TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/27 L517 2198186-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.02.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2198186-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX, vom 07.02.2018, OB:

XXXX, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 bis 3, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF iVm § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, stattgegeben und festgestellt, dass ein Gesamtgrad der Behinderung von 100 v.H. sowie die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass iSd zitierten Bestimmungen des BBG vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

29.11.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei (bP) auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass und Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (belangte Behörde bzw. bB)

29.01.2018 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens: GdB 60 v.H., Dauerzustand, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

07.02.2018 - Versand des Behindertenpasses mit einem GdB von 60 v. H., Bescheid der bB: Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel"

14.03.2018 - Beschwerde der bP

03.05.2018, 29.05.2018, 08.06.2018 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen und orthopädischen Sachverständigengutachtens sowie Gesamtbeurteilung: Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

13.06.2018 - Beschwerdevorlage am BVwG

23.08.2018 - Verständigung der bP vom Ergebnis der Beweisaufnahme

04.09.2018 - Stellungnahme der bP und Befundvorlage

12.11.2018 - Ersuchen um Gutachtensergänzung

22.11.2018 - Gutachtensergänzung durch den allgemeinmedizinischen Sachverständigen

28.01.2019 - Erstellung eines internistischen

Sachverständigengutachtens: GdB 100 v.H., Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist österreichische Staatsbürgerin und an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft. Zuletzt wurde am 30.11.2016 ein Grad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt.

Am 29.11.2017 stellte die bP einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass und Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass.

Das am 29.01.2018 nach der Einschätzungsverordnung erstellte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten weist nachfolgendes Ergebnis der durchgeführten Begutachtung auf:

"1 Degenerative Wirbelsäulenveränderungen.

Osteochondrose, Facettgelenksarthrose, Discusprolaps L5/S1,

Beinlängenverkürzung rechts 2 cm - Beurteilung wird vom Vorgutachten übernommen.

Pos.Nr. 02.01.02 GdB 30%

2 Coxarthrose links.

Zustand nach Osteomyelitis linkes Hüftgelenk, Belastungsschmerzen,

radiologisch mittelgradige Hüftgelenksabnützung - Beurteilung vom Vorgutachten übernommen.

Pos.Nr. 02.05.09 GdB 30%

3 Postthrombotisches Syndrom.

Zustand nach TVT beidseits 2012, Varicositas, Strümpfe erforderlich - Beurteilung vom Vorgutachten übernommen.

Pos.Nr. 05.08.01 GdB 30%

4 Hörminderung beidseits.

Laut Audiogramm mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits,

Hörgeräteversorgung - Beurteilung vom Vorgutachten übernommen.

Pos.Nr. 12.02.01 GdB 30%

5 Asthma bronchiale.

Derzeit keine wesentliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens,

Zustand nach Hämoptysen, unter Marcoumar, Anosmie - Beurteilung vom Vorgutachten übernommen.

Pos.Nr. 06.05.01 GdB 20%

6 Mitralklappeninsuffizienz leichten Grades.

Intermittierendes Vorhofflimmern - Beurteilung vom Vorgutachten übernommen.

Pos.Nr. 05.07.01 GdB 20%

7 Aortenklappenstenose.

Gering- bis mäßiggradige Begleitinsuffizienz - Beurteilung vom Vorgutachten übernommen.

Pos.Nr. 05.06.01 GdB 20%

8 Zustand nach Fersenbeinstauchungsbruch rechts.

Geringgradige eingeschränkte Beweglichkeit - Beurteilung vom Vorgutachten übernommen.

Pos.Nr. 02.05.32 GdB 10%

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Führendes Leiden ist Position 1.

Zusätzlich Verschlechterung des Gesamtbildes durch Position 2 bis 4, daher Erhöhung um je eine Stufe auf gesamt 60 %.

Die Positionen 5 bis 8 aufgrund Geringfügigkeit nicht stufenerhöhend.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten

Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Zustand nach Lichen ruber der Oberlippe - auf Medikamentenumstellung vollständig zurückgebildet.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Keine.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Gleichbleibender Gesamtgrad.

