TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/25 W147 1414755-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2019
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Entscheidungsdatum

25.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W147 1414755-4/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Kanhäuser als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Dr. Helmut BLUM, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28. März 2018, Zl. 831151002-180077199, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 10 Abs. 3, 55, 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 46, 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsbürgerin der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, gelangte am 13.10.2008 gemeinsam mit ihren beiden Kindern von Polen kommend illegal in das Bundesgebiet und stellte am selben Tag unter Vorlage eines Personalausweises und eines Inlandsreisepasses einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei sie angab, ihr Lebensgefährte (W 147 1414755) befinde sich bereits im Bundesgebiet. Als Fluchtgrund gab sie an, ihr Mann habe in der Heimat Probleme mit den Behörden, die gesamte Familie sei verfolgt worden. Nach seiner Ausreise haben die Behörden sie bedroht, sie würden sie umbringen, falls ihr Mann nicht zurückkomme. Für ihre beiden Kinder gelten dieselben Gründe, diese haben keine eigenen Fluchtgründe. Im Fall der Rückkehr befürchte sie, dass die Behörden sie nicht in Ruhe lassen.

Im Zuge der Einvernahme durch das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 03.02.2009 brachte die Beschwerdeführerin auf Russisch nach entsprechender Belehrung, dass die Einvernahme auch auf tschetschenisch erfolgen könne, vor, sie werde erzählen, was sie wisse. Sie gab an, sie sei wegen der Probleme ihres Mannes hergekommen. Dieser sei in ein Geschäft gekommen und dort habe er mit einem Mann zu streiten begonnen, welcher danach mit der Rettung ins Spital gebracht worden sei, wo er danach verstorben sei. Dessen Bruder lasse sie jetzt nicht in Ruhe, sogar die Kinder. Diese habe sie selbst immer in die Schule begleiten müssen. Sie habe sich vor diesem Mann gefürchtet. Das gehe schon seit 1999 so. Außerdem sei dort Krieg und sie wolle für ihre Kinder nur alles Gute. Sie wiederholte, dass er das Geschäft betreten habe, sie haben zu streiten begonnen, jener sei drogenabhängig gewesen. Danach sei dieser Mann mit der Rettung ins Spital gebracht worden, dessen Bruder lasse sie jetzt nicht in Ruhe (sie, die Kinder und ihren Mann). Seit 1999 lebe ihr Mann nicht mehr in XXXX ; er sei einmal da hin und einmal dort hin gefahren. Wenn sie sich daran erinnere, sei sie im Schockzustand. Dies sei vor 13 Jahren gewesen. Ihre Tochter sei im XXXX geboren, 1996 habe sie ihren Mann geheiratet. Vor der Heirat habe sie in XXXX gelebt. Bis 1999 haben sie gut zusammengelebt, danach seien sie dauernd unterwegs gewesen. Die Kinder seien nicht dauernd zur Schule gegangen. Nach ihren Sitten seien sie Mann und Frau.

Der Mann und der Bruder hätten in XXXX gelebt, dort sei sie auch gewesen, die Tochter sei damals drei Jahre alt gewesen und sie sei damals mit dem Sohn schwanger gewesen. Dieser sei in XXXX geboren worden. Auf die Frage, wieso sie zurückgekehrt sei, wenn sie Angst gehabt habe, gab sie an, gesagt zu haben, sie habe Wochen oder Monate da oder dort gelebt. Sie habe eine bettlägrige Schwiegermutter gehabt, dh die Schwiegereltern seien schon betagt gewesen, weshalb sie monateweise dort gewesen sei, aber nicht das ganze Jahr. Im September vorigen Jahres sei die Schwiegermutter dann verstorben. Auf die Frage, aus welchem Grund sie nicht mit ihrem Mann gemeinsam ausgereist sei, gab sie an, das Geld habe nicht gereicht. Er sei über XXXX gekommen, sie über Polen. Dieser sei ungefähr einen Monat vor ihr gekommen, genau wisse sie es nicht. Dieser Mann habe sie nicht in Ruhe gelassen. Ihre Eltern lebten XXXX . Beide würden eine Pension erhalten. Vor der Abreise ihres Mannes habe sie sich in XXXX von ihm verabschiedet, in XXXX . Sie habe sich dort drei Monate während der Schulferien aufgehalten, in den Monaten Juni, Juli und August seien Schulferien und im September sei ihr Mann nach Österreich gekommen. Sie sei von XXXX nach XXXX gefahren, habe das Geld genommen und sei wieder nach XXXX und weiter hierher gefahren.

Auf die Frage, ob sie selbst konkrete Schwierigkeiten mit dem Bruder des Umgekommenen gehabt habe, gab sie an, er habe sie dauernd - er habe die Kinder auf der Straße nicht spielen lassen. Auf die erneute Frage, ob sie selbst Schwierigkeiten mit ihm gehabt habe, antwortete sie, ihre Eltern haben ihm gesagt, wenn er ihrer Tochter nur ein Haar krümme, dann...., auch auf Nachfrage vervollständigte sie den Satz nicht. Sie gab an, mit einem Wort, sie solle mit dem Mann überhaupt nicht reden, sie habe sich einfach vor ihm gefürchtet. Dieser Mann lebe in XXXX , den Namen wisse sie nicht. Sie selbst habe ihn nicht gesehen. Ein, zwei Mal habe sie ihn damals 1999 gesehen, aber zuletzt nicht mehr. Auf die Frage, unter welchen Umständen dieser Mann ihre Kinder nicht auf der Straße habe spielen lassen, gab sie an, die Kinder hätten Angst gehabt, auf der Straße zu spielen. Andere Kinder haben ihren Kindern gesagt, dass der Bruder jenes Mannes verstorben sei, deshalb haben sie es gewusst. Ihr Mann habe den Streit mit dem Drogenabhängigen in einem Geschäft gehabt. Auf den Vorhalt, ob sie nun aber nicht auch selbst denke, dass dieser Mann, vor dem sie sich zuletzt gefürchtet habe und der in XXXX wohne und den sie vor 8 oder 9 Jahren das letzte Mal gesehen habe, gar kein Interesse an ihrer Person gehabt habe, wie es sonst sein solle, dass er sich über so viele Jahre bei ihr nicht gemeldet habe, zwischen XXXX und XXXX bestehe ja keine unüberwindliche Wegstrecke, antwortete sie, sie glaube das natürlich - sie habe die Gerüchte gehört und sie habe genug davon gehabt nach 9 Jahren. Ihren Mann würden sie 100-prozentig nicht leben lassen.

Auf den Vorhalt, dass sie doch nach XXXX übersiedeln hätte können, antwortete sie, dort sei kein Platz zum Leben gewesen. Nicht einmal dort habe man sie leben lassen - dauernd diese Gerüchte. Die Leute würden das sagen - wie solle sie es sagen. Mit einem Wort, er lasse sei nicht in Ruhe. Sie wären dortgeblieben, wenn er sie in Ruhe gelassen hätte. Er sei nicht nach XXXX gekommen. Er habe ihnen dauernd diese Gerüchte ausrichten lassen. Auf die Frage, ob sie eigentlich die geschiedene Gattin ihres Mannes kennengelernt habe, lächelte sie und gab an, sie habe selbst ihrem Mann gesagt, er möge noch einmal heiraten. Nach dem Grund befragt, gab sie an, wegen dieses Problems, sie habe genug gehabt, dauernd hin- und her zu fahren. Auf die Frage wie sie das meine, ob sie dann nach der zweiten Hochzeit ihres Mannes nicht mehr hin und herfahren habe müssen, antwortete sie ebenso- wie damals - so gefahren, denn die Kinder bräuchten ja ihren Vater. Sie erinnere sich nicht, wann ihr Mann das zweite Mal geheiratet habe, sie glaube vor drei oder vier Jahren, genau wisse sie es nicht mehr. Auf die Frage, wo sie nach der zweiten Hochzeit ihres Mannes ständig gelebt habe, gab sie an in XXXX , sie habe ja gesagt, sie sei hin und her gefahren. Ihr Mann habe mit der zweiten Frau in XXXX gelebt. Aber wenn sie dort in XXXX gewesen sei, habe sie im gleichen Haus gelebt. In XXXX , in der Landwirtschaft, dort haben sie alle gelebt. Die Brüder haben dort eigene Häuser gehabt. Ihr Mann habe kein eigenes Haus gehabt, dies sei alles gemeinsam gewesen.

Bei ihrem Aufenthalt in den letzten Ferien in XXXX sei auch ihr Mann die ganze Zeit in XXXX gewesen. Danach sei ihr Mann hierhergefahren und sie sei mit den Kindern nach XXXX zurückgekehrt, wo sie das mit ihrem Auslandsreisepass erledigt habe, dann sei sie nach XXXX und dann weiter nach Polen gefahren. Auf die Frage, ob ihr Mann während seiner zweiten Ehe auch nach XXXX gekommen sei, gab sie an, einmal, nach ihren Sitten würden die Männer den Frauen nicht alles erzählen. Dies sei vor ihrer Fahrt in die Ferien nach XXXX gewesen, aber nicht mit seiner zweiten Frau. Er sei eine Woche oder so geblieben. Damals sei sie bei ihrer Mutter im Krankenhaus gewesen. In der Heimat hätte sie ihren Lebensunterhalt durch Zuwendungen ihrer Eltern bestritten, diese hätten ja gearbeitet. In XXXX habe sie bei den Eltern ihres Mannes gelebt. Sie selbst sei aktuell nicht in ärztlicher Behandlung. Ihr Sohn sei operiert worden 2002 in XXXX , er habe eine Darmverstopfung gehabt. Der Bruder ihres Mannes habe die Operation damals bezahlt, weil sie keine Registrierung gehabt hätten. Auch aktuell sei ihr Sohn in Behandlung, es sei zunächst Gelbsucht vermutet worden, nach der Analyse habe sie aber etwas anderes gesagt, er müsse 6 Monate Diät einhalten und müsse auch Medikamente einnehmen. Befunde legte sie vor. Die Tochter sei gesund, aber schwach. Im Fall der Rückkehr fürchte sie um ihre Kinder, sie wolle für ihre Kinder das Beste. Die Kinder würden nicht zurückfahren, sie blieben alle da. Für die Kinder geltend die Gründe, welche auch für sie gelten. Befragt nach besonderen Rückkehrbefürchtungen für ihre Kinder, gab sie an, diese seien zufrieden hier zu leben, weil es hier keine Probleme gebe. In Österreich gehe sie keiner Beschäftigung nach und lebe von der Bundesbetreuung. Außer ihrer Familie habe sie keine besonderen sozialen Kontakte, dort wo sie lebe. Der Bruder ihres Mannes sei in XXXX . Sie besuche in Österreich keine Kurse, keine Vereine, keine Schule, keine andere Bildungseinrichtung, zu Hause lerne sie Worte und die Kinder würden in der Schule Deutsch lernen. Die Länderberichte wollte sie nicht übersetzt haben. Sodann wurde ihr vorgehalten, dass nicht von der Glaubwürdigkeit ihres Vorbringens ausgegangen werde bzw. selbst bei Zutreffen vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auszugehen sei, worauf sie wiederholte, dass sie dort geblieben wären, wenn er sie hätte leben lassen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.07.2010, Zl. 08 09.941-BAT, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 13.10.2008 bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, unter Spruchteil II. gem. § 8 Abs. 1 leg.cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen und unter Spruchteil III. gem. § 10 Abs. 1 leg.cit. die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

In der Begründung des Bescheides wurden zunächst die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und anschließend Feststellungen zu Tschetschenien getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, die geltend gemachten Fluchtgründe seinen unglaubwürdig, da sie im Rahmen ihrer Erstbefragung angegeben habe, ihr Mann habe in der Heimat Probleme mit den Behörden gehabt und deshalb sei die gesamte Familie verfolgt worden. Sie und ihre Kinder seien nach der Ausreise ihres Mannes von den Behörden mit dem Tod bedroht worden, falls ihr Mann nicht zurückkehre. Anlässlich der Einvernahme beim Bundesasylamt habe sie jedoch abweichende Gründe angegeben, dh das ursprüngliche Vorbringen ausgetaucht und vorgebracht, dass ihr Mann mit dem Bruder eines 1999 verstorbenen Drogensüchtigen Schwierigkeiten gehabt habe und deshalb seither nicht mehr in XXXX gelebt habe. Auch sie selbst habe Angst vor diesem gehabt und Angst um ihre Kinder, außerdem herrsche in der Heimat Krieg und sie würde für ihre Kinder nur das Beste wollen. Auf Nachfrage habe sie keine Details anzugeben vermocht, habe die allgemein in den Raum gestellten Behauptungen entweder überhaupt zurückgenommen oder dann doch relativiert. Befragt nach konkreten Schwierigkeiten oder Auseinandersetzungen mit dem Bruder des verstorbenen Drogensüchtigen habe sie letztlich die Aussage zurückgezogen und angegeben, sie fürchte sich halt vor diesem Mann, nachdem sie zuvor lediglich unbestimmte Aussagen dazu gemacht habe. Sie habe angegeben, diesen selbst nie gesehen zu haben, und später vorgebracht, diesen ein- oder zweimal im Jahr 1999 gesehen zu haben, zuletzt aber nicht mehr. Auch auf Nachfrage, wie es dazu gekommen sei, dass dieser Mann ihre Kinder nicht mehr auf der Straße habe spielen lassen, habe sie geantwortet, die Kinder haben Angst gehabt auf der Straße zu spielen, nachdem ihnen von anderen Kindern erzählt worden sei, dass dieser Drogensüchtige damals verstorben sei. Auch habe sie behauptet, dass der Bruder des verstorbenen Drogensüchtigen ein Leben in XXXX nicht zugelassen habe, jedoch auf konkrete Nachfrage eingeräumt, dass dieser nie dorthin gekommen sei, sondern ihr dort habe Gerüchte zukommen lassen. Dazu komme, dass auch den Ausführungen ihres Mannes zu seinen Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zukomme.

Rechtlich wurde zu Spruchteil I. insbesondere ausgeführt, dass ihr Vorbringen als nicht glaubwürdig erachtet worden sei und sie selbst dann über eine zumutbare Rückzugsmöglichkeit auf dem Landgut der Brüder ihres Mannes im Gebiet von XXXX verfüge, da sie immerhin schon seit 1999 dort immer wieder unbehelligt mit ihrem Mann gelebt habe. Da auch keinem Familienmitglied der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei, lägen die Voraussetzungen im Familienverfahren nicht vor.

Zu Spruchteil II. wurde insbesondere dargelegt, dass die Beschwerdeführerin keine Gefährdungslage habe glaubhaft machen können und dass sich aus den Angaben und den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keine exzeptionellen Umstände ergeben hätten, welche die Außerlandesschaffung in Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen würden. Zur diagnostizierten Anpassungsstörung wurde bemerkt, dass selbst posttraumatische Belastungsstörungen in der Russischen Föderation bzw. in Tschetschenien behandelbar seien. Die Notwendigkeit eines Durchführungsaufschubes gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht hervorgekommen.

Zu Spruchteil III. wurde - nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur - festgehalten, dass sie mit ihrem Lebensgefährten und ihren beiden Kindern in Österreich lebe. Soweit ihre Familie ebenfalls von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen sei, liege kein Eingriff in das Familienleben im Sinne des Art.8 EMRK vor. In Bezug auf ihre sonstigen Verwandten in Österreich (Geschwister ihres Lebensgefährten) liege in Anbetracht der Umstände (kein gemeinsamer Haushalt oder gleichzuhaltendes Naheverhältnis oder finanzielle Abhängigkeit) kein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vor. Zu ihrem Privatleben wurde ausgeführt, dass sie sich seit September 2008 nach illegaler Einreise in Österreich aufhalte und könne daraus noch keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden, zumal sich der bisherige Aufenthalt aus einem Asylantrag ergebe und ihr habe klar sein müssen, dass dieser im Fall der Ablehnung des Antrages nur ein vorübergehender sein werde. Sie bestreite ihren Lebensunterhalt aus der Grundversorgung und gehe keiner Beschäftigung nach, spreche nur ganz wenig Deutsch, besondere soziale Kontakte seien nicht hervorgekommen. Nach einer Gesamtabwägung ergebe sich, dass die Ausweisung gerechtfertigt sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin auch als Vertreterin ihrer Kinder fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof, worin sie vollinhaltlich auf die Beschwerde ihres Lebensgefährten verwies und vorbrachte, sie habe befürchtet, dass die gemeinsamen Kinder ebenfalls von der Blutfehde betroffen sein könnten. Der Beschwerdeführerin sei ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 ERMK mit dem Lebensgefährten und den beiden gemeinsamen Kindern nur in Österreich möglich.

Der Asylgerichtshof beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 11.05.2012 an und räumte gleichzeitig das Parteiengehör zu Feststellungen zur Lage in Tschetschenien und zur IFA von Tschetschenen in Russland (Stand: Februar 2012) mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu diesen Länderfeststellungen bis längstens in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Während das Bundesasylamt sich für die Nichtteilnahme an der Verhandlung entschuldigte und auch keine Stellungnahme zu den vorgehaltenen Länderfeststellungen erstattete, erschienen der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin und sein Bruder XXXX (als Zeuge) und die Beschwerdeführerin zur Verhandlung.

Die Beschwerdeführerin brachte vor, ihr bisheriges Vorbringen aufrecht erhalten zu wollen und alles erzählt zu haben, was sie zu erzählen gehabt habe. Sie sei Tschetschenin und Moslemin in XXXX in Tschetschenien geboren. In den Schulferien sei sie zu ihrem Mann nach XXXX gefahren. Als sie in XXXX bei ihrem Schwager gewesen sei, sei ihr Mann auch manchmal zu ihm gekommen, er habe nicht immer dort bleiben können. Sie habe ihren Mann im Jahr 1996 geheiratet und sie hätten bis heute nicht standesamtlich geheiratet. Sie seien nach dem muslimischen Recht verheiratet gewesen, sie könne sich nicht erinnern, wann sie geschieden worden seien. Auf die Frage, seit wann sie wieder verheiratet seien, gab sie an, sie wisse es nicht, sie könne sich nicht erinnern. Sie habe 11 Jahre die Mittelschule besucht und keine weitere Ausbildung erhalten, sie sei Hausfrau. Sie selbst habe nicht gearbeitet, weil sie die meiste Zeit bei ihren Schwiegereltern gewesen sei. Ihre Schwiegermutter sei bettlägerig gewesen, die Verwandten hätten sie unterstützt. Die Frage, ob nahe Verwandte Kämpfer gewesen seien, verneinte sie und gab an, sie habe keine Geschwister, nur Eltern. Sie habe Cousins, aber die hätten nicht gekämpft. Sie sei das einzige Kind. Sie habe tschetschenische Kämpfer nicht unterstützt, sie habe ihre kranke Schwiegermutter und ihre kranke Mutter, welche einen Kopftumor gehabt habe, gepflegt. Sie selbst habe nie ein Problem mit staatlichen Behördenorganen oder Militärangehörigen gehabt, sie sei immer zu Hause gewesen. Sie habe auch keine Probleme mit Privatpersonen gehabt. Über die Probleme ihres Mannes habe sie nur gehört, da sie immer mit ihren Schwiegereltern gelebt und diese gepflegt habe. Sie sei nur manchmal zu ihrem Mann gefahren. Auf die Frage, ob sie selbst oder die Kinder in irgendeiner Weise bedroht worden seien, gab sie an, sie hätten Angst gehabt, die Kinder hinauszulassen. Sie habe die Kinder in die Schule begleitet und sie abgeholt. Sie haben Angst, dass die anderen Kinder, welche mit ihnen spielen, mit ihnen etwas über Blutrache sprechen würden, und sie hätten sie bedroht, dass sie sie umbringen würden. Ihre Eltern hätten gesagt, wenn ihr etwas passieren würde, dann wären sie dafür verantwortlich. Auf die Frage, ob es irgendwelche konkreten Bedrohungen gegen sie und ihre Kinder gegeben habe, bejahte sie dies und gab an, sie haben sie bedroht, dass sie sich rächen würden. Auf den Vorhalt, dass dies höchst ungewöhnlich sei, weil sich die Blutrache gewöhnlich nicht gegen Kinder und Frauen richte, gab sie an, es sei bei ihnen nicht so. In Tschetschenien sei es nicht so wie in Österreich. Es würden mehrere von der Familie getötet. Sie meine, der Täter sei geflüchtet. Wenn ihr Sohn älter sei, werde der Sohn des Ermordeten ihren Sohn töten. Als unmittelbaren Anlass für die Ausreise gab sie an, sie habe Angst um das Leben ihrer Kinder gehabt und sie habe die Kinder nicht spielen lassen können und habe sie immer in die Schule begleiten müssen. Sie hätten sie nicht in Ruhe gelassen und hätten sie immer wieder bedroht. Ihr Mann sei früher ausgereist, sie sei nachgekommen. Auf die Frage, wieso sie nicht gemeinsam ausgereist seien, gab sie an, es habe finanzielle Probleme gegeben. Zur Frage, warum sie eigentlich nicht mit ihrem Mann nach XXXX gezogen sei, brachte sie vor, sie habe keine Wohnmöglichkeit dort gehabt und sie habe auch ihre Schwiegereltern die ganze Zeit betreuen müssen. Sie habe noch Verwandte in Tschetschenien, die Brüder ihres Mannes leben in Russland. Ihre Eltern leben in Tschetschenien. Sie habe Kontakt mit ihren Eltern. Sie sei ihren Kindern zuliebe nach Österreich gekommen, weil ihr Mann auch in Österreich gewesen sei und sie würde gerne mit ihrer Familie in Österreich bleiben und sie wünsche für ihre Kinder eine gute Zukunft. Sie habe keinen Deutschkurs besucht, weil es diese Möglichkeit nicht gegeben habe. Sie lerne mit ihren Kindern nach der Schule Deutsch. Ihre Tochter habe ständig Kopfschmerzen, ihr Sohn sei in XXXX operiert worden, sonst haben sie keine gesundheitlichen oder psychischen Probleme. Aus Angst um das Leben ihres Mannes und ihrer Kinder wolle sie nicht zurück, sie wolle in Österreich bleiben.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 30.08.2012, GZ. D3 414754-1/2010/11E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde hinsichtlich Spruchpunkt I. ausgeführt, dass sich die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf internationalen Schutz auf die Fluchtgründe ihres Mannes bezogen habe, indem sie zunächst bei der Antragstellung vorbrachte, dieser werde von Behörden verfolgt und auch sie sei nach seiner Ausreise von diesen mit dem Umbringen bedroht worden, falls dieser nicht zurückkehre. Sie brachte auch vor, die gesamte Familie sei verfolgt worden und führte bezüglich ihrer Kinder aus, diese haben keine eigenen Fluchtgründe.

