TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/19 W260 2186624-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W260 2186624-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 09.01.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Der Grad der Behinderung beträgt 60 vH.

Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen weiterhin vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 25.09.2017 stellte die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge "belangte Behörde" genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführerin ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gilt und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.12.2017 erstatteten Gutachten vom 07.01.2018 wurden die Funktionseinschränkungen "1. Zustand nach Bronchuscarzinom Operationen beidseitig, zuletzt Oberlappenektomie links 02/2016", "2. Zustand nach Mammacarzinomoperation links" und

"3. Periphere arterielle Verschlusskrankheit" mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 vH eingestuft und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" nicht vorlägen.

2. Unter Zugrundelegung des ärztlichen Sachverständigengutachtens wurde der Beschwerdeführerin am 09.01.2018 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 vH ausgestellt. Diesem ausgestellten Behindertenpass, datiert mit 09.01.2018, kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.01.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.

Dem Bescheid wurde das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie beigelegt.

4. Mit dem ebenfalls angefochtenen Bescheid vom 11.01.2018 wies die belangte Behörde auch den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29 b StVO ab. Begründend dazu führte diese aus, dass als Voraussetzung für die Ausstellung eines Parkausweises die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen müsse. Da diese Voraussetzung jedoch nicht erfüllt sei, sei der Antrag auf Ausfolgung eines Parkausweises ebenfalls abzuweisen.

5. Mit Schreiben vom 08.02.2018 erhob die durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland (in der Folge "KOBV" genannt) vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht gemeinsame Beschwerde gegen die in Form der Ausstellung des Behindertenpasses am 09.01.2018 erfolgte Feststellung des Grades der Behinderung sowie gegen den Bescheid vom 10.01.2018 betreffend die Abweisung der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass.

Darin brachte sie im Wesentlichen vor, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Die periphere arterielle Verschlusskrankheit sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Aufgrund der Stenose seien der Beschwerdeführerin nur noch Gehstrecken von 50 Metern zumutbar. Die periphere arterielle Verschlusskrankheit sei nicht nur zu niedrig eingeschätzt worden, sondern hätte auch den Gesamtgrad der Behinderung erhöhen müssen. Außerdem ergebe sich aus Leiden 1 und 2 ein ungünstiges Zusammenwirken, welches zumindest einen Gesamtgrad von 70 vH ergeben müsste. Der vom allgemeinmedizinischen Sachverständigen im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobene Status sei teilweise unrichtig, in diesem Zusammenhang werde auf das bereits bei Antragstellung vorgelegte Gutachten aus dem Pflegegeldverfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien verwiesen und dieses, neben einem internistischen Befund vom 19.12.2017, erneut vorgelegt.

6. Mit Schreiben vom 08.02.2018 erhob die durch den KOBV vertretene Beschwerdeführerin auch Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.01.2018, mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen wurde. Die Beschwerdeführerin habe gegen den Bescheid betreffend die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" Beschwerde erhoben, weshalb der Bescheid noch nicht rechtskräftig sei. Daher sei noch nicht rechtskräftig festgestellt worden, dass die Voraussetzung für die genannte Zusatzeintragung - und damit auch die Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO - nicht vorlägen.

Gegen die Bescheide vom 10.01.2018 und 11.01.2018, mit welchen die Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass sowie auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen wurden, ergeht ein gesondertes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag zu den Zl. W260 2185912-1 und W260 2186265-1.

7. Aufgrund der Einwendungen in der Beschwerde und der vorgelegten Befunde holte das Bundesverwaltungsgericht in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 29.05.2018 basierenden Sachverständigengutachten vom selben Tag stufte die Sachverständige die Funktionseinschränkungen "1. Zustand nach Bronchuskarzinom beidseitig, Operation rechter Unterlappen 2013 und linker Oberlappen 02/2016", "2. Zustand nach Mammakarzinom links 08/2015", "3. Periphere arterielle Verschlusskrankheit", "4. Chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD)" und "5. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule" mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 vH ein.

Im Vergleich zum Vorgutachten seien die Leiden 4 und 5 hinzugekommen, da diese nunmehr objektiviert seien. Dies wirke sich mangels maßgeblichem ungünstigen Zusammenwirken jedoch nicht auf den Gesamtgrad der Behinderung aus. Betreffend die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt die medizinische Sachverständige zu keiner abweichenden Beurteilung.

7.1. Das Sachverständigengutachten wurde den Verfahrensparteien zur Stellungnahme übermittelt. Die Verfahrensparteien gaben keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland und ist Inhaberin eines Behindertenpasses.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 60 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 163 cm, Gewicht 68 kg, RR 140/70, 77 a

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: Narbe 4. ICR links lateral und 6. ICR rechts lateral, Narbe linke Mamma nach Teilresektion, symmetrisch, elastisch. Berührungsschmerzen und Thorax-Kompressionsschmerzen.

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 1/3 möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Durchblutung: periphere Pulse nicht sicher tastbar, jedoch Akren warm und gut durchblutet, normale Kapillarfüllungszeit.

Keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Hallux valgus beidseits

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann. Mäßig Klopfschmerz über der gesamten Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich

BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen 1/3 eingeschränkt beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbstständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel, das Gangbild hinkfrei, etwas unelastisch, unter Schmerzangabe in der LWS.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos. Nr.

GdB %

1

Zustand nach Bronchuskarzinom beidseits, Operation rechter Unterlappen 2013 und linker Oberlappen 02/2016

13.01.03

50

2

Zustand nach Mammakarzinom links 08/2015

13.01.03

50

3

Periphere arterielle Verschlusskrankheit

05.03.02

20

4

Chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

06.06.02

30

5

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

02.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 60 vH

 

 

 

Leiden 1 wird durch Leiden 2

um eine Stufe erhöht, da eine relevante Zusatzbehinderung vorliegt. Leiden 3, 4 und 5 erhöhen nicht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken mit dem führenden Leiden 1 besteht.

1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 25.09.2017 bei der belangten Behörde ein.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1. und 1.3.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen und zur Antragsstellung eines Behindertenpasses ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 29.05.2018 ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf.

Die Gutachterin setzt sich auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung am 29.05.2018 und den durch die Beschwerdeführerin vorgelegten Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Das unfallchirurgische Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Aufgrund der vorgelegten medizinischen Befunde konnten nunmehr, im Vergleich zum seitens der belangte Behörde eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 07.01.2018, die zwei weiteren Leiden "chronische obstruktiven Lungenerkrankung (COPD)" sowie "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule" festgestellt und eingestuft werden. Da jedoch kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken dieser Funktionseinschränkungen mit dem führenden Leiden besteht, hat dies keine Auswirkung auf den Gesamtgrad der Behinderung.

Die übrigen Leiden und den Gesamtgrad der Behinderung betreffend bestätigt dieses vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten damit auch die Ergebnisse des allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, das bereits von der belangten Behörde eingeholt wurde, und in welchem der Gesamtgrad der Behinderung ebenfalls mit 60 vH eingeschätzt wurde.

Insoweit die Beschwerdeführerin die Höhe der Einschätzung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit beanstandet, ist festzuhalten, dass im Rahmen der Statuserhebung durch die Sachverständige eine ausreichende periphere Durchblutung festgestellt werden konnte, das Ergebnis nach zweimaliger Operation ist gut und belegen auch die diesbezüglichen vorgelegten Befunde eine unauffällige Kapillarfüllungszeit und warme Akren. Eine höhergradige Verschlusskrankheit kann damit nicht objektiviert werden.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde zwar aktuelle Befunde vor, diese waren jedoch nicht geeignet, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände der Beschwerdeführerin zu belegen, und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.

Der Beschwerdeführerin ist mit ihrem Vorbringen in der Beschwerde dem Ergebnis der gutachterlichen Untersuchung im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093). Sie gab zum eingeholten Sachverständigengutachten vom 29.05.2018 im Rahmen des ihr eingeräumten Parteiengehörs keine Stellungnahme ab.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 29.05.2018. Es wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

§ 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)

Da der gegenständliche Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am 25.09.2017 gestellt wurde, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Die festgestellte Funktionseinschränkung der Beschwerdeführerin unter der laufenden Nummer 1 ist als "Zustand nach Bronchuskarzinom beidseits, Operation rechter Unterlappen 2013 und linker Oberlappen 02/2016" gemäß Positionsnummer 13.01.03 mit dem unteren Rahmensatz eingeschätzt, da diese operativ entfernt wurden und kein Hinweis auf ein Rezidiv besteht.

Die festgestellte Funktionseinschränkung unter der laufenden Nummer 2 ist als "Zustand nach Mammakarzinom links 08/2015" gemäß Positionsnummer 13.01.03 eingeschätzt, da das Karzinom operativ entfernt wurde und kein Hinweis auf ein Rezidiv besteht.

Die festgestellte Funktionseinschränkung unter der laufenden Nummer 3 ist als "periphere arterielle Verschlusskrankheit" gemäß Positionsnummer 06.06.02 mit dem unteren Rahmensatz eingeschätzt, da der Zustand der Beschwerdeführerin nach der Operation ein guter ist.

Die festgestellte Funktionseinschränkung unter der laufenden Nummer 4 ist als "Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)" gemäß Positionsnummer 06.06.02 mit dem unteren Rahmensatz eingeschätzt, da die Beschwerdeführerin unter Dauertherapie stabil ist und lediglich eine mäßige bronchiale Obstruktion der kleinen Atemwege vorliegt.

Die festgestellte Funktionseinschränkung unter der laufenden Nummer 5 ist als "Degenerative Veränderung der Wirbelsäule" gemäß Positionsnummer 02.01.01 mit dem unteren Rahmensatz eingeschätzt, da bei der Beschwerdeführerin lediglich rezidivierende Beschwerden bei geringen funktionellen Einschränkungen und mäßigen radiologischen Veränderungen vorliegen.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 vH sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 vH ein Behindertenpass auszustellen ist, erfüllt.

Die Beschwerde zielt allerdings auf einen anderen - höheren - Grad der Behinderung als 60 vH ab. Aktuell ist aber kein anderer Grad der Behinderung objektiviert.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens geklärt.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W260.2186624.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten