim AMS, habe bis jetzt keine Antwort bekommen und liegen jetzt die Unterlagen. Von der Regierung ist jemand zu uns gekommen und hat uns getestet, welche Talente wir haben.

Anm.: Ast legt Mappe der XXXX vor mit Unterlagen auf Farsi.

Ich habe auch einen Kurs besucht, über die Gesetze und Verhalten, ich war dort dreimal habe aber nur eine Bestätigung bekommen

F: Wie ist Ihr Tagesablauf in Österreich? Antworten Sie nach Möglichkeit in Deutsch?

A: Ich stehe auf um neun Uhr, dann gehe ich duschen, dann ich trinke eine Tasse Tee, dann ein bisschen lesen und lernen deutsch, dann bisschen spazieren in Park oder zu Spar einkaufen, dann zurück Karte spielen mit Freunde, dann manchmal gehe ich zu Sporthalle mit unsere Freunde, manchmal Fußball spielen, manchmal Volleyball spielen, manchmal kochen, dann schlafen.

Anmerkung: AW beantwortet die Frage auf Deutsch.

F: Haben Sie in Österreich bereits Freundschaften geschlossen? Wie sieht Ihr soziales Umfeld aus?

A: Ja schon, ich habe Freundschaften geschlossen, ich spiele Fußball, manchmal spielen wir zwei Mannschaften gegeneinanden, Afghanen gegen Österreicher, dadurch wurden wir befreundet und wir haben bis jetzt Kontakt miteinander.

F: Wer sind Ihre österreichischen Freunde?

A: Die Österreicher, die in XXXX leben.

F: Wer sind die afghanischen Freunde, mit denen Sie Fußball spielen?

A: Die Mitbewohner aus dem Asylheim. Aber die Araber und Somalier haben keine Lust auf Fußball.

F: In welcher Sprache verständigen Sie sich in Österreich?

A: Auf Deutsch.

F: Wo wohnen Sie in Österreich?

A: In XXXX , Oberösterreich. Bad Haller Straßer, genau weiß ich das nicht, ich bin neu dort.

F: Wovon leben Sie in Österreich?

A: Mit Hilfe des Staates.

F: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Österreich vor? Wovon möchten Sie in Zukunft leben?

A: Ich will einer Arbeit nachgehen, die ich liebe und ich glaube ich möchte als Schweißer arbeiten.

F: Haben Sie Privatbesitz in Österreich?

A: Nein

F: Haben Sie in Österreich eine Freundin oder Lebensgefährtin? Wenn ja wie heiß sie?

A: Ich hatte schon ein. Nachgefragt gebe ich an, dass ich aktuell keine Freundin habe.

F: Sind Sie in Österreich in einem Verein aktiv tätig?

A: Nein

F: Gehen Sie einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach?

A: Nein.

F: Sind Sie in Österreich schon mit dem Gesetz in Konflikt geraten?

A: Nein.

F: Es liegt ein Bericht der Polizeiinspektion XXXX vom 05.04.2016 wegen Körperverletzung vor. Möchten Sie sich dazu äußern?

A: Ich habe niemanden geschlagen, dass war eine Diskussion zwischen zwei Volksgruppen, die andere Volksgruppe hat mich " XXXX " genannt, die anderen waren auch Hazara. Ich habe auch eine Zeugin, sie hat das auch gesagt, die Zeugin heißt Susanna. In dem Moment ist Susanna zu mir gekommen und hat mich Richtung Garten geschickt. Im Garten waren viele Leute, aber Jassim ist über eine andere Tür gekommen, wir haben die Tür so gehalten, dass er nicht reinkommt, er ist trotzdem reingekommen und hat mich dann geschlagen. Ich bin zu Boden gefallen, habe aus der Nase geblutet, Susanna ist dann zu uns gekommen, hat uns getrennt, sie hat mich mitgenommen in Ihr Büro und meine Verletzungen versorgt. Sie hat danach die Polizei angerufen, die ist gekommen, wir haben die gesamte Geschichte der Polizei erzählt, diese hat die Ambulanz angerufen und wurde nach Kirchdorf in das Krankenhaus gebracht, ich glaube es war Kirchdorf.

F: Sind Sie mit amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung Ihrer Anonymität, eventuell unter Beiziehung der Österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes einverstanden?

A: Ja

F: Sie könnten in eine sichere, derzeit ungefährliche Provinz in Afghanistan gehen. Was sagen Sie dazu?

A: Nein, das geht nicht, in einem Land, wo ich keine Unterkunft bei einem Bekannten habe, kein Geld habe, wie soll ich dort leben, das ist nicht möglich.

F: Wären Sie im Fall einer Rückkehrentscheidung an einer freiwilligen Rückkehr und Integrationsprojekten in Afghanistan interessiert?

A: Nein

AW werden die aktuellen Länderinformationsblätter zu Afghanistan ausgehändigt. Es wird eine 2 wöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

F: Hatte Sie ausreichen Zeit, Ihre Probleme vollständig und ausführlich zu schildern?

A: Ja.

F: Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

A: Ich will gerne hier leben. Ich will nicht, dass ich zurückgeschoben werde nach Afghanistan.

F: Haben Sie den Dolmetsch während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift?

A: Nein

F: Wurde Ihre Einvernahme richtig und vollständig protokolliert?

A: Ja"

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß I 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

5. Gegen den genannten Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher zentral ausgeführt wird, der Antragsteller sei Hazara und schiitischen Glaubens, in Bamyan geboren und habe vorgebracht, seit dem vierten Lebensjahr im Iran gelebt zu haben. Familienangehörige in Afghanistan seien nicht vorhanden. Der Beschwerdeführer werde zum christlichen Glauben konvertieren und besuche derzeit einen Taufvorbereitungskurs der Stadtpfarrkirche Linz. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die Behörde demnach feststellen können, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Afghanistan ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde. Bei einer Überstellung nach Afghanistan liefe der Beschwerdeführer Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und würde so in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation geraten. Begründend werde auf ein (zitiertes) Erkenntnis des BVwG verwiesen, wonach betreffend einen dem vorliegenden Fall relevanten Sachverhalt gleichgelagerten Fall der Status eines subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt worden sei. Aus der Gesamtschau des vorliegenden Länderberichtsmaterials werde deutlich, dass dem Beschwerdeführer bei Überstellung die reale Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung drohe und ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung stehe. Bei richtiger rechtlicher Beweiswürdigung und rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde dem Beschwerdeführer überdies aufgrund seiner beabsichtigten Konversion zum katholisch-christlichen Glauben (sic!) die Flüchtlingseigenschaft zuerkennen müssen. Insoweit die Behörde dabei von einer asyltaktischen "Scheinkonversion" ausgehe, sei diese Annahme unrichtig und finde auch in den diesbezüglichen behördlichen beweiswürdigenden Ausführungen keine hinreichende Begründung, ebenfalls nicht in dem Umstand, dass sich eine Hinwendung zum Christentum erst während des österreichischen Aufenthalts ereignet habe. Aufgrund der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer im wehrfähigen Alter befinde, er der religiösen Minderheit der Schiiten sowie der ethnischen Minderheit der Hazara angehöre, den größten Teil seines Lebens im Iran und anschließend in Europa verbracht habe und sich den dortigen westlichen Werten angepasst habe, falle auch unter die 5 Risikoprofile der UNHCR-Richtlinien.

6. Am 02.08.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentlich mündliche Verhandlung statt, die sich wie folgt darstellt:

Eröffnung der Verhandlung

RI: Möchten Sie weitere Dokumente vorlegen?

BFV: Ich habe von der evangelischen Pfarrgemeinde XXXX heute Nacht ein Schreiben erhalten. Ich bin jedoch leider nicht mehr dazu gekommen, dieses heute Morgen auszudrucken, daher bitte ich darum, dieses per E-Mail an die Schriftführerin übermitteln zu dürfen.

RI: Bitte tun Sie das.

BFV übermittelt oben genanntes Schreiben per E-Mail an die Schriftführerin, welches anschließend ausgedruckt und als Beilage zum Akt genommen wird.

Vorgelegt werden: das angesprochene Dokument sowie mehrere Bestätigungen der evangelischen Kirche AB XXXX , diese werden zum Akt genommen.

RI: Ich bin nun in voller Kenntnis Ihrer bisherigen Angaben, einerseits vor der LPD XXXX und andererseits vor dem BFA. Ich möchte nun im Einzelnen auf die relevanten Sachkreise eingehen.

Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?

BF: Ich bin in Afghanistan geboren und im Alter von 4 Jahren in den Iran gegangen und dort aufgewachsen.

RI: Über welche Schulbildung verfügen Sie?

BF: Ich bin 3 Jahre in eine nicht legale Schule gegangen.

RI: Haben Sie in Afghanistan Familienangehörige?

BF: Nein.

RI: Warum haben Sie den Iran verlassen?

BF: Aus mehreren Gründen. Ich habe nicht die Schule besuchen können, ich habe keine Aufenthaltspapiere gehabt und wir hatten dort keine Gleichberechtigung, es gab auch keine Menschlichkeit im Iran.

RI: Ihre Aussage überrascht mich in einem Teilbereich: Ich hatte erst jüngst einen Herrn mit ähnlichem Lebenslauf, der im Iran 12 Jahre die Schule besuchte und dann einen Hochschullehrgang. Warum war Ihnen das nicht möglich?

BF: Das Problem ist, man kann ja für den Aufenthalt bezahlen, aber ob man den Aufenthalt bekommt, ist schwierig.

RI: Der Iran stellt grundsätzlich eine Aufenthaltsbewilligung für Afghanen aus, das ist einfach ein Erfahrungswert aus den Asylverfahren. Außer man ist straffällig geworden.

BF: Ich war nie straffällig, ich habe mich aber auch nicht darum bemüht.

RI: Haben Sie die Möglichkeit gehabt, zu arbeiten?

BF: Ja, ich habe gearbeitet.

RI: Was haben Sie gearbeitet?

BF: Ich habe als Schweißer gearbeitet, in einer Metallfirma. Wir haben unter anderem Balkongitter oder Brüstungen gebaut.

RI: Wie viele Jahre haben Sie ca. im Iran insgesamt gearbeitet?

BF: Ich glaube ca. 7 Jahre.

RI: Sie haben mit Ihrem Bruder zusammengelebt. Stimmt das?

BF: Ja.

RI: Hat auch Ihr Bruder eine Erwerbstätigkeit ausgeübt?

BF: Ja.

RI: Wie würden Sie Ihre Lebensbedingungen im Iran beschreiben?

BF: Finanziell war es so, dass wir gerade einmal etwas zu Essen hatten.

RI: Wo oder wie haben Sie gewohnt?

BF: Wir hatten in diesen Firmen, wo wir gearbeitet haben, ein kleines Zimmer bekommen.

RI: Sie haben also den Iran zentral deshalb verlassen, um Ihre Lebensbedingungen zu verbessern?

BF: Ja genau, so ist es.

RI: Aus welcher Provinz oder Region Afghanistans stammt Ihre Familie ab?

BF: Meine Familie ist verstorben.

RI: Wo sind sie her?

BF: Aus XXXX .

RI: Während Ihres ganzen Lebens im Iran... waren Sie sunnitischer Moslem oder Schiite?

BF: Schiite.

RI: Und Sie heißen nicht nur XXXX , sondern sind auch XXXX ?

BF: Ja, so ist es.

RI: Liegt eine Tazkira vor?

BFV und BF: Nein.

RI: Sie haben also als Schiite in dem streng schiitisch dominierten Iran gelebt. Haben Sie die Moschee besucht?

BF: Nicht so oft.

RI: Wie oft etwa pro Jahr?

BF: Ein bis zwei Mal im Monat.

RI: Haben Sie die großen schiitischen Feste mitgefeiert?

BF: Ja, ich habe schon teilgenommen bei diesen Festen.

RI: Würden Sie selbst sagen, dass Sie sich während Ihres gesamten Lebens - abgesehen von der kurzen Zeit in Österreich - besonders für religiöse Sachen interessiert hätten?

BF: Ja, eigentlich schon. Teils, ja und teils nicht.

RI: Können Sie beschreiben, wie sich Ihre Ankunft und Ihre Aufenthaltsnahme in Österreich darstellt?

BF: Ich bin mit einem Schlepper vom Iran weggegangen. Dann sind wir in die Türkei, dann über Griechenland nach Kroatien und dann nach Österreich. Die anderen Länder weiß ich nicht mehr.

RI: War Österreich Ihr Zielland?

BF: Ja.

RI: Warum Österreich?

BF: Weil viele Freunde von mir von meinem Wohnort auch hierhergekommen sind.

RI: War Ihnen als Jugendlicher klar, dass Ihre Vorgehensweise, einfach so in ein Land einzureisen, illegal ist?

BF: Ja.

RI: Sie haben also diesen gesetzwürdigen Weg gewählt, um Ihre Lebenssituation zu verbessern?

BF: Ja.

RI: Zu Ihrer Situation in Österreich:

Sie sind eingereist, haben sich registrieren lassen und sind einer Unterkunft zugewiesen worden. Stimmt das so?

BF: Ja, in Traiskirchen habe ich mich registrieren lassen und blieb auch dort in der Unterkunft.

RI: Haben Sie selbst das Gefühl, dass man Sie im Rahmen der Betreuung gut behandelt und aufgenommen hat?

BF: Es war schon gut, aber ehrlich gesagt sind wir Großteils auch schlecht behandelt worden.

RI: Sagen Sie mir kurz, wo Sie schlecht behandelt wurden.

BF: Z.B. bei der Polizei, weil zu diesem Zeitpunkt war ich noch ziemlich jung. Wenn wir auf die Straße gegangen sind, sind wir von der Polizei mitgenommen worden und, wenn wir die Karte nicht bei uns hatten, wurden wir sehr schlecht behandelt. Sie haben uns Aufgaben gegeben, die nicht unsere Arbeit waren, z.B. die Toilette putzen bei der Polizeistation. Wenn sie Kaffee getrunken haben, haben wir die Tassen für sie abwaschen müssen und dann haben sie uns wieder weggeschickt.

RI: Ihnen wurde in Österreich die Möglichkeit gegeben, die Sprache zu lernen. Haben Sie diese Möglichkeit auch genutzt?

BF: Ja.

RI: Wie verhält es sich nun mit der Religion? Sie haben offenbar ein gewisses Interesse am Christentum entwickelt. Was können Sie mir darüber erzählen?

BF: Das, was ich im Christentum gefunden habe, habe ich im Islam nie gesehen.

RI: Was hat Ihnen im Islam gefehlt?

BF: Es wird immer im Islam von Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Menschlichkeit gesprochen, aber es wird nicht wirklich praktiziert. Hier ist es anders. Es wird davon gesprochen und auch in der Praxis umgesetzt.

RI: Haben Sie sich während Ihres Aufenthaltes im Iran mit den islamischen Glaubensinhalten auseinandergesetzt?

BF: Nicht wirklich.

RI: Können Sie erklären oder darstellen, wie Sie hier in Österreich darauf gekommen sind, sich Gedanken zu machen?

BF: Als ich hergekommen bin, habe ich gesehen ... soll ich jetzt

alles erzählen oder nur Beispiele?

RI: Wichtig wäre, wie Sie zum Christentum gekommen sind.

BF: Das war in der ersten Woche, als ich in Österreich war. Wenn wir das Lager verlassen haben, um spazieren zu gehen, standen dort bei der Kreuzung ein paar Personen mit den christlichen Büchern und sie verteilten diese Bücher und ein Freund von mir hat sich damit beschäftigt und so hat es begonnen.

RI: Ein kurzer Sprung zurück: Das, was Sie hier erzählt haben von der schlechten Behandlung durch die Polizei haben Sie eigentlich über iranische Polizei gesprochen, ich meine damit Ihre Aussage vor dem BFA.

BF: Das war nicht hier in Österreich, das war im Iran. Das Putzen und schlecht behandelt werden war im Iran.

RI: Sie sind also über einen Freund gleichsam zum Christentum gekommen. Vor dem BFA liest sich das so, dass der Heimleiter Sie darauf gebracht hat. Was stimmt nun?

BF: Das allererste Mal bin ich wie gesagt auf der Straße mit dem Christentum in Kontakt gekommen. Dann sind wir in einem Jugendcamp untergebracht worden. Dort hatten wir einen Betreuer und dann ging es so mit ihm weiter.

RI: Haben Sie sich mit christlichen Lehrinhalten schon im Detail auseinandergesetzt?

BF: Wie meinen Sie das?

RI: Ich gehe davon aus, dass Sie sich als Schiite sehr gut in der islamischen Glaubenslehre auskennen. Deshalb meine Frage, inwieweit Sie sich mit dem Christentum schon auseinandergesetzt haben.

BF: Feste? Soll ich über die Feste etwas erzählen?

RI: Nein, erzählen Sie darüber, ob Sie sich schon inhaltlich damit auseinandergesetzt haben.

BF: Das, was ich in den Kursen gelernt habe, das kann ich.

RI: Sie beschäftigen Sie sich jetzt grob gesagt wie lange mit dem Christentum?

BF: 2 1/2 Jahre

RI: Worin sehen Sie den größten Unterschied zwischen dem Christentum und dem Islam?

BF: Ich weiß nicht, wie ich das jetzt erklären soll, aber im Islam ist es so, dass es einfach eine Religion ist und es hat Vorschriften im Islam, die man auch beachten muss, z.B. das Fastenmonat und, dass man gezwungen wird zu beten. Soweit ich mich auskenne, kann ich nur das angeben. Aber das Christentum, aus meiner Sicht gesehen, ist keine Pflichtreligion und hat keine Vorschriften. Das heißt, wenn man die Kirche besucht oder Gebete macht, ist es nicht mit Zwang.

RI: Das sind die Äußerlichkeiten, aber was bedeutet nun das Christentum für Sie?

BF: Die Wiedergeburt.

RI: Damit kann ich, ich bin kein Priester und auch nicht evangelisch, aber die Wiedergeburt hat denke ich nichts mit dem Christentum zu tun.

BF: Mein Lehrer, der spricht auch Farsi, der hat gesagt, dass das schönste im Christentum ist, dass man neu wiedergeboren wird.

RI: Was meinen Sie konkret damit?

BF: Man beginnt ein neues Leben...Das halt.

RI: Ich stehe zwischen zwei Polen. Einerseits ist ganz klar, dass ich nicht qualifiziert bin, eine Religionsprüfung durchzuführen, andererseits spricht die Judikatur von einer Durchleuchtung der Nachhaltigkeit und der Verinnerlichung.

Das, was hier heute unter Konversion bezeichnen, beinhaltet im ersten Schritt eine Verneinung oder ernsthafte Ablehnung dessen, woran man bisher geglaubt hat. Möchten Sie mir dazu etwas erzählen?

BF: Was soll ich z.B. sagen?

RI: Versuchen wir es anders: Können Sie mir einen durchschnittlichen Tagesablauf hier in Österreich darstellen. Wie funktioniert Ihr Leben?

BF auf Deutsch: Z.B: ich stehe auf um 9 Uhr, dann gehe ich duschen, dann mache ich einen Tee, dann trinke ich eine oder zwei Tassen Tee, dann gehe ich manchmal zu Park ein wenig spazieren, derzeit gehe ich in keinen Sprachkurs, ich habe B1 zwar nicht bestanden, aber den Kurs gemacht. Es gibt in meinem Dorf eine.

RI: Führen Sie bitte in Dari fort.

BF auf Dari: Ich wollte nur sagen, dass dort, wo ich lebe es ein Camp gibt und dort sind die volljährigen Leute untergebracht, ich meine damit die Asylwerber.

RI: Sind Sie jetzt noch immer dort untergebracht?

BF: Nein, jetzt wohne ich privat.

BFV: Er wohnt in XXXX .

RI: Und dort treffen Sie sich mit den anderen?

BF: Ja.

BFV: Und weiter der Tagesablauf?

BF auf Deutsch: Manchmal helfe ich unseren Freunden als Dolmetsch. Wenn eine Freund von mir krank ist, dann meine Freund kann nicht gut Deutsch sprechen, dann mein Freund zu mir kommen und ich gehe mit zum Arzt.

BF auf Dari: Auch, wenn ich nicht perfekt Deutsch spreche, kann ich dem Arzt sagen, dass mein Freund Kopfschmerzen, Halsschmerzen etc. hat.

RI: Können Sie angeben, was Ihnen generell hier in Österreich wichtig ist?

BF: Was in Österreich wichtig ist?

RI: Offensichtlich ist es Ihnen wichtig Deutsch zu lernen.

BF: Ja, die Sprache ist sehr wichtig und für mich, dass ich so leben kann wie die anderen Österreicher hier in Österreich, das ist mir wichtig.

RI: Beim Islam steht im Mittelpunkt die Unterwerfung und die Gottesverehrung. Was steht im Christentum im Mittelpunkt?

BF: Im Christentum was wichtig ist?

RI: Ja.

BF: Z.B, dass man nicht lügen soll...

RI: Das darf man im Islam auch nicht. Können Sie angeben, was die zentrale Kernaussage des Christentums ist?

BF: Jesus Christus und den Vater (Gott) zu akzeptieren und daran zu glauben.

RI: Jetzt, wo Sie selbst Jesus nennen. Worin besteht der Kernunterschied zwischen den beiden Personen, nämlich Jesus und Mohammed?

BF: Der Unterschied ist z.B. Jesus ist gekreuzigt worden für unsere Sünden, aber bei Mohammed da weiß ich nicht viel darüber.

RI: Würden Sie selbst meinen, dass Ihr Interesse, das sich entwickelt hat, von zentraler oder lebensbestimmender Bedeutung ist?

BF: Ja.

RI: Inwiefern?

BF: Für mich ist es insofern wichtig und spielt eine große Rolle in meinem Leben, dass ich getauft werden möchte, weil ein neues Leben für mich beginnen wird.

RI: Was bedeutet denn die Taufe?

BF: Dass man neu geboren wird und ein neues Leben beginnen wird.

RI: Wenn ich Ihnen sage, dass ich persönlich mich für den Islam sehr interessiere und mit muslimischen Freunden regelmäßig über Glaubensinhalte diskutiere, würden Sie meinen, dass ich ein Moslem bin?

BF: Das ist eine persönliche Sicht.

RI: Wenn ich Ihnen jetzt sagen würde, dass ich mich ganz wenig mit dem Buddhismus beschäftig habe und es meine Meinung ist, dass diese Lehre einen für das Leben sehr viel bringen kann. Wäre das dann für Sie auch interessant, sich einmal für den Buddhismus zu interessieren?

BF: Vielleicht aus Neugier werde ich mich ein bisschen damit beschäftigen, aber ich glaube nicht, dass ich meine Religion jetzt wechseln werde.

RI: Welche Religion haben Sie denn jetzt?

BF: Ich bin Christ, evangelisch.

RI: Wie wird man Mitglied in einer christlichen Kirche?

BF: Ich kenne die Dame, die hinter mir sitzt. Sie war die Patin von einem Freund von mir und ich bin mit ihr in die Kirche gegangen und habe die Kirche kennengelernt und so langsam bin ich mit der Kirche bekannt geworden und mit allem, was sich in der Kirche abspielt.

BFV: Aus meinem gestrigen Vorgespräch mit dem Mandanten hat sich für mich ergeben, dass die Situation, die sich so darstellt zentral zusammenhängt mit der Ermordung der Eltern des BF.

RI: Möchten Sie dazu etwas sagen?

BF: Wie soll ich anfangen. Meine Eltern sing getötet worden. Das Problem liegt daran, dass der Islam mittlerweile einen sehr schlechten Ruf hat und, dass die Leute selbst hier, die Europäer von Moslems Angst haben.

RI: Aber im Iran hat der Islam keinen schlechten Ruf oder?

BF: Ja, weil sie alle Moslems sind, deshalb.

RI: Aber Afghanen sind auch Großteils Moslems. Für diese ist das Christentum das Schlechte.

BF: Das sind halt die Gedanken von unseren Menschen. Das ist eben die Religion und die Einstellung, die sie haben.

RI: Würden Sie sagen, dass Sie eine kritische Haltung eingenommen haben?

BF: Ja.

RI: Wie oft im Monat besuchen Sie die evangelische Pfarrgemeinde?

BF: Im Monat 4 Mal, aber es hat viel mit dieser Dame, die hinter mir sitzt (VP) zu tun. Wenn sie keine Zeit hat, können wir nicht zur Gehen, weil sie ein Auto hat und wir ohne dieses nicht hinfahren können.

BFV: Möchten Sie mit Ihrer Erzählung über das Schicksal Ihrer Eltern fortfahren?

BF: Ich weiß es aus Erzählungen von meinem Bruder. Das, was ich gehört habe, dass mein Großvater mütterlicherseits ein Mullah war und mein Vater hat meinen Opa bei der Verbreitung des Islams geholfen. Ich glaub aus diesen Gründen sind sie getötet worden. Ob sie von Taliban oder anderen Leuten getötet wurden, weiß ich nicht. Das ist alles, was ich darüber erzählen kann. Mehr weiß ich nicht, mir wurde das so erzählt.

RI: Meines Erachtens haben wir nun einen Überblick gewonnen über Ihre Lebenssituation, ein wenig über Ihre Vergangenheit und über Ihre Aktivitäten und Ihr Interesse für das Christentum hier in Österreich.

Der Vertreterin wird Raum geboten, Fragen zu stellen.

BFV: Konnten Sie sich es leisten oder hätten Sie es sich leisten können, im Iran eine Aufenthaltsgenehmigung zu kaufen?

BF: Wenn man Geld hat, kann man alles.

BFV: Bitte beantworten Sie meine Frage.

BF: Nein.

BFV: Sie haben wiederholt gesagt, dass Sie ein besseres anstreben. Wie sieht für Sie ein besseres Leben aus? In Bezug darauf, dass Sie gesagt haben, Sie hätten den Iran verlassen, um ein bessres Leben zu führen, in Relation Österreich zum Iran gesehen.

BF: Wir haben hier eine Firma gefunden zu arbeiten. Es ist eine Glaserei. Das, was ich gehörte habe, gibt es diese Tätigkeit erst seit 3 Jahren und ich möchte gerne dort arbeiten.

RI: Möchten Sie abschließend noch etwas sagen?

BF: Geben Sie mir eine Chance, damit ich ein neues Leben hier beginne.

BFV: Sie haben mehrfach betont, dass diese Wiedergeburt für Sie wichtig ist. Warum wollen Sie ein neues Leben beginnen?

BF: Weil, das ist ein Vergeben von Gott, das uns geschenkt wird. Warum sollen wir nicht ein Teil dieses Geschenks sein?

BFV: Was gefällt dir am Christentum?

BF: Jesus Christus.

BFV: Können Sie das ein bisschen mehr ausführen?

BF: Warum ich mich auch für das Christentum entschieden habe ist, weil Gott seinen einzigen Sohn auf die Erde geschickt hat und er für unsere Sünden gekreuzigt wurde. Das ist das, was mir sehr gefällt.

BFV: Hatte die Tötung Ihrer Eltern etwas mit Religion zu tun und wenn ja, können Sie das bitte erklären?

BF: Ja, wegen der Religion. Sie sind wegen der Religion getötet worden. Dass heute meine Eltern nicht neben mir sein können, ist wegen der Religion.

RI: Für welche Religion hätten Sie sich interessiert in Indien Zuflucht gefunden hätten?

BF: Wenn ich nach Indien gegangen wäre, hätte es damit zu tun, welche Sitten sie dort haben.

BFV: Keine weiteren Fragen.

BFV: Ich verweise auf einige BVwG Erkenntnisse:

W255 2145523-1 vom 18.04.2017, W265 2173684-1 vom 17.07.2018 und W217 2121310-1 vom 15.11.2016, W177 2129362 vom 29.08.2017 und W166 2124490-1 vom 01.02.2017, weiters verweise ich auf VwGH vom 22.02.2018 Ra 217/18/0426.

Auch möchte ich betonen: Der BF möchte Metalltechniker bzw. Schweißer werden, wobei es sich um einen Mangelberuf handelt. Hierzu verweise ich auf das VwGH Urteil vom 30.07.2017, Ra 2014/22/0055.

Schluss der Verhandlung"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen/Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger afghanischer Staatsangehöriger vom Volk der Hazara und schiitischen Bekenntnisses. Der Antragsteller wurde in Afghanistan geboren und verzog er mit seinem älteren Bruder im Alter von vier Jahren nach dem Iran, wo er sich bis zu seiner Ausreise nach Europa aufgehalten hat. Während seines Aufenthaltes im Iran besuchte er drei Jahre lang eine informelle Schule und war er vom Zeitpunkt seiner Arbeitsfähigkeit an erwerbstätig, indem er einerseits in der Geflügelzucht und andererseits als Maurer, Schmied sowie zuletzt als Schweißer sowie als Bauarbeiter gearbeitet hat. Über das Schicksal bzw. die Tötung der Eltern kann der Antragsteller nur vom Hören sagen ber

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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