Ihr nach muslemischem Recht angetrauter Ehemann habe jedoch als Fluchtgrund in seinem Asylverfahren zu seinem Antrag vom 23.09.2008 abweichend davon angegeben, er sei vor 9 Jahren von zwei Männern angegriffen worden, wobei einer der beiden nach den durchgeführten Ermittlungen infolge von Drogenkonsum gestorben sei, was dessen Angehörige nicht geglaubt und ihm dessen Tod angelastet haben, sodass er seither auf der Flucht vor diesen sei, weil sie Blutrache geschworen haben und ihn töten wollten.

Da die Angaben der Beschwerdeführerin zu den Ausreisegründen nicht mit jenen ihres Ehemannes übereinstimmten, werde nicht vom Zutreffen dieser Vorbringen ausgegangen.

Die Beschwerdeführerin habe zwar ab der Einvernahme durch das Bundesasylamt am 03.02.2009 das gleiche Vorbringen wie ihr Ehemann erstattet, jedoch damit ihr Vorbringen zur Gänze ausgetauscht, weshalb ebenfalls nicht von der Glaubwürdigkeit ihres Vorbringens ausgegangen werden könne. Im Übrigen habe sie darin zunächst vorgebracht, vom Bruder des Verstorbenen bis jetzt nicht in Ruhe gelassen worden zu sein. Auf die konkrete Frage nach Schwierigkeiten mit dem Bruder des Umgekommenen, habe sie dann angegeben," er habe

sie dauernd .... er habe die Kinder nicht auf der Straße spielen

lassen" und räumte auf wiederholte Fragen nach Schwierigkeiten mit diesem ein, sie habe ihn damals 1999 gesehen, aber zuletzt nicht mehr. Auf den entsprechenden Vorhalt, ob sie nicht selbst denke, dass dieser Mann gar kein Interesse an ihr habe, habe sie jedoch entgegnet, dass sie das natürlich glaube - sie habe die Gerüchte gehört und sie habe genug davon gehabt nach 9 Jahren. Ihren Mann würden sie 100-prozentig nicht leben lassen. Zum Vorhalt dass sie überdies in XXXX habe leben können, habe sie ua. vorgebracht, dort sei kein Platz zum Leben gewesen... nicht einmal dort habe man sie leben lassen- dauernd diese Gerüchte. Die Leute würden das sagen. Mit einem Wort, er lasse sie nicht in Ruhe. Sie wären dortgeblieben, wenn er sie in Ruhe gelassen hätte. Er sei nicht nach XXXX gekommen, er habe ihnen dauernd diese Gerüchte ausrichten lassen... Letztlich habe die Beschwerdeführerin keine konkrete Bedrohung ihrer Person durch die Angehörigen des Verstorbenen nennen können, sondern nur mehr von angeblichen Gerüchten gesprochen und habe damit eine Verfolgung ihrer Person nicht glaubhaft machen können.

Auch vor dem Asylgerichtshof habe sie auf Befragen zunächst angegeben, sie habe keine Probleme mit Privatpersonen gehabt. Über die Probleme ihres Mannes habe sie nur gehört. Auf die Frage, ob sie selbst oder die Kinder in irgendeiner Weise bedroht worden seien, gab sie an, sie haben Angst gehabt, die Kinder hinauszulassen....und sie haben sie bedroht, dass sie sie umbringen würden. Auf die erneute konkrete Frage, ob sie und die Kinder bedroht worden seien, habe sie dies bejaht und angegeben, sie hätten sie bedroht, dass sie sich rächen würden. Auf den Vorhalt, dass dies höchst ungewöhnlich sei, weil sich die Blutrache gewöhnlich nicht gegen Kinder und Frauen richte, habe sie entgegnet, es sei bei ihnen nicht so...wie in Österreich. Es würden mehrere von der Familie getötet.....Wenn ihr Sohn älter sei, werde der Sohn des Ermordeten, ihren Sohn töten. Dieses Vorbringen bleibe in Bezug auf eine konkrete Bedrohung der Beschwerdeführerin weiterhin vage.

Abgesehen davon sei bereits das Vorbringen ihres Lebensgefährten in dessen Verfahren als nicht glaubwürdig erachtet worden. :

Rechtlich wurde hinsichtlich Spruchpunkt I. ausgeführt, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der vorstehenden Beweiswürdigung als unglaubwürdig erachtet worden sei, sodass die Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht gegeben seien. Es erscheine auch vor dem Hintergrund der oa. Länderfeststellungen als nicht glaubwürdig, dass tatsächlich eine Blutrache gegen die Beschwerdeführerin vorliege, da Frauen und Kinder üblicherweise nicht von der Blutrache betroffen seien. Abgesehen davon leben ihre beiden Schwager offenbar ohne Probleme offiziell gemeldet im Gebiet von XXXX und betreiben dort eine große Landwirtschaft. Unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten bereits 1999 und zuletzt im Jahr 2008 ebenfalls dort bereits längere Zeit gelebt habe, erachte es der Asylgerichtshof daher als möglich und zumutbar, dass sich die Beschwerdeführerin mit ihrem nach muslemischem Recht angetrauten Ehemann dort wieder niederlasse.

Auch aus dem Umstand, dass ihrem Schwager XXXX Asyl zuerkannt worden sei, lasse sich für die Beschwerdeführerin keine aktuelle asylrelevante Verfolgung ableiten, weil die Beschwerdeführerin bzw. ihr Ehemann nach muslemischem Recht selbst nicht politisch tätig gewesen seien, weder gekämpft noch Kämpfer unterstützt haben, und sich die Beschwerdeführerin überdies wieder zu ihren anderen Schwagern nach XXXX begeben kann.

Es liegt daher nach Ansicht des erkennenden Senates aufgrund ihrer persönlichen Umstände eine zumutbare inländische Fluchtalternative vor. ROSTOV stelle für die Beschwerdeführerin ein konkretes risikofreies Gebiet dar und sei durch die Abwesenheit des Verfolgers sowie Stabilität und Sicherheit von Dauer gekennzeichnet. Das in Rede stehende Gebiet sei jedenfalls auch auf legalem Wege erreichbar und sei ein Leben dort auch ohne unzumutbare Härten möglich, zumal der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin dort auch bereits im Rahmen der "Schattenwirtschaft" gearbeitet habe und eine derartige Tätigkeit auch nach der Judikatur des Deutschen Bundesverwaltungsgerichtshofes, wie es in den obigen Länderfeststellungen verzeichnet sei, durchaus zumutbar ist. In XXXX leben offiziell zwei Brüder des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin und betreiben dort eine große Landwirtschaft, sodass von einem gesicherten wirtschaftlichen Hintergrund ausgegangen werden könne.

Die Beschwerde zu Spruchteil I. sei daher auch wegen des Vorliegens einer zumutbaren inländischen Fluchtalternative abzuweisen.

Das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 30.08.2012 erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

2. Zweites Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

Am 07.08.2013 wurden die Beschwerdeführerin und ihre Familie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates von der Bundesrepublik Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

Die Beschwerdeführerin stellte am 09.08.2013 den zweiten Antrag auf internationalen Schutz ("Folgeantrag") und wurde dazu am selben Tag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Sie gab an, Österreich nach Abschluss des ersten Asylverfahrens verlassen zu haben, da sie einen negativen Bescheid erhalten habe und ihr und ihre Familie mitgeteilt worden sei, binnen zwei Wochen Österreich zu verlassen. Sie seien am 10.01.2013 mit dem Zug nach Deutschland gefahren, wo sie einen Asylantrag gestellt haben. Am 07.08.2013 seien sie von den deutschen Behörden nach Österreich abgeschoben worden.

Sie stelle neuerlich einen Asylantrag, weil ihr Ehemann nicht in seine Heimat zurückkehren könne. Sämtliche Fluchtgründe liegen bzw. lagen immer bei ihrem Ehemann. Soviel sie wisse, seien diese ersten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht. Ihr Rechtsanwalt in Deutschland habe einige Fehler im österreichischen Asylverfahren gefunden und ihr mitgeteilt, dass in Österreich ihr Verfahren neu geprüft werden müsse. Sie habe von diesem Rechtsanwalt auch eine "Beschwerde" für die deutschen Behörden erhalten und er habe ihr mitgeteilt, dass die österreichischen Behörden diese Beschwerde ebenfalls prüfen sollen.

Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte die Beschwerdeführerin, dass ihr Ehemann getötet werde.

Die Kinder der Beschwerdeführerin hätten keine eigenen Fluchtgründe.

Die Beschwerdeführerin wurde am 22.08.2013 vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle XXXX , im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab an, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage sehe, Angaben zu ihrem Asylverfahren zu machen.

Derzeit befinde sich die Beschwerdeführerin in einem "Abschiebelager" in Österreich. Sie sei derzeit nicht in der Grundversorgung. Sie sei nicht berufstätig und auch nie gewesen. Sie habe keine Deutschkurse besucht, spreche aber ein wenig Deutsch. In Österreich habe sie außer ihrem Mann und den Kindern keine Verwandten. Im Herkunftsstaat leben die Eltern der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin stelle neuerlich einen Asylantrag, weil eine Rückkehr in den Herkunftsstaat zu gefährlich sei. Damals sei ihr Sohn klein gewesen. Jetzt sei er schon größer und auch für ihn sei es gefährlich. Gemäß ihren Sitten gehe nämlich die Blutrache auch auf die Nachkommen über. Im Falle einer Rückkehr fürchte sie um ihren Mann und die Kinder. Das Problem, dass sie vor fünf Jahren schon erzählt habe, gelte bis heute.

Der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, dass seitens des Bundesasylamtes beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, nachdem sich im Vergleich zu ihrem Erstverfahren kein neuer und wesentlich geänderter Sachverhalt ergeben habe. Sie könne nunmehr dazu Stellung nehmen. Die Beschwerdeführerin entgegnete, sie können nicht nach Hause fahren, weil es für sie zu gefährlich sei.

Die Beschwerdeführerin wurde am 04.09.2013 vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle XXXX , niederschriftlich einvernommen und befragt, ob sie Dokumente oder Beweismittel habe, die sie bisher noch nicht vorgelegt habe. Die Beschwerdeführerin antwortete, sie habe nichts. ihr Mann habe die Sachen. Die Beschwerdeführerin wurde erneut darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen. Sie habe nun die Gelegenheit, dazu noch einmal Stellung zu beziehen. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie Angst um ihre Kinder habe, deswegen wolle sie nicht, dass man sie in die Heimat abschiebe. Sie haben wirklich ein Problem, für ihren Mann sei es dort sehr gefährlich. Er habe im ersten tschetschenischen Krieg auf der Seite des XXXX teilgenommen. Die Beschwerdeführerin sei damals noch nicht mit ihm verheiratet gewesen. Damit sie nicht zurück müssen, seien sie nach Deutschland weitergereist, aber Deutschland habe sie wieder zurück nach Österreich geschickt. Wäre es in der Heimat für sie nicht gefährlich gewesen, wären sie nach Erhalt des negativen Bescheides gleich in die Heimat zurück gefahren.

Befragt, ob sie zu den Länderberichten eine Stellungnahme abgeben möchte sagte die Beschwerdeführerin, egal wie die Lage in Tschetschenien derzeit sei, sei es für sie dort gefährlich. Vor fünf Jahren sei es in der Heimat nur für ihren Mann gefährlich gewesen. Jetzt sei es auch für ihren Sohn gefährlich. Er werde bald XXXX werden. Wenn der Vater an den Kampfhandlungen teilgenommen habe, könne der Sohn auch Probleme bekommen. Außerdem sei ein Verwandter ihres Mannes derzeit im Gefängnis in Russland, wo genau wisse sie nicht, deswegen werde die ganze Familie XXXX immer Probleme haben. Sie höre von ihrem Mann immer nur einen Teil der Informationen, tschetschenische Männer erzählen ihren Frauen nicht alle Probleme.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.11.2013, 13 11.510-EAST Ost, wurde der Antrag auf internationalem Schutz vom 09.08.2013 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt II.).

Gegen den Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit für sämtliche Familienmitglieder gleichlautendem Schriftsatz vom 02.12.2013 fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften durch Abgehen vom Akteninhalt und Ignorieren des Parteienvorbringens sowie durch unrichtige Beweiswürdigung aufgrund unrichtiger Tatsachenfeststellung. Im Wesentlichen wurde das Vorbringen des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin wiedergegeben und Ausführungen zu dessen Gesundheitszustand getätigt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.02.2014, GZ. W223 1414755-2/4E, wurde der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.05.2014, W223 1414755-2/5E, wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 iVm Abs 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Dieses Erkenntnis erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

3. Drittes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

Am 13. September 2014 brachte die Beschwerdeführerin ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz ein und begründete ihre dahinter liegende Motivation damit, ihr Lebensgefährte habe entschieden, dass die Familie neuerlich einen Antrag einbringe, da sie heute eine Aufforderung zur Ausreise erhalten habe. Als Grund hiefür brachte die Beschwerdeführerin vor, die ganze Familie habe auf Grund ihres Mannes Probleme mit den russischen Behörden und könne daher die Familie nicht in ihren Herkunftsstaat zurückkehren. Über die Probleme ihres Mannes könne sie keine genaueren Angaben machen, da ihr dieser nichts davon berichte, auch über allfällige Veränderungen und Neuigkeiten gegenüber den alten Fluchtgründen könne sie daher keine Angaben tätigen. In persönlicher Hinsicht sehe sie als neuen Grund, dass die Familie seit sechs Jahren gut in Österreich integriert sei und ihre Kinder bereits besser Deutsch als Russisch sprechen würden.

Zu Beginn einer niederschriftlichen Einvernahme am 5. Mai 2015 legte die Beschwerdeführerin für sich und ihre Familie vier Bestätigungen über besuchte Deutschkurse, zwei Empfehlungsschreiben, ein Schreiben über die Mitgliedschaft des Lebensgefährten bei den XXXX und zwei Schulbesuchsbestätigungen der Kinder vor.

Die Beschwerdeführerin selbst habe keine Ausbildung absolviert und in der Russischen Föderation habe ihr Lebensgefährte für den Lebensunterhalt gesorgt. Sie selbst und auch die Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe und würden sie sich ausschließlich auf die Fluchtgründe ihres Lebensgefährten beziehen. Über Vorhalt wonach über ihre Anträge bereits rechtskräftig entschieden worden sei, führte die Beschwerdeführerin aus, sie seien bereits seit sieben Jahren in Österreich und würden um eine "Visum" ersuchen. Wenn es möglich gewesen wäre, wären sie bereits nach Hause zurückgekehrt; ihre Kinder seien in Österreich aufgewachsen. Befragt nach ihrem Wissen über die Fluchtgründe ihres Lebensgefährten antwortete die Beschwerdeführerin, "unsere Männer erzählen uns nicht alles". Aber er habe große Probleme. An Neuigkeiten wisse sie nur, dass der Vater ihres Lebensgefährten sehr krank sei wegen der Probleme und einen leichten Schlaganfall erlitten habe. Sie selbst habe mit dem Vater ihres Lebensgefährten nicht telefoniert, sie würden der Beschwerdeführerin nicht alles erzählen, um sie zu schonen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11. November 2015, Zl. 13-831151002-14967925/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 13. September 2014 gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG, bezüglich der Zuerkennung ders Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde kurz zusammengefasst ausgeführt, dass der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin, auf dessen Fluchtgründe sich sie und die Kinder beziehen, keine asylrelevante Verfolgung(sgefahr) glaubhaft gemacht habe. Die vom Lebensgefährten der Beschwerdeführerin angegebenen Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates hätten sich als unglaubwürdig erwiesen. Weiters lägen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe oder mit dieser für ihr als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes einhergehe. Im Hinblick auf die Ausweisungsentscheidung führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass die Beschwerdeführerin illegal eingereist sei und nahe Angehörige im Herkunftsstaat habe, weshalb seine Ausweisung zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde im Familienverfahren erhoben. Die erstinstanzliche Erledigung wurde unter näherer Begründung wegen Rechtswidrigkeit infolge mangelhafter Beweiswürdigung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften vollinhaltlich angefochten.

Am 3. Oktober 2017 fand zur Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführerin, ihr Lebensgefährte und insbesondere deren Kinder, eines davon nunmehr volljährig, eines knapp vor Vollendung der Volljährigkeit im Beisein der Mutter sowie eine geeignete Dolmetscherin teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte mit Schreiben mitgeteilt, keinen Vertreter zu entsenden. Im Rahmen der Verhandlung wurden die Beschwerdeführerin und deren Lebensgefährte und wie erwähnt die gemeinsamen Kinder zu Ausreisegründen und Lebensumständen im Herkunftsstaat, sowie zum Gesundheitszustand und Leben in Österreich befragt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.10.2017, W147 1414755-3/9E , wurde die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis IV. gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 iVm §§ 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

In Bezug auf die Rückkehrentscheidung wurde durch das Gericht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die im Spruch genannten Personalien führt und Staatsangehörige der Russischen Föderation ist. Sie ist Lebensgefährtin des Beschwerdeführers zu W147 1414754-3 und Mutter dreier gemeinsamer Kinder, den BeschwerdeführerInnen zu W147 1414756-3, W147 1414757-3 und W147 2118213-1.

Die Beschwerdeführerin leidet an keinen chronischen oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführerin ist eine Teilnahme am Erwerbsleben möglich.

Die unbescholtene Beschwerdeführerin hat sich während ihres Aufenthaltes Grundkenntnisse der Deutschen Sprache angeeignet und lebt von der Grundversorgung. Die Beschwerdeführerin hat - mit Ausnahme ihres Lebensgefährten und den Kindern, deren Beschwerden mit heutigem Tag ebenfalls als unbegründet abgewiesen wurden ? keine Angehörigen im Bundesgebiet, mit denen sie in einem gemeinsamen Haushalt lebt oder zu denen ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Im Falle der Beschwerdeführerin konnten keine nennenswerten Anknüpfungspunkte wirtschaftlicher oder sozialer Natur im Bundesgebiet festgestellt und kann auch vor dem Hintergrund der Aufenthaltsdauer von keiner besonderen Verfestigung im Bundesgebiet gesprochen werden.

Viertes, verfahrensgegenständliches Verfahren:

Die Beschwerdeführerin und ihre Familie verblieben im Bundesgebiet und stellten diese am 23. Jänner 2018 bei der Behörde einlangend Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen. Die Beschwerdeführerin fügte ihrem Antrag eine Bestätigung über außerordentliche Spracherwerbsmaßnahmen für Asylwerber in Grundversorgung vom Dezember 2016 an, welche bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.10.2017 Berücksichtigung fand.

Mit Schreiben vom 6.2.2018 wurde die Beschwerdeführerin und ihre Familie über die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aufgeklärt und zur Vorlage entsprechender Dokumente aufgeklärt.

Eine weitere Anleitung für die Voraussetzungen einer Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen erfolgte anlässlich einer persönlichen Vorsprache des damaligen gewillkürten Vertreters vor der belangten Behörde am 20.2.2018.

Mit Schriftsatz vom 23.2.2018 wurden die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Asylgesetz 2005 abgeändert. Ausgeführt wurde, dass es sich um eine sehr gut integrierte Familie handle, wobei die betroffenen Frauen nicht einmal das obligate Kopftuch tragen würden und deren Verwandte allesamt eine Aufenthaltsrecht, Asyl oder die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen würden. Bis auf eine Person, die zu wenig verdiene und deshalb Sozialhilfe beziehe, seien alle im Erwerb. Vorort bei den Familien würden sie in geordneten Verhältnissen leben. Die Familien würden auch die antragstellende Familie unterstützen. Es gebe keinerlei Neigung zum Extremismus, ein großer Teil lebe areligiös oder liberal muslimisch. Alle hätten ihr Möglichstes zur Weiterbildung getan. Die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht betroffene Tochter sei bei einer Tante und absolviere dort ein Praktikum. Der Vater des Beschwerdeführers hätte zwei Arbeitszusagen, wobei eine verbindlich sei. Alle seien bei der Gebietskrankenkasse versichert. Auf Grund ihrer Geschichte, ihrem Mitwirken, besonders über ihre lange Aufenthaltsdauer aber auch ihrer Unbescholtenheit sei der Familie ein Bleiberecht nach § 55 AsylG zu gewähren.

Mit nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 Asylgesetz 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 29.3.2018 wurde der Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird.

Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde mit Schriftsatz vom 26.4.2018 fristgerecht verfahrensgegenständliche Beschwerde für alle Familienmitglieder erhoben und die erstinstanzliche Erledigung wegen mangelhaftem Verfahren und Rechtswidrigkeit des Inhaltes in vollem Umfang angefochten.

Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 4.5.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Infolge der geltenden Geschäftsverteilung wurde die Beschwerdesache der volljährigen Tochter der Beschwerdeführerin einer anderen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Am 23.1.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentlich mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in welcher die Beschwerdeführerin, ihr Lebensgefährte und ihr zwischenzeitig volljähriger Sohn neuerlich zu Privat- und Familienleben und Gesundheitszustand befragt wurden.

Mit Schriftsatz vom 6.2.2019 nahm die Beschwerdeführerin durch ihre nunmehrige Vertretung zu den ausgehändigten Länderberichten und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung Stellung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, den Ergebnissen der Beschwerdeverhandlung und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in der Russischen Föderation, wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts Folgendes festgestellt:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe und führt den im Spruch genannten Namen.

Mit der Beschwerdeführerin halten sich gemeinsam im Bundesgebiet ihr Gatte und drei Kinder auf. Die volljährige Tochter der Beschwerdeführer (W247 1414757-4) lebt nunmehr bei ihrer Tante in XXXX und absolviert ein Praktikum. Die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesamtes wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin im Fall einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Nicht festgestellt werden kann darüber hinaus, dass die Beschwerdeführerin an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden würde, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation iSd Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.

Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausreichend ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration der Beschwerdeführerin in Österreich vorliegt.

Die Familie der Beschwerdeführerin ist hat drei unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt und war die Familie nicht gewillt, nach negativem Ausgang freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen.

Die Beschwerdeführerin besuchte, abgesehen von Deutsch-Kursen, keine Ausbildungen und spricht die deutsche Sprache auf niedrigem Niveau. Innerhalb des Familienverbandes erfolgt die Kommunikation hauptsächlich in tschetschenisch. Die Beschwerdeführerin ist gesund und in keinen Vereinen aktiv. Sie ist durch die Grundversorgung krankenversichert und wird ihr durch diese eine Unterkunft zur Verfügung gestellt. Sie geht keiner Erwerbstätigkeit nach und nicht selbsterhaltungsfähig.

Bis zur Ausreise lebte die Beschwerdeführerin mit ihrer Familie im Herkunftsstaat auf einem Bauernhof, welcher derzeit von Brüdern des Lebensgefährten betrieben wird, absolvierte die Schule und war dort als Köchin tätig. In XXXX leben die Eltern der Beschwerdeführerin in einer Eigentumswohnung und beziehen Pension.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

1.2. Zur aktuellen politischen und menschenrechtlichen Situation in der Russischen Föderation werden folgende Feststellungen getroffen:

0. "Politische Lage

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a).

Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum ("exekutive Machtvertikale") deutlich (GIZ 7.2018a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (5.2018b): Russische Föderation - Außen- und Europapolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederation/201534, Zugriff 1.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 1.8.2018

-

EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 1.8.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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