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Aufgrund degenerativer Wirbelsäulenveränderungen und Hüftgelenksabnützung links besteht zwar eine schmerzbedingte Einschränkung der Gehstrecke, das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (300 bis 400 m), gegebenenfalls unter Zuhilfenahme einer Gehhilfe ist jedoch möglich. Es besteht ausreichende Standfestigkeit, wie auch freie Beweglichkeit der OE. Die Überwindung üblicher Niveauunterschiede sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich erschwert."

Am 07.02.2018 erfolgte der Versand des Behindertenpasses mit einem GdB von 60 v.H. Mit Bescheid vom selben Tag wies die bB den Antrag der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" ab.

Aufgrund ihrer dagegen am 14.03.2018 erhobenen Beschwerde erfolgten im Auftrag der bB im Beschwerdevorentscheidungsverfahren die Begutachtung der bP durch einen Allgemeinmediziner sowie einen Facharzt für Orthopädie, deren Sachverständigengutachten vom 03.05.2018 und 29.05.2018 in eine Gesamtbeurteilung flossen, welche, erstellt am 08.06.2018, folgenden Inhalt aufweist:

"Zusammenfassung der Sachverständigengutachten

Orthopädie 29.05.2018

Allgemeinmedizin 03.05.2018

Die genannten Gutachten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung. Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1 degenerative Wirbelsäulenveränderungen

2 Sehnenentzündung linke Hüfte bei Zustand nach bakteriellem Infekt

3 Zustand nach Fersenbeinbruch rechts

4 Hörminderung

5 Aortenklappenstenose mäßigen Grades, gering eingeschränkte Herzleistung

6 Varizen

7 leichtgradiges Asthma bronchiale

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

keine neuen Erkrankungen allgemeinmedizinisch und orthopädisch, im Vordergrund Beschwerden linke Hüfte

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

keine wesentlichen schweren Herz- oder Luftbeschwerden bei leichtem Asthma bronchiale, mäßiger Herzklappenstenose, ÖVM möglich Von Seiten der linken Hüfte ergibt sich aus orthopädischer Sicht nur eine geringe Arthrose. Es besteht eine Sehnenentzündung außenseitig, welche zu einer Einschränkung der Wegstrecke führt, 300 bis 400 Meter sind aber zu bewältigen und auch das Ein- und Aussteigen ist aufgrund der Beweglichkeit der Gelenke möglich.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein

Gutachterliche Stellungnahme:

Das Fuß- Hüft- und Wirbelsäulenleiden schränkt die Mobilität ein, eine kurze Wegstrecke (300-400m) allenfalls unter Zuhilfenahme eines Gehstocks kann aber zurückgelegt werden. Die Beweglichkeit der Gelenke ermöglicht das sichere Ein- und Aussteigen und die Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel."

Nach Beschwerdevorlage am BVwG wurde der bP das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und aufgrund ihrer Stellungnahme und der erfolgten Befundvorlage der Allgemeinmediziner um eine Gutachtensergänzung ersucht. In seiner Gutachtensergänzung vom 22.11.2018 führte der Sachverständige wie folgt aus:

"Neu vorgelegte Befunde:

Kl. XXXX 5/2018 HNO: Vestibularisausfall rechts - nach Therapie rasche Besserung - kein Krankheitswert mehr

XXXX:

6/2018 dekompensierte Cardiomyopathie (Herzschwäche) mit cardialer Stauung und Pleuraergüssen deutlich eingeschränkte Linksventrikelfunktion (EF 30%) - Verschlechterung zu den Vorbefunden!

7/2018 ein Stent bei Koronarer Herzerkrankung - neu mittelgradig eingeschränkte Linksventrikelfunktion

Es wird zusätzlich ein Gutachten durch einen FA Innere Medizin vorgeschlagen aufgrund der Verschlechterung der Herzleistung (Koronare Herzerkrankung, Cardiomyopathie) und unklarer Belastbarkeit.

(Beurteilung Herz, Lunge, Gehstrecke)"

Aufgrund der Angabe der Sachverständigen wurde im Auftrag des BVwG die Erstellung eines internistischen Gutachtens beauftragt, welches, am 28.01.2019 erstellt nach der Einschätzungsverordnung, nachfolgenden Inhalt aufweist:

"...

Anamnese:

Aus allen Vorgutachten relevant:

Mit 14 Jahren Knocheneiterung der linken Hüfte, vor ca. 25 Jahren Loch im Trommelfell mit anschließender Nasenscheidewandoperation.

Zustand nach transurethraler Resektion der Prostata 09/2016.

Coxarthrose links mittelgradig bekannt mit Beinlängenverkürzung links um 2 cm, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Discusprolapssyndrom L5/S1. Postthrombotisches Syndrom bei Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose mit oraler Antikoagulation mit Marcoumar seit 2011.

Hörverminderung beidseits mit Hörgeräteversorgung.

Asthma bronchiale bekannt.

Zustand nach Lichen ruber der Mundschleimhaut 2012.

Paroxysmales Vorhofflimmern.

Aortenklappenstenose und Mitralklappeninsuffizienz leichteren Grades, seit Jahren bekannt, diesbezüglich mehrfach in Behandlung im Krankenhaus XXXX gewesen.

2012 nochmalige Thrombose beide Beine.

Stammvarikositas bekannt, Ektasie der Aorta ascendens.

2015 TIA vertebrobasilär ohne Residuen

Mehrfach wegen Morbus Meniere bzw. Vestibularisausfall rechts auch stationär gewesen, meistens im HNO-Klinikum XXXX.

Im Juni 2018 stationär gewesen im Universitätsklinikum XXXX wegen einer dekompensierten Cardiomyopathie, wobei hier eine hochgradig eingeschränkte LV-Funktion mit einer EF von 30% bei Linksschenkelblock festgestellt wurde, der Patient wurde daraufhin rekompensiert, anschließend auf die kardiologische Abteilung weiterverwiesen. Dort wurde am 25.07.2018 eine Stentrevaskularisation in die rechte Kononararterie durchgeführt.

Die linksventrikuläre Pumpfunktion war mit einer Ejektionsfraktion von 30% als mittelgradig bis höhergradig eingeschränkt definiert worden. Anschließend noch einmal stationär gewesen, mehrfach im Klinikum XXXX. Der letzte stationäre Aufenthalt war diesbezüglich am 05.11.2018, Dauer bis 11.11.2018 wegen einem paroxysmalen tachykarden Vorhofflimmern mit einer erfolgreichen elektrischen Cardioversion. Der Patient wurde bei einem CHA2DS2- VASc-Score mit 3 weiterantikoaguliert. Eine Kontrolle echokardiographisch ergibt eine hochgradig reduzierte LV-Funktion sowie ein kombiniertes Aortenvitium mit mittelgradiger Stenose und Insuffizienzkomponente sowie eine Ektasie der Aorta ascendens.

Derzeitige Beschwerden:

Der Patient klagt in erster Linie darüber, dass er Atemnot bei bereits geringer körperlicher Belastung hätte, 300-400 m könne er maximal, aber nur noch mit Krücken gehen. Ein Stockwerk kann nicht mehr ohne Atemnot bzw. Stehenbleiben bewältigt werden.

Die Schmerzen in den Füßen hätten sich verschlechtert, zusätzlich würden das linke Bein aufgrund des Muskelschwundes sowie des Zustandes nach Einblutung in die Muskulatur immer wieder ohne ersichtlichen Grund auslassen.

Er sei auch sehr von Seiten der Atemnot wetterabhängig, das heißt kältesensitiv, er hätte auch immer wieder vor allem bei Schlechtwetter bzw. Kälte und Belastung Beklemmung und Druck im Hals, aufsteigend rechts.

Neu ist, dass er auch, seitdem er die zahlreichen Medikamente für seine Herzerkrankung bekommen hätte, wieder eine Verschlechterung des Lichen ruber in der Mundschleimhaut bekommen hat.

Die Blutdruckwerte sind mit der bestehenden Medikation eigentlich relativ labil und vor allem nach oben fallweise leicht eskalierend, keine hypotensiven Zustände. Beinödeme hätte er nur gering.

Ferner leide er unter rezidivierenden Schwindelattacken, einmal mehr, einmal weniger, insbesondere lagerungsabhängig.

Auch das Hörvermögen hätte sich weiter verschlechtert.

Berufen hat er gegen das letzte Gutachten, weil er sich nicht mehr in der Lage fühle eine entsprechende Wegstrecke zu einem öffentlichen Verkehrsmittel zurückzulegen.

Laut Aussagen der Frau, müsse sie ihn mit dem Auto praktisch überall direkt vor die Türe fahren und begleiten.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel

Sedacoron 1x1, Nomexor 5 mg 1 x 1, Ramipril 5 mg 1 x 1, Spirobene 50 mg 1 x 1, Lasix 40 mg 1 x 1, Marcoumar laut Thrombotest und Thrombo ASS 100 mg 1 x 1 bis Juli 2019.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Ruhe-EKG vom 24.01.2019:

Sinusrhythmus, Frequenz 73/min., kompletter Linksschenkelblock.

Arztbrief Klinikum XXXX vom 28.-30.10.2018:

Epistaxis rechts unter Marcoumar, Zustand nach Vestibularisausfall rechts 05/2018.

Entlassunqsbefund Klinikum XXXX vom 05.-11.11.2018:

Relevant paroxysmales tachykardes Vorhofflimmern mit aktuell erfolgreicher elektrischer Cardioversion, koronare Herzkrankheit, Zustand nach Stent in die rechte Koronararterie im Juli 2018.

Kombiniertes Aortenvitium mit mitteigradiger Stenose und geringer Insuffizienzkomponente. Ferner bestehende hochgradig reduzierte LV-Funktion.

Arterielle Hypertonie, sowie Ektasie der Aorta ascendens mit einem Durchmesser von 4,7 cm, sowie Zustand nach Oberschenkelmuskeleinblutung unter dualer Antikoagulation. Weitere empfohlene Maßnahmen:

Re-Evaluierung hinsichtlich Implantation eines automatischen Defibrillators in 3 Monaten - eine stationäre Kontrolle im Klinikum XXXX ist bereits geplant.

Entlassungsbefund vom XXXX Universitätsklinikum vom Juli 2018:

Relevant KHK, Stentrevaskularisation der rechten Koronararterie am 25.07.2018, ischämische und hypertensive Cardiomyopathie mit eingeschränkter LV-Funktion mit einer Ejektionsfraktion von 30%.

Paroxysmales Vorhofflimmern mit derzeit Sinusrhythmus.

Chronisch venöse Insuffizienz beidseits, bei Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose beidseits 01/2012 und 12/2012.

Ektasie der Aorta thoracalis ascendens mit 4,6 cm.

Lagerungsschwindel sowie Zustand nach Lichen ruber der Mundschleimhaut 2012.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Gut.

Ernährungszustand:

Adipös - BMI 26.

Größe: 188 cm Gewicht: 91 kg Blutdruck: 205/85 mmHg

Klinischer Status - Fachstatus:

77-jähriger Patient, Facies rubioses, Lippenzyanose, hört und sieht ausreichend, trägt Lesebrille, trägt Hörgerät rechts.

Caput/Collum: Pupillenreaktion ppt. stgl., OK und UK prothetisch versorgt, Zunge feucht, Rachen bland, geringer Lichen ruber der Unterlippe Innen- und Außenseite, Carotisgeräusch beidseits, fortgeleitet aber von der Aortenklappe

Thorax: sym. stgl. belüftet

Pulmo: verschärftes Vesikuläratmen, bronchitische RG's, Lungenbasen tiefstehend, hypersonorer Klopfschall

Cor: Herztöne laut, rhythmisch, lautes 4/6 Systolikum über der Aortenklappe, fortgeleitet in die Carotiden und die Mitralklappe, Herz deutlich nach links verbreitert

Abdomen: weich, Hepar 1 Querfinger unter Rippenbogen, Milz nicht tastbar,

Nierenlager frei, Bruchpforten geschlossen

UE: Ausgeprägte Varikositas, trägt Gummistrumpf am linken Bein, diskrete Knöchelödeme, periphere Pulse tastbar, deutliche bräunliche Verfärbung der Haut im Sinne einer Hautschädigung, Lasegue beidseits negativ, deutliche Muskelatrophie im linken Oberschenkelbereich, blande Narbe bei Zustand nach Osteomyelitis mit 14 Jahren.

Innen- und Außenrotation der linken Hüfte deutlich eingeschränkt und schmerzhaft, Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des linken Trochanter, die rechte Hüfte in der Beweglichkeit deutlich besser wie links.

Kniegelenke beidseits ohne Entzündungszeichen, Extension und Flexion bis 140 Grad möglich, Band stabil, Sprunggelenke: blande Narbe rechtsseitig bei Zustand nach Fersenbeinbruch und Operation rechts vor ca. 18 Jahren

OE: Nacken-Kreuzgriff eingeschränkt möglich, im Bereich der linken Hand ist am 4. Finger das PIP-Gelenk bei ca. 20 Grad Streckung und nach operativer Behandlung

WS: BWS klopfschmerzhaft, ebenso LWS, Beckenschiefstand links mit ca. 2 cm,

mit ausgleichender Skoliose, FBA deutlich eingeschränkt, Schober 10-12

Gesamtmobilität - Gangbild:

Hinkend, geht mit Stützkrücke in der rechten Hand wegen Schmerzen an der linken Hüfte.

Status Psychicus:

Klar, orientiert, logorrhoeisch, klagsam.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbeding-ten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich län-ger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Koronare Herzkrankheit mit mäßig diffuser Koronarsklerose sowie Zustand nach Stentimplantation in die rechte Koronararterie 07/2018, hochgradig eingeschränkte systolische Pumpfunktion, paroxysmales bzw. persistierendes Vorhofflimmern mit im

Rahmen dessen kardialer Dekompensation bzw. Zustand nach Elektrokardioversion 11/2018.

Bestehendes kombiniertes Aortenvitium mit führender Stenose und Begleitinsuffizienz - chronische Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Leistungsbreite.

Einstufung mit der Positionsnummer 05.05.03 und dem Rahmensatz von 70%, entsprechend der progredienten und fortgeschrittenen chronischen Herzinsuffizienz mit Zustand nach kardialer Dekompensation mehrfach sowie bestehender hochgradig eingeschränkter systolischer Pumpfunktion, welche die Einschränkung der Leistungsfähigkeit bei geringer körperlicher Belastung erklärt, das kombinierte Aortenvitium ist aggravierend und mitberücksichtigt. Pos. Nr. 05.05.04 GdB 80%

2 Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Osteochondrose, Facettgelenksarthrose, Discusprolaps L5/S1 bei Längenverkürzung rechts 2 cm.

Einstufung mit der Positionsnummer 02.01.02 und dem Rahmensatz von 30%, entsprechend dem Vorgutachten, hier keine Verschlechterung objektivierbar. Pos. Nr. 02.01.02 GdB 30%

3 Coxarthrose links, Zustand nach Osteomyelitis linkes Hüftgelenk, Belastungsschmerzen, radiologisch mittelgradige Hüftgelenksabnützung.

Einstufung mit der Positionsnummer 02.05.09 und dem Rahmensatz von 30%, unverändert zum Vorgutachten keine Verschlechterung. Pos. Nr. 02.05.09 GdB 30%

4 Postthrombotisches Syndrom, Zustand nach TVT beidseits 2012 - Varikositas - Strümpfe erforderlich.

Einstufung mit der Positionsnummer 05.08.01 und dem Rahmen-satz von 30%, entsprechend dem Vorgutachten, es hat sich keine Verschlechterung ergeben. Pos. Nr. 05.08.01 GdB 30%

5 Hörminderung beidseits.

Einstufung mit der Positionsnummer 12.02.01 und dem Rahmensatz von 30%, laut Audiogramm mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits, Hörgeräteversorgung, entsprechend dem Vorgutachten. Pos. Nr. 12.02.01 GdB 30%

6 Asthma bronchiale, derzeit keine wesentliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens von Seiten des Asthma, Zustand nach Hämophtysen unter Marcoumar, Anosmie.

Einstufung mit der Positionsnummer 06.05.01 und dem Rahmensatz von 20%, entsprechend dem Vorgutachten. Pos. Nr. 06.05.01 GdB 20%

7 Lichen ruber der Mundschleimhaut.

Einstufung mit der Positionsnummer 01.01.02 und dem Rahmensatz von 20%, entsprechend des wiederaufgetretenen Lichen ruber unter Medikamenteneinnahme. Pos. Nr. 01.01.02 GdB 20%

8 Zustand nach Fersenbeinstauchungsbruch rechts, geringgradige Einschränkung der Beweglichkeit.

Einstufung mit der Positionsnummer 02.05.32 und dem Rahmen-satz von 10%, entsprechend des Vorgutachtens. Pos. Nr. 02.05.32 GdB 10%

Gesamtgrad der Behinderung 100 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden ist die Positionsnummer 1, die Positionsnummer 2, 3, 4 und 5 stellen zwar teilweise eigenständige Leiden dar, führen aber durch den Schweregrad und die dadurch bestehenden Verschlechterungen des Gesamtbildes zu einer weiteren Steigerung insgesamt um 2 Stufen auf 100 v.H.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Gegenüber dem Vorgutachten ist es vor allem, was die kardiale Situation betrifft, zu einer deutlichen Verschlechterung gekommen.

Hinsichtlich des Gutachtens von Dr. XXXX vom 29.01.2018, Dr. XXXX vom 29.05.2018, sowie Dr. XXXX vom 03.05.2018 und Gesamtbeurteilung Dr. XXXX vom 08.06.2018 ist in erster Linie eine Verschlechterung der kardialen Situation eingetreten.

Die Leistungseinschränkung des Patienten, sowie Belastungsdyspnoe bei geringster körperlicher Belastung ist evident nachvollziehbar und auch durch die vorliegenden Befunde vom AKH XXXX begründet und dokumentiert.

Hinsichtlich der orthopädischen Probleme, beschrieben im Gutachten Dr. XXXX, ist nur eine geringfügige Verschlechterung eingetreten.

Die Beschwerdevorbringung vom 09.03.2018 bezieht sich von Seiten des Patienten in erster Linie auf die orthopädische und postthrombotische Symptomatik, hier ist keine wesentliche Verschlechterung an und für sich feststellbar.

Zwischenzeitlich ist es aber zu einer deutlichen Verschlechterung der kardialen Situation gekommen.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung hat sich insbesondere was die kardiale Situation betrifft, deutlich verschlechtert. Aus diesem Grund wurde der Gesamtgrad der Behinderung weiter angehoben unter Berücksichtigung der anderen zusätzlich aggravierenden Leiden und dem Schweregrad der Leiden, auf insgesamt 100 v.H. angehoben.

[X] Dauerzustand

Begründung:

Gegenüber den Vorgutachten Dr. XXXX, sowie Dr. XXXX ist es insbesondere was die kardiale Seite betrifft zu einer deutlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen. Aus diesem Grund wird der Gesamtgrad der Behinderung weiter angehoben. Hinsichtlich der orthopädischen Beschwerden ist es nur zu einer nicht wesentlichen Verschlechterung gekommen, insbesondere die Beschwerden von Seiten des linken Hüftgelenks. Hinsichtlich der Beschwerden von Seiten des postthrombotischen Syndroms bei Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose besteht unverändert die gleiche Situation, wie zu den Vorgutachten.

Hinsichtlich der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, des Asthma bronchiale bzw. der Hörverminderung und des Zustandes nach Fersenbeinstauchungsbruch rechts keine Verschlechterung feststellbar, der Lichen ruber der Mundschleimhaut ist wieder etwas aktiv, wahrscheinlich durch die zusätzliche Medikamenteneinnahme, die durch die chronische Herzinsuffizienz notwendig geworden sind, wieder aggraviert.

Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen schränken die Mobilität ein?

In welcher Weise ist dadurch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (ca. 300 - 400 m), das Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede oder die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. verunmöglicht?

Aufgrund der sich verschlechternden kardialen Situation mit Atemnot bei bereits geringer körperlicher Belastung sowie unter Berücksichtigung der orthopädischen Probleme von Seiten der linken Hüfte, kann der Patient eine kurze Wegstrecke von ca. 300-400 m nicht mehr in normalem Tempo zurücklegen. Es besteht die Gefahr der Verschlechterung der kardialen Situation mit Auftreten einer Dekompensation.

Das Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede wäre nur mit Hilfe mehr möglich. Unter zu Grunde legen sämtlicher Funktionsbeeinträchtigungen, der Mobilität und der kardialen Situation ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dem Patienten nicht mehr zuträglich.

2. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führen zu einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit? In welcher Weise ist dadurch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede oder die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. verunmöglicht?

Die kardiale Einschränkung ermöglicht es nicht mehr eine entsprechende kurze Wegstrecke bzw. das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Gefahr durchzuführen.

..."

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036).

Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das internistische Sachverständigengutachten, welches aufgrund der Stellungnahme der bP sowie der Gutachtensergänzung eingeholt wurde, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Das internistische stellt einen Gesamtgrad der Behinderung von 100 v. H. fest und negiert im Ergebnis die Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Wie der Internist in seiner Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zu den Vorgutachten ausführt, ist es gegenüber den Vorgutachten vor allem, was die kardiale Situation betrifft, zu einer deutlichen Verschlechterung gekommen. Die Leistungseinschränkung der bP, sowie die Belastungsdyspnoe bei geringster körperlicher Belastung sind evident nachvollziehbar und auch durch die vorliegenden Befunde vom AKH XXXX begründet und dokumentiert. Hinsichtlich der orthopädischen Probleme, beschrieben im Gutachten Dr. XXXX, ist hingegen nur eine geringfügige Verschlechterung eingetreten. Zwischenzeitlich ist es aber zu einer deutlichen Verschlechterung der kardialen Situation gekommen.

Die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung begründet der Internist damit, dass sich der Gesamtgrad der Behinderung, insbesondere was die kardiale Situation betrifft, deutlich verschlechtert hat und aus diesem Grund der Gesamtgrad der Behinderung, unter Berücksichtigung der anderen zusätzlich aggravierenden Leiden und deren Schweregrad, weiter angehoben wurde auf insgesamt 100 v.H.

Die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird damit begründet, dass aufgrund der sich verschlechternden kardialen Situation mit Atemnot bei bereits geringer körperlicher Belastung sowie unter Berücksichtigung der orthopädischen Probleme von Seiten der linken Hüfte, die bP eine kurze Wegstrecke von ca. 300-400 m nicht mehr in normalem Tempo zurücklegen kann - es besteht die Gefahr der Verschlechterung der kardialen Situation mit Auftreten einer Dekompensation. Die kardiale Einschränkung ermöglicht es nicht mehr eine entsprechende kurze Wegstrecke bzw. das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Gefahr durchzuführen, das Ein- und Aussteigen wäre unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede nur mehr mit Hilfe möglich. Unter Zugrundelegung sämtlicher Funktionsbeeinträchtigungen, der Mobilität und der kardialen Situation ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel der bP nicht mehr zuträglich.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Im Gutachten wurden alle relevanten von der bP vorgebrachten Leiden sowie die beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

Im angeführten Gutachten wurde vom Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

Im angeführten Gutachten, welches aufgrund der Stellungnahme der bP und der Gutachtensergänzung eingeholt wurde, wurde vom Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen, das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung - insbesondere im Zusammenhang mit Steigerung des Grades der Behinderung und der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - umfassend dargelegt, sowie die daraus resultierende Einschätzung eines Grades der Behinderung von 100 v.H. sowie der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erörtert und schlüssig und nachvollziehbar begründet.

Die Frage der Auswirkung der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde in dem internistischen Gutachten schlüssig dargelegt.

Das Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung durch den Gutachter ist dessen Einschätzung folgend von einem Grad der Behinderung von 100 v.H. und der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auszugehen, weshalb der Beschwerde stattzugeben war.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten