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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Dr. G in Innsbruck, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstrasse 6, der gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 15. Oktober 1998, Zl. 140/16-DOK/97, betreffend Entlassung, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem mit Beschwerde angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Bundesbeamten gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 126 Abs. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer in den Zeiträumen vom 18. und 19. September 1996 und vom 14. Oktober 1996 bis zum 8. Juni 1997 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, milder als durch die Disziplinarstrafe der Entlassung bestraft zu werden, verletzt und stellt den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. Letzteres begründet er damit, dass er und seine Familie (seine Ehegattin und sein minderjähriger Sohn) durch die mit dem angefochtenen Bescheid bewirkte Einstellung der Bezahlung seiner Bezüge eine tief greifende Störung in den Lebensverhältnissen hinnehmen müsse, die auch durch die Nachzahlung der Bezüge im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht ausgeglichen werde.
Einer Beschwerde ist gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bei Beschwerden gegen Disziplinarerkenntnisse, mit denen Beamte entlassen wurden, die Möglichkeit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG deswegen verneint, weil damit ein für den Fall der Abweisung der Beschwerde auflösend bedingtes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art geschaffen würde, dessen Rechtswirkungen, gleichviel welchen Ausgang das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nimmt, im Nachhinein nicht mehr aufzuheben wären. Solche Dienstverhältnisse seien dem Dienstrecht der öffentlich-rechtlichen Bediensteten fremd (vgl. etwa die Beschlüsse vom 26. Juni 1979, Slg. Nr. 9889/A, und vom 16. Februar 1994, Zl. 94/09/0002).
Selbst wenn man mit dem Beschwerdeführer diese Auffassung im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 30 Abs. 2 VwGG in anderen Fällen, in denen gegen die Aberkennung von subjektiv-öffentlichen Rechten gerichtete Beschwerden vom Verwaltungsgerichtshof der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durchaus zugänglich erachtet worden sind (vgl. etwa die Fälle der Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (Beschluss vom 1. Oktober 1980, Zl. AW 2630/80), der Entziehung des Benützungsrechtes an einer Naturalwohnung (Beschluss vom 27. April 1982, Zl. AW 82/12/0036), der Einschränkung der Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Schischule (Beschluss vom 4. März 1986, Zl. AW 86/10/0006), der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO (Beschluss vom 14. September 1987, Zl. AW 87/04/0045), oder der Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes (Beschluss vom 23. Oktober 1996, Zl. AW 96/21/0040)), sowie im Hinblick darauf verneint, dass die Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes durch einen Vollzug des angefochtenen Bescheides während der Dauer des Beschwerdeverfahrens nicht ausgehöhlt werden darf, weshalb unter "Vollzug" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG jede Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit zu verstehen und eine Rücksichtnahme auf jene Folgen notwendig ist, die den Beschwerdeführer bei einer Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit treffen würden (vgl. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10.381/A), und diese Auffassung auch deswegen für unrichtig hält, weil Einschränkungen des - auch für Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof geltenden - Grundsatzes der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfes nur aus sachlich gebotenen, triftigen Gründen zulässig sind (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1995, Slg. Nr. 14.374, m. w.N. und den hg. Beschluss vom 13. März 1998, Zl. AW 98/21/0104), ist dennoch der vorliegende Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus folgenden Gründen zu versagen:
Im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides träte die Rechtssache gemäß § 42 Abs. 3 VwGG - ex tunc - in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte und wären die Verwaltungsbehörden gemäß § 63 Abs. 1 VwGG verpflichtet, mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (vgl. dazu Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, 2. Auflage 1997, 694 ff, 730 ff). Es ist Zweck des Rechtsinstitutes der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG, diese mögliche Wirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zu sichern.
Im vorliegenden Fall hätte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Folge, dass dem Beschwerdeführer die ihm zustehenden Bezüge für den Zeitraum ab Erlassung des angefochtenen Bescheides nachzuzahlen wären; für diesen Zeitraum läge kein Fall der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 vor. Dieses mögliche Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens träte im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides unabhängig davon ein, ob der gegen die Entlassung des Beschwerdeführers gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, zur Sicherung dieses möglichen Verfahrensergebnisses ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung also nicht erforderlich. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hätte bloß zur Folge, dass dem Beschwerdeführer noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Wiederantritt seines Dienstes Bezüge auszuzahlen wären.
Der Beschwerdeführer hat aber nicht ausreichend dargetan, inwiefern im Hinblick auf seine Vermögensverhältnisse der Entfall von Bezügen während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens für ihn einen unverhältnismäßigen Nachteil darstellt (vgl. zur diesbezüglichen Konkretisierungspflicht den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10.381/A), weshalb dem vorliegenden Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattzugeben war.
Wien, am 15. April 1999
Schlagworte
Begriff der aufschiebenden WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:AW1999090010.A00Im RIS seit
24.11.